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So brach 1914 der Krieg aus

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WALTER F A B I A N<br />

<strong>So</strong> war — das ist nur in diesem Zusammenhang verständlich — das nächste Ziel<br />

Österreichs schnellste <strong>Krieg</strong>serklärung an Serbien. „Man hat hier beschlossen“, meldet<br />

Tschirschky am 27. <strong>aus</strong> Wien, „morgen, spätestens übermorgen offizielle <strong>Krieg</strong>serklärung<br />

zu erlassen, hauptsächlich, um jedem Interventionsversuch den Boden zu entziehen.“<br />

Diese Meinung vertrat Berchtold schon am 26. Juli; damals sagte er zu Conrad, <strong>der</strong><br />

<strong>aus</strong> militärischen Gründen die <strong>Krieg</strong>serklärung hin<strong>aus</strong>zögern wollte: „Wir möchten so<br />

bald als möglich die <strong>Krieg</strong>serklärung an Serbien überreichen, damit verschiedene Einflüsse<br />

aufhören.“ Und so begründet er auch seinem Kaiser gegenüber die Notwendigkeit<br />

rascher <strong>Krieg</strong>serklärung: „Mit Rücksicht auf die dem k. u. k. Gesandten Baron Giesl<br />

am 25. durch Herrn Pasic übergebene, sehr geschickt verfaßte Antwortnote <strong>der</strong> serbischen<br />

Regierung, welche inhaltlich zwar ganz wertlos, <strong>der</strong> Form nach aber entgegenkommend<br />

ist, halte ich es für nicht <strong>aus</strong>geschlossen, daß die Tripleententemächte noch<br />

einen Versuch machen könnten, eine friedliche Beilegung des Konfliktes zu erreichen,<br />

wenn nicht durch die <strong>Krieg</strong>serklärung eine klare Situation geschaffen wird.“ Auch in<br />

diesem Falle war die Berliner Regierung <strong>der</strong> treibende Faktor; schon am 25. Juli meldete<br />

<strong>der</strong> österreichische Botschafter <strong>aus</strong> Berlin: „Man sieht hier in je<strong>der</strong> Verzögerung<br />

des Beginnes <strong>der</strong> kriegerischen Operationen große Gefahr betreffs Einmischung an<strong>der</strong>er<br />

Mächte. Man rät uns dringendst, sofort vorzugehen und die Welt vor ein fait accompli<br />

zu stellen.“<br />

In <strong>der</strong> Tat erklärte Österreich am 28. Juli, vormittags 11 Uhr, Serbien den <strong>Krieg</strong>.<br />

Aber selbst jetzt noch fürchtete man, Serbien könne auf Wunsch <strong>der</strong> Großmächte einlenken.<br />

Deshalb ging man daran, für diesen Fall noch schwerere Bedingungen zu ersinnen<br />

— „jetzt, nach Eintritt des <strong>Krieg</strong>szustandes, müßten die Bedingungen Österreichs<br />

naturgemäß an<strong>der</strong>s lauten“, meldete Tschirschky am 30. <strong>aus</strong> Wien. Man hatte<br />

das seinige getan — was taten die Großmächte, was tat Deutschland?<br />

VII<br />

Alle Welt blickte auf England, dem man allein die Kraft zur Erhaltung des Friedens<br />

zutraute. Greys Vorschlag am 24., eine Viermächtekonferenz zur Vermittlung zu berufen,<br />

ist bereits erwähnt worden. Am Morgen des 27. Juli hat Grey diesen Vorschlag in<br />

Paris, Berlin und Rom in feierlicher Form wie<strong>der</strong>holt. Am gleichen Tage stimmen Rußland<br />

und Frankreich diesem Vorschlag zu; Deutschland lehnt ihn, wenn auch verkl<strong>aus</strong>uliert,<br />

ab, Österreich weist ihn ebenfalls zurück. Dabei mußte die deutsche Regierung<br />

wissen, was auf dem Spiele stand; deutlich genug hatte Lichnowsky schon am<br />

26. Juli darauf hingewiesen, daß nur Annahme des Greyschen Vermittlungsvorschlages<br />

den Weltkrieg verhin<strong>der</strong>n könne. Aber Deutschland war noch nicht zur Einsicht gelangt.<br />

— Unterdessen ließ England nichts unversucht. Am 27. Juli bat Grey die deutsche<br />

Regierung eindringlich, in Wien ihren Einfluß geltend zu machen, wie er es immer<br />

wie<strong>der</strong> in Petersburg getan habe. Dieser Wunsch war nur zu berechtigt, denn von Wien<br />

hing nun einmal in erster Linie das weitere Geschehen ab. Die deutsche Regierung aber<br />

war an<strong>der</strong>er Ansicht o<strong>der</strong> gab es wenigstens vor; ihr vornehmstes Bestreben war,<br />

alle Schuld auf Rußland zu schieben. Immer wie<strong>der</strong> wird betont, Petersburg sei <strong>der</strong><br />

Ort <strong>der</strong> Entscheidung, dort müsse beruhigend eingewirkt werden. Jede Einwirkung<br />

auf Wien wird abgelehnt.<br />

Diese Auffassung Deutschlands ist außerordentlich charakteristisch. Sie erklärt sich<br />

<strong>aus</strong> <strong>der</strong> Einstellung zur serbisch-österreichischen Frage als zu einer lokalen Angelegenheit,<br />

die niemand außer die Beteiligten etwas anginge (deshalb durfte sich eben auch<br />

Rußland nicht hineinmischen, ungeachtet seiner brennenden Balkaninteressen), und an-<br />

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