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ENERGIENIVEAUS, FONTÄNEN UND ... - SAS thinkforward

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Zeitreich<br />

KURZ <strong>UND</strong> KNAPP<br />

/ Eine Sekunde in 100 Millionen Jahren – soviel Aus-Zeit nehmen sich<br />

die genauesten Atomuhren der Welt.<br />

/ Vier dieser Atomuhren stehen in Braunschweig und bestimmen auch<br />

den Takt des digitalen Zeitalters.<br />

Wie lange ist eine Sekunde? Eine Ewigkeit, sagt der<br />

100-Meter-Sprinter – er hat jahrelang trainiert, um eben<br />

diese Sekunde weniger für den Lauf zu brauchen. Ein<br />

Nichts, sagt der Archäologe – er ist schon stolz darauf, Fundstücke<br />

ins richtige Jahrzehnt einordnen zu können. Keine Ermessensfrage,<br />

sagt der Physiker. Für ihn ist eine Sekunde eine definierte Maßeinheit.<br />

Und zwar die wohl am genauesten realisierte weltweit. Da bleibt kein<br />

Raum für subjektive Relativierung. Und doch arbeiten Physiker weltweit<br />

daran, die Sekunde noch genauer messen zu können. Die Hartnäckigkeit,<br />

mit der sie das tun, rührt nicht nur von einem unstillbaren<br />

Perfektionismus her. Hier geht es um Grundlagenforschung, um den<br />

Willen, die Natur immer besser zu verstehen. Und nicht zuletzt ist die<br />

präzise Bestimmung der Zeit auch eine nationale Prestigefrage. Weltweit<br />

laufen zwölf hypergenaue primäre Atomuhren quasi in einem Wettlauf<br />

um Nanosekunden. Und Deutschland spielt hier ganz vorne mit.<br />

Die deutschen Spitzenuhren findet man in Braunschweig, in der Bundesallee<br />

100. Dort, in der sorgfältig von der Umwelt abgeschirmten<br />

Uhrenhalle der PTB, leben drei Generationen von Uhren unter einem<br />

Dach. „Leben“ ist hier das richtige Wort, obwohl es sich natürlich nur<br />

um Gegenstände handelt. Aber die Braunschweiger Uhren leben in<br />

zweierlei Hinsicht: Erstens arbeiten sie unermüdlich, und zwar sehr<br />

genau, und zweitens werden sie von ihren Betreuern ständig weiterentwickelt,<br />

verbessert und verfeinert. Ein unaufhörlicher Reifeprozess<br />

ist das, der dazu führt, dass die Zeitmessung immer zuverlässiger und<br />

genauer wird. Während früher die Sekunde relativ ungenau als ein<br />

bestimmter Teil des Sonnentags oder des Jahres definiert wurde, begann<br />

1967 eine neue Zeitrechnung: Von nun an wurde die Zeiteinheit<br />

Sekunde auf eine völlig andere, wesentlich genauere Basis gestellt.<br />

Ihre offizielle internationale Definition lautet jetzt: „Die Sekunde ist<br />

das 9 192 631 770fache der Periodendauer der dem Übergang zwischen<br />

den beiden Hyperfeinstrukturniveaus des Grundzustandes von<br />

Atomen des Nuklids 133Cs entsprechenden Strahlung.“ Ein für den<br />

Laien völlig unverständlicher Satz, und doch steckt hinter ihm nicht<br />

viel mehr als die Vorschrift, Strahlung, die Cäsiumatome unter bestimmten<br />

Bedingungen absorbieren, zur Messung der Sekunde zu<br />

verwenden. Strahlung? Für die Sekunde? Wie soll Strahlung eine Zeiteinheit<br />

definieren?<br />

24 / <strong>thinkforward</strong> 2.2012 / www.sas-<strong>thinkforward</strong>.de<br />

Nun, man kann sie als elektromagnetische Welle betrachten, die in<br />

einem ganz bestimmten Rhythmus schwingt. Also zum Beispiel 9 192<br />

631 770-mal pro Sekunde. Diese spezielle Strahlung entsteht bei<br />

einem Naturvorgang: Dann nämlich, wenn ein Cäsiumatom einen<br />

Quantensprung macht und von einem angeregten Energiezustand in<br />

einen nicht angeregten Zustand springt. Energie kann nicht verschwinden,<br />

deshalb gibt das Atom die Differenzenergie in diesem Fall<br />

als Mikrowellenstrahlung nach außen ab. Indem man Atomen genau<br />

diese Mikrowellenstrahlung zuführt, kann man ein Atom umgekehrt<br />

auch auf den höheren Energiezustand heben, während die Strahlung<br />

absorbiert wird. Es gibt nichts Exakteres in der Natur als die Frequenz<br />

von solchen Quantensprüngen. Eine gute Idee also, sie zur Definition<br />

der Zeit zu benutzen.<br />

Auf milliardstel Sekunden genau<br />

Die praktische Umsetzung dieser Idee geschieht in der Atomuhr. „Aus<br />

einer Reihe von physikalischen Gründen hat man sich dazu entschieden,<br />

Atomuhren mit Cäsium zu betreiben“, sagt der PTB-Forscher<br />

Andreas Bauch, Leiter der Arbeitsgruppe Zeitübertragung. Die erste<br />

Generation von Atomuhren, die so genannten Strahluhren, erzeugen<br />

also einen Strahl von Cäsiumatomen und sorgen dann dafür, dass<br />

diese beim Durchfliegen des Apparates mit Mikrowellen bestrahlt<br />

werden, die genau so beschaffen sind, dass sie die Atome dazu bringen,<br />

auf das höhere Energieniveau zu springen. Eine raffinierte Anordnung<br />

sortiert dann all diese aus, fängt sie auf und zählt sie. Wenn<br />

die Ausbeute maximal ist, entspricht die Mikrowellenstrahlung im<br />

Apparat dem atomaren Übergang. Eine Rückkopplung hält die Frequenz<br />

der Mikrowelle, die über eine elektronische Schaltung von<br />

einem Schwingquarz abgeleitet wird, immer genau auf diesem Wert.<br />

4 FRAGEN AN ...<br />

Dr. Stefan Weyers, Leiter der Arbeitsgruppe<br />

Zeitnormale, PTB Braunschweig<br />

Der Nutzen einer einheitlichen Welt-Zeit leuchtet sofort ein.<br />

Aber: Muss es auf Nanosekunden genau sein?<br />

GPS, Netzwerke, Handys: Sie alle würden ohne eine hochgenaue Taktung<br />

nicht zuverlässig funktionieren. Dafür braucht es einen gemeinsamen<br />

Nenner, und der ist eben die Zeit. Dafür betreibt die Industrie teilweise eigene<br />

Atomuhren, wie sie frei käuflich sind. Nur – wer kontrolliert und synchronisiert<br />

diese Uhren? Hier kommen die primären, supergenauen Uhren<br />

ins Spiel, wie wir sie hier in Braunschweig betreiben. Daneben liefern<br />

wir auch einen wichtigen Beitrag zur Grundlagenforschung in der Physik.<br />

Wir helfen der „Scientific Community“ dabei, die Natur noch besser zu

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