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Die strafrechtliche Garantenstellung des Compliance Officer

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Aus der Praxis: Garantenpflicht für den <strong>Compliance</strong> <strong>Officer</strong><br />

■ <strong>Die</strong> Anwaltschaft ist gehalten,<br />

sich auf die durch den<br />

BGH geäußerte Rechtsauffassung<br />

zur <strong>Garantenstellung</strong><br />

<strong>des</strong> <strong>Compliance</strong> <strong>Officer</strong><br />

einzustellen.<br />

ist zu folgern, dass der BGH den <strong>Compliance</strong> <strong>Officer</strong> als Beschützergaranten<br />

für Vermögen und Ansehen <strong>des</strong> Unternehmens kraft freiwilliger Übernahme<br />

dieser Position ansieht. <strong>Die</strong>s gilt auch für den Fall, dass der <strong>Compliance</strong><br />

<strong>Officer</strong> Überwachungsfunktionen übernimmt, da hierdurch allein der<br />

Schutz von Rechtsgütern <strong>des</strong> Unternehmens bezweckt ist. Der BGH leitet<br />

hingegen nicht eine umfassende Verpflichtung <strong>des</strong> <strong>Compliance</strong> <strong>Officer</strong> zur<br />

Abwehr von nach innen oder aber nach außen gerichteten unternehmensbezogenen<br />

Straftaten aus einer Delegation von Pflichten der Geschäftsleitung<br />

(§ 14 Abs. 2 StGB), aus der Organisationsgewalt für einen bestimmten Herrschaftsbereich<br />

oder aus gefährlichem Vorverhalten (Ingerenz) ab.<br />

Den <strong>Compliance</strong> <strong>Officer</strong> kann eine Pflicht zur Erfolgsabwendung gemäß<br />

§ 13 Abs. 1 StGB aber nur dann treffen, wenn ihm dies möglich und zumutbar<br />

ist. Grundsätzlich verfügt der <strong>Compliance</strong> <strong>Officer</strong> nicht über eine originäre<br />

Anordnungs-, Verbots- und Weisungskompetenz. Soweit dem <strong>Compliance</strong><br />

<strong>Officer</strong> tatsächlich kein Eingriffs- oder Weisungsrecht zusteht, dürfte sich<br />

eine <strong>Garantenstellung</strong> gemäß § 13 Abs. 1 StGB verbunden mit der Pflicht<br />

zur Erfolgsabwendung allenfalls auf die dienstvertraglichen Befugnisse und<br />

Verpflichtungen beziehen – insbesondere auf seine Pflicht, gegenüber der<br />

Geschäftsleitung Bericht zu erstatten. Kommt der <strong>Compliance</strong> <strong>Officer</strong> seinem<br />

Pflichtenkatalog nach, dann muss bei <strong>des</strong>sen Erfüllung § 13 Abs. 1 StGB ausscheiden.<br />

Es bleibt allerdings abzuwarten, wie der BGH sich hier zukünftig<br />

positionieren wird.<br />

Bedeutung für die Beratungspraxis<br />

Es ist zu hinterfragen, wie sich die anwaltliche Beratung nach dieser Entscheidung<br />

zu positionieren hat. <strong>Die</strong> Anwaltschaft ist gehalten, sich auf die<br />

durch den BGH „nur“ anlässlich eines obiter dictum geäußerte Rechtsauffassung<br />

zur <strong>Garantenstellung</strong> <strong>des</strong> <strong>Compliance</strong> <strong>Officer</strong> einzustellen. Hieraus<br />

folgt, dass zwar die Schwelle für ein vorsätzliches Unterlassungsdelikt erst<br />

durch den <strong>Compliance</strong> <strong>Officer</strong> im Einzelfall tatsächlich überschritten werden<br />

muss – allerdings im Rahmen von § 16 StGB die Tatsachenkenntnis, welche<br />

die Strafbarkeit erst begründet, schon ausreichend sein kann, da die konkrete<br />

Kenntnis der <strong>strafrechtliche</strong>n Sanktionsnorm selbst nicht erforderlich ist.<br />

<strong>Die</strong>ser Fallstrick ist insbesondere <strong>des</strong>wegen problematisch, weil nicht jeder<br />

<strong>Compliance</strong> <strong>Officer</strong> von Hause aus auch (Straf-)Jurist ist. Solch einem <strong>Compliance</strong><br />

<strong>Officer</strong> fehlt damit häufig die Kenntnis, ein bestimmtes Verhalten<br />

als strafrechtlich von Bedeutung einzuschätzen. <strong>Die</strong>s gilt insbesondere für<br />

den gesamten Bereich <strong>des</strong> sogenannten Nebenstrafrechts. So sind im Wirtschafts-<br />

und Steuerstrafrecht die einschlägigen Strafvorschriften nicht etwa<br />

in einem Gesetzeswerk zusammengefasst, sondern finden sich – in mehr<br />

als 200 Bun<strong>des</strong>gesetzen verstreut – sowohl im sogenannten Kernstrafrecht<br />

(StGB) als auch im sogenannten Nebenstrafrecht (AO, AktG, AWG, GmbHG,<br />

HGB, KrWaffKontrG, WpHG etc.) sowie in internationalen Vereinbarungen<br />

(EUBestG, IntBestG etc.).<br />

116 JURAcon-Jahrbuch 2011/2012 · iQB Career services AG

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