Beim Nachbarn überm Sofa Alltagsästhetik und ... - Heinz Schilling

Weitere Expansion folgte, 1914 entstand durch Fusion die Aktiengesellschaft
„Kunstanstalten May“. Die Stars hießen Zatzka und Untersberger. „Die
Bilderfabrik“ existiert bis heute im fränkischen Fürth.
Wo sind die Bilder aus der Bilderfabrik heute? Auf
Ausstellungen, in den sog. Heiligen Hinterecken von
Sammlern, im Magazin des Germanischen
Nationalmuseums zu Nürnberg. Und in Mardorf.
Mardorf, ein „katholischer“ Ort in der Nähe
Marburgs. Zur Fronleichnamsprozession werden
dort alljährlich Straßen und Häuser geschmückt,
wobei der Bildbesitz der Haushaltungen an die
Außenwände gehängt wird. Das Dorf wird dann zum
May-Museum.
140 Quadratmeter Deutschland
Ich gehe mit Herrn und Frau Dierichs durch ihre Wohnung. Ich habe sie für
ein Radiofeature gewonnen, Familie D. in St. Ingbert, einer saarländischen
Kleinstadt mit 30.000 Einwohnern. Josef D. (54), Fußbodenverleger,
selbständig; Hertha D. (44) macht Haushalt und Buchführung. Es gibt 3
Kinder: Hauptschule, Realschule, Druckerlehre. Indexmäßig könnte man die
D.s der „unteren Mittelschicht“ zuordnen. Es gibt eine vorführbare Prosperität
in dem 7-Zimmer-Einfamilienhaus, und durch diese Räume führt der
folgende Gang, der live 70 Minuten dauerte. Es treten auf: Herr D. (Er); Frau
D. (Sie); der Reporter.
Reporter: Wenn man das Haus betritt, nimmt man im Flur an einer
ausgefugten Backsteinwand eine kleine Sakralplastik wahr.
Er: Das ist die Sankt Barbara, die Schutzheilige der Bergleute. Das hier ist eine
alte Bergmannssiedlung, und da haben wir Bezug darauf. / Sie: Das ist jetzt
praktisch ein Gastgeschenk, das hat ein Bekannter uns machen lassen. Ich
zum Beispiel habe schon sehr oft das hiesige Wappen in Wachs verschenkt,
das ich selbst auch oben im Wohnzimmer hängen habe.
Reporter: Jetzt gehen wir mal weiter. Da sehen wir schon hier einen
geflochtenen Strohzopf...