Polder Ollen-Projektdokumentation 1 - BUND für Umwelt und ...
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<strong>Projektdokumentation</strong><br />
des Vorhabens<br />
„Sanierung Sellstedter See<br />
– Deichsanierung <strong>und</strong> Neuordnung der Gewässer<br />
nach ökologischen Gesichtspunkten“<br />
Projektrealisierung<br />
Juni- September 2005<br />
<strong>BUND</strong> Landesverband Bremen<br />
cand. rer. nat. Henning Kunze - Am Dobben 44 - 28203 Bremen – Tel.: 0421/79002-0<br />
1
<strong>BUND</strong> Bremen (2005): <strong>Projektdokumentation</strong> „Sanierung Sellstedter See“ 2<br />
Inhalt<br />
1 Ziel des Vorhabens .......................................................................................................................3<br />
2 Umsetzung des Projektes..............................................................................................................4<br />
2.1 Zeitlicher Projektablauf.........................................................................................................4<br />
2.2 Erreichte Projektziele ............................................................................................................5<br />
2.2.1 Herstellung der Flächenverfügbarkeit...........................................................................5<br />
2.2.2 Wasserrechtliche Genehmigung....................................................................................6<br />
2.2.3 Bauliche Umsetzung ......................................................................................................6<br />
2.2.4 Erste Auswirkungen der Baumaßnahme.......................................................................9<br />
2.2.5 Presse- <strong>und</strong> Öffentlichkeitsarbeit ..................................................................................9<br />
2.2.6 Analyse zu den Konsequenzen <strong>für</strong> den Transport von partikulärem Material <strong>und</strong><br />
Nährstoffen <strong>für</strong> die im späteren Projektabschnitt vorgesehene Seeabdämmung...............10<br />
2.3 Weiteres Vorgehen ..............................................................................................................10<br />
2
<strong>Projektdokumentation</strong> „Sanierung Sellstedter See“ 3<br />
1 Ziel des Vorhabens<br />
Der circa acht Kilometer östlich von der<br />
Stadt Bremerhaven gelegene Sellstedter<br />
See gehört zur Geesteniederung im<br />
Landkreis Cuxhaven <strong>und</strong> ist ein verlandender<br />
Flachsee im Naturschutz-, FFH- <strong>und</strong><br />
EU-Vogelschutzgebiet „Ochsentriftmoor<br />
<strong>und</strong> Sellstedter See“. Der See hat keinen<br />
Zufluss, besitzt ein nur sehr geringes<br />
Einzugsgebiet <strong>und</strong> steht über den Seekanal<br />
mit der Geeste in Verbindung. An der<br />
nördlichen Seite der Seeausmündung in<br />
den Seekanal kam es im Winter 2003/2004<br />
zu einem Deichbruch auf etwa 50 Metern<br />
Länge, so dass aus Deichsicherheitsgründen<br />
akuter Handlungsbedarf bestand.<br />
Gleichzeitig befasste sich der B<strong>und</strong> <strong>für</strong><br />
<strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong> Naturschutz Deutschland,<br />
Landesverband Bremen e.V, insbesondere<br />
aufgr<strong>und</strong> der Verlandungstendenzen des<br />
Sees mit Vorplanungen zu dessen Sanierung,<br />
so dass während des Jahres 2004 eine<br />
Kooperation zwischen dem Wasser- <strong>und</strong><br />
Bodenverband Geesteniederung <strong>und</strong> dem<br />
<strong>BUND</strong> mit der Intention zustande kam, ein<br />
Vorhaben mit gleichwohl wasserwirtschaftlichem<br />
wie auch ökologischem<br />
Nutzen zu realisieren.<br />
Ziel der gemeinsamen Planungen war, die<br />
Rückverlegung des durch Gr<strong>und</strong>bruch<br />
funktionsunfähigen Deichabschnittes mit<br />
gewässerökologischen Umbaumaßnahmen<br />
zu verbinden. Durch die Rückdeichung<br />
sollte ein neuer Retentionsraum entstehen,<br />
der zur Entlastung des Deiches bei<br />
Hochwasserereignissen beitragen <strong>und</strong> auf<br />
diese Weise die Gefahr von Deichbrüchen<br />
in Seekanalnähe reduzieren sollte. Auf<br />
dem circa vier Hektar großen neuen<br />
Vernässungsbereich sollte der Großteil des<br />
<strong>für</strong> den Deichbau benötigten Bodens<br />
gewonnen <strong>und</strong> die Entnahmestelle nach<br />
ökologischen Gesichtspunkten zu einem<br />
Flachwasserbereich modelliert werden.<br />
Anschließend sollte der neue Vernässungsbereich<br />
in freie Sukzession gehen<br />
(Röhrichtentwicklung). Damit würde sich<br />
die Strukturvielfalt am Sellstedter See<br />
erhöhen, <strong>und</strong> das ehemalige Wirtschaftsgrünland<br />
könnte durch standorttypische<br />
Pflanzengesellschaften wiederbesiedelt<br />
werden. Dies würde sich zudem positiv auf<br />
die Fauna auswirken, so dass sich im<br />
Gebiet z.B. gefährdete Amphibien,<br />
Insekten <strong>und</strong> Brutvogelarten der Gewässer<br />
<strong>und</strong> des Röhrichts ansiedeln könnten.<br />
Unter dem Aspekt der fortschreitenden<br />
Verlandung des Sellstedter Sees ist es<br />
zudem mittelbares Ziel den Nährstoffeintrag<br />
in diesen zu reduzieren <strong>und</strong> den<br />
Wasserstand des Sees zu stabilisieren.<br />
Zukünftige geplante Maßnahmen sind<br />
hierzu der Bau einer Seeabdämmung am<br />
Seekanal in Verbindung mit einem<br />
Umfluter (Funktion als Drosselgewässer)<br />
3
<strong>BUND</strong> Bremen (2005): <strong>Projektdokumentation</strong> „Sanierung Sellstedter See“ 4<br />
