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Sendemanuskript - Linard Bardill

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WDR 3 DISKURS, 4. Januar 2005<br />

Vom Tod her ergibt sich der Sinn des Lebens<br />

Ein Feature von Uwe Stolzmann<br />

Autor: Kraftpol sei dieser Fleck: wie aus der Zeit gefallen, sagt <strong>Linard</strong> <strong>Bardill</strong>. Stell<br />

dir vor, die Zeit wäre eine Glaskugel. Du würdest alles im Blick haben, genau wie<br />

hier: Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft. - Vor uns, auf der Wiese, die kleine Kirche.<br />

St. Lorenz. Gleich hinter der Kapelle, das merke ich im Näherkommen: eine<br />

Abbruchkante. Jäh geht es hinab, Hunderte Meter. Tief unten sieht man den Fluss<br />

und daneben die Autobahn, ein schmutziges Band, eine Wunde, von Horizont zu<br />

Horizont. Ich gehe zurück zur Kirche, die paar Schritte über das Gras, und: der<br />

Abgrund verschwindet. Wir machen eine Runde um das Haus, rütteln an den Türen,<br />

vergebens, man kommt nicht hinein.<br />

9. O-Ton: <strong>Linard</strong>.<br />

Wir sitzen hier vor dieser wunderbaren Kapelle St. Lorenz, die, ich vermute,<br />

ins zehnte Jahrhundert zurückgeht – und die Kirche ist geschlossen. Alle<br />

Kirchen im ganzen Tal sind geschlossen. Diese symbolischen Orte, wo es um<br />

Anfang und Schluss geht, um das Leben in seinen kristallinsten Formen, diese<br />

Orte sind zu. Also: Die Schlüssel sind verloren. Oder versteckt. Was ja auch<br />

was Gutes hat.<br />

Autor: Den Schlüssel – sagt <strong>Linard</strong> <strong>Bardill</strong> - muss man suchen.<br />

10. O-Ton: <strong>Linard</strong>.<br />

<strong>Linard</strong> <strong>Bardill</strong>, der Liedermacher, der Künstler, der Indienfahrer, der Bündner...<br />

Autor: <strong>Linard</strong> <strong>Bardill</strong>, geboren 1956 in der Alp- und Traumlandschaft Graubündens:<br />

Die Sprache hat er von der rätoromanischen Mutter, die Liebe zu Wald und Bergen<br />

vom Vater, dessen Vorfahren aus dem Südschweizer Wallis stammen. Er besitzt<br />

Charisma.<br />

11. O-Ton: <strong>Linard</strong>.<br />

Ich habe Erfolg. Das sind Menschen, die verzaubern können, die Leute<br />

mitnehmen können auf eine Reise, auf die sie gar nicht mitgehen wollen, das<br />

sind Verkäufer, die Leuten irgendwas aufdrehen, was sie gar nicht brauchen.<br />

Das sind, wenn man’s positiv sagen will, Zauberer, wenn man’s negativ sagen<br />

will, Lügner. Weil sie lügen dem anderen das vor, was er hören will.<br />

Autor: <strong>Linard</strong> <strong>Bardill</strong>: Ein moderner Märchenerzähler, ein Poet, der Sänger mit den<br />

wehenden Haaren. Mal hat man ihn mit Mohn beworfen und mal beschimpft,<br />

bedroht. Als hätte er mehr als ein Leben, will bei ihm nichts zueinander passen.<br />

<strong>Bardill</strong>, ein provokanter „Vor-“Denker und ein Bremser. Ein evangelisch geprägter<br />

Moralist, doch auch – so hieß es in Graubünden – ein „linker Hund“. 1990 sagte er:<br />

„Ich hoffe, dass ich auch in Zukunft als Staatsfeind registriert werde.“ Die Schweizer<br />

Demokratie hält er gleichwohl für den Gipfel der Zivilisation. Ein genügsamer<br />

Umstürzler ist er. Ein harmoniesüchtiger Anarchist: <strong>Bardill</strong>, der Bündner.<br />

12. O-Ton: Junge.<br />

© Westdeutscher Rundfunk Köln 2004<br />

Dieses Manuskript einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen<br />

Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des WDR unzulässig. Insbesondere darf das Manuskript weder<br />

vervielfältigt, verbreitet oder öffentlich wiedergegeben (z.B. gesendet oder öffentlich zugänglich gemacht ) werden.<br />

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