Oberschwäbische Seitenblicke - Bodo

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Verkehrsdrehscheibe Aulendorf Wo Allgäu und Oberschwaben sich treffen © Carsten Przygoda/Pixelio 6 Die umfangreichen Verkehrsanlagen um den Bahnhof von Aulendorf herum beweisen: Aulendorf, hier das Schloss, ist ein wichtiger Knoten, nicht nur für die Eisenbahn. Doch warum kreuzen sich Bahnen und Straßen ausgerechnet hier?
Bad Wurzach Leutkirch Aichstetten Marstetten-Aitrach Tannheim (Württ.) Memmingen Aulendorf Bad Waldsee Alttann Wolfegg Kißlegg Wangen (Allgäu) Hergatz Aulendorf 1 Blühende Residenzstadt im Schussental Reise in die Vergangenheit. Wir befinden uns im Jahr 20.000 vor unserer Zeitrechnung. Kraftvoll hat der Rheingletscher das spätere Schussental ausgeschürft. Das dabei gewonnene Gesteinsmaterial schiebt er als Moräne vor sich her und lagert es als Wall an seiner Stirn ab. Nach seinem Zurückweichen wird diese girlandenähnliche Endmoräne jedoch an manchen Stellen von Flüssen durchbrochen. Ein Beispiel für ein solches „Gletschertor“ ist das Durchbruchstal der Schussen südlich von Aulendorf, die spätere Leitlinie für die Südbahn. Nicht nur die Eiszeittopographie, auch die Funktion als „kleine Residenzstadt“ einer der oberschwäbischen Adelsstämme, der Grafen zu Königsegg-Aulendorf, hat zur Entstehung als Verkehrsdrehscheibe beigetragen. Vor allem aber die Lage an wichtigen Verbindungsstraßen zwischen den oberschwäbischen Städten. Nach der Eröffnung der Bahnlinie Biberach – Aulendorf – Ravensburg (1849, Lückenschluss der Südbahn nach Ulm 1850), einem Teil der „schwäbischen Eisenbahn“, später nach dem Bau der Zollern- und Allgäubahn wurde die Stadt Eisenbahnknotenpunkt. Bis heute wird dies an der Größe des Bahnhofsareals und der nahe gelegenen Eisenbahnersiedlung sichtbar. Wie stark die Eisenbahn Aulendorf geprägt hat, zeigt die stattliche Bahnhofstraße, die mit ihren dreigeschossigen verschindelten Bahnhäusern dem beschaulichem Dorf zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein städtisches Gepräge gab. Und auch die ersten „Lutherischen“, gemeint sind evan- Blick auf den Bahnhof Aulendorf gelische Gläubige, im ursprünglich katholischen Milieu der Stadt waren – Eisenbahnarbeiter. Unter den Betriebsgebäuden der Bahn finden sich archihistorische Holzhäuser, gebaut aus einem der wichtigsten Rohstoffe der Region (vgl. Station 4). Über allen Gebäuden thront das stattliche Empfangsgebäude, das 1868 eingeweiht wurde. Im württembergischen Landhausstil errichtet, zeigt es mit seiner starken Gliederung der Baumassen, seinen Vorsprüngen, wechselnden Gebäudebreiten und Auskragungen eine Lockerheit, die ganz im Gegensatz steht zum massiven Kubismus der bayerischen Staatsbahnen. Auch beim Empfangsgebäude dominieren Baustoffe aus dem „Ländle“: Die Ziegel sind aus eiszeitlichem Ton gebrannt, der zwischenzeitlich unter Putz verschwundene Muschelsandstein stammt aus Sießen bei Bad Saulgau. Heute sichtbar ist leider nur noch der grünliche Rorschacher Sandstein und das nur an Stellen mit abblätterndem Putz. Regionales Holz findet sich im Fachwerk, in Verschindelungen aber auch in Bretterverkleidungen. Diese Elemente tragen zu einer wichtigen Funktion des Bahnhofs Aulendorf bei, die ausnahmsweise nichts mit dem Verkehr zu tun hat: Für die Einheimischen ist es ein wichtiges Stück Heimat. Seitenblick Hinter dem Abzweig führt die Bahntrasse durch das Moorgebiet Tann. Fluch und Segen für die Bahn: So musste der Bahndamm beim Bau auf geflochtene Schachtruten geschüttet werden, von denen 11.000 Stück spurlos im Moor versanken. Gleichzeitig lieferte das Moor jedoch einen für das kohlearme Württemberg wichtigen Rohstoff zum Betreiben der Dampfloks: Torf. Bei Bahn-km 32,98 sind noch Geländespuren der ehemaligen Torfverladestelle Herdtle zu sehen. Von dort aus kam der Torf in riesige hölzerne Torfschuppen am Bahnhof von Aulendorf. Warum Torf so wichtig war und was davon heute noch zu erleben ist: Das erfahren Sie an den Stationen der Bad Wurzach Bahn. 7
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