MIVA-Brief 2012 / 1MB
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Fachtagung<br />
Die Herde schrumpft<br />
„Christsein in Minderheit“ stand als Thema über der diesjährigen<br />
„Fachtagung Weltkirche“, die alljährlich im Stift Lambach<br />
veranstaltet und von der <strong>MIVA</strong> organisatorisch betreut wird.<br />
„Impulse für ein missionarisches Christentum“ kamen diesmal<br />
aus Ostdeutschland, Indien und Ägypten. Die Veranstalter<br />
hatten sich zum Ziel gesetzt, einer nicht mehr fernen Zukunft<br />
ins Auge zu blicken, die anderswo lang gelebte Realität ist:<br />
ein Christentum, das in seinem Land nicht die Mehrheitsreligion<br />
ist. Mit „Mission“ ist damit längst nicht mehr nur eine kühne<br />
Pioniertat in fernen Ländern gemeint; sie bedeutet auch<br />
in Ländern wie Österreich eine tägliche Herausforderung für<br />
Menschen, die ihren Glauben ernst nehmen.<br />
„Dörfliche“ oder „städtische“ Kirche<br />
Die aus Wien stammende Pastoraltheologin Maria Widl lehrt an<br />
der Unversität Erfurt und kennt damit eine kirchliche Situation,<br />
die sich deutlich von jener in Österreich unterscheidet, aus<br />
erster Hand. Während die katholische Kirche hierzulande noch<br />
immer Züge einer – wenn auch schrumpfenden – Volkskirche<br />
trägt, ist das – evangelische wie katholische – Christentum in<br />
der ehemaligen DDR seit Jahrzehnten eine kleine, höchst<br />
aktive Minderheit.<br />
In ihrem Eröffnungsreferat stellte Widl zwei Typen von Kirche<br />
nebeneinander. Die Volkskirche folge einer Logik „dörflicher<br />
Kultur“, während die „Kultur nach der Volkskirche“ säkular und<br />
„städtisch“ geprägt sei. Aber nicht ein Vorzug der Stadt<br />
gegenüber dem Dorf ist damit gemeint, sondern eine Konkurrenz<br />
innerer Haltungen. In der dörflichen Volkskirchen-Kultur werde<br />
das Christsein nicht durch freie Aneignung, sondern über Erbe<br />
und Familiennachwuchs weitergegeben. Die Kirche werde als<br />
Monopolträger für Religion empfunden, Gläubigkeit sei grundsätzlich<br />
eine Frage der Konvention. In der neuen „städtischen<br />
Kirche“ werde das Christsein dagegen als Weg verstanden.<br />
Der Glaube müsse durch Entwicklungen und biographische Brüche<br />
hindurch immer neu angeeignet werden. Die Kirche sieht sich<br />
in der Stadt-Kultur einem vielfältigen religiösen Angebot<br />
gegenüber. Widl nennt das eine „Konkurrenz der Hoffnungen“.<br />
Gläubigkeit verliert damit den Charakter des Altgewohnten und<br />
<strong>MIVA</strong> <strong>Brief</strong> <strong>2012</strong><br />
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