Katastrophe in der griechischen Historiographie
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leiben von Naturkatastrophen (<strong>in</strong> unserem S<strong>in</strong>ne, d.h. Erdbeben, Flutwellen<br />
usw.) von Zeitgenossen als katastrophal gewertet werden konnte. 8<br />
Vor diesem H<strong>in</strong>tergrund dürfte kaum überraschen, daß es ‚Naturkatastrophen’<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> Antike nicht gab – zum<strong>in</strong>dest dann nicht, wenn man sie dadurch<br />
zu fassen versucht, daß man nach term<strong>in</strong>ologischen Äquivalenten für unseren<br />
Begriff fahndet. Vielmehr wird man dem Umstand Rechnung tragen müssen,<br />
daß sich die kulturellen Kontexte antiker Gesellschaften – mith<strong>in</strong> die Wahrnehmungs-<br />
und Deutungshorizonte – von den unsrigen erheblich unterschieden<br />
haben. Die Frage danach, was denn dann überhaupt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Antike als ‚<strong>Katastrophe</strong>’<br />
(<strong>in</strong> unserem S<strong>in</strong>ne) begriffen wurde und wie es term<strong>in</strong>ologisch gefaßt<br />
werden konnte, erlaubt dementsprechend <strong>in</strong>teressante Aufschlüsse über die<br />
kulturellen Dispositionen <strong>der</strong> untersuchten Gesellschaften.<br />
Dies kann an dieser Stelle freilich nicht geleistet werden, son<strong>der</strong>n wäre im<br />
Kontext e<strong>in</strong>es größeren Forschungsprojekts anzusiedeln. Im Folgenden soll es<br />
lediglich um die Frage nach <strong>der</strong> ‚<strong>Katastrophe</strong>n-Term<strong>in</strong>ologie’ im Griechischen<br />
gehen – aufgrund des umfangreichen Materials zunächst e<strong>in</strong>mal nur mit Blick<br />
auf substantivische Ausdrucksweisen <strong>in</strong> ausgewählten Passagen <strong>der</strong> <strong>griechischen</strong><br />
<strong>Historiographie</strong>; denn gerade <strong>in</strong> historiographischen Texten spielt das<br />
Phänomen <strong>der</strong> ‚<strong>Katastrophe</strong>’ als von <strong>der</strong> Gesellschaft konstruiertem und auf<br />
diese e<strong>in</strong>wirkenden Phänomen naturgemäß e<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>e Rolle. Die nachfolgenden<br />
Überlegungen sollen e<strong>in</strong>en ersten Anstoß für weitere, dr<strong>in</strong>gend notwendige<br />
Forschungen geben; sie stellen mehr Fragen, als sie zu beantworten vermögen,<br />
und bieten nur punktuelle E<strong>in</strong>blicke. E<strong>in</strong>e systematische Aufarbeitung<br />
<strong>der</strong> ‚<strong>Katastrophe</strong>n-Term<strong>in</strong>ologie’ im Griechischen ist noch nicht erfolgt; um<br />
e<strong>in</strong>en fundierten Zugang zum Thema ‚(Natur-)<strong>Katastrophe</strong>n <strong>in</strong> <strong>der</strong> Antike’ aus<br />
unterschiedlichen Perspektiven zu gew<strong>in</strong>nen, ist e<strong>in</strong>e <strong>der</strong>artige begriffsgeschichtliche<br />
Arbeit <strong>in</strong>des unumgänglich und sollte möglichst bald <strong>in</strong> Angriff<br />
genommen werden.<br />
Ich möchte im Folgenden <strong>in</strong> zwei Schritten vorgehen: Zunächst ist kurz über<br />
das Bedeutungsspektrum des <strong>griechischen</strong> Wortes katastrophé zu sprechen, das<br />
im Deutschen <strong>in</strong>des nicht ohne weiteres mit ‚<strong>Katastrophe</strong>’ wie<strong>der</strong>gegeben<br />
werden kann; im zweiten Teil ist danach zu fragen, wie ‚<strong>Katastrophe</strong>n’ <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>griechischen</strong> Geschichtsschreibung term<strong>in</strong>ologisch gefaßt werden können.<br />
Beide Abschnitte erheben bei weitem ke<strong>in</strong>en Anspruch auf Vollständigkeit,<br />
son<strong>der</strong>n verstehen sich lediglich als erster E<strong>in</strong>stieg <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e komplexe Thematik,<br />
als Umriß e<strong>in</strong>es größeren Forschungsprojekts.<br />
8 Vgl. MEIER 2007.<br />
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