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David Bohm, Donald Factor, Peter Garrett: Dialog, ein Vorschlag

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"Soziotherapie" beschriebenen Zweck gegründet. Er m<strong>ein</strong>t, dass die primäre Ursache der<br />

tiefen und alles beherrschenden Krankheit unserer Gesellschaft auf der soziokulturellen Ebene<br />

gefunden werden kann, und dass solche Gruppen als Mikrokulturen dienen können, mit Hilfe<br />

derer die Quelle unserer Zivilisationskrankheit sichtbar wird. Unsere Erfahrung hat uns dazu<br />

veranlasst, den <strong>Dialog</strong>begriff zu erweitern, indem wir die wesentliche Rolle des aktiven<br />

Denkens bezüglich Schaffung und Aufrechterhaltung dieser Situation hervorheben und ihr<br />

ganz besondere Beachtung schenken.<br />

<strong>Dialog</strong> als Mikrokosmos <strong>ein</strong>er breiteren Kultur gestattet, <strong>ein</strong> weites Spektrum von möglichen<br />

Zusammenhängen aufzudecken. Er kann den Einfluss des Individuums auf die Gesellschaft<br />

und den Einfluss der Gesellschaft auf das Individuum aufzeigen. Er kann zeigen, wie Macht<br />

gewonnen oder gegeben wird, und wie beherrschend die oft versteckten Regeln jenes Systems<br />

sind, das unsere Kultur ausmacht. Aber am allermeisten ist <strong>Dialog</strong> damit befasst, die Dynamik<br />

zu verstehen, wie unser Denken derartige Verbindungen schafft.<br />

Er ist weder daran interessiert, Verhalten absichtlich zu verändern, noch die TeilnehmerInnen<br />

auf <strong>ein</strong> vorbestimmtes Ziel hin zu bewegen. Jeder Versuch dieser Art würde genau die<br />

Prozesse verzerren und verschleiern, welche der <strong>Dialog</strong> erforschen möchte. Dennoch findet<br />

Veränderung statt, denn beobachtetes Denken verhält sich anders als unbeobachtetes Denken.<br />

<strong>Dialog</strong> kann dem Denken und Fühlen <strong>ein</strong>e Chance geben, in <strong>ein</strong>er ständig sich verbindenden<br />

Bewegung frei zu spielen. Spezielle oder persönliche Themen werden mit Fragen tieferer oder<br />

allgem<strong>ein</strong>er Bedeutung verknüpft. Alles kann Gesprächsgegenstand s<strong>ein</strong> und k<strong>ein</strong> Thema<br />

wird ausgeschlossen. Solche Veranstaltungen sind in unserer Kultur <strong>ein</strong>e Seltenheit.<br />

Sinn und Zweck<br />

Meistens kommen Menschen zusammen, um <strong>ein</strong>e Aufgabe zu erfüllen oder um sich zu<br />

unterhalten; beides kann als vorbestimmter Zweck bezeichnet werden. Aber s<strong>ein</strong>er Natur<br />

gemäß steht <strong>Dialog</strong> nicht mit irgendwelchen Zielen in Einklang, die über das Interesse der<br />

TeilnehmerInnen an der Entfaltung und Entdeckung <strong>ein</strong>es gem<strong>ein</strong>samen Sinns hinausgehen.<br />

Dieser mag gelegentlich unterhaltsam oder erhellend s<strong>ein</strong>, zu neuen Einsichten führen oder<br />

bestehende Probleme betreffen. Oft aber wird der <strong>Dialog</strong> in der Anfangsphase als frustrierend<br />

erlebt.<br />

Wenn <strong>ein</strong>e Gruppe <strong>ein</strong>geladen wird, ihre Zeit und Aufmerksamkeit <strong>ein</strong>er Sache zu widmen,<br />

die weder <strong>ein</strong> sichtbares Ziel noch irgend<strong>ein</strong>e bestimmte Richtung hat, wird sie schnell sehr<br />

viel Angst oder Ärger empfinden. Dies kann bei <strong>ein</strong>igen das Bedürfnis auslösen, entweder die<br />

Gruppe zu sprengen oder Kontrolle zu übernehmen und <strong>ein</strong>e Richtung vorzugeben.<br />

Ursprünglich nicht bekannte Ziele werden sich zeigen. Starke Gefühle sowie dahinter<br />

liegende Gedanken werden offenbar. Es kann geschehen, dass starre Positionen bezogen<br />

werden und daraus Polarisierung resultiert. Das alles ist Teil des Prozesses. Dies hält den<br />

<strong>Dialog</strong> aufrecht und lässt ihn beständig auf schöpferische Art in neue Bereiche vordringen.<br />

In <strong>ein</strong>er Versammlung von zwanzig bis vierzig Personen können extreme Frustration, Ärger,<br />

Konflikt oder andere Schwierigkeiten auftauchen, aber für <strong>ein</strong>e Gruppe dieser Größe ist es<br />

leicht, derartigen Problemen Raum zu geben. Tatsächlich können sie das Zentrum der<br />

Erkundung werden, was wir als <strong>ein</strong>e Art "Metadialog" verstehen, der wiederum den<br />

eigentlichen <strong>Dialog</strong>prozess klärt.<br />

Während Einfühlsamkeit und Erfahrung wachsen, taucht <strong>ein</strong> Gefühl gem<strong>ein</strong>sam geteilten

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