sowie der Bau eines Hochwasserüberlaufes<br />
vom Seekanal in den See. Um mögliche<br />
Risiken dieser Maßnahmen, v.a. deren<br />
hydraulische Auswirkungen <strong>und</strong> die<br />
Beeinflussung der derzeitigen Sedimentationsvorgänge,<br />
quantifizieren zu können,<br />
sollte das diesjährige Vorhaben ebenfalls<br />
ein wissenschaftliches Untersuchungsprogramm<br />
zu dessen Analyse beinhalten.<br />
Der erste Abschnitt des Umfluters sollte im<br />
Zuge der Bodenentnahme sinnvollerweise<br />
gleich mit gestaltet werden, sich jedoch in<br />
seinem Verlauf auf das Rückdeichungsgr<strong>und</strong>stück<br />
beschränken <strong>und</strong><br />
dementsprechend noch nicht an den See<br />
bzw. den Seekanal angeschlossen werden.<br />
Der Antrag auf Projektförderung (Förderrichtlinie<br />
Landschaftsentwicklung) wurde<br />
beim NLWKN - Betriebsstelle Lüneburg<br />
am 28.09.2004, zuletzt geändert durch das<br />
Schreiben vom 10.06.2005, gestellt <strong>und</strong> am<br />
15.08.2005 mit Bekanntgabe des Vorzeitigen<br />
Investitionsbeginns zum 17.06.2005<br />
bewilligt. Das Projekt soll nach mündlicher<br />
Rücksprache mit Herrn Daniel vom<br />
NLWKN – Betriebsstelle Lüneburg bis<br />
zum 15.09.2005 abgeschlossen sein.<br />
2 Umsetzung des Projektes<br />
2.1 Zeitlicher Projektablauf<br />
Ende Juni wurde von Seiten der <strong>BUND</strong>-<br />
Dienstleistungsgesellschaft mbH (<strong>BUND</strong>-<br />
UDGmbH) die Flächenverfügbarkeit<br />
hergestellt <strong>und</strong> die <strong>für</strong> die Rückdeichung<br />
benötigten ca. vier Hektar Grünland<br />
wurden aus den Vereinseigenmitteln des<br />
<strong>BUND</strong> Landesverband Bremen e.V.<br />
erworben.<br />
Zu Baubeginn am 04.07.2005 fand<br />
sogleich ein Ortstermin mit Vertretern der<br />
Unteren Naturschutzbehörde <strong>und</strong> der<br />
Unteren Wasserbehörde des Landkreises<br />
Cuxhaven, dem Bauingenieur, den<br />
Baufirmen sowie dem <strong>BUND</strong> <strong>und</strong> dem<br />
Wasser- <strong>und</strong> Bodenverband Geesteniede-<br />
4<br />
rung zur engen Abstimmung der konkreten<br />
Maßnahmen statt. Weitere Baustellentermine<br />
mit gleicher Intention folgten am<br />
12.07., 13.07., 18.07, 20.07., 28.07. sowie<br />
abschließend zur Bauabnahme am<br />
07.09.2005.<br />
Bereits am 13.07. war der neue Deich<br />
nahezu fertig gestellt, <strong>und</strong> am 28.07. waren<br />
die Bauarbeiten weitgehend abgeschlossen.<br />
Anfang September wurden Nachbesserungsarbeiten<br />
im Bereich der Deiche <strong>für</strong><br />
dringend notwendig bef<strong>und</strong>en, die sogleich<br />
durchgeführt werden konnten. Daher<br />
verzögerte sich die Bauabnahme auf den<br />
19. September.
<strong>Projektdokumentation</strong> „Sanierung Sellstedter See“ 5<br />
Nachdem im Juli <strong>für</strong> eine wasserrechtliche<br />
Genehmigung seitens der zuständigen<br />
Wasserbehörde zunächst keine zwingende<br />
Notwendigkeit gesehen wurde, wurde<br />
Mitte August dann doch die Bitte um eine<br />
Antragsstellung geäußert. Die Unterlagen<br />
hierzu wurden eingereicht. Nach Auskunft<br />
der Unteren Wasserbehörde des Landkreis<br />
Cuxhaven ist mit einer kurzfristigen<br />
Genehmigung innerhalb der nächsten<br />
Wochen zu rechnen.<br />
Außerdem begann im August die wissenschaftliche<br />
Untersuchung des Fachbüros<br />
BioConsult zu den aus einer künftigen<br />
Seeabdämmung resultierenden Konsequenzen<br />
<strong>für</strong> den Transport von partikulärem<br />
Material <strong>und</strong> Nährstoffen. Ergänzende<br />
Datenerhebungen erfolgten durch die<br />
Fachbüros Schwenke Geo Consult<br />
(Seevermessung) <strong>und</strong> Dr. Döring Laboratorien<br />
(Nährstoffanalyse).<br />
Die <strong>BUND</strong>-Dienstleistungsgesellschaft<br />
mbH (<strong>BUND</strong>-UDGmbH) übernahm im<br />
Auftrag des Wasser- <strong>und</strong> Bodenverbandes<br />
Geesteniederung die Projektbetreuung <strong>und</strong><br />
Verwaltung (Herstellung der Flächenverfügbarkeit,<br />
Koordination, fachliche<br />
Baubetreuung <strong>und</strong> Begleitung des Gutachters,<br />
Abstimmungsgespräche, Öffentlichkeitsarbeit<br />
sowie Abrechnung <strong>und</strong><br />
Dokumentation).<br />
2.2 Erreichte Projektziele<br />
2.2.1 Herstellung der Flächenverfügbarkeit<br />
Vom Wasser- <strong>und</strong> Bodenverband wurden<br />
schon vor Längerem erste Sondierungsgespräche<br />
über Verkaufsabsichten mit den<br />
beiden Gr<strong>und</strong>stückseigentümern geführt.<br />
Nach dem 17.06. nahm die <strong>BUND</strong>-<br />
UDGmbH diese dann auf, <strong>und</strong> nach<br />
mehreren Verhandlungen konnte der<br />
<strong>BUND</strong> Landesverband Bremen e.V. die <strong>für</strong><br />
die Rückdeichung benötigten Teilflächen<br />
mit einer Größe von circa 4,1 ha aus<br />
Vereinseigenmitteln Ende Juni kaufen.<br />
Aufgr<strong>und</strong> der Eilbedürftigkeit war es nicht<br />
möglich, die Gr<strong>und</strong>bucheintragungen bis<br />
zum Baubeginn Anfang Juli vorzunehmen,<br />
weshalb mit den Verkäufern schriftliche<br />
Vereinbarungen zum vorzeitigen Baubeginn<br />
getroffen wurden. Auch mit den<br />
Pächtern wurden Übereinkünfte getroffen.<br />
5
<strong>BUND</strong> Bremen (2005): <strong>Projektdokumentation</strong> „Sanierung Sellstedter See“ 6<br />
2.2.2 Wasserrechtliche Genehmigung<br />
Ein wasserrechtlicher Genehmigungsantrag<br />
wurde erst Mitte August 2005<br />
angefordert (s. 2.1), daraufhin sofort<br />
zusammengestellt <strong>und</strong> im September<br />
abgegeben. Er beinhaltet neben einem<br />
Erläuterungsbericht zu Baumaