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GF/FO282/HÖPPNER/MUCCON MUCCON 2012 – DIE PHANTASTEN LADEN 2.0 München war der Geburtsort eines der berühmtesten Phantasten der deutschen Geschichte, eines Mannes dessen märchenhafte Phantasien weltberühmt sind, und dessen nerdige Seite erst noch entdeckt werden muss. Während anderswo die Zukunft der Nation entschieden wurde, baute dieser Mann – ein König, Mäzen und mit geradezu arthuresken tragischen Ende gleichsam Stoff von Sagen und einem guten Maß Idealisierung – Schlösser und Burgen, die jedem Fantasyfreund Tränen der Begeisterung in die Augen treiben sollten. Er ließ sich Kroninsignien fertigen, die in keinem Disneyfilm traumhafter gezeigt wurden, und machte seine Geldbörse für einen Komponisten auf, der das musikalische Äquivalent von tausendseitigen Fantasyschmökern auf die Bühne brachte. Keine Frage: König Ludwig II war seiner Zeit weit voraus als Phantast. Insofern hätte er gut Pate stehen können für die MucCon 2012, war diese doch ebenfalls die zweite ihrer Art. Er war größer, breiter, besser als der Vorgänger, und er war zudem der Geburtsort für die Planungen seines Nachfolgers 2013 – doch davon später. „Wir haben die Con ein bisschen erweitert. Wir haben eine breitere Programmschiene, mehr Aussteller und mehr Stände“, erklärt Simone Edelberg, erste Vorsitzende der Phantasten e. V. und federführend bei der Veranstaltung. „Wir haben hier in Trudering eine wahnsinnige Bühne, die wir nicht wirklich nutzen konnten weil den Ausstellern und Besuchern sonst Ohren weg fliegen würden. Aber wir haben sie genutzt etwa für die Schokoschlacht von Thorsten Low. Das ging so: ich habe Fragen zur Phantastik und Science Fiction gestellt, und wer die richtige Antwort wusste, bekam von Thorsten Schokolade an den Kopf geworfen. Die Idee haben wir von Stockholmer Science Fiction Fans abgeschaut. In Zukunft wollen wir das weiter ausbauen, und dazu brauchen wir andere Räumlichkeiten mit mehr Platz.“ IM ZENTRUM DER DEUTSCH- SPRACHIGEN SZENE: AKTIVE VON WIEN BIS BREMEN 15 Aussteller und ein zweitägiges Programm mit Punkten wie einer Lektoratsversteigerung, Schreib- und Zeichenworkshops, Klangkollage, Dia-Shows und natürlich Lesungen, Lesungen, Lesungen zeigen den Umfang des MucCons. Vom 17. – 18. November fand sich eine Reihe von dynamischen Verlagen, Autoren und anderen Machern in Münchner Kulturzentrum Trudering ein, und sie vermittelten eine gute Übersicht über die Spielarten der Phantastik. Schon der Verlag Torsten Low deckte mit seinem Programm alle Bereiche ab – bis auf einen: „Wir machen Phantastik in allen Spielarten. Fast alles – außer Science Fiction. Mittler- weile habe ich mich von dem Gedanken verabschiedet. Man kann wirklich nicht alles machen. Aber ansonsten ist die Bandbreite relativ weit. Für Erwachsene gibt es ,Das zerbrochene Mädchen‘, erschienen 2011. Wir machen Mythologie wie die ,Geschichten unter dem Weltenbaum‘ und pure Fantasy wie den ,Lichtbringer‘. Wir haben düstere Geschichten über Fabelwesen wie die ,Geisterhafte Grotesken‘ Wasserspeier. Oder ,Die Einhörner‘“ – hier leuchten Lows Augen auf. „Stolz bin ich bei den Einhörnern darauf, dass wir Peter S. Beagle, den Autor des ,Letzten Einhorns‘, den Vater der Einhörner schlechthin gekriegt haben. Aber wir machen auch ganz brutale, heftige Splatterromane wie ,Im Zentrum der Spirale‘ oder, ganz neu im November, ,Faulfleisch‘. Das ist ein richtig fieser, dreckiger, schmutziger Zombiehorrorroman, der in der Nähe von Hamburg spielt. Da tanzt der Zombie.“ Beim Verlag Torsten Low tanzte übrigens auch Deutschlands jüngste Verlegerin Emily. Ihre Mutter Tina Low hatte ihren eigenen Favoriten im Verlagsprogramm: Geheimnisvolle Bibliotheken. „Das ist eine Kurzgeschichten-Anthologie über geheimnisvolle Dinge, die in Bibliotheken passieren. Sie ist Ende August herausgekommen. Die Herausgeberin Carolin Gmyrek arbeitet an der Nationalbibliothek in Leipzig. Wenn ein Herausgeber so eine gute Idee hat, bringen wir sie ein. Das ist eine Sache der Leidenschaft.“ Ihr Mann pflichtet ihr bei. „Ich verlege nur das, wovon ich selber hundertprozentig überzeugt bin.“ Auch für Autorin Lily de Winter ist München ein bedeutender Ort für Fantasy – allerdings aus ganz eigennützigen Interessen. Sie schreibt an einem Buch, das hier spielt. „Ein Roman, der voraussichtlich nächstes Jahr heraus kommen wird. Er handelt von Vampi- Die Planer des MucCon 2013 bei der Vorbesprechung: Tina Low, Jürgen Lautner, Ralf Boldt, Michael Haitel, Simone Edelberg. ren im München von Heute. Er fällt in die Kategorie Urban Fantasy oder Romantic Fantasy. Der Arbeitstitel steht noch nicht fest.“ Auf die Frage nach den Orten, an dem ihr Buch spielt, will sie nicht zu viel verraten. „Es gibt verschiedene Viertel, die genannt werden, die ich aber bis auch einen noch nicht verrate: Der Englische Garten. So wie die Planung aussieht, wird der Roman beim nächsten MucCon präsentiert.“ Ein Hingucker wegen seiner Besonderheit war vor allem ein Buch des Wölfchen Verlags: „Weil wir Mädchen sind“, eine fantastische Anthologie: „Sie hebt sich auch inhaltlich ab“ verspricht Verlagsleiter Alfons Theodor Seeboth. „Es war uns wichtig, dass das Buch für mehrere Lesertypen zugänglich ist. Ich denke, das ist gut gelungen und kombiniert eine interessante Auswahl: ein Bisschen Gruselfaktor, Thriller oder Fantasyelemente wie eine Sirene, die versucht Männer zu betören, um sie dann zu fressen. Aber hauptsächlich geht es um starke Frauen, starke Mädchen. Das ist der Leitfaden. Das Gegenstück läuft auch schon: die Anthologie ,Verliebte Jungs.‘ Ich bin schon gespannt drauf. Nur befürchte ich, es werden so an die 200 Einsendungen.“ Auch Seeboth hat seine Meinung zu den regionalen Unterschieden in der Phantastik- Szene: „Sie ist von Stadt zu Stadt anders. Mal ist Fantasy dort mehr gefragt, mal weniger. Es kommt drauf an. Berlin ist zum Beispiel völlig überlagert mit Kultur; die Autoren geben sich gegenseitig die Klinke in die Hand. In Bremen ist die Chance schon 18 FANDOM OBSERVER 282 · 12/2012
GF/FO282/HÖPPNER/MUCCON höher, eine Lesung zu kriegen. Gerade in den Randgebieten fragen die Buchhandlungen bei uns nach: habt ihr nicht einen Autor, der mal lesen will?” JEDER ERFOLG TRÄGT DEN KEIM DES NÄCHSTEN IN SICH: PLANUNGEN AM CON-TISCH. Noch vor Ende der MucCon 2012 setzte sich in München eine illustre Runde zusammen, um die Con für das nächste Jahr zu planen. Der Vorstand der Phantasten und ein Teil des Vorstands des SFCD (Science Fiction Club Deutschland) vereinbarten dabei, die MucCon 2013 gemeinsam zu gestalten. Edelberg verrät: „Wir sind nächstes Jahr auch der SFCD Jahrescon. Wir haben die Verantwortung dafür, dass der überregionale Verein hier seine Mitgliederversammlung abhalten kann. Entsprechend wird das Pro- FANDOM OBSERVER 282 · 12/2012 Veranstalter und Preisträger der Storyolympiade: Simone Edelberg, Tatjana Stöckler (Hg.), Karin Jakob (Platz 2), Aileen Kopera (Platz 3), Kristina Kesselring (Platz 3). gramm Science-Fiction-lastig sein. Dieses Jahr war es ja Phantastik gemischt quer über alle Genres.“ Eine der offenen Punkte war dabei die Frage der Location. Vorschläge wie eine Dampferfahrt auf einem der Münchner Hausseen oder einem Austragungsort im westlichen Umland standen im Raum. Der Termin wurde mittlerweile für den 26. – 27. Oktober 2013 festgelegt, über weitere Einzelheiten hält der Fandom Observer euch selbstverständlich auf dem Laufenden. TEXT: MICHAEL HÖPPNER FOTOS: UDO KLOTZ Steampunk trifft Raumfahrt trifft Märklin. Modelle von Jürgen Lauer. Fifty Shades of Grey? Nein, Simone Edelberg bei der Versteigerung. 19
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