Platons Parmenides – Ideenlehre und Ideenleere - David Koller
Platons Parmenides – Ideenlehre und Ideenleere - David Koller
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4 INTERPRETATION UND KRITIK <strong>Platons</strong> <strong>Parmenides</strong><br />
2. Die Argumente im Dialog sind auf mehrere Arten seltsam gestrickt. Die im ersten<br />
Teil sind stark simplifiziert, die im zweiten unzugänglich bis widersinnig.<br />
3. Eine Verteidigung der Ideenannahme fehlt im Dialog oder ist zu sehr versteckt.<br />
Diese Unebenheiten betreffen weniger den philosophischen Gewinn, der sich bei der Lektüre<br />
des Dialogs ergibt, als dass sie eine Messlatte einer vollständigen Interpretation darstellen.<br />
Eine solche müsste also alle drei Hürden bewältigen, um einen gerechtfertigte Aussage<br />
darüber treffen zu können, was Platon mit seinem ‹<strong>Parmenides</strong>› vielleicht sagen wollte. Die<br />
nun folgenden Ausführungen verstehen sich nicht als eine solche Aussage, sondern versuchen<br />
sich mit oder gegen Platon dem Problem der Ideenannahme <strong>und</strong> seiner Thematisierung<br />
zu stellen. Die beiden letzten Gr<strong>und</strong>probleme Rochols werden dabei als Richtungsweiser<br />
dienen.<br />
4.2 Ein positives Ergebnis des Textes<br />
Mehrfach war während der Analyse des ‹<strong>Parmenides</strong>› die Rede von einer Verdinglichung<br />
der Idee. In der Tat haben alle Kritikpunkte an der Ideenannahme ihre Basis in einer<br />
so oder so gearteten körperlichen Vorstellung vom Wesen der Ideen. Der Chorismos,<br />
die Zwei-Welten-Theorie, schafft ein eigenes Reich für Ideen, das dem des Sinnfälligem<br />
gegenübersteht, sich unterscheidet, aber eben doch eine Art Raum für die Ideen darstellt.<br />
Die Selbstprädikation verlangt, dass Ideen körperliche Eigenschaften besitzen <strong>und</strong> dingliche<br />
Relationen eingehen können. Im Dialog werden diese Vorstellungen auf die Spitze getrieben,<br />
<strong>und</strong> das Ergebnis sind natürlich Widersprüche, aber ebenfalls im Sinn des Denkens ” bei<br />
uns“.<br />
Es ist es vielleicht ein Fehler es als ein negatives Ergebnis zu bezeichnen, dass sich eine<br />
solche Theorie von der Idee notwendig in Widersprüche verwickelt. Lässt man sich auf den<br />
Gedanken ein, so formuliert sich das positives Ergebnis wie folgt: Für die Thematisierung<br />
eines Problems mit einem gewohnten Gegenstandsgebiet ” bei uns“ lässt unser Verstand<br />
die Verwendung des logischen Instrumentariums <strong>und</strong> dessen notwendige Anhaltspunkte zu.<br />
Eine Thematisierung der Vorgänge des Verstandes hingegen, insbesondere in Bezug auf das<br />
Wesen dieser Anhaltspunkte der Erkenntnis, benötig eine andere Methode. Eine Rede, die<br />
entweder Widersprüche zulässt, ohne gleichzeitig die Gültigkeit von Aussagen aufzugeben,<br />
oder eine Annahme, die eine andere Art von Sein zulässt, in welcher es beispielsweise<br />
möglich ist, dass Ideen kraft ihrer eigenen Natur sind, was sie sind.<br />
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