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NeueChorszene 04 - Ausgabe 1/2006

Zeitschrift des Städtischen Musikvereins zu Düsseldorf e.V. Konzertchor der Landeshauptstadt Düsseldorf

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„Neue Chorszene(n)" in Frankreich<br />

ein kulturpolitischer Blick auf unser Nachbarland von Erich Gelf<br />

Erich Gelf, langjähriger Musikvereinsschatzmeister<br />

und frankophiler<br />

Kenner unseres Nachbarlandes gibt<br />

mit seinem Beitrag aus der Sicht des<br />

Städtischen Musikvereins einen miterlebten<br />

Einblick in die Entwicklung<br />

der Kulturszene Frankreichs - und<br />

hält am Schluss noch eine erstaunlichen<br />

Pointe bereit. Im Hinblick auf<br />

die anstehende Konzertreise des<br />

Städtischen Musikvereins nach Metz<br />

und Verdun Ende Oktober <strong>2006</strong> gewinnt<br />

der Beitrag zusätzlich an Aktualität.<br />

Über die Kulturszene in Frankreich<br />

herrscht hierzulande bei Vielen das<br />

Vorurteil, der zentralistische Staat handele<br />

auf diesem Gebiete immer noch<br />

nach dem Prinzip: zuerst kommt die<br />

Hauptstadt Paris und dann - unter ferner<br />

liefen - das übrige Land: die "Provinz".<br />

Wegen der seit Jahrzehnten wachsenden<br />

sog. Dezentralisierung in vielen<br />

Bereichen des öffentlichen Lebens trifft<br />

dies jedoch längst nicht mehr zu. Paris<br />

versucht zwar immer noch mit einigem<br />

Erfolg, das Beste aus Kunst und Kultur<br />

des Landes zu bieten und an sich zu<br />

binden. Aber die „Provinz" hat gerade<br />

auf kulturellem Gebiete inzwischen<br />

Einiges aufzuweisen, was Paris übertreffen<br />

kann.<br />

Ein Auftritt in einem Mittelpunktort einer<br />

Region ist deshalb längst keine<br />

zweitrangige Verpflichtung mehr. Die<br />

Hauptstadt hilft sich dadurch, dass sie<br />

die besten Produktionen aus dem ganzen<br />

Land zu Gastspielen in ihre „ambulanten"<br />

Konzert- und Opernhäuser<br />

(Théatre Musicale de Paris Chatelet/<br />

30<br />

NC 01 / 06<br />

Théatre des Champs-Élysées) und in<br />

große Kirchen (St. Roch, St. Eustache,<br />

Madeleine, St. Denis u.a.) verpflichtet.<br />

Die Entwicklung in Frankreich zur<br />

Dezentralisierung<br />

Bis zum Ende der 1950er Jahre gewann<br />

der ausländische Betrachter allerdings<br />

den Eindruck, ganz Frankreich<br />

werde von Paris aus verwaltet. Tatsächlich<br />

war das ganze Verkehrswesen<br />

(Straße und Schiene) so angelegt,<br />

dass man - aus welcher Himmelsrichtung<br />

man auch reiste und wohin man<br />

wollte - immer zunächst über Paris<br />

musste. Fast alle Wirtschaftsgüter und<br />

alle landwirtschaftlichen und Fischerei-<br />

Produkte wurden von Paris aus gehandelt<br />

und zum großen Teil auch zunächst<br />

dorthin geschafft. Als Beispiele:<br />

Die im burgundischen Morvan hergestellten<br />

Gießereierzeugnisse (Töpfe,<br />

Heizkörper aus Guß u.ä.) wurden nach<br />

Paris gebracht und von dort aus weiterverkauft.<br />

Der Ort Bercy in Paris bestand<br />

fast nur aus Lagerund Musterhäusern<br />

der Weinproduzenten aus<br />

allen Regionen Frankreichs. Und zu<br />

"Les Halles", dem berühmten "Bauch<br />

von Paris", wurde alles angeliefert, was<br />

es Gutes und Essbares vom Feld, aus<br />

dem Stall, aus den Gewässern und den<br />

Wäldern gab, um in Paris selbst verzehrt<br />

oder nach ganz Europa weitertransportiert<br />

zu werden. Die Kultur<br />

(Museen, Schauspiel, Oper, Ballett,<br />

Konzerte usw.) führte wenn es in anderen<br />

Städten so etwas überhaupt gab -<br />

ein Schattendasein neben Paris.<br />

Nachdem sich Frankreich von der<br />

schweren Wirtschaftskrise der Nach-

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