Katalog Kunst jetzt: Ida Gerhardi Förderpreis 2011
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FReDeRIC<br />
Roos<br />
www.fredericroos.de<br />
WAs zeIGt DIe ARbeIt „MILLA Loves you so MuCH“?<br />
Verteilt auf verschieden zueinander gelegenen Wand- und Deckenflächen<br />
stehen gemalte und gezeichnete Figuren, Flächen, Linien und Textfragmente<br />
in Verbindung mit räumlichen Dispositionen.<br />
Ein Mädchen steht zentral in einem undefinierten Raum, trägt in der linken<br />
Hand eine verletzte Taube, in der rechten eine Art mittelalterlichen Streitflegel.<br />
Sie wendet den Blick zu einem Wal, der oberhalb von ihr schwimmt und<br />
viele Zähne zeigt. Der Oberkörper des Mädchens wird beschienen von einem<br />
Glitzerstrahl. Eine Katze leckt am bröckelnden Putz. Im Gang links des Mädchens<br />
strahlt ein leuchtender Stern. Am äußerst rechten Bildrand ist Farbe<br />
verschüttet worden.<br />
WIe Ist DIe ARbeIt ReALIsIeRt?<br />
Meine Arbeit verstehe ich zum einen als Dialog zwischen mir und der (bemalten)<br />
Wand. Zu Beginn war da einfach nur die Entscheidung: „Male zwei<br />
rosa Flächen auf den Träger.“ Wenn der erste Schritt getan ist, verliert sich<br />
die Scheu vor der großen jungfräulichen Fläche. Mit den Materialien, die<br />
mir zur Verfügung stehen, reagiere ich nun auf den ersten Schritt meines<br />
Handelns. Mit Acrylfarbe, Tusche, Öl- und Pastellkreide, Kohle, Teppichmessern,<br />
jeder Menge Klebeband, Bindemittel und 20 verschiedenen Pinseln und<br />
Mischbehältnissen begegne ich der Wand. Auf impulsgeleitetes Handeln folgt<br />
eine Phase der Reflektion und Beobachtung, in der ich verschiedene Möglichkeiten<br />
der erneuten Reaktion durchdenke, Ideen verwerfe, neu denke und<br />
schließlich eine der Möglichkeiten umsetze – manchmal wieder einem geistigen<br />
Impuls folgend. Auf Eigenheiten der Wandflächen, zum Beispiel die der<br />
Oberflächenbeschaffenheit, reagiere ich bewusst, indem ich ungleichmäßig<br />
geweißte Stellen oder abgebröckelten Putz unverändert in Kauf nehme. Dieser<br />
Dialog dauerte über mehrere Tage lang an.<br />
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1985 geboren in Essen<br />
2006-2009 BA <strong>Kunst</strong> und Psychologie, Schwerpunkt Malerei bei Professor Jan Kolata, TU Dortmund<br />
2008 <strong>Förderpreis</strong> für Malerei 2008, Institut für <strong>Kunst</strong> und Materielle Kultur, TU Dortmund<br />
Seit 2009 Studium der freien <strong>Kunst</strong>, Schwerpunkt Malerei bei Professor Tomma Abts,<br />
<strong>Kunst</strong>akademie Düsseldorf<br />
2009 Gründung des Salon Ateliers, Dortmund<br />
Zum anderen spielen meine Zeichenbücher eine wichtige Rolle während der<br />
Arbeit. In ihnen sammle ich im Alltag Dinge, die ich in die Seiten einklebe,<br />
hineinzeichne, den Rest meiner Farbpalette draufstreiche, bereits collagierte<br />
Seiten bemale und bezeichne und Wortfetzen wie Songtexte zitiere. Neben<br />
Zeichnungen und kleineren Malereien, die während des Arbeitens an der<br />
Wandfläche in sichtbarer Nähe hängen oder liegen, sind die Zeichenbücher<br />
meine ständigen Begleiter während einer solchen Arbeitsphase. Auf bereits<br />
malerisch oder zeichnerisch formulierte Konzepte kann ich hier zurückgreifen.<br />
WoRuM GeHt es In DeR ARbeIt?<br />
„Milla Loves You So Much“ soll den Betrachter animieren, die Arbeit gleich<br />
einer Skulptur oder plastischen Arbeit zu erkunden, um sie herum und in sie<br />
hineinzugehen. Ich habe darauf Wert gelegt, diesen einen suboptimalen Ort zu<br />
nutzen: Eine Wand, die unterbrochen wird von einem kurzen, unbeleuchteten<br />
Gang zum Fahrstuhl, der einem Loch oder einer kleinen Höhle gleicht. Ein einzelner<br />
Blick aus einer bestimmten Perspektive reicht nicht aus, „Milla Loves<br />
You So Much“ vollständig zu erfassen. Um die ganze Arbeit zu sehen, ist man<br />
gezwungen, an den Säulen vorbeizugehen, in den Gang zum Fahrstuhl hinein,<br />
einige Schritte weiter weg und dann wieder näher heranzutreten.<br />
In der Arbeit „Milla Loves You So Much“ fasse ich Bruchstücke von Emotionen<br />
in Schriftzügen und Figuren zusammen, die gemeinsam eine unbestimmte<br />
Beziehung zueinander eingehen. Der Betrachter ist aufgefordert, sich durch<br />
die Arbeit zu bewegen, figürliche Darstellung mit den vorliegenden Flächen<br />
und Texten in Beziehung zu setzen, sich in die Figuren hineinzuversetzen, auf<br />
sich zu schließen, sich zu fragen, welcher der Stacheln wohl als erstes gemalt<br />
wurde und warum er (der Betrachter) eigentlich die ganze Zeit keine Ruhe vor<br />
dem Bild findet.<br />
MILLA Loves you so MuCH <strong>2011</strong> — Ca. 800 x 400 x 280cm<br />
Acryl, Öl- und Pastellkreide, Tusche, Kohle, Bindemittel,<br />
Glitzerstaub auf Wandflächen<br />
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