Atemforum zum Ausdrucken - BEAM
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11/2005 Seite 5<br />
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„Atemarbeit mit Älteren macht Spaß!“<br />
von Ingeborg Funcke<br />
ATEM<br />
FORUM<br />
Ab wann ist man eigentlich "älter"? Ich interpretiere<br />
für mich ältere Menschen jetzt mal mit 70jährige<br />
und aufwärts. Überwiegend sind es bei mir Männer<br />
dieser Altergruppe, die sich in der Gruppenarbeit<br />
dem Erfahrbaren Atem stellen. Sie fallen mir in<br />
dem Sinne immer angenehm auf, dass sie als<br />
Mann sich dieser Arbeit widmen - sind sie doch<br />
jedes mal in der Minderheit, wohingegen ihre Motivation<br />
doch die gleiche ist, nämlich Hoffnung auf<br />
Linderung von Krankheit und Störfaktoren. Ich bin<br />
jedes mal angenehm berührt davon, wenn mir diese<br />
Altersgruppe begegnet, <strong>zum</strong> einen, da sie meine<br />
Eltern sein könnten und <strong>zum</strong> anderen, da sie sich<br />
auf den Weg machen, und zwar nämlich auf ihren<br />
persönlichen. Das ist doch etwas, was dieser Generation<br />
kaum vergönnt war.<br />
.<br />
Beeindruckt sind sie z.B. von sich selbst, wenn<br />
ihnen das Wirbelsäulenabrollen in dem Maße<br />
gelingt, dass sie tatsächlich (fast) bis nach unten<br />
kommen, auf jeden Fall aber ihre eigene persönliche<br />
Grenze damit überschreiten. Das geht über<br />
ihren Verstand bzw. ihre Vorstellungskraft hinaus.<br />
Wenn ich mich wirklich dem Atem überlasse, in den<br />
Knien nachgebe und mich gut in den Fußgelenken<br />
löse, ist es fast für jeden möglich, Wirbel für Wirbel<br />
in die Dehnung zu gehen. Die Zwischenwirbelscheiben<br />
schaffen sich dabei Raum. Die Bandscheiben<br />
bekommen wieder mehr Platz, füllen sich<br />
auf, und ich erfahre Neues über meinen Rücken,<br />
der bei regelmäßiger Übung immer schmerzfreier<br />
werden kann. Es geht hierbei um das Beweglichwerden,<br />
was besonders ältere Menschen anspricht.<br />
-<br />
Und ich selber habe viel Freude daran, wenn sie<br />
sich darauf einlassen.<br />
Es hat mich zutiefst angerührt, was da geschah.<br />
Ein Maurer, der sein Leben lang Steine beklopft<br />
hat, "beklopft" nun den Rücken einer 30jährigen<br />
schwangeren Frau!!! Diesem tief-greifenden Erlebnis<br />
folgte das Staunen eines Kindes, als er sich<br />
seinen Händen zuwandte, diese seine Hände erforschte<br />
und begrüßte und dann auch noch seinen<br />
Rhythmus darin erfahren hat, indem er mit den<br />
Daumen einen Druck in die Handmitten gab. Angefüllt<br />
mit vielen neuen Erfahrungen, auf die er sich<br />
tatsächlich eingelassen hat, ging er fast kopfschüttelnd<br />
(im Sinne von Staunen) nach Hause. Er hatte<br />
einen Einblick in eine ganz neue Welt bekommen,<br />
nämlich in seine Welt.<br />
.<br />
Mir war es ein großes Vergnügen, mit ihm zu arbeiten,<br />
und ich wünsche mir weiterhin viele ältere<br />
Menschen, denen ich den Erfahrbaren Atem vermitteln<br />
kann. .<br />
Eine kleine Anekdote kann ich auch <strong>zum</strong> Rücken<br />
abklopfen beitragen. So ist es mir vor kurzem geschehen,<br />
dass ich einen 74jährigen pensionierten<br />
Maurer zu dieser Partnerübung eingeladen habe,<br />
der er sich auch bereitwillig stellte. Und - wie es<br />
nun mal so üblich ist in dieser Generation - fing er<br />
auch sofort an, seine Partnerin, die ihn behandelte,<br />
mit Komplimenten zu überhäufen. Doch als er selber<br />
behandeln sollte, winkte er ab mit den Worten:<br />
"Nein, das ist wohl nichts für mich. Schuster, bleib<br />
bei Deinen Leisten. Ich habe mein Leben lang<br />
Steine beklopft - und dabei will ich es auch belassen."<br />
Ich erfasste die ganze Situation und ermunterte<br />
ihn mit seinem Eigenen, indem ich ihm sagte:<br />
"Schade, aber vielleicht verpassen Sie nun eine<br />
Gelegenheit, genauso viel Komplimente zu bekommen,<br />
wie Sie sie gerade gegeben haben." Er<br />
lachte und ließ sich darauf ein - mit dem gleichen<br />
Ergebnis, dass auch er seine Komplimente bekam.