Chronik von 2005 - Bergische Kunstgenossenschaft
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Zum 100jährigen Geburtstag<br />
der <strong>Bergische</strong>n <strong>Kunstgenossenschaft</strong><br />
In Wuppertal gibt es seit einigen Jahren erstaunlich viele Hundertjährige - Menschen! Das freut uns, muss es doch wohl am<br />
guten, am gesunden Klima unserer Stadt liegen, dass Menschen diesen hohen Altersgipfel erklimmen. Nicht viele<br />
Organisationen erreichen dieses stolze Alter, schon gar nicht, wenn sie mit der Bildenden Kunst verbunden sind.<br />
Doch sie hat es geschafft! Exakt l00 Jahre ist sie alt (!!) und hat in den vielen Jahren des Bestehens allen Stürmen und<br />
(Bilder)Stürmern dieses sowohl kunsthistorisch als auch politisch aufregenden Zentenariums getrotzt!!!<br />
Das kann nur an den kreativen, aufgeschlossenen Menschen liegen, die hier in dieser Produktionsstätte künstlerischer Ideen<br />
und dem damit einhergehenden Austausch derselben ihre Heimat gefunden haben. Sie, die <strong>Bergische</strong> <strong>Kunstgenossenschaft</strong>,<br />
kurz BKG, ist es, die durch die geistige Verbundenheit und schöpferische Kraft ihrer Mitglieder die Vitalität, den Lebens- und<br />
Überlebenswillen aufgebracht hat, bestehen zu bleiben und das in oftmals harten Jahren, die nie entmutigt war, nie resignierte,trotz<br />
aller Unterschiedlichkeit der künstlerischen, menschlichen und somit individuellen Prägungen und Temperamente<br />
ihrer Mitglieder. Vielleicht ist aber gerade diese Heterogenität der Menschen der Kitt, die innere Bindekraft, die Kohäsion,<br />
wodurch Unterschiedliches zusammen gehalten wird.<br />
Und darauf sind wir alle stolz, stolz im positiven Sinne, nicht überheblich, obwohl es wahrlich nur ganz wenige Künstlerorganisationen<br />
im Lande gibt, die dieses hohe Lebensalter erreichen. Dabei ist sie jung geblieben, die hochbetagte Dame, zeigt<br />
keinerlei Verschleiß- bzw. Ermüdungserscheinungen. Im Gegenteil, die künstlerische Neugierde ist durchgängig bei allen<br />
Mitgliedern wie eh und je vorhanden. Experimentieren beim Visualisieren der uns umgebenden Welt, Suchen und Entdecken,<br />
neue künstlerische Felder betreten, neue Materialien ausprobieren, über Kunst reflektieren u. v. m. sind die äußerlichen<br />
Kennzeichen dieser kreativen Vereinigung <strong>von</strong> sowohl jungen als auch gereifteren Kunstschaffenden.<br />
Die Gruppe der Expressionisten um Heckel und Kirchner hatte gerade die später weltberühmte Institution "Die Brücke"<br />
gegründet und mit einem Paukenschlag, besser Eklat, beim Vorstellen ihrer Werke in Dresden auf sich aufmerksam gemacht,<br />
da gründeten im selben Jahr, 1905, in den damals noch getrennten, eigenständigen Städten Elberfeld und Barmen, die Leiter<br />
der jeweiligen Werkkunstschule, unterstützt durch die Direktoren des Elberfelder Museums, später Von der Heydt-Museum,<br />
und der Ruhmeshalle in Barmen, die <strong>Bergische</strong> <strong>Kunstgenossenschaft</strong>.<br />
Es war eine weise, eine weitsichtige Entscheidung, die damals <strong>von</strong> unseren Vorfahren getroffen wurde. Professoren und<br />
Dozenten der beiden Kunstschulen waren es mehrheitlich in den Gründungsjahren, die die sich überschlagenden<br />
Kunstströme und -strömungen adaptierten, aufnahmen, weiter entwickelten, aber nie kopierten. Bevorzugtes<br />
Experimentierfeld war zu Beginn bei vielen Mitgliedern der Expressionismus, insbesondere wegen der Kraft seines über<br />
Farben und Formen transportierten Ausdrucks.<br />
Das Beibehalten des individuellen Duktusses war immer der besondere Ausdruck, das Markenzeichen der Künstler in der<br />
BKG. Gar nicht so einfach in der überbordenden Zeit der sich kaleidoskophaft entwickelnden Vielzahl künstlerischer<br />
sogenannter "Ismen". Aber hier möchte ich nicht der Lektüre der <strong>Chronik</strong> der BKG vorgreifen. Sie informiert ausführlich<br />
über alle noch recherchierbaren Ereignisse dieser und der nachfolgenden Zeit.<br />
Die dunklen Jahre "brauner Herrschaft", um in der Farbenlehre zu bleiben, verbrachten die meisten Künstler der BKG in der<br />
"inneren Emigration". Progressive Kunst, progressives Denken war nicht gefragt, war nicht erlaubt. Ab 1934 gab es keine<br />
Kunst(genossenschaft!) mehr, sie wurde verboten und in Museen befindliche Werke <strong>von</strong> Künstlern der Organisation als<br />
"Beutegut" <strong>von</strong> nationalsozialistischen " Bilderstürmern" mit dem Vermerk "entartet" entfernt.<br />
Das war die Oberfläche, doch unterhalb derselben hielten viele Mitglieder der BKG einen unauffälligen Kontakt zu den<br />
Kollegen. So war es nicht verwunderlich, dass gleich nach dem Zusammenbruch und der Beendigung der Jahre kreativen<br />
Stillstandes, die BKG wie "Phönix aus der Asche" auferstand und ihre neu- und wiederformierten Mitglieder mit frischem<br />
Optimismus an die künstlerische Arbeit gingen. Und wieder war es so wie in den Jahren vor dem Krieg: Die neuen<br />
Kunstauffassungen und -strömungen wurden begeistert aufgenommen und dann mit individuellem Duktus umgesetzt.Es<br />
waren restaurative Jahre, wobei das "Informel" für einen längeren Zeitabschnitt eine dominante Rolle spielte.<br />
Neue Leute kamen, einige gingen auch wieder. Das Spektrum künstlerischer Sparten wurde durch ausgewiesen gute Vertreter<br />
derselben ausgeweitet, so z.B die Bereiche der Fotografie, Objektkunst, Installation und, ganz aktuell, das Genre der<br />
modernen computergestützten Kunst und anderer neuer Medien.<br />
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