„Wir s<strong>in</strong>d weder deutsch noch tschechisch, sondern katholisch“. 1945 kam er nach München und setzte sich für e<strong>in</strong>e Verständigung zwischen den Tschechen und den Deutschen e<strong>in</strong>. Zeitgleich war er der Promotor für e<strong>in</strong>e Zusammenführung der vertriebenen <strong>August<strong>in</strong>er</strong> der böhmischen Prov<strong>in</strong>z. Die deutsche Ordensprov<strong>in</strong>z stellte den Mitbrüdern das Kloster <strong>in</strong> Messelhausen zur Verfügung, damit war der Grundste<strong>in</strong> gelegt für e<strong>in</strong>e Neustrukturierung nach der Vertreibung aus der Heimat. Der Vorausblick, mit dem P. Paulus ans Werk g<strong>in</strong>g, konnte mit den Klöstern <strong>in</strong> Wien, Günzburg, Stuttgart und <strong>Zwiesel</strong>/Bayer. Wald e<strong>in</strong>e neue Ordensstruktur f<strong>in</strong>den - das Regionalvikariat Wien der böhmischen Prov<strong>in</strong>z, das zuerst als Kommissariat geführt wurde und seit der politischen Wende nun „<strong>August<strong>in</strong>er</strong>- Vikariat Wien Maria Trost“ heißt. In dieser Zeit wurde auch die „Kirchliche Hilfsstelle“ für die Heimatvertriebenen <strong>in</strong> München gegründet sowie die Ackermanngeme<strong>in</strong>de als großer Freundeskreis. Für beide E<strong>in</strong>richtungen steht der Name P. Paulus Sladek Pate. P. Paulus predigte immer die Versöhnung aus dem Glauben und sah den Hass als zutiefst verwurzelt <strong>in</strong> der Sünde. Wenn die Verständigung der Völker Erfolg haben soll, dann muss die Kirche, jeder e<strong>in</strong>zelne Gläubige damit ernst machen. Er g<strong>in</strong>g den Weg der Versöhnung mutig, als noch nicht sehr viele bereit waren, ihm auf diesem heilsamen Weg zu folgen. Viel an Schmähungen brachte ihm se<strong>in</strong>e Versöhnungsbereitschaft e<strong>in</strong>, waren doch die Wunden der Vertreibung noch offen. Diesen Mut bewies P. Paulus auch im Orden selbst, als es darum g<strong>in</strong>g, die Klöster zu errichten, mit Mut und Hoffnung <strong>in</strong> die Zukunft zu schauen. Dass der e<strong>in</strong>e oder andere Rückschlag nicht ausbleiben konnte, ist für die damalige Zeit verständlich. Auch hat er darunter gelitten, nicht akademisch lehren zu können an e<strong>in</strong>er Universität. So war die Sorge um den Orden und die Versöhnungsarbeit se<strong>in</strong>e große Leistung. <strong>Zwiesel</strong> im Bayer. Wald, nahe der tschechischen Grenze, wurde ihm zur zweiten Heimat. Täglich wanderte er durch die Wälder, h o l t e s i c h dabei Kraft für die Arbeit im Kloster und sei nen Schriften. Viele Artikel zu den Themen Versöhnung, Liebe, Glauben und Erkenntnis zeugen von e<strong>in</strong>er großen Schaffenskraft. Das Geme<strong>in</strong>schaftsleben mit den regelmäßig kehrenden Tage<strong>in</strong>heiten Gebet, Essenszeit und Rekreation waren ihm für se<strong>in</strong> wissen schaftliches Wirken Voraussetzung. Geradezu unermüdlich meldete sich P. Paulus schriftlich zu Wort <strong>in</strong> Kommentaren und langen Leserbriefen (FAZ) sowohl zu <strong>in</strong>nerkirchlichen als auch zu gesellschaftlichen Themen. Selbst im hohen Alter ließ er nicht nach, die religiösen, kirchlichen und gesellschaftlichen Ereignisse und Strömungen wahrzunehmen und zu analysieren. So lange es körperlich möglich war, nahm er am Geme<strong>in</strong>schaftsleben, dem Gebet und der Hl. Messe teil. Nach e<strong>in</strong>em erfüllten Leben konnte unser Mitbruder, dem nach und nach die Kräfte schwanden, am 2. November 2002 se<strong>in</strong> Leben <strong>in</strong> Gottes Hand zurücklegen. Er war, durch se<strong>in</strong> Leben geprägt, der gläubigen Überzeugung, dass unsere Heimat im Himmel ist. P. Alb<strong>in</strong> Scheuch OSA P. PAULUS SLADEK OSA Wegbereiter der Beheimatung und der deutsch-tschechischen Versöhnung Am 28. Januar <strong>2008</strong> hätte der <strong>August<strong>in</strong>er</strong>pater Dr. theol. habil. Paulus Friedrich Sladek, e<strong>in</strong>e der profiliertesten und wirkmächtigsten Priestergestalten unter den katholischen Sudetendeutschen, se<strong>in</strong>en 100. Geburtstag gefeiert. Se<strong>in</strong> Leben und Wirken war sowohl an se<strong>in</strong>em Namenspatron wie an se<strong>in</strong>em Ordensstifter orientiert: leidenschaftliche Seel sorge, theologisch tief fundiert und mit tapferem Herzen <strong>in</strong> die Gesellschaft h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> getragen. Als Lehrersohn wurde Fritz Sladek am 28. Januar 1908 <strong>in</strong> Trebnitz an der Sprachgrenze südlich von Leitmeritz geboren. Er wuchs <strong>in</strong> Böhmisch Leipa auf, wo er das Realgymnasium besuchte, direkt dem <strong>August<strong>in</strong>er</strong>kloster gegenüber, <strong>in</strong> das er später e<strong>in</strong>treten sollte. Als aufgeweckter Bub fand er bald zum 1920 gegründeten „Bildungsund Wanderbund Staffelste<strong>in</strong>“, der gerade hier e<strong>in</strong>e sehr lebendige Gruppe und obendre<strong>in</strong> seit 1921 das nahe gelegene Schlösschen Schwoika als Schulungsstätte zur Verfügung hatte, von der prägende Impulse ausg<strong>in</strong>gen. Die Staffelste<strong>in</strong>er bezogen ihren Namen aus Viktor Scheffels berühmtem Wanderlied „Wohlauf, die Luft geht frisch und re<strong>in</strong>“, weil sie mit dem katholischen Jugend-Bund Neudeutschland im „Reich“ zwar verbunden waren, <strong>in</strong> der Tschechoslowakei sich aber anders nennen mussten. Das sehr <strong>in</strong>tensiv empfundene Anliegen e<strong>in</strong>er Erneuerung und Stärkung ihrer <strong>in</strong> der neuen Tschechoslowakei ganz auf sich gestellten Volksgruppe sollte auch von se<strong>in</strong>em religiösen Wurzeln her erfasst werden, und dieser Zielsetzung kam die gerade zur gleichen Zeit aufbrechende volksliturgische Bewegung entgegen, die hier ganz wesentlich 4 5 von dem aus Mähren stammenden P. Pius Parsch (1884-1954) im österreichischen Stift Klosterneuburg bestimmt wurde. Und als sich nicht wenige Staffelste<strong>in</strong>er entschlossen, dieser Aufgabe am besten als Priester zu dienen, lag das Leipaer <strong>August<strong>in</strong>er</strong>kloster für e<strong>in</strong>ige gewissermaßen auf dem Wege. Zudem war die Berufung zum geistlichen Stand sozusagen Familiengut: Bereits der Großonkel Franz Stalla (1845-1912, Pfarrer <strong>in</strong> Drum) und der Bruder der Mutter, Karl Stalla (1875-1939, Pfarrer <strong>in</strong> Saar), waren Weltpriester, der Bruder des Vaters, Johann Friedrich Sladek (1870-1939) war Prämonstratenser im Stift Tepl. [...] Gerne erzählte er später schmunzelnd, wie er da als e<strong>in</strong>er der ersten Priester weit und breit e<strong>in</strong>en - zunächst zu groß geratenen - „Volksaltar“ errichten ließ und zumal die Wortverb<strong>in</strong>dung mit „Volk“ (wie ja schon <strong>in</strong> dem neuen Begriff „Volksliturgie“) ihm großen Argwohn an höchster kirchlicher Stelle e<strong>in</strong>trug, so dass er zur Rechtfertigung vorgeladen wurde.