barrikade-1 - Archiv Karl Roche
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12<br />
»Und als es Mitt ernacht<br />
schlug, lag die<br />
Berliner Innenstadt<br />
leer. An diesem<br />
6. Januar 1919 war,<br />
obwohl es noch<br />
niemand wußte, die<br />
deutsche Revolution<br />
gestroben.«<br />
• Sebastian Haffner -<br />
Der Verrat 1918/19<br />
menbruch ver-vollständigend, spontan überall –<br />
Arbeiter- und Soldatenräte einsetz te, da bemächtigten<br />
sich die mehrheitssozialistischen Demagogen<br />
sofort der leer gewordenen Regierungssessel, um<br />
von hier aus ihr altes Gewerbe des Volksbetrugs<br />
mit den alten Rezepten fortz usetz en. Er wird ewig<br />
eine Schmach und eine Dummheit, überdies bleiben,<br />
dass die Haase-Ditt mann-Barth (USPD, Anm.<br />
d. Red.) es in jenem welthistorischen Augenblick<br />
nicht ablehnten – mit den blutbedeckten Scheidemann-Ebert<br />
und Gen. die Regierung zu bilden, und<br />
dass sie nicht statt dessen in die Forderung der Unschädlichmachung<br />
aller Komplizen der Wilhelm,<br />
Ludendorff , Reventlow, also auch der Scheidemänner<br />
mit uns einstimmten, ja dass sie diese blamable<br />
Gemeinschaft mit diesen selbst nach dem gegen<br />
friedliche Demonstranten in Berlin am 6. Dezember<br />
verübten Meuchelmord nicht aufgaben.<br />
So nimmt aber das Verhängnis seinen unerbitt -<br />
lichen Fortgang – die Schuldigen des 4. August<br />
1914 entgehen der Vernichtung nicht – sie reißen<br />
nun aber auch die Haase-Leute mit sich in den Abgrund!<br />
Indessen aber gilt es, die deutsche Revolution<br />
vor dem gleichen elenden Schicksal und vor<br />
weiterer Verschandelung zu bewahren.<br />
Den Arbeiter- und Soldatenräten, die in den stürmischen<br />
Novembertagen in revolutionärer Entschlossenheit<br />
die Macht<br />
an sich gerissen hatt en,<br />
und die rüstig ans Werk<br />
gingen, die Revolution<br />
nicht zu einer tauben<br />
Nuss für das Proletariat<br />
werden zu lassen, hat die<br />
„sozialistische“ Regierung<br />
Fesseln aller Art angelegt.<br />
Nicht exekutive Gewalt,<br />
sondern nur ein Kontrollrecht<br />
soll ihnen zustehen!<br />
Dem Vollzugsrat macht<br />
man aber sogar die Kontrolle<br />
der Reichsämter<br />
streitig. Den Arbeiterräten in den Gemeinden, die<br />
Berlin: Ein revolutionärer Arbeiter wird in<br />
den Januarkämpfen 1919 abgeführt<br />
es ernst nehmen mit ihrer revolutionären Aufgabe<br />
- und erschossen<br />
(Neukölln, Mariendorf usw.) fährt man in die Parade,<br />
zum Gaudium der kapitalistischen Schnapphähne!<br />
Statt dessen werden freche Aufl ehnungen<br />
gegen die Revolution nicht nur geduldet, sondern<br />
insgeheim begünstigt (Offi ziere, Bewaff nung der<br />
»Es kann bekannt- Berliner Studentenwehr, der saubere Kommandant<br />
gegeben werden, daß Wels und seine Spießgesellen Marten, Hauptmann,<br />
die OHL [Oberste Lorenz und Dr. Sack), eine ebenso wüste wie ver-<br />
Heeresleitung] mit logene Kampagne gegen Liebknecht und seine<br />
dem Reichskanzler Anhänger, die kommunistischen Sozialisten, von<br />
Ebert, dem bishe- den Scheidemann-Ebert und Wels unterhalten, die<br />
rigen Führer schließlich am 6. Dezember 1918 bis zu dem Massaker<br />
gegen demonstrierende unbewaff nete Spar-<br />
dergemäßigten<br />
takusleute in der Chausseestrasse zu Berlin führen.<br />
Sozialdemokra-<br />
Den vom Blut zahlloser Brüder triefenden Scheidetischen<br />
Partei, zumännern fällt auch die Schuld an diesen Opfern zu;<br />
sammengehen will, alle ihre Verlegenheitsausreden waschen das neu<br />
um die Ausbreitung vergossene Bruderblut von jenen nicht ab! 15 Tote<br />
des terroristischen und 35 Schwerverwundete brachte Wels am 6. De-<br />
Bolschewismus zember zur Strecke.<br />
in Deutschland Wels und Konsorten bilden eine weiße Garde<br />
zu verhindern.« gegen das revolutionäre Proletariat, sie verhindern<br />
• Telegramm General Hin- die Bildung einer roten Garde für die Verteidigung<br />
denburgs an die Offi ziere des der Revolution!<br />
kaiserlichen Heeres<br />
Abrechnung •<br />
Historisches - Geschichte<br />
Heimkehrendes Militär, das noch vollständig<br />
unaufgeklärt ein williges Instrument in den Händen<br />
gegenrevolutionärer Offi ziere ist, darf schwer<br />
bewaff net die Bevölkerung Berlins bedrohen, der<br />
Treueid wird ihm auf die Minister statt auf den<br />
Vollzugsrat als Träger der revolutionären Macht<br />
abgefordert. Bei einem verpuff ten Spektakel wird<br />
Ebert zum Präsidenten ausgerufen, dieser stellt<br />
sich erstaunt, stott ert einen halben Dank und eine<br />
halbe Verlegenheitsausrede! Die unverschämtesten<br />
Lügen der revolutionsfeindlichen Ausbeuterpresse<br />
zum Zwecke der Verwirrung und Einschüchterung<br />
des Proletariats und zur Verdächtigung der Arbeiterräte<br />
werden geduldet und dürfen passieren, um<br />
die »Pressefreiheit« nicht zu schmälern. Den offenen<br />
und geheimen Revolutionsfeinden tritt man<br />
mit einer anscheinend kretinhaften (in Wahrheit<br />
aber von Seelenverwandtschaft diktierten) Gemütlichkeit<br />
entgegen, während man wirkliche Revolutionäre<br />
mit Maschinenpistolen, Handgranaten und<br />
Flammenwerfern bedroht!<br />
Darf man sich da wundern, dass die Ebert-Haase<br />
konsequent, wie sie nun einmal in der Sabotierung<br />
der revolutionären Eroberungen sind, sich mit zäher<br />
Ausdauer für die Nationalversammlung einsetz<br />
en, auf die die Reaktionäre nicht mit Unrecht<br />
ihre ganze Hoff nung setz en? Statt die Macht des<br />
revolutionären Proletariats zu stärken, soll das kapitalistisch<br />
interessierte Bürgertum im Nationalparlament<br />
Marschziel und Tempo der Revolution<br />
mitbestimmen! Von der Aburteilung der Schwerverbrecher<br />
vom Schlage der Ludendorff , Bethmann,<br />
Reventlow, Tirpitz , Ebert-Scheidemann usw.<br />
durch ein Revolutionsgericht schweigt man ganz;<br />
ebenso von der Streichung der Kriegsanleihen,<br />
um dem Volk die größte Bürde abzunehmen! Die<br />
„Sozialisierung“ der Produktionsmitt el wird durch<br />
eine sehr „gemischte“ Kommission verschleppt,<br />
die Beseitigung der Dreiklassenparlamente in den<br />
Gemeinden, die Ausmerzung des Religionsunterrichts<br />
aus den Schulen, die Trennung von Kirche<br />
und Staat, die Revolutionierung der Rechtssprechung<br />
und unendlich viel mehr scheint auf den St.<br />
Nimmerleinstag vertagt zu sein. Der Kongress der<br />
Arbeiter- und Soldatenräte, der am 16. Dezember<br />
in Berlin zusammentritt , soll die revolutions-verräterische<br />
Politik der Ebert-Haase sanktionieren, da<br />
bleibt dem revolutionären Proletariat, das völlig<br />
auf die eigene Tatkraft angewiesen ist, eben nichts<br />
anderes übrig, als die schlauen Berechnungen der<br />
off enen und verkappten Reaktionäre in nicht mißzuverstehender<br />
Weise zu durchkreuzen.<br />
Alle Räder stehen still,<br />
wenn dein starker Arm es will!<br />
Alle Macht den revolutionären<br />
Arbeiter- und Soldatenräten!<br />
• Der Syndikalist - Nr. 2 vom 21. Dezember 1918<br />
<strong>barrikade</strong> 1 - November 2008