Fairer Handel - Brot für die Welt
Fairer Handel - Brot für die Welt
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„<strong>Brot</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Welt</strong>“: Chancen und Risiken<br />
„<strong>Brot</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Welt</strong>“ ist Mitglied<br />
bei der Siegelorganisation<br />
TransFair, <strong>die</strong> einen<br />
Kooperationsvertrag mit<br />
Lidl abgeschlossen hat. Wie<br />
schätzen Experten bei „<strong>Brot</strong><br />
<strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Welt</strong>“ den Einstieg<br />
von Lidl in den Fairen<br />
<strong>Handel</strong> ein?<br />
Der Faire <strong>Handel</strong> ist nun dort<br />
angekommen, wo er hingehört,<br />
nämlich in eine weltweite<br />
gesellschaftspolitische Auseinandersetzung.<br />
Mit dem Eintritt<br />
des Lebensmitteldiscounters<br />
Lidl werden ganz neue<br />
Fragen des Fairen <strong>Handel</strong>s in<br />
einer globalisierten <strong>Welt</strong> aufgeworfen,<br />
<strong>die</strong> bei der Entstehung<br />
der Fairhandelsbewegung<br />
noch undenkbar waren.<br />
Chancen und<br />
Risiken<br />
Die Zusammenarbeit zwischen<br />
TransFair und dem <strong>Handel</strong>sunternehmen<br />
Lidl bedeutet eine<br />
neue Dimension in der Entwicklung<br />
des Fairen <strong>Handel</strong>s in<br />
Deutschland. Sie bietet Chancen,<br />
aber auch Risiken. Der<br />
Vertrieb von fair gehandelten<br />
Produkten über Discounter<br />
wie Lidl bietet Produzenten in<br />
Afrika, Asien und Lateinamerika<br />
<strong>die</strong> Möglichkeit, breite Käuferschichten<br />
zu erreichen und<br />
den Absatz ihrer fair gehandelten<br />
Produkte erheblich zu<br />
steigern.<br />
Diese Ausweitung des Marktes<br />
birgt aber auch einige Risiken<br />
<strong>für</strong> den Fairen <strong>Handel</strong> in sich:<br />
• Große Vertriebsstrukturen<br />
erfordern große Produktionsstrukturen.<br />
Die Expansion kann<br />
eine Bevorzugung von großen<br />
Produzenten und eine Verdrängung<br />
von Kleinproduzenten<br />
zur Folge haben.<br />
• Wenn wichtige Produkte<br />
wie Kaffee bei Discountern billiger<br />
angeboten werden wie<br />
im Lebensmitteleinzelhandel<br />
oder in den <strong>Welt</strong>läden, kann<br />
das zu Umsatzeinbußen bei<br />
den bisherigen Anbietern<br />
führen.<br />
• Wenn fair gehandelte Produkte<br />
in das Fahrwasser der<br />
„Geiz ist Geil – Mentalität“ geraten,<br />
nährt das <strong>die</strong> Illusion, dass<br />
eine ökologisch verantwortungsvolle<br />
Produktion und ein<br />
<strong>Fairer</strong> <strong>Handel</strong> zu Billigpreisen<br />
zu haben sind.<br />
• Die Discounter könnten ihre<br />
Marktmacht dazu nutzen, um<br />
längerfristig <strong>die</strong> anspruchsvollen<br />
Kriterien des Fairen<br />
<strong>Handel</strong>s aufzuweichen;<br />
• TransFair und <strong>die</strong> neuen<br />
Fairhandelspartner im Süden<br />
könnten in eine Abhängigkeit<br />
von großen Firmen geraten,<br />
wenn <strong>die</strong>se <strong>die</strong> größten Siegelnehmer<br />
von Transfair werden.<br />
Erwartungen an <strong>die</strong><br />
Firma Lidl<br />
Die Firma Lidl hat sich mit ihrer<br />
Entscheidung <strong>für</strong> fair gehandelte<br />
Produkte zum Wert von<br />
Arbeitnehmerrechten und<br />
gewerkschaftlichen Mindeststandards<br />
bekannt, weswegen<br />
man <strong>die</strong>s nun auch <strong>für</strong> das<br />
eigene Unternehmen erwarten<br />
darf, da internationale Rechtsnormen<br />
unteilbar sind und<br />
darum deren Einhaltung <strong>für</strong><br />
<strong>die</strong> gesamte Produktions und<br />
Vermarktungskette gelten<br />
sollte.<br />
Von Sozial und Umweltstandards<br />
und fairen Preisen<br />
sollten alle Produzenten und<br />
Arbeiter/innen profitieren<br />
dürfen – also auch Mitarbeitende<br />
und landwirtschaftliche<br />
Familienbetriebe in Deutschland.<br />
Das Bekenntnis zu den<br />
Prinzipien des Fairen <strong>Handel</strong>s<br />
lässt <strong>für</strong> <strong>die</strong> Zukunft eine entsprechende<br />
Geschäftspolitik<br />
von Lidl im In und Ausland<br />
erhoffen.<br />
Erwartungen von<br />
<strong>Brot</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Welt</strong> als<br />
Mitglied von Trans-<br />
Fair<br />
„<strong>Brot</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Welt</strong>“ wird sich<br />
da<strong>für</strong> einsetzen, dass bei<br />
TransFair ein satzungsgemäßer<br />
Arbeitskreis gebildet wird, der<br />
sich mit Fragen der Kriterien<br />
des TransFairSiegels und<br />
neuen Anforderungen <strong>für</strong> <strong>die</strong><br />
Siegelvergabe <strong>für</strong> eine sozial<br />
verantwortliche Unternehmenspolitik<br />
zur Einhaltung von<br />
Sozial und Umweltstandards<br />
beschäftigt. Die seitherigen<br />
Kriterien, <strong>die</strong> sich nur auf <strong>die</strong><br />
Besiegelung von Produkten<br />
beziehen und <strong>die</strong> allgemeine<br />
Geschäftspolitik von <strong>Handel</strong>sunternehmen<br />
völlig außer acht<br />
lassen, entsprechen nicht<br />
mehr den heutigen Anforderungen.<br />
Die gesellschaftspolitischen<br />
Veränderungen, <strong>die</strong><br />
durch <strong>die</strong> Globalisierung<br />
bewirkt werden, verlangen<br />
zunehmend, dass <strong>die</strong> Forderung<br />
nach Einhaltung der<br />
Menschenrechte zunehmend<br />
auch auf den Norden gerichtet<br />
werden muss.<br />
Weiterhin hat „<strong>Brot</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong><br />
<strong>Welt</strong>“ <strong>die</strong> Erwartung, dass in<br />
Anbetracht der Bedeutung des<br />
Vertrages von TransFair mit<br />
Lidl <strong>für</strong> den Fairen <strong>Handel</strong> ein<br />
kritisches Monitoring zur Einhaltung<br />
und zu den Auswirkungen<br />
des Vertrags durchgeführt<br />
wird. Es sollten vor allem<br />
<strong>die</strong> Wirkungen auf <strong>die</strong> Kleinproduzenten<br />
im Süden und<br />
<strong>die</strong> Akteure im Inland (<strong>Welt</strong>läden,<br />
Lebensmitteleinzelhandel,<br />
GEPA und andere Importeure<br />
des fairen <strong>Handel</strong>s) systematisch<br />
analysiert und dokumentiert<br />
werden.<br />
<strong>Welt</strong>läden und Fair-<br />
<strong>Handel</strong>s-Bewegung<br />
Die <strong>Welt</strong>läden und <strong>die</strong> kirchlichen<br />
Fairhandelsinitiativen<br />
haben zum Aufbau des Fairen<br />
<strong>Handel</strong>s in Deutschland einen<br />
maßgeblichen Beitrag geleistet.<br />
Deren wichtige Informations<br />
und Bildungsarbeit<br />
muss fortgesetzt werden, um<br />
noch mehr kritische Verbraucherinnen<br />
und Verbraucher zu<br />
gewinnen und über <strong>die</strong> ungerechten<strong>Welt</strong>handelsstrukturen<br />
aufzuklären. Es muss<br />
aber auch darum gehen, <strong>die</strong><br />
Diskussion um gesellschaftspolitische<br />
Zukunftsmodelle zu<br />
INFO: ZUR DISKUSSION<br />
führen und zivilgesellschaftlichen<br />
Gruppen weltweit bei<br />
der Gestaltung einer nachhaltigen<br />
und verantwortungsbewussten<br />
Wirtschaftspolitik <strong>die</strong><br />
Bedeutung zu geben, <strong>die</strong><br />
ihnen zusteht.<br />
Reinhard Koppe, Jörg Jenrich<br />
(Beitrag vom 22. 5. 2006, Auszüge) <br />
„Ernäherungssicherheit<br />
und <strong>Welt</strong>handel“<br />
Wie können strukturelle Ursachen<br />
des ungerechten <strong>Welt</strong>handels<br />
mit Fragen des<br />
Lebensstils und Verbraucherverhaltens<br />
verknüpft<br />
werden? Mit <strong>die</strong>ser Frage<br />
beschäftigt sich <strong>die</strong> neue<br />
Kampagne von „<strong>Brot</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong><br />
<strong>Welt</strong>“.<br />
Kontakt: c.callenius@brotfuer-<strong>die</strong>-welt.de<br />
„<strong>Brot</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Welt</strong>“ • Global Lernen, 2006-1<br />
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