Vollversion (6.85 MB) - Forschungsjournal Soziale Bewegungen
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FORSCHUNGSJOURNAL NSB, JG. 9, HEFT 3, 1996 9<br />
Entwicklung von Praxis und Konzeptionen ihrer<br />
politischen Bildungsarbeit. Die dezentrale<br />
Struktur der bisherigen Bildungsarbeit hat bislang<br />
eine gemeinsame konzeptionelle Arbeit an<br />
der Profilbildung eher behindert, die nicht zuletzt<br />
auch durch die Professionalisierungs- und<br />
Institutionalisierungsschübe des Bewegungssektors<br />
an Dringlichkeit gewonnen hat. In einem<br />
zweiten Schritt stellt die Autorin den Prozeß<br />
der Stiftungsreform, seine entscheidenden<br />
Ansätze und Gesichtspunkte dar. Sie erörtert<br />
aber auch die Probleme und Schwierigkeiten<br />
einer umfassenden Organisationsreform, die sich<br />
dem Leitbild einer 'unbürokratischen Organisation'<br />
verpflichtet sieht.<br />
Die Arbeit der Stiftung bewegt sich im schwierigen<br />
Bezugsfeld von Bündnis 90/Die Grünen<br />
einerseits, einer gewandelten Bewegungslandschaft<br />
andererseits, in der professionalisierte<br />
Bewegungsorganisationen und international<br />
tätige NGOs eine wesentliche Rolle spielen.<br />
Die reformierte Stiftung muß danach bewertet<br />
werden, ob sie als professioneller politischer<br />
Dienstleister den an sie gerichteten Erwartungen<br />
aus diesem weit gefaßten Bezugsfeld gerecht<br />
wird. Mit ihren Angeboten politischer<br />
Bildung, ihrer Unterstützung politischer Projekte,<br />
mit Politikberatung und Politikvermittlung<br />
kann die reformierte Heinrich-Böll-Stiftung<br />
dazu beitragen, Ansätze einer zivilgesellschaftlichen<br />
Demokratie zu unterstützten.<br />
Martin Beyersdorf analysiert die Entwicklung<br />
der Ende der 70er/Anfang der 80er Jahre gegründeten<br />
selbstorganisierten Bildungsprojekte<br />
im Umfeld der neuen sozialen <strong>Bewegungen</strong>.<br />
Er stützt sich dabei insbesondere auf eine Analyse<br />
der etwa 200 Bildungsprojekte, die sich im<br />
'Verein Niedersächsischer Bildungsinitiativen'<br />
zusammengeschlossen haben. Untersucht werden<br />
Berufsverständnis und Motive der Mitarbeiter,<br />
die Entwicklung der Themen und Angebote<br />
ihrer Bildungsarbeit, Finanzierung, Ar<br />
beitsformen und Didaktik sowie die Akteurinnen<br />
und Teilnehmerinnen der Bildungsarbeit.<br />
Waren die selbstorganisierten Bildungseinrichtungen<br />
in den 70er und 80er Jahren maßgeblich<br />
bei der Erschließung neuer Themen - Geschlechterfrage,<br />
Energie, Ökologie, Gesundheit,<br />
'DritteWelt', Frieden -, so sind in den 90er<br />
Jahren eher Innovationsfunktionen im Bereich<br />
von Arbeitsformen zu beobachten. Nach wie<br />
vor rangiert das Bildungsziel der Kritikfähigkeit<br />
im Unterschied zu anderen Trägern politischer<br />
Bildungsarbeit an erster Stelle. Die Anbieterinnen<br />
der Bildungsveranstaltungen sind<br />
in hohem Maße politisch aktiv. Allerdings zeichnen<br />
sich Rückgänge der Nachfrage an politischer<br />
Bildung zugunsten beruflicher Weiterbildungsangebote<br />
- auch vor dem Hintergrund der<br />
Erfordernisse eines professionalisierten Bewegungssektors<br />
- ab. Eine Aufgabe der weiteren<br />
Professionalisierungs- und Konzeptionsdebatte<br />
müßte es daher sein, die innovative Erschließungskompetenz<br />
politischer Bildungsarbeit<br />
unter sich wandelnden Rahmenbedingungen<br />
fortzuentwickeln. Ein weiter Begriff des Politischen<br />
in lebens weltlichen Lern- und Handlungsräumen<br />
hätte diesen Debatten zugrunde zu liegen.<br />
Im vorliegenden Themenheft werden die Hauptbeiträge<br />
durch umfangreichere Artikel der Rubrik<br />
'Pulsschlag zum Thema' ergänzt. Der<br />
politische und sozialeWandel stellt insbesondere<br />
für die 'traditionellen' Träger politischer Bildungs-<br />
und Weiterbildungsarbeit eine große<br />
Herausforderung dar. Johannes Kandel referiert<br />
die Ergebnisse eines Projektes der Friedrich-Ebert-Stiftung<br />
über das 'Lernen für Demokratie'.<br />
Dabei steht die pädagogisch-politische<br />
Profilierung, d.h. die Begründung und Entwicklung<br />
eines eigenen Selbstverständnisses und<br />
zielführender Umsetzungsstrategien im Bereich<br />
der politischen Weiterbildung, im Mittelpunkt<br />
dertheoretisch und empirisch gestütztenAnaly-