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Ingmar Bergman Szenen einer Ehe - Toneelgroep Amsterdam

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<strong>Ingmar</strong> <strong>Bergman</strong><br />

<strong>Szenen</strong> <strong>einer</strong> <strong>Ehe</strong><br />

INSZENIERUNG Ivo van Hove<br />

Bühne und Licht Jan Versweyveld<br />

Dramaturgie Bart van den Eynde<br />

MIT<br />

Marianne Karina Smulders, Hadewych Minis, Renée Fokker<br />

Johan Alwin Pulinckx, Roeland Fernhout, Hugo Koolschijn<br />

Katarina Gunilla Verbeke<br />

Peter Benjamin de Wit<br />

Eva Marjolein Ley<br />

Mrs Jacobi/Mutter Celia Nufaar<br />

PRODUKTION <strong>Toneelgroep</strong> <strong>Amsterdam</strong>, Kaaitheater Brüssel<br />

Internationale Premiere<br />

Premiere der flämischen Version 1. Februar 2005, <strong>Amsterdam</strong><br />

SPIELORT Halle E im MuseumsQuartier<br />

Premiere in Wien 13. Mai 2007, 19.00 Uhr<br />

WEITERE VORSTELLUNGEN 14., 15., 16., 17. Mai 2007, 19.00 Uhr<br />

DAUER 4 Stunden, eine Pause<br />

SPRACHE In deutscher Sprache<br />

Übersetzung ins deutsche Hans-Joachim Maass,<br />

Hoffmann und Campe, Hamburg, 1975<br />

Publikumsgespräch 16. Mai, im Anschluss an die Vorstellung<br />

in der Halle E im MuseumsQuartier<br />

In memoriam unserer Schauspieldirektorin Marie Zimmermann<br />

Wiener Festwochen<br />

Halle E+G im MuseumsQuartier<br />

Produktion<br />

Ursula Beer<br />

Cath Brittan<br />

Martina Forster<br />

Gabriele Kaiba<br />

Ela Monaco<br />

Sarah Preyer<br />

Herbert Stangl<br />

Hannah Wagner<br />

Bettina Wais-Einspieler<br />

Verena Wardy<br />

Martina Wimmer<br />

Technik<br />

Manfred Bachl<br />

Peter Blaselbauer<br />

Sirna-Mara David<br />

Alois Finker<br />

Bertl Fürnkranz<br />

Christof Gartlacher<br />

Edgar Goegele<br />

Alexander Gutsche<br />

Judith Haudum<br />

Franz Jackel<br />

Tadeusz Janik<br />

Markus Johne<br />

Ulli Knarren<br />

Karl Kopecky<br />

Bernhard Kunz<br />

Samir Lalic<br />

Krzysztof Lesniewicz<br />

Nikolaus Mader<br />

Firoz Mahmud<br />

Michael Mies<br />

Norbert Nagel<br />

Thomas Nemetz<br />

Claude Nikiema<br />

Nikolaus Noll<br />

Antony Osborne<br />

Özcan Mustafa<br />

Gerhard Pichler<br />

Volker Stieblich<br />

Thomas Thaier<br />

Gerald Trautenberg-Ziegler<br />

Martin Vohryzka<br />

Andreas Walter<br />

Christopher Welsh<br />

Fatih Yigit<br />

Mehmet Yigit<br />

Günther Zaunscherb<br />

Ton<br />

Herbert Angerstein-Crncec<br />

Alex Bossew<br />

Edward Cosla<br />

Fanny Laube<br />

Walter Novacek<br />

Alex Schlösser<br />

David Sokopp<br />

Adolf Toegel<br />

Thomas Toegel<br />

Reinhard Traussnig<br />

Herta Trisko<br />

Markus Walder<br />

Licht<br />

Rainer Barta<br />

August Freisinger<br />

Victor Duran Manzano<br />

Thomas Gleixner<br />

Johannes Gruber<br />

Monika Gruber<br />

Gernot Hausknost<br />

Andreas Heidrich<br />

Markus Henschl<br />

Andreas Hofer<br />

Simon Kluibenschedl<br />

Jonathan Maier<br />

Edith Offenhauser<br />

Krisha Piplits<br />

Rudi Pribitzer<br />

Klaus Rink<br />

Martin Schmidt<br />

Reto Schubiger<br />

Andreas Schwarzbauer<br />

Lisa Schwarzenbacher<br />

Roman Streuselberger<br />

Jan Wagner<br />

Irmi Walcher<br />

Siegfried Wiltsche<br />

Video<br />

Thomas Fasching<br />

Gert Tschuden<br />

Markus Walder<br />

Reinigung<br />

Dragica Ivic<br />

Sanela Kopic<br />

Mira Lovric<br />

Luca Orsolic<br />

Jocelyn Zahlbruckner<br />

Eigentümer, Herausgeber & Verleger<br />

Wiener Festwochen<br />

A-1060 Wien, Lehárgasse 11<br />

Telefon (+43-1) 589 22-0<br />

Fax (+43-1) 589 22-49<br />

festwochen@festwochen.at<br />

www.festwochen.at<br />

Geschäftsführung<br />

Luc Bondy<br />

Wolfgang Wais<br />

Künstlerische Leitung<br />

Luc Bondy<br />

(Intendant)<br />

Marie Zimmermann (1955 – 2007)<br />

(Schauspieldirektorin)<br />

Stéphane Lissner<br />

(Musikdirektor)<br />

Verantwortlich für den Inhalt<br />

Luc Bondy<br />

Stéphane Lissner<br />

Redaktion<br />

Sophia Stepf<br />

Mathias Wendelin<br />

Textnachweis<br />

Originalbeitrag von Wilfred Takken<br />

Aus dem Niederländischen von<br />

Lenneke Willemsen und Insa Rudolph<br />

<strong>Szenen</strong>foto<br />

Chris van der Burght<br />

Graphische Konzeption<br />

Bernhard Winkler<br />

Herstellung<br />

Die Drucker, Agens&Ketterl GmbH<br />

Preis<br />

Euro 1,50<br />

Wilfred Takken<br />

Einswerden ist auch Vernichtung<br />

Während früher die meisten Filme auf Theaterstücken oder Romanen<br />

basierten, ist die Situation heute umgekehrt. Vor ungefähr zehn Jahren<br />

entstand in den Niederlanden die merkwürdige Mode, Spielfilme als<br />

Theaterstücke zu inszenieren: Der Himmel über Berlin, Brokeback<br />

Mountain, Dogville, Festen, Steel Magnolias, Interiors; alle diese Filme<br />

wurden mit mehr oder weniger Erfolg für die Bühne bearbeitet. Nicht<br />

zuletzt, weil Filme im kulturellen Gedächtnis der Zuschauer mittlerweile<br />

viel präsenter sind. Auch die meisten Schauspielschüler haben hunderte<br />

von Filmen, aber kaum Theater gesehen. Filme haben sie geprägt, nicht<br />

Theaterbesuche. Sie träumen davon Scarface zu spielen, nicht Hamlet.<br />

Der belgische Regisseur Ivo van Hove hat die Filme Opening Night und<br />

Faces von John Cassavetes, sowie India Song von Marguerite Duras<br />

für die Bühne adaptiert. Seine bekannteste Bearbeitung ist jedoch<br />

<strong>Szenen</strong> <strong>einer</strong> <strong>Ehe</strong> nach dem Film von <strong>Ingmar</strong> <strong>Bergman</strong> aus dem Jahr<br />

1973. Genau genommen ist es gar keine Bearbeitung des Spielfilms,<br />

denn van Hove arbeitet mit dem ausführlicheren Drehbuch der sechsteiligen<br />

Fernsehserie, die Vorlage des Films war und im schwedischen<br />

Fernsehen ausgestrahlt wurde. Erst später hat <strong>Bergman</strong> die Serie für<br />

den ausländischen Markt auf Spielfilmlänge gekürzt. Die Serie war in<br />

Schweden so beliebt, dass die Legende besagt, die Straßen in Stockholm<br />

seien wie ausgestorben gewesen, wenn Johan und Marianne ihre<br />

Beziehungskrisen auf den Bildschirmen austrugen. Die Scheidungsrate<br />

sei durch die Serie signifikant angestiegen, so heißt es, obwohl<br />

das Thema Scheidung in <strong>Szenen</strong> <strong>einer</strong> <strong>Ehe</strong> nicht wirklich als sinnvoller<br />

Ausweg aus der Krise dargestellt wurde. Tatsache jedoch ist, dass<br />

<strong>Bergman</strong> so viele unterschiedliche Facetten <strong>einer</strong> <strong>Ehe</strong> zeigte, dass<br />

ein verheirateter Zuschauer im Angesicht des Möglichen einfach<br />

nervös werden musste.<br />

Der Film <strong>Szenen</strong> <strong>einer</strong> <strong>Ehe</strong> wurde im Laufe der Jahre mehrfach für die<br />

Bühne adaptiert. <strong>Bergman</strong> selbst hat ihn 1981 in München mit einem<br />

deutlichen Fokus auf den Dialogen inszeniert. Der Vorteil der Bühnenadaption<br />

eines Films ist, dass Titel und Handlung dem Publikum meistens<br />

bereits bekannt sind. Und gleichzeitig ist der Vorteil ein Nachteil: Die<br />

Theaterinszenierung muss sich gegen das starke Vorbild behaupten.<br />

Oberflächlich betrachtet sind sich Bühnentexte und Drehbücher sehr<br />

ähnlich, genauer betrachtet wird jedoch deutlich, dass Drehbücher,<br />

anders als Bühnentexte, meist unfertig sind. Sie sind im Wesentlichen<br />

Vorlagen, da im Film die visuelle Umsetzung und nicht die Sprache im<br />

Vordergrund steht. Es bedarf dem Zugriff des Regisseurs, daraus ein<br />

Theaterstück zu machen. Wenn es ihm gelingt, sich vom Film zu lösen,<br />

dann gibt ihm das Drehbuch mehr Freiheit als ein Bühnentext. Diese<br />

Freiheit nutzend, werden die meisten Regisseure sogar leugnen, den<br />

Film gesehen zu haben oder behaupten, sich nur vage an ihn zu erinnern.<br />

Die Konzentration auf das Drehbuch ist notwendig, um davon ausgehend<br />

ein eigenes Kunstwerk zu erschaffen. Um das Publikum nicht<br />

zu enttäuschen, das ja mit hohen Erwartungen und Erinnerungen an<br />

den Film ins Theater kommt, muss der Regisseur etwas vollkommen<br />

Anderes aber qualitativ Gleichwertiges bieten. Sonst lautet der<br />

Kommentar des Zuschauers nachher „Der Film war besser“.<br />

Aus diesem Grund wählt van Hove eine extreme Form, die nur im<br />

Theater möglich ist: Er spielt mit der Perspektive der Zuschauer, mit<br />

der Sensation der Live-Performance, bei der sich die Grenze zwischen<br />

Bühnen- und Zuschauerraum auflöst und die Anwesenheit des Publikums<br />

maßgeblicher Teil der Inszenierung wird.<br />

Van Hove’s <strong>Szenen</strong> <strong>einer</strong> <strong>Ehe</strong> war der erste Teil <strong>einer</strong> Reihe von Produktionen<br />

über die <strong>Ehe</strong>. Der Regie-Kollege Johan Simons griff van Hove in<br />

den Niederländischen Zeitungen an, er würde die Augen verschließen<br />

in <strong>einer</strong> Zeit, die doch nach explizit politischem Theater verlange.<br />

Van Hove verteidigte sich damit, dass er mit dieser Reihe über die<br />

<strong>Ehe</strong> doch sicher zu <strong>einer</strong> grundlegenden politischen Debatte beitrage:<br />

„Die Kernfrage m<strong>einer</strong> Arbeit ist: ‘Wie können wir zusammen leben?’<br />

Deswegen kehre ich zurück zu der kleinsten Form des Zusammenlebens:<br />

Zwei Menschen, die ihr Zusammenleben vertragsmäßig festlegen.<br />

Damit ist man bei den Wurzeln von allem, was in der großen Gesellschaft<br />

gut oder schief gehen kann.“<br />

„Jeder ist für den Anderen ein Fremder“, findet van Hove. Gleichzeitig<br />

hätten wir aber das Ur-Bedürfnis, eins zu werden mit dem Anderen.<br />

Der Andere ist anders, was wir aber nicht akzeptierten, weil wir verschmelzen<br />

wollten. Das ist nur möglich, wenn wir den Anderen teilweise<br />

vernichten: „Einswerden ist auch Vernichtung“.<br />

In der letzten Szene tritt eine wohltuende Ruhe ein. Die jüngeren<br />

Schauspieler sind in die Garderobe gegangen. Johan und Marianne,<br />

trauriger und weiser, beide wieder verheiratet mit Anderen, sind gelegentliche<br />

Liebhaber geworden. Sie akzeptieren das Unvollkommene,<br />

und nur in dieser Form kann ihre Liebe behutsam wieder erblühen.<br />

Johan: „So, hier, inmitten der Nacht in einem dunklen Haus irgendwo<br />

auf der Welt sitze ich mit dir in meinen Armen. Und ich in deinen.“<br />

Happy End! <strong>Ingmar</strong> <strong>Bergman</strong> wollte diesen Epilog eigentlich streichen.<br />

Er wollte mit dem Unterschreiben der Scheidungspapiere enden; alles<br />

kaputt, alles vorbei. Seine Schauspieler flehten ihn an, über einen<br />

trostreicheren Epilog nachzudenken. Für van Hove ist diese letzte<br />

Szene am allerwichtigsten. <strong>Bergman</strong> zeigt uns, dass eine <strong>Ehe</strong> eine Falle<br />

sein kann, aber er zeigt auch, dass Scheidung und Junggesellentum<br />

keine Lösung sind. Van Hove plädiert für den einzigen Ausweg aus der<br />

Sackgasse: Toleranz. Als die letzte Szene anbricht, sind alle Emotionen<br />

und Probleme, die ein Menschenleben umfassen kann, in vier Stunden<br />

vorbeigezogen. In dieser Leere gibt es Raum für ein Wunder: Der<br />

eine Mensch akzeptiert, das der andere Mensch Ecken und Kanten<br />

hat, die er ablehnt aber dennoch annimmt. Das ist Zusammenleben.<br />

In <strong>Amsterdam</strong> haben die Zuschauer die Vorstellungen Arm in Arm und<br />

beieinander Halt suchend verlassen. Als ob sie sagen wollten: „So<br />

schlimm ist es noch nicht bei uns, aber es war schon sehr nah dran.“<br />

Wilfred Takken ist Theaterredakteur der Niederländischen Zeitung<br />

NRC Handelsblad.

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