Ausgabe 2 - Luke & Trooke
Ausgabe 2 - Luke & Trooke
Ausgabe 2 - Luke & Trooke
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IIIorgen von Jens Friebe<br />
Vom Mageninhalt nichts mehr übrig.<br />
Schwer und schwitzend atmen und geduldig<br />
auf die pure Säure warten.<br />
Säure ist pünktlich und die Zähne - stumpf geworden<br />
provozieren zuverlässig Gänsehaut. Zähneputzen.<br />
Der Geschmack von Mundhygiene und<br />
Geradenochgekotzt begleitet mich zur Dusche.<br />
Eine Dame war wohl vor mir schon hier.<br />
Nach Dame riecht es auch und<br />
nach Haarwaschmittel ... Schampoo.<br />
Der Duft das einzige, was von der Dusche zeugt<br />
die sie genommen hat; Handtücher ordentlich;<br />
auch das Klima ist nicht tropisch, wie es sich<br />
für nach dem Duschen doch gehört.<br />
Frag' mich warum nicht. Darum nicht:<br />
Kälter als 10 Grad! Was für ein robustes<br />
Mädchen, denke ich, das Wasser wärmer drehend.<br />
Sie sah doch immer aus wie eine,<br />
die hustet,<br />
wenn sie starke Zigaretten raucht und ganz warm duscht.<br />
Aber jetzt, so meint man, spürt man ihre Füße<br />
- beschuht mit schweren Stiefeln -<br />
auf dem zerbrechlichen Rücken.<br />
AIdj von Fango Geldt<br />
Lebensmittelpunkt und<br />
Lebensmittel. (lies: »Punkt«)<br />
Skizze von Katrin Kruse<br />
Der potenzierte Diminutiv hat mir schon immer<br />
Angst gemacht. Seit damals. Seit damals bedeutete<br />
er einfach: klein, kleiner, kleinst - unfaßbar.<br />
Der potenzierte Diminutiv ist der Tod der Tota-<br />
lität. Und er ist in mein Leben getreten, langsam<br />
und fast sacht, zärtlich; hineingetreten um zu blei-<br />
ben.<br />
Die Abwesenheit eines stringenten Welterklä-<br />
rungsjargons will mir umso deutlicher bewußt<br />
werden, als mein enteuphorisiertes Selbst sich zu-<br />
nehmend weniger imstande zeigt, Forderungen des<br />
Tages mit der nötigen Contenance entgegenzutre-<br />
ten; kleine Zettel, mit widerlichen Teeflecken<br />
gleichsam durchsetzt, säumen eine Gasse zu Bett<br />
und Schreibtisch, ersteres zerwühlt,<br />
letzterer vom<br />
Boden unterschieden allein durch den Wechsel der<br />
Ebene.<br />
"Ebene. Einmal alleingelassen und gleich - große<br />
Zusammenhangseuphorien", raunt es mich an.<br />
"Souveräne Gipfelschau, was? Von oben nach un-<br />
ten, nicht wahr? Uberblick, systemisches Gitter,<br />
liebliche Allheil? "<br />
Verdammt. Das war nicht abgemacht. Das war<br />
nicht so geplant, verdammt; zart, hatte ich gesagt,<br />
zart, fast zärtlich ins Leben getreten, hatte ich ge-<br />
sagt; nicht als subversive innere Stimme, die mir<br />
jeglichen Halt dieser letzten Pose verwehrt, gleich-<br />
zeitig Gestalt annimmt und als morbid-blässelnde<br />
Orphelia in laszivem Wedeln mit dem Zeigefinger<br />
grüne Inseln aus Milchteebechern langt. Um mir<br />
wieder deutlich zu machen, daß es Außen aussieht<br />
wie Innen, ja, mein Zimmer wieder einmal Spiegel<br />
meiner Seele, dabei ödet es mich an, drinnen wie<br />
draußen, nur langweilen mich die grünen Inseln,<br />
die doch nicht weiter wachsen wollen, wie vieles<br />
einfach nicht weiter wachsen will, sondern bleibt<br />
bleibt... wie die Pose der Göttin und deren Meta-<br />
morphose.<br />
Ewige Wiederkehr.<br />
<strong>Luke</strong> & <strong>Trooke</strong> 211995 39