Wasser – ein globales politisches Problem - Dr. Peter Barth
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ereits Mitte der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts in den „Maps of Water Interests“ zur strategischen Interessenszone<br />
Israels bestimmt haben.<br />
Das Abkommen zwischen Israel und der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) vom 13.09.1993 fordert,<br />
„Pläne für <strong>ein</strong>e gerechte Nutzung gem<strong>ein</strong>samer <strong>Wasser</strong>vorräte“ zu erarbeiten. Israel ist aber bis heute nicht bereit,<br />
die absolute Souveränität über die Grundwasservorräte des Westjordanlandes abzugeben.<br />
Der zweite bedeutende Grundwasserleiter dieser Region ist der „Küsten-Aquifer“ mit <strong>ein</strong>em erneuerbaren Aufkommen<br />
von 240 Millionen m 3 in Israel und 55 Millionen m 3 im Gaza-Streifen. Diese Reservoirs an der Mittelmeerküste<br />
werden vor allem durch Brunnen erschlossen, die in große Tiefen reichen. Die Übernutzung der unterirdischen<br />
Quellen in der Küstenregion (der Grundwasserspiegel sinkt jährlich um 15 cm) und das Eindringen von<br />
Meerwasser haben bereits zu <strong>ein</strong>em deutlichen Anstieg des Salzgehaltes im <strong>Wasser</strong> geführt. Dies hat insbesondere<br />
für die palästinensische Bevölkerung im Gazastreifen verheerende Auswirkungen, da diese über k<strong>ein</strong>e anderen<br />
<strong>Wasser</strong>quellen verfügen.<br />
Die Brunnen im Gazastreifen erbringen nur noch <strong>ein</strong>e geringe Förderleistung. Deshalb liegt der Pro-Kopf-<br />
<strong>Wasser</strong>verbrauch im Gaza-Streifen nur bei 44 Liter, 60% der Menschen verfügen über k<strong>ein</strong> fließendes <strong>Wasser</strong> und<br />
nur etwa 45% der Bewohner sind an die öffentliche Kanalisation angeschlossen. Außerdem stellt die schlechte<br />
<strong>Wasser</strong>qualität <strong>ein</strong>e akute Gesundheitsgefährdung dar. Messungen haben ergeben, dass die Brunnen stark bakterienbelastet<br />
sind, dass die durchschnittliche Chlorid- und Nitratkonzentration des Grundwassers die WHO-<br />
Grenzwerte für Trinkwasser um das Zwei<strong>ein</strong>halbfache übersteigen. UN-Experten befürchten, dass die Trinkwasserversorgung<br />
im Gazastreifen in den nächsten 10 bis 15 Jahren ganz zusammen brechen könnte.<br />
Bereits vor 1967 stammte ca. <strong>ein</strong> <strong>Dr</strong>ittel von Israels erneuerbaren Fördermengen aus im Westjordanland angereichertem<br />
Grundwasser, das vom israelischen Kernland aus gefördert wurde. Ab 1967 wurden per militärischer Verordnungen<br />
die <strong>Wasser</strong>echte im Westjordanland und Gazastreifen israelischem Recht angeglichen und s<strong>ein</strong>er Verwaltung<br />
unterstellt. Die veränderte Rechtslage hatte erhebliche Konsequenzen für die palästinensische Bevölkerung<br />
auch nach der Teilautonomie. Die soziale und wirtschaftliche Entwicklung des Westjordanlandes wird durch<br />
folgende Fakten wesentlich behindert:<br />
• Das Betreiben jeglicher <strong>Wasser</strong>installationen wie Brunnen oder Bewässerungsanlagen sowie der Anbau bestimmter<br />
Kulturen wie Obstbäume und Gemüse wurden von behördlicher Genehmigung abhängig gemacht.<br />
Palästinensische Brunnen dürfen maximal zwischen 60 und 140 m tief gebohrt werden, während israelische<br />
Siedler zahlreiche Tiefenbrunnen (800 bis 1.500 m Tiefe) angelegt haben.<br />
• Dadurch versiegende palästinensische Brunnen wurden von der israelischen Militärbehörde enteignet, da sie<br />
„ungenutzt“ blieben.<br />
• Die <strong>Wasser</strong>mengen für den palästinensischen Agrarsektor wurden auf dem Stand von 1967/68 <strong>ein</strong>gefroren.<br />
• Pumpquoten wurden festgelegt und Überschreitungen streng bestraft.<br />
• Das Betreiben von Bewässerungsanlagen nach 16 Uhr wurde verboten, obwohl dies die günstigste Bewässerungszeit<br />
wäre.<br />
• Die Palästinenser müssen <strong>ein</strong>en bis zu sechsmal höheren Preis für das <strong>Wasser</strong> bezahlen als die jüdischen<br />
Siedler.<br />
• Den Palästinensern bleibt der Zugang zum Jordanwasser verwehrt.<br />
Die Gesamtwassermenge, die praktisch und ökonomisch genutzt werden kann, der sogenannte ausgewogene<br />
<strong>Wasser</strong>bestand, wird auf jährlich 1,7 Milliarden m 3 veranschlagt. Diese Größenordnung stellt auch die maximal zu<br />
erwartende Menge an sich selbst erneuerndem trinkbarem <strong>Wasser</strong> dar, die als Trinkwasser entzogen werden<br />
kann. Zusätzlich stehen 200 Millionen m³ Brackwasser zur Entsalzung zur Verfügung (Brackwasser hat <strong>ein</strong>en<br />
Salzgehalt von 0,1 bis 1% Salz). Der landesweite Verbrauch lag aber 1996 bereits bei ca. 2 Milliarden m³ <strong>Wasser</strong>.<br />
Die Differenz zwischen dem tatsächlichen Verbrauch und 1,7 Milliarden m³ des <strong>Wasser</strong>grundbestandes wurde<br />
durch zusätzliches Abpumpen des Grundwassers und die Nutzung aufbereiteter Abwässer zur Bewässerung ausgeglichen.<br />
Gegen alle internationalen Rechtsgrundsätze nutzt Israel s<strong>ein</strong>e Macht als Besatzer, um schon heute wichtige Vorentscheidungen<br />
zu s<strong>ein</strong>en Gunsten durchzusetzen; so etwa mit der Deklaration <strong>ein</strong>er so genannten Sicherheitszone<br />
entlang des Jordans, über die Israel auch in künftigen Friedensverhandlungen nicht mehr diskutieren will. Damit<br />
wären die Palästinenser auch in Zukunft gänzlich von der Mitbestimmung über das Jordanwasser ausgeschlossen.<br />
Überdies setzten israelische Verhandlungsdelegationen durch, dass die Grundwasservorräte des künftigen palästinensischen<br />
Staates in den Abkommen jeweils als „gem<strong>ein</strong>same Ressourcen“ definiert werden, über deren<br />
Verwendung <strong>ein</strong> <strong>Wasser</strong>komitee nach Abschluss <strong>ein</strong>es Friedensvertrages entscheiden soll. Mit dieser Definition<br />
sichert sich Israel bereits jetzt <strong>ein</strong> künftiges Vetorecht für alle Entscheidungen darüber, wie die <strong>Wasser</strong>vorkommen<br />
in Palästina genutzt werden, welches sie den Palästinensern im Gazastreifen verweigert.<br />
Noch folgenreicher für die Lösung des <strong>Wasser</strong>problems im Westjordanland dürfte aber <strong>ein</strong>e im Oslo-II-Abkommen<br />
(1995) festgeschriebene Verfahrensfrage s<strong>ein</strong>, nach der über die „existierenden“ und die „neuen zusätzlichen“