Neutrale Liquidität als Finanzinnovation - Zeitschrift für ...
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Norbert Olah • <strong>Neutrale</strong> <strong>Liquidität</strong> <strong>als</strong> <strong>Finanzinnovation</strong><br />
Optimierung der Geldfunktionen<br />
Damit der Nachfragezwang <strong>für</strong> das Geld im<br />
Zahlungsnetzwerk nicht in einen Konsumzwang<br />
<strong>für</strong> den Verbraucher ausartet, wird zusätzlich<br />
zum OA-Girokonto ein zinsfreies OA-Sparkonto<br />
angeboten. Das OA-Sparkonto ist im Sinne einer<br />
Geldanlage zu verstehen, bei der die <strong>Liquidität</strong><br />
<strong>für</strong> eine festgelegte Zeit aufgegeben wird. OA-<br />
Sparguthaben können somit <strong>als</strong> Termingelder<br />
aufgefaßt werden. Die Motivation <strong>für</strong> die Aufgabe<br />
der <strong>Liquidität</strong> beim Sparen ist hier nicht<br />
die Belohnung durch eine <strong>Liquidität</strong>sprämie,<br />
sondern die Vermeidung der <strong>Liquidität</strong>skosten,<br />
die <strong>für</strong> Bestände auf OA-Girokonten zu zahlen<br />
sind. Die Ersparnisse auf OA-Sparkonten können<br />
zwischenzeitlich (modulo Mindestreserve) wieder<br />
<strong>als</strong> Kredite in die Wirtschaft zurückfließen, so<br />
daß die Effizienz der Geldnutzung erhalten oder<br />
sogar noch weiter gesteigert wird.<br />
Das Kontensystem des OA-Systems besteht<br />
<strong>als</strong>o aus mindestens zwei Arten von Konten: Das<br />
OA-Girokonto korrespondiert mit der Tauschmittelfunktion<br />
des Geldes und das OA-Sparkonto<br />
mit dessen Wertaufbewahrungsfunktion. Die innovativen<br />
Spielregeln im Umgang mit Geld<br />
lassen sich somit auf die folgenden beiden<br />
Formeln bringen:<br />
• OA-Girokonto:<br />
Refinanzierungszins = <strong>Liquidität</strong>sgebühr<br />
• OA-Sparkonto:<br />
Sparen = zinslos Leihen<br />
Wichtig ist hierbei, daß die Wertaufbewahrung<br />
illiquide ist. Bei einer liquiden monetären Wertaufbewahrung<br />
wird dem Geldkreislauf <strong>Liquidität</strong><br />
entzogen, während bei einer hinreichend illiquiden<br />
Sparmöglichkeit der Geldstrom erhalten<br />
bleibt, sofern die Ersparnisse <strong>als</strong> Kredit weiterverliehen<br />
werden. Die Beschleunigung des Geldstroms<br />
stellt erhöhte Anforderungen an die Fristentransformationen<br />
längs der <strong>Liquidität</strong>sachse.<br />
Mit Hilfe der Quantitätsgleichung kann gezeigt<br />
werden, daß ein umlaufgesichertes Geld optimale<br />
Möglichkeiten <strong>für</strong> die Zentralbank bietet,<br />
das Preisniveau konstant und damit die Inflationsrate<br />
auf Null zu halten (Gesell 1920, Winkler<br />
1952, Löhr & Jenetzky 1996). Ein konstanter<br />
27<br />
Wertmaßstab ist <strong>für</strong> die Wirtschaft von ähnlich<br />
großer Bedeutung wie zeitlich konstante Maßeinheiten<br />
<strong>für</strong> den Ingenieur.<br />
Da bei einer neutralen <strong>Liquidität</strong> mit verschwindender<br />
Inflation alle drei Geldfunktionen<br />
Tauschen, Sparen und Vergleichen in optimaler<br />
Weise realisiert sind, kann die neutrale <strong>Liquidität</strong><br />
in diesem Fall auch <strong>als</strong> optimale <strong>Liquidität</strong><br />
bezeichnet werden.<br />
Aufrechterhaltung eines<br />
Zinsgradienten<br />
Will ein Kunde von seinem Girokonto im<br />
Zahlungsnetzwerk Bargeld abheben oder auf ein<br />
Konto außerhalb des Zahlungsnetzwerks überweisen,<br />
so verliert die Bank die Möglichkeit, den<br />
Weg dieses Geldes zu verfolgen und den Preis <strong>für</strong><br />
die Überlassung der <strong>Liquidität</strong> immer bei demjenigen<br />
einzufordern, der über das Geld gerade<br />
verfügt. Sie muß sich daher an den Kunden halten,<br />
der das Geld abhebt bzw. in den nichtneutralen<br />
Außenraum überweist, und von ihm eine<br />
erhöhte Überweisungsgebühr verlangen, die die<br />
Zinsarbitragemöglichkeiten in etwa kompensiert.<br />
Damit stellt sich die wichtige Frage, ob eine<br />
Insel mit neutraler <strong>Liquidität</strong> in einer nichtneutralen<br />
Umgebung existieren und sich ggf. sogar<br />
darin ausbreiten kann. Insbesondere muß geklärt<br />
werden, wie ein neutrales Geldsystem <strong>als</strong><br />
offenes System einen Zinsgradienten zum nichtneutralen<br />
Außenraum aufrecht erhalten kann.<br />
Empirisch gut bestätigte Aussagen über internationale<br />
Zinsdifferenzen unter Berücksichtigung<br />
der Wechselkursentwicklung macht das Zinsparitätentheorem<br />
(Dieckheuer 1991 & 1993, Jarchow<br />
& Rühmann 1994, Siebert 1994, Rose & Sauernheimer<br />
1995). Bei einer Geldanlage im Ausland<br />
sind neben der internationalen Zinsdifferenz<br />
auch die erwarteten Wechselkursgewinne oder<br />
-verluste mit einzukalkulieren. Der sogenannte<br />
Swapsatz gibt die erwartete relative Wechselkursänderung<br />
an. Ein positiver (negativer) Swapsatz<br />
bedeutet die Erwartung einer Abwertung<br />
(Aufwertung) der inländischen Währung und<br />
damit Wechselkursgewinne (Wechselkursverluste)<br />
bei einer Geldanlage im Ausland während der<br />
betrachteten Periode. Die internationale Zins-<br />
<strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> Sozialökonomie 129/2001