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Reader - Studienstiftung

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egünstigt werden, entwickeln ein Interesse an der Verbreitung der<br />

Überzeugung, diese Vorstellung sei wahr, weil sie sich so ihre eigene günstigere<br />

Position selbst zuschreiben können. Denn wer durch soziale Umstände, sei es<br />

nur materiell oder noch weitergehend begünstigt wird, schreibt seine günstigen<br />

Lebensverhältnisse gern dem eigenen Handeln zu, wer sich in ungünstigen<br />

Lebensumständen sieht, betrachtet dies dagegen sich selbst entlastend lieber<br />

als Schicksal oder als Konsequenz des Eingriffs anderer, mächtigerer Instanzen.<br />

Tatsächlich dürften die Verhältnisse von Aktivität und Passivität, Macht und<br />

Machtlosigkeit, Individualität und Freiheit, die für die Möglichkeit eines<br />

glücklichen Lebens bedeutsam sind, sehr viel komplizierter sein als die oben<br />

genannte Ideologie und ihre Verwendung es nahe legt. Betrachtet man Personen<br />

als psychisch komplexe Individuen mit unterschiedlichen Wünschen,<br />

Willenszuständen, kognitiven Vermögen und Handlungsdispositionen, so ist die<br />

erste Frage, die sich angesichts dieser Komplexität stellt, wie sich überhaupt<br />

eine einheitliche Vorstellung vom eigenen Leben als einem glücklichen ausbilden<br />

kann. Nach der geschilderten Ideologie scheint Individuen von vornherein klar zu<br />

sein, wie ihr glückliches Leben auszusehen habe, so als wäre die Vorstellung<br />

von Glück etwas allgemeines, quasi angeborenes, das alle Menschen<br />

miteinander teilen und über das sie immer schon verfügen. Zwar mögen Hunger<br />

und Durst, Körperverletzungen, Schmerzen und Lebensbedrohungen etwas sein,<br />

dass alle Menschen tatsächlich als etwas zu vermeidendes betrachten. Insofern<br />

könnten die Bewertungen bestimmter Empfindungen als leidvoll tatsächlich<br />

biologisch vorgegeben sein. Doch wenn man umgekehrt auch nur Zustände des<br />

Wohlfühlens, Konstellationen, in denen sich momentane Glücksgefühle<br />

einstellen, miteinander vergleicht, so wird schnell klar, dass hier starke<br />

Differenzen bestehen und zwar sowohl zwischen den verschiedenen<br />

Entwicklungsstadien ein- und desselben Individuums, wie auch zwischen<br />

verschiedenen Individuen. Ein Baby fühlt sich in anderen Situationen wohl als<br />

Erwachsene. Und was für die eine Person eine angenehme unbedrohte<br />

Situation sein kann, in der sich vielleicht sogar Glücksgefühle einstellen, wie eine<br />

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