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forum historiae iuris<br />
Wiedergutmachungsämter etabliert, die aus einem Vorsitzenden mit der Befähigung zum<br />
Richteramt und zwei Mitgliedern mit der Befähigung <strong>für</strong> den höheren Verwaltungsdienst bestanden.<br />
Damit war eine breitere Basis <strong>für</strong> die Rekrutierung von Mitarbeitern geschaffen worden. Vor<br />
dem Hintergrund der kaum entnazifizierten deutschen Justiz wollte insbesondere die US-<br />
Militärregierung vermeiden, Richter anzustellen, die sich dem nationalsozialistischen Regime<br />
angedient hatten oder Mitglieder der NSDAP gewesen waren. 30 Ein weiterer Kontrollmechanismus<br />
wurde dadurch eingebaut, dass die Anmeldungen der Ansprüche bei einem „Treuhänder der<br />
amerikanischen, britischen und französischen Militärregierung“ erfolgen sollten. Die Treuhänder<br />
verzeichneten alle Eingänge und leiteten die Anträge dann an die Wiedergutmachungsämter weiter.<br />
Diese prüften, ob der begründete Verdacht bestand, dass ein Vermögensgegenstand entzogen<br />
worden war. Da der Transfer jüdischer Unternehmen in den Besitz von Nicht-Juden auf dem<br />
Verwaltungswege erfolgt war und damit rein äußerlich kaufmännischen und juristischen Normen<br />
entsprach, stärkte die Rückerstattungsanordnung die Position der Antragssteller durch die pauschale<br />
Vermutung der ungerechtfertigten Entziehung. Entsprechend sollte der Antragsteller also nur<br />
beweisen müssen, dass er im relevanten Zeitraum einen Vermögensgegenstand veräußert hatte und<br />
zum Kreis der unmittelbar Verfolgten gehörte. Die Rückerstattungspflichtigen konnten zu ihren<br />
Gunsten nachweisen, dass ein Antragsteller einen angemessenen Kaufpreis erhalten hatte, über<br />
den er frei verfügen konnte. Bei Rechtsgeschäften, die nach Verkündigung der Reichsbürgergesetze<br />
im September 1935 stattgefunden hatten, mussten sie zusätzlich nachweisen, dass der Verkauf<br />
auch ohne die Herrschaft des Nationalsozialismus abgeschlossen worden wäre und dass der<br />
Erwerber den Schutz der Vermögensinteressen des Antragsstellers oder seines Rechtsvorgängers<br />
wahrgenommen hatte. 31<br />
Schwierigkeiten und Probleme der Rückerstattung<br />
Die Arbeit der Wiedergutmachungsämter sollte darauf hinzielen, zwischen den Parteien<br />
gütliche Einigungen herbeizuführen, denen die Rechtswirkung eines gerichtlichen Vergleichs<br />
zukam. Bei Scheitern einer solchen Einigung wurde die Angelegenheit an eine der<br />
Wiedergutmachungskammern verwiesen, die am Landgericht angesiedelt waren und als zweite<br />
Instanz fungierten. In West-Berlin wurden die meisten Fälle tatsächlich bereits in der ersten<br />
Instanz endgültig erledigt. 32 Jedoch verlief der Prozess der Rückerstattung in West-Berlin<br />
schleppender als in den anderen Teilen Deutschlands unter westalliierter Kontrolle. Allein die<br />
Anmeldung führte zu Verzögerungen, wie das Beispiel des Kleidungsfabrikanten Juda Blonder<br />
zeigt. Blonder hatte am 12. Juni 1950 aus Mailand die Rückerstattung seiner Kleiderfabrik, die er bei<br />
seiner Flucht nach Italien zurückgelassen hatte, bei der „Wiedergutmachungsstelle der jüdischen<br />
30 Zu den Kontinuitätslinien vgl. Hubert Rottleuthner, Karrieren und Kontinuitäten deutscher Justizjuristen vor<br />
und nach 1945, Berlin 2010; Simone Ladwig-Winters, Anwalt ohne Recht. Das Schicksal jüdischer Rechtsanwälte<br />
in Berlin nach 1933, Berlin <strong>199</strong>8, S. 87-89.<br />
31 Schumann, Aufgaben, S. 162f.<br />
32 Schwarz, Rückerstattung, S. 349.<br />
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