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DAV Panorama 3/2010<br />
Immer wieder ereignen sich schwere<br />
Unfälle beim Klettern durch falsches<br />
Sichern. Halbautomatische <strong>Sicherungsgeräte</strong><br />
wurden entwickelt, um<br />
menschlichem Versagen entgegenzuwirken,<br />
verursachen aber ihrerseits<br />
neue Probleme. Die DAV-Sicherheitsforschung<br />
informiert über<br />
aktuelle Unfälle und startet in die<br />
Diskussion zum Pro und Contra von<br />
<strong>Sicherungsgeräte</strong>n.<br />
Mit welchem Sicherungsgerät<br />
lässt sich ein Vorsteigersturz<br />
am besten halten? Es ist fast<br />
ein Glaubenskrieg. Die einen schwören<br />
auf ihre „Halbautomaten“ wie<br />
Cinch oder Grigri, die andern verteufeln<br />
diese als unfallträchtig. So gab es<br />
im letzten Jahr mehrere Cinch-Unfälle.<br />
Doch auch bei den dynamischen <strong>Sicherungsgeräte</strong>n<br />
wie HMS oder Tuber<br />
kommt es immer wieder zu schweren<br />
Sicherungsfehlern und Unfällen. Und<br />
wie viele Unfälle durch Halbautomaten<br />
vermieden wurden, lässt sich<br />
nicht feststellen. Zur Diskussion des<br />
Pro und Contra muss man sich die unterschiedlichen<br />
Funktionsweisen der<br />
<strong>Sicherungsgeräte</strong> klarmachen.<br />
<strong>Sicherungsgeräte</strong>: die Funktion<br />
Halbautomaten blockieren oder<br />
bremsen einen Sturz unabhängig<br />
von der Handkraft des Sichernden.<br />
Laut UIAA-Normprüfung sogar auch<br />
dann, wenn der Sichernde das Bremsseil<br />
loslässt, etwa aus Schutzreflex<br />
beim Anprall am Fels, wegen Überforderung<br />
oder Verletzung durch Steinschlag.<br />
Trotzdem gilt auch für Halbautomaten<br />
das Bremshandprinzip! Denn<br />
bei den meisten Geräten wird die Blockierfunktion<br />
durch die Geschwindigkeit<br />
des Seildurchlaufs ausgelöst, also<br />
wenn ruckartig am Seil gezogen wird.<br />
Bleibt dieser markante Ruck aus, etwa<br />
bei einem Sturz direkt an einer Zwischensicherung<br />
oder bei viel Seilreibung,<br />
blockiert es nicht zuverlässig. In<br />
so einem Fall muss die Bremshand einen<br />
Widerstand erzeugen, damit die<br />
Blockierfunktion ausgelöst wird.<br />
Andererseits wird in der Praxis ausgerechnet<br />
der Vorteil des automatischen<br />
Blockierens leicht zur Gefahr,<br />
Handarbeit oder<br />
Automatisierung?<br />
Von Chris Semmel und Florian Hellberg<br />
Richtig sichern<br />
Teil 1<br />
Für und Wider<br />
Halbautomaten<br />
Foto: Christian Pfanzelt, Robert Bösch<br />
66
DAV Panorama 3/2010 Sichern | Sicherheitsforschung<br />
Halbautomaten<br />
wenn das Gerät beim schnellen Seilausgeben<br />
(z. B. beim Clippen) ungewollt<br />
blockiert. Für diese Situation<br />
muss man den Blockiermechanismus<br />
kurzzeitig ausschalten – und wenn<br />
man das mit einer ungünstigen Technik<br />
macht, die dem Bremshandprinzip,<br />
der Bremsmechanik oder den Reflexen<br />
widerspricht, kann das Gerät<br />
versagen. Deshalb ist es bei Halbautomaten<br />
entscheidend, sich eine Technik<br />
zum schnellen Seilausgeben anzugewöhnen,<br />
mit der das Gerät beim<br />
Sturz trotzdem blockiert.<br />
Dynamische Bremsgeräte dagegen,<br />
wie Tuber oder HMS, benötigen<br />
Dynamische Bremsgeräte<br />
+ Bieten Sicherheitsreserven bei + Führen dem Anwender seine<br />
Verletzung des Bremshandprinzips<br />
Verantwortung klar vor Augen<br />
+ Bremsen unabhängig von + Durch Seildurchlauf im Gerät können<br />
der Handkraft<br />
Stürze dynamisch abgefangen werden<br />
– Weiches Sichern erfordert ein aktives – Verzeihen keine Fehler bezüglich Brems-<br />
Mitgehen des Sichernden mit dem Körper handprinzip und Bremshandposition<br />
– Bedienung ist in der Summe komplexer, – Bremswirkung muss mit Handkraft und<br />
besonders das Seilausgeben<br />
Seilbeschaffenheit zusammenpassen<br />
Illustrationen: Georg Sojer<br />
zwingend die Handkraft des Sichernden.<br />
Sie sind sogar „handkraft-abhängig“,<br />
bremsen also unter Umständen<br />
nur dann ausreichend, wenn die sichernde<br />
Person über genügend Handkraft<br />
verfügt. Besonders die Kombination<br />
neuer, dünner Seile mit einer<br />
geringen Bremskraftverstärkung des<br />
Gerätes und geringer Handkraft des<br />
Sichernden kann fatale Folgen haben.<br />
Außerdem muss bei den meisten Modellen<br />
die Bremsmechanik des Gerätes<br />
durch die Bremshandposition<br />
gewährleistet werden, etwa beim Tuber<br />
(Bremshand unterhalb des Gerätes).<br />
Erfahrene Sichernde können<br />
durch die Bremshandposition die<br />
Bremswirkung reduzieren, um ein<br />
schnelleres Seilausgeben und damit<br />
präziseres Sichern zu gewährleisten<br />
oder um leichte Personen bewusst extrem<br />
weich zu sichern. Das Zurückgehen<br />
in die korrekte Bremshandposition<br />
bei einem Sturz muss dabei jedoch<br />
konsequent und automatisiert umgesetzt<br />
werden können (auch bei gleichzeitigem<br />
Hochgezogenwerden und<br />
Anprallen an die Wand). Wird das<br />
Bremshandprinzip verletzt oder ist<br />
die Bremsmechanik des Gerätes nicht<br />
gewährleistet, kann ein Sturz nicht<br />
mehr gestoppt werden.<br />
<strong>Sicherungsgeräte</strong>: Was wird<br />
verwendet?<br />
2009 führten der DAV und die<br />
Sporthochschule Köln eine Umfrage<br />
unter 1038 In- und Outdoorkletterern<br />
in Deutschland durch (vgl. Panorama<br />
5/09, S. 84). Sie ergab: 92 Prozent der<br />
Befragten verwenden dynamische <strong>Sicherungsgeräte</strong>:<br />
56 Prozent Tuber, 25<br />
Prozent HMS und 15 Prozent den Achter.<br />
Nur 8 Prozent der Befragten verwenden<br />
Halbautomaten (7 Prozent<br />
Grigri, 1 Prozent Cinch). Interessant<br />
ist, dass 55 Prozent der Kletterer das<br />
Sichern mit der HMS gelernt haben.<br />
Halbautomaten werden vor allem<br />
von drei Nutzergruppen verwendet:<br />
•n Personen, die einen Sicherheitspuffer<br />
wünschen, besonders gegen<br />
das Loslassen des Bremsseils (unerfahrene<br />
Sicherer, Kinder und Jugendliche).<br />
•n Personen, die deutlich leichter als<br />
ihr Kletterpartner sind und bei Stürzen<br />
sehr weit hochgerissen werden.<br />
Sicher sichern mit Dreibein-Logik<br />
Der Schweizer Kletterausbilder Walter Britschgi<br />
formulierte die drei Prinzipien, die zum sicheren<br />
Sichern immer eingehalten werden müssen.<br />
Bremshandprinzip: Immer mindestens eine<br />
Hand muss das Bremsseil umfassen: mindestens<br />
mit drei Fingern. Auch bei Halbautomaten.<br />
Bremsmechanik: Die Bremshand muss so gehalten<br />
werden, dass die Bremsmechanik des<br />
<strong>Sicherungsgeräte</strong>s funktionieren kann – zum<br />
Beispiel bei Tubern unterhalb des Gerätes.<br />
Bei Halbautomaten muss das Seil richtig eingelegt<br />
sein und/oder das Gerät in einer definierten<br />
Position gehalten werden.<br />
Reflexe: Das Sicherungsgerät muss so bedient<br />
werden, dass die natürlichen Reflexe die Funktion<br />
nicht gefährden, sondern unterstützen.<br />
67
DAV Panorama 3/2010<br />
Da leichtere Sicherer oft auch weniger<br />
Handkraft haben, können sie sich mit<br />
Halbautomaten voll auf das „Hochgerissenwerden“<br />
konzentrieren, ohne<br />
krampfhaft das Bremsseil fixieren zu<br />
müssen.<br />
•n Personen, die häufig Partner beim<br />
Ausbouldern sichern und die Bequemlichkeit<br />
eines blockierenden Sicherungsgeräts<br />
schätzen.<br />
Aktuelle Unfallbeispiele<br />
•n Beim Toprope-Sichern mit Tuber<br />
konnte der Kletternde beim Ablassen<br />
nicht gehalten werden und stürzte aus<br />
etwa acht Meter Höhe auf den Hallenboden.<br />
Folge: schwere Brüche an den<br />
unteren Extremitäten. Die Bremshand<br />
des Sichernden befand sich oberhalb<br />
des Tubes.<br />
•n Zwei Fälle, bei denen die Bremswirkung<br />
des Tubes nicht ausreichte, wurden<br />
uns bekannt: ein Vorstiegssturz,<br />
der nur gebremst, aber nicht gehalten<br />
werden konnte, und ein Fall, bei dem<br />
trotz korrekter Handhaltung beim Abseilen<br />
mit dünnen Seilen nicht ausreichend<br />
gebremst werden konnte; erst<br />
der Prusik stoppte nach schweren Verbrennungen<br />
die Abseilfahrt.<br />
•n Beim Ablassen mit HMS klemmte<br />
sich der Sichernde die Finger zwischen<br />
Seil und Karabiner ein, ließ<br />
deshalb das Bremsseil los und griff reflexartig<br />
in das durchlaufende Führungsseil,<br />
wobei er sich die Hände verbrannte.<br />
Der Kletterer stürzte leicht<br />
gebremst auf den Hallenboden und<br />
kam mit Prellungen davon.<br />
•n In einem Fall wurden schwerere<br />
Folgen durch einen Halbautomaten<br />
vermieden. Ein Kletterer stürzte aus<br />
13 Meter Höhe beinahe bis auf den Boden.<br />
Der deutlich leichtere Sichernde<br />
stand zu weit von der Wand entfernt<br />
und wurde gegen diese gerissen. Da-<br />
A B C<br />
ACHTUNG! Wer’s selbst versuchen möchte: In dieser Position<br />
(A) kann das Cinch nicht blockieren, selbst wenn ein deutlicher<br />
Ruck wirkt. Die Gelenkniete befindet sich unter dem Aufhängepunkt.<br />
Auch wenn in dieser Position die Bremshand das<br />
Bremsseil umfasst, kommt es nicht zum Blockieren (B). Das Seil<br />
läuft parallel zum Ablasshebel durch das Gerät, der Sichernde<br />
verbrennt sich hier die Bremshand.<br />
Nur wenn sich die Gelenkniete<br />
oberhalb des Aufhängepunkts<br />
befindet (C), bzw.<br />
das Lastseil rechtwinklig<br />
zum Ablasshebel aus dem<br />
Gerät läuft, kann das Gerät<br />
blockieren.<br />
Abb. 2: Cinch so! Besser<br />
wäre es, das Gerät mit<br />
dem Hebel nach links<br />
einzuhängen und das<br />
Seil seitlich auszugeben.<br />
Abb. 1: Cinch no! Diese<br />
Bedienung, wie sie die<br />
Anleitung zeigt, ist<br />
gefährlich und führt<br />
zu Unfällen!<br />
bei ließ er mit beiden Händen das Sicherungsseil<br />
los. Das Cinch blockierte<br />
und der Kletterer kam mit dem Schrecken<br />
davon. Der Sichernde brach sich<br />
durch den Anprall das Nasenbein.<br />
•n Zweimal wurden 2009 Bodenstürze<br />
durch das „Offenhalten“ der Blockierfunktion<br />
des Grigri beim Seilausgeben<br />
gemeldet. Beide Vorsteiger<br />
zogen sich mehrere Brüche an den unteren<br />
Extremitäten zu.<br />
•n Gleich sechsmal kam es im letzten<br />
Jahr zum Versagen einer Cinch-Sicherung.<br />
Jeweils beim Seilausgeben<br />
konnte ein Sturz des Vorsteigers nicht<br />
gehalten werden. Zum Teil wurde das<br />
Gerät „offen“ gehalten, zum Teil blockierte<br />
das Gerät nicht, obwohl sich<br />
die Bremshand am Bremsseil befand.<br />
Die Sichernden verbrannten sich hierbei<br />
die Hände. Betroffen waren auch<br />
sehr erfahrene Kletterer (Bergführeranwärter<br />
und Kletterer im 9. Schwierigkeitsgrad).<br />
Die Stürzenden zogen<br />
sich Brüche an den unteren Extremitäten<br />
oder an der Wirbelsäule zu.<br />
Versagen trotz korrekter<br />
Bedienung?<br />
Gleich sechs Unfälle innerhalb eines<br />
Jahres mit dem Cinch bei einer<br />
Verwendungshäufigkeit von 1 Prozent<br />
68
Abb. 3: Die „Gaswerk-Methode“ fürs Grigri<br />
wurde in der gleichnamigen Züricher Kletterhalle<br />
entwickelt.<br />
DAV Panorama 3/2010 Sichern | Sicherheitsforschung<br />
Illustrationen: Georg Sojer<br />
Abb. 4: Grundposition<br />
bei<br />
Tube-Sicherung.<br />
Bremshand unter<br />
dem Gerät, der<br />
Daumen zeigt<br />
zum Tube.<br />
sind erschreckend viel. Zufall? Wir<br />
denken nein. Die Ursache für die<br />
Unfälle liegt in der tückischen Mechanik<br />
des Gerätes, verbunden mit einer<br />
gefährlichen Bedienungsempfehlung<br />
in der Gebrauchsanleitung des Herstellers.<br />
Das Cinch blockiert nur in bestimmten<br />
Positionen, nämlich wenn<br />
der Seilzug rechtwinklig zum Ablasshebel<br />
wirkt. Wird das Gerät aber so<br />
gehalten, wie in der Anleitung empfohlen<br />
(mit dem Ablasshebel nach<br />
rechts aufgehängt und unter dem<br />
Aufhängepunkt gehalten, s. Abb. 1),<br />
läuft das Seil fast reibungsfrei durch<br />
und das Gerät blockiert nicht.<br />
Problematisch sind also Gerätepositionen,<br />
bei denen das Seil parallel zum<br />
Ablasshebel läuft. Wird im Sturzfall<br />
das Gerät in dieser Position reflexartig<br />
fixiert, zeigt es trotz Bremshand am<br />
Bremsseil keine Bremswirkung. Typischerweise<br />
verbrennen sich die Sichernden<br />
drei Finger der Bremshand –<br />
heikel!<br />
Wer mit dem Cinch sichern möchte,<br />
sollte es mit dem Hebel nach links<br />
an seinem Gurt aufhängen und zum<br />
Seilausgeben quer stellen. Das Bremsseil<br />
wird nun nach links zur Seite hin<br />
ausgegeben (parallel zum Ablasshebel).<br />
Im Sturzfall muss das Seil jedoch<br />
rechtwinklig zum Hebel zur ersten<br />
Zwischensicherung auslaufen, dann<br />
kann der Blockiermechanismus funktionieren<br />
(s. Abb. 2).<br />
Fazit<br />
Das optimale Sicherungsgerät kann<br />
man nicht generell bestimmen; es<br />
hängt vom Einsatzbereich und vor<br />
allem vom Anwender ab.<br />
Halbautomaten sind keine Vollautomaten.<br />
Deshalb muss man das<br />
Bremshandprinzip unbedingt einhalten<br />
und das Seilausgeben so handhaben,<br />
dass es zur Bremsmechanik und<br />
den Reflexen passt. Eine exakte Bedienung<br />
ist extrem wichtig; wie groß<br />
die Bandbreite dafür ist, hängt vom<br />
Gerät ab.<br />
Zur Bedienung des Grigri empfiehlt<br />
die DAV-Sicherheitsforschung<br />
eindringlich die Gaswerk-Methode<br />
(s. Abb. 3). Auch gute Kletterer zeigen<br />
beim Seilausgeben mit Grigri häufig<br />
leichtsinnige Fehlbedienungen mit<br />
kompletter Ausschaltung des Blockiermechanismus.<br />
Das Gerät ist nur<br />
nach intensiver Schulung zu empfehlen<br />
und für Kinder mit kleinen Händen<br />
eher ungeeignet. Bei korrekter<br />
Bedienung ist es allerdings ein Sicherheitsgewinn.<br />
Das Cinch ist extrem empfindlich<br />
für Fehlbedienungen, weshalb es nur<br />
Spezialisten verwenden sollten. Für<br />
Kinder und weniger Geübte ist es sehr<br />
unfallträchtig. Die aktuelle Bedienungsanleitung<br />
führt zu „vorhersehbaren<br />
Fehlanwendungen“.<br />
Die Bremskraft eines dynamischen<br />
<strong>Sicherungsgeräte</strong>s muss auf<br />
Durchmesser und Beschaffenheit des<br />
Seils und auf die Handkraft des Sichernden<br />
abgestimmt sein. Besonders<br />
bei Tuber und Achter ist zu beachten,<br />
dass die Bremswirkung von der<br />
Position der Bremshand abhängt<br />
(Daumen zeigt zum Sicherungsgerät<br />
und Bremshand unterhalb des Geräts!<br />
(s. Abb. 4).<br />
o<br />
Die Entwicklung neuer <strong>Sicherungsgeräte</strong> geht weiter.<br />
Grigri & Co. haben nach Sirius und Eddy neue Konkurrenz<br />
bekommen. Mehr zu den vielversprechenden<br />
neuen Halbautomaten und eine Bewertung nach<br />
Anwendergruppen lesen Sie im nächsten Panorama.<br />
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DAV Panorama<br />
Richtig sichern<br />
Teil 2<br />
Geräte im<br />
Vergleich<br />
Illustration: Georg Sojer<br />
Halbautomaten<br />
sind keine<br />
Vollautomaten<br />
Kein Sicherungsgerät ist<br />
idiotensicher – Halbautomaten<br />
werden oft als unfallträchtig<br />
kritisiert. Doch<br />
einige Unfälle könnten<br />
durch sie verhindert<br />
werden. Wir haben die<br />
aktuellen Modelle auf<br />
Vorteile, Schwächen und<br />
Gefahren vergleichend<br />
untersucht.<br />
Von Chris Semmel<br />
und Flo Hellberg<br />
Sportklettern in der Halle kann<br />
im Prinzip sicher betrieben werden.<br />
Dennoch wurde ich neulich<br />
Zeuge eines Bodensturzes. Nach<br />
Versorgung des Verletzten und Abtransport<br />
durch die Sanitäter stellt<br />
sich die Frage: Wie konnte das passieren?<br />
Welches Sicherungsgerät wurde<br />
verwendet? Am Abend berichtet ein<br />
Kollege, dass er in einer 50 Kilometer<br />
entfernten Halle dasselbe Szenario<br />
beobachtet hat.<br />
„Halbautomaten oder dynamisches<br />
Bremsgerät?“ lautete das Thema unseres<br />
letzten Beitrags in DAV Panorama<br />
3/10. Seit Erscheinen des Hefts<br />
haben wir von drei Bodenstürzen in<br />
Kletterhallen erfahren, bei denen mit<br />
Tube oder HMS gesichert wurde – also<br />
mit dynamischen <strong>Sicherungsgeräte</strong>n,<br />
die derzeit als der empfehlenswerte<br />
Standard gelten.<br />
Die Lehre daraus: Die entscheidende<br />
Frage heißt nicht: „Welches Sicherungsgerät?“<br />
Denn Unfälle passieren<br />
mit beiden Gerätetypen. Wesentlich<br />
hilfreicher ist: „Wie konnte das<br />
passieren?“ Unfallursachen sind in der<br />
Regel Bedienungsfehler wie „Handhaltung<br />
oben“ bei der Tube-Sicherung<br />
oder Ausschalten des Blockiermechanismus<br />
bei Halbautomaten. Aber wie<br />
wahrscheinlich – oder gar vorhersehbar<br />
– sind solche Fehlbedienungen bei<br />
einem Gerät?<br />
Nur dem Gerät die Schuld zuzuweisen<br />
wäre zu einfach. Meist sind<br />
Personen durch solche Unfälle betroffen,<br />
die zwar eine gewisse Klettererfahrung<br />
besitzen, aber so gut wie<br />
nie einen Sturz halten mussten. Und<br />
noch ein Muster: In allen drei genannten<br />
Fällen sicherten leichtere Frauen<br />
ihren schwereren Partner. Genau für<br />
diese Zielgruppe – leichter als der<br />
Partner und wenig Erfahrung im Halten<br />
von Stürzen – können Halbautomaten<br />
ein Sicherheitsplus bedeuten.<br />
Sie funktionieren unabhängig von der<br />
Handkraft des Sichernden und bieten<br />
eine Blockierunterstützung im Fall<br />
des Falles.<br />
Eine korrekte Bedienung ist bei<br />
den Halbautomaten existenziell. Wie<br />
groß dabei der Spielraum für Abweichungen<br />
ist, hängt vom Gerät ab. Um<br />
Problemstellen aufzudecken und die<br />
56
DAV Panorama 4/2010 Sichern | Sicherheitsforschung<br />
Smart Cinch<br />
Click-Up Sum<br />
Fotos: DAV-Sicherheitsforschung<br />
Eignung für verschiedene Anwender<br />
zu beleuchten, hat die DAV Sicherheitsforschung<br />
die handelsüblichen<br />
halbautomatischen <strong>Sicherungsgeräte</strong><br />
beurteilt.<br />
Smart: fast schon super<br />
Einfaches Funktionsprinzip ohne<br />
komplexe Mechanik. Das Gerät löst<br />
auch bei geringem Zug aus, besitzt<br />
ohne Bremshand am Bremsseil allerdings<br />
„nur“ eine Bremskraft von 60<br />
bis 80 Kilogramm; wirkt also nur blockier-unterstützend<br />
und macht nicht<br />
komplett zu. Bei viel Reibung im Seilverlauf<br />
wirkt es dann selbstblockierend.<br />
Mit Bremshand am Bremsseil<br />
ist aber jeder Sturz gut zu halten,<br />
auch bei extrem dünnen Seilen. Zum<br />
Seilausgeben und Ablassen wird der<br />
Rüssel des Geräts angehoben.<br />
Gefahren: Korrekte Bremshandposition<br />
und Bremshandprinzip müssen<br />
beachtet werden. Bedient man<br />
das Gerät in Bremshand-Oben-Position,<br />
kann der Blockiermechanismus<br />
nicht wirken. Wird das Bremshandprinzip<br />
verletzt (keine Bremshand am<br />
Seil), spricht das Gerät zwar schon bei<br />
sehr geringen Impulsen an, ein harter<br />
Sturz wird aber erst nach enorm großem<br />
Seildurchlauf gebremst.<br />
Das Smart funktioniert nur zuverlässig<br />
bei Verwendung mit HMSoder<br />
Ovalkarabinern. Bei stark gekrümmten<br />
D-förmigen Karabinern<br />
oder in der schmalen Seite eines HMS<br />
hat das Gerät nur noch wenig Bremskraft;<br />
das sollte man unbedingt vermeiden!<br />
Das Ablassen ist bei dicken Seilen<br />
schwer dosierbar und unangenehm<br />
(leicht abhängig von der Form des Karabinerquerschnitts).<br />
Fazit: Bei der Konstruktion des Smart<br />
wurde spürbar auf intuitive Bedienung<br />
und menschliche Reflexe geachtet, das<br />
Gerät ist wenig anfällig für Fehler. Wegen<br />
der karabinerabhängigen Bremswirkung<br />
und der schwierigen Dosierung<br />
beim Ablassen ist es leider nicht<br />
perfekt, aber momentan das Gerät mit<br />
der größten Sicherheitsreserve.<br />
Cinch: nur für Experten<br />
Sieben Unfälle beim Sichern des<br />
Vorsteigers in einem Jahr sind erschreckend.<br />
Alles Fehlbedienungen.<br />
Sie liegen in der komplexen Bedienung<br />
des Geräts begründet: Da das<br />
Cinch keine Feder besitzt, kann man<br />
nur dann Seil ausgeben, wenn man<br />
das Gerät „offen“ hält. Der geradlinige<br />
Seildurchlauf reduziert die Reibung<br />
fast auf null.<br />
Gefahren: Bereits das Verändern der<br />
Position des Geräts kann zur Fehlfunktion<br />
führen. Hält man das Gerät<br />
wie in der Bedienungsanleitung vorgegeben,<br />
kann es trotz Einhalten des<br />
Bremshandprinzips versagen (siehe<br />
Erklärungen in DAV Panorama 3/10).<br />
Beim Ablassen ist die Reibung sehr<br />
gering, eine zusätzliche Umlenkung<br />
im Bremsseil ist zu empfehlen.<br />
Fazit: Sehr komplexes Gerät mit versteckten<br />
Bedienungstücken und daher<br />
hohem Unfallpotenzial. Nur für<br />
Experten.<br />
Click-Up: hängt vom Karabiner ab<br />
Ganz neu auf dem Markt. Die Bedienung<br />
gleicht exakt der Tube-Sicherung.<br />
Durch die hohe Ansprechkraft<br />
ist kein Aufhalten des Blockiermechanismus<br />
zum Seilausgeben notwendig,<br />
solche Fehlanwendungen werden<br />
vermieden. Das Einhalten des Bremshandprinzips<br />
ist allerdings unbedingt<br />
Pflicht. Einmal blockiert, bleibt das<br />
Gerät in dieser Position und muss aktiv<br />
wieder in den Bedien-Modus gebracht<br />
werden.<br />
Gefahren: Ohne Bremshand am Seil<br />
blockiert das Gerät nur bei einem heftigen<br />
Impuls. Bei Bremshandposition<br />
oben greift der Blockiermechanismus<br />
nicht. Problematisch ist, dass die<br />
Blockierfunktion von der Karabinerform<br />
und -dicke abhängt. Bei stark gekrümmten<br />
D-Karabinern blockiert<br />
das Gerät nicht. Verwendet man einen<br />
zu dünnen Karabiner, verklemmt<br />
sich das Seil bei einem harten Sturz<br />
derart, dass man es kaum mehr lösen<br />
kann. Deshalb darf nur der empfohlene<br />
Sicherungskarabiner verwendet<br />
werden.<br />
Fazit: Der Ansatz des Geräts ist sehr<br />
gut und das Handling sehr angenehm.<br />
Schade ist, dass die Funktion so stark<br />
von Karabinerform und Querschnitt<br />
abhängt; in dieser Hinsicht ist das Gerät<br />
noch nicht völlig ausgereift. Bei<br />
Verwendung mit dem empfohlenen<br />
HMS-Karabiner „Mini“ ist es eine<br />
interessante Neuentwicklung für Anfänger<br />
wie Experten.<br />
Sum: mühsam, mit Tücken<br />
Gerät mit geringer Verbreitung.<br />
Durch die weiche Feder spricht die<br />
Blockierfunktion sehr früh und bereits<br />
bei geringer Zugkraft an. Ab<br />
einem Seildurchmesser von 10 Millimeter<br />
und größer wird der Widerstand<br />
beim Seilausgeben deswegen<br />
unangenehm.<br />
Gefahren: Um das Seil ausgeben zu<br />
können, muss man das Seil zum Körper<br />
hin ausziehen und dabei das Gerät<br />
in einer horizontalen Position fixie-<br />
57
DAV Panorama 4/2010<br />
Eddy Nine<br />
Zap-O-Mat Grigri<br />
Fotos: DAV-Sicherheitsforschung<br />
ren. Kippt man das Gerät in eine steilere<br />
Position, kann die Blockierfunktion<br />
nicht mehr ansprechen. Vorsicht:<br />
Das Gerät muss unbedingt im Karabiner<br />
fixiert werden. Sonst kann es<br />
sich bei einigen Karabinerformen verkanten,<br />
wodurch die Blockierfunktion<br />
nicht mehr gegeben ist. Auch eine<br />
Querstellung des Karabiners kann<br />
zur Fehlfunktion führen. Öffnen des<br />
Blockiermechanismus zum Ablassen<br />
kann zu reflexbedingten Unfällen<br />
führen.<br />
Fazit: Durch einige versteckte Bedienungstücken<br />
besitzt das Gerät ein hohes<br />
Unfallpotenzial. Nur für Experten<br />
zu empfehlen.<br />
Eddy: ideal zum Topropen<br />
Sehr massives Gerät mit komplexer<br />
Mechanik. Positiv fällt die Panik-Sicherung<br />
beim Ablassen auf. Das Seileinziehen<br />
ist problemlos, das Seilausgeben<br />
hingegen fast nicht zumutbar.<br />
Gefahren: Das Öffnen des Geräts ist<br />
gewöhnungsbedürftig. Zum Seilausgeben<br />
fehlt eine dritte Hand, da der<br />
Blockierbolzen aufgehalten werden<br />
muss, während eine Hand das Seil<br />
auszieht und die fehlende dritte das<br />
Bremsseil halten sollte. Fehlbedienungen<br />
sind daher naheliegend.<br />
Fazit: Exzellentes Gerät zum Toprope-<br />
Sichern, auch für Anfänger und Kinder.<br />
Für die Vorstiegssicherung allerdings<br />
ungeeignet, da entweder das<br />
Bremshandprinzip verletzt werden<br />
muss oder aber die Bedienung äußerst<br />
unkomfortabel ist.<br />
Nine: viele Fehleroptionen<br />
Von dem Gerät lag uns nur ein Prototyp<br />
vor, der aber im Wesentlichen<br />
dem Seriengerät entspricht. Sein Funk-<br />
tionsprinzip ähnelt sehr dem Logic<br />
von Cassin. Auf den ersten Blick wirkt<br />
das Gerät simpel, stellt sich bei der<br />
Anwendung jedoch als sehr komplex<br />
heraus.<br />
Gefahren: Bereits beim Seileinlegen<br />
kamen wir ins Straucheln. Es existieren<br />
sieben Möglichkeiten, wobei einige<br />
fatal wären. Hat man diese Herausforderung<br />
bewältigt, bleibt die Gefahr,<br />
dass sich beim Sichern möglicherweise<br />
die Führung des Seils im Gerät verändert<br />
und damit auch die Bremswirkung.<br />
Ob die Blockierung anspricht,<br />
hängt von der Bremshandposition ab.<br />
Probleme bereitet der Wechsel aus der<br />
Blockierstellung zum Ablassen: Das<br />
Gerät zeigt dabei eine sehr geringe<br />
Bremswirkung. Wird das Bremshandprinzip<br />
verletzt, ist die Blockierfunktion<br />
zufallsgeprägt: Bei unserem<br />
Selbstblockier-Test sprach das Gerät<br />
erst nach einem Seildurchlauf von 176<br />
Zentimetern an.<br />
Fazit: Das Gerät hat einige Bedienungstücken<br />
beim Seileinlegen und<br />
beim Wechsel zum Ablassen. Daher<br />
nur für Experten zu empfehlen.<br />
Zap-O-Mat: kreatives Konzept<br />
Das Zap-O-Mat ähnelt sehr dem<br />
Sirius von TRE, ist aber für Einfachseile<br />
gebaut. Die Besonderheit: Man<br />
kann die Federhärte variieren, die<br />
den Auslösewiderstand bestimmt. So<br />
lässt sich das Gerät dem Seil anpassen:<br />
dickes Seil – harte Feder, dünnes<br />
Seil – weiche Feder.<br />
Gefahren: Ob die Blockierung anspricht,<br />
ist von der Bremshandposition abhängig.<br />
Das Gerät sollte nur mit Bremshandposition<br />
unten bedient werden,<br />
auch wenn der Hersteller beide Möglichkeiten<br />
zulässt. Zum Ablassen muss<br />
man es nach unten und zum Körper<br />
hin ziehen, wodurch es anfällig für reflexbedingte<br />
Panik-Unfälle ist.<br />
Fazit: Eine gewisse Anfälligkeit gegenüber<br />
menschlichen Reflexen und die<br />
Wahl der richtigen Federeinstellung<br />
verlangen Erfahrung. Akzeptables Gerät<br />
für Fortgeschrittene und Experten.<br />
Grigri: der Klassiker für Kenner<br />
Das Grigri ist sozusagen der Platzhirsch<br />
der Halbautomaten mit der<br />
weitesten Verbreitung. Setzt man die<br />
Unfallzahlen in Relation zur Verwendungshäufigkeit,<br />
ist das Grigri kein<br />
Ausreißer.<br />
Gefahren: Das Gerät ist anfällig für Fehlbedienungen<br />
aufgrund der menschlichen<br />
Reflexe sowohl beim Seilausgeben<br />
wie beim Ablassen: Es gab<br />
einige Unfälle durch Festhalten des<br />
Blockiermechanismus beim Seilausgeben<br />
und durch die Schreckreaktion,<br />
den Ablasshebel komplett<br />
durchzuziehen.<br />
Ohne Bremshand am Seil löst das<br />
Gerät bei kleinen Stürzen und viel<br />
Seilreibung nicht aus, weil zur Auslösung<br />
des Blockiermechanismus ein<br />
Federwiderstand überwunden werden<br />
muss. Eine korrekte Bedienung<br />
ist komplex und wenig intuitiv.<br />
Fazit: Hat man Erfahrung beim Ablassen<br />
und bedient das Gerät nach der<br />
„Gaswerkmethode“ (siehe DAV Panorama<br />
3/10) ist das Gerät für Erfahrene<br />
und Experten empfehlenswert.<br />
Fazit: Lern's und mach‘s richtig<br />
Da Menschen fehlbar sind, müsste<br />
das perfekte Sicherungsgerät eigentlich<br />
ein Vollautomat sein – aber es gibt<br />
eben bestenfalls Halbautomaten. Bei<br />
all diesen Geräten ist die Bremsseil-<br />
58
DAV Panorama 4/2010 Sichern | Sicherheitsforschung<br />
<strong>Sicherungsgeräte</strong><br />
im<br />
Vergleich<br />
Gerät Grigri Zap-O-Mat Cinch Smart 1 Click-Up Nine 2 Eddy Sum<br />
Hersteller Petzl Edelrid Trango Mammut CT Salewa Edelrid Faders<br />
Seildurchmesser 9,7-11 mm 3 8,9-10,5 mm 9,4-11 mm 8,9-10,5 mm 9-10,5 mm 9-11 mm 9-11,4 mm 9,1-10,5 mm<br />
Gewicht 227 g 164 g 179 g 81 g 117 g 156 g 2 361 g 255 g<br />
Preis 69,90 € 69,90 € 69,90 € 29,90 € 46,90 € 44,95 € 99,90 € 79,80 €<br />
Bedienungs- 9,1 mm neu: ++ + 4 ++ + + + – +<br />
komfort 7 10,3 mm alt: +/– +/– 4 + +/– +/– – –– –<br />
Ablassen 8 +/– – –– – + –– ++ +/–<br />
Durchlaufwert 9 9,7 neu: 3,4 kN 9,1 neu: 1,3 kN 9,4 neu: 1,6 kN 9,1 neu: 0,6 kN 9,1 neu: 1,3 kN 9,1 neu: 1,9 kN 9,1 neu: 2,6 kN 9,1 neu: 2,4 kN<br />
(statisch) 10,3 alt: 4,1 kN 10,3 alt: 2,8 kN 4 10,3 alt: 3,7 kN 10,3 alt: 0,8 kN 10,3 alt: 3,9 kN 10,3 alt: 2,1 kN 10,3 alt: 5,2 kN 10,3 alt: 5,1 kN<br />
Auto-Blockier-Funktion A: 10 +/– – 4 + ++ 6 –– + +/– ++<br />
bei Sturz unter Umlenkung (meistens) (nur zufällig) (bei Hebel (bei Reibung (stoppt nur (nach großem (meistens) (zuverlässig)<br />
rechts ja) zuverlässig) bei Krangel) Durchlauf ja)<br />
Auto-Blockier-Funktion B: 11 ++ + + – 6 in 2,5 m + +/– + +<br />
Sturz 1 m über erster Exe 5 (4 cm) (66 cm) (45 cm) nicht gestoppt (39 cm) (176 cm) (32 cm) (41 cm)<br />
Komplexität Seilausgeben 12 – +/– –– + ++ + –– +/–<br />
Fehler- Bremshand- A – +/– –– ++ ++ + –– ––<br />
anfälligkeit prinzip 13 B + – + +/– –– +/– +/– +<br />
menschliche Reflexe 14 – – –– ++ ++ + +/– +/–<br />
Bremsmechanik 15 +/– – –– + + –– – –<br />
Karabinerabhängigkeit 16 keine gering keine bedingt ja, extrem gering keine ja, extrem<br />
Zielgruppe 17 G + E G + E E A + G + E + J A + G + E + J (G) + E Vorstieg/Toprope (G) + E<br />
E/A+J<br />
1<br />
Das Gerät unterstützt die Handkraft, blockiert aber nicht vollständig; deshalb kein Halbautomat im eigentlichen Sinn (wird auch vom Hersteller so kommuniziert)<br />
2<br />
Von diesem Gerät lag uns nur ein Prototyp für die Bewertung vor<br />
3<br />
10-11 mm auf dem Gerät angegeben, laut Bedienungsanleitung ist bis 9,7 mm zulässig<br />
4<br />
Das Gerät hat zwei Federhärten für den Blockierbolzen; gemessen wurde die weiche beim dünnen und die harte beim dicken Seil<br />
5<br />
Getestet wurde der Seildurchlauf bei einem Sturz in die Exe mit 2,0 m Fallhöhe, 88 kg, ohne Bremshand am Seil und mit dem dünnsten laut Bedienungsanleitung zugelassenen Seil (Smart,<br />
Zap-O-Mat, Click-Up, Nine, Eddy, Sum mit 9,1 mm Joker; Grigri mit 9,7 mm Booster; Cinch mit 9,4 mm Stinger)<br />
6<br />
Das Gerät spricht sehr gut an. Ohne Bremshand am Bremsseil und ohne Seilreibung (keine weiteren Zwischensicherungen) ist die Bremskraft zu gering und stoppt den Sturz nicht. Ein Vorstiegssturz<br />
mit Zwischensicherungen im Seilverlauf (Kletterhallensituation) hingegen wurde vom Gerät auch ohne Bremshand am Bremsseil gestoppt.<br />
Was getestet wurde: (++ sehr gut,+ gut, +/– neutral, – ungünstig, –– sehr ungünstig)<br />
7<br />
Bedienungskomfort: Widerstand beim Seilausgeben mit einem neuen 9,1-mm- und einem stark gebrauchten 10,3-mm-Seil<br />
8<br />
Ablassen: Ablassverhalten mit dem dünnsten zugelassenen Seildurchmesser<br />
9<br />
Durchlaufwert: Bei zwei unterschiedlichen Seilen wurde gemessen, ab welcher Kraft das Seil bei Blockierung durch das Gerät läuft<br />
10<br />
Auto-Blockier-Funktion A: Stoppt das Gerät ohne Bremshand am Bremsseil einen Sturz in der Toprope-Situation mit eingehängten Exen (normale Seilreibung)?<br />
11<br />
Auto-Blockier-Funktion B: Ob und nach welchem Seildurchlauf stoppt das Gerät ohne Bremshand am Bremsseil einen Sturz einen Meter über der ersten Zwischensicherung?<br />
12<br />
Komplexität Seilausgeben: Wie kompliziert ist das für Halbautomaten heikle Seilausgeben entsprechend der empfohlenen Bedienungsanleitung?<br />
13<br />
Fehleranfälligkeit Bremshandprinzip: Wie wahrscheinlich ist das Loslassen des Bremsseils (A) und wie fatal sind die Folgen des Fehlers (B)?<br />
14<br />
Fehleranfälligkeit Reflexe: Wie anfällig ist das Gerät für Fehlbedienungen durch Reflexhandlungen wie etwa die Schreckreaktion „Zudrücken“?<br />
15<br />
Fehleranfälligkeit Bremsmechanik: Wie anfällig ist das Gerät bezüglich einer fehlerhaften Bremshandposition oder bei ungünstiger Geräteposition?<br />
16<br />
Karabinerabhängigkeit: Wie abhängig ist die Funktion des Geräts von Karabinerform und -querschnitt?<br />
17<br />
Zielgruppe: A = Anfänger, G = Geübte, E = Experten, J = Jugendliche/Kinder (10-16 J.)<br />
kontrolle essenziell, jedes Gerät kann<br />
falsch bedient werden. Wie naheliegend<br />
jedoch Fehlbedienungen sind,<br />
liegt mit am Gerät.<br />
Dynamische <strong>Sicherungsgeräte</strong> sind<br />
von ihrer Bedienung her leichter zu<br />
durchschauen. Aber wenn sich einmal<br />
ein kleiner Fehler einschleicht, ein zu<br />
dünnes Seil, einmal doch die Bremshand<br />
nicht am Seil, ein Sturz just im<br />
Moment des Umgreifens, dann gibt<br />
es kein Halten mehr und der Partner<br />
liegt am Boden. Ein Grund, sich<br />
gut zu überlegen, ob man nicht doch<br />
zu einem sinnvollen Halbautomaten<br />
greift und sich intensiv mit dessen<br />
korrekter Bedienung auseinandersetzt.<br />
Positiv ist, dass die neuen Geräte<br />
Smart und Click-Up stark in Richtung<br />
intuitiver und einfacher Bedienung<br />
gehen. Und auch das gute alte<br />
Grigri lässt sich mit der Gaswerkmethode<br />
sicher bedienen. Die Tabelle gibt<br />
einen Überblick über unsere Untersuchungen<br />
und zu genaueren Details.<br />
Auf eines der Grundprobleme beim<br />
Sichern, einen großen Gewichtsunterschied,<br />
werden wir in einer künftigen<br />
Veröffentlichung eingehen. o<br />
Videos im Web: Die richtige Bedienung aller<br />
üblichen <strong>Sicherungsgeräte</strong> sowie fatale und häufig zu<br />
beobachtende Fehlbedienungen finden Sie als Video-<br />
Clips auf www.sicher-klettern.de<br />
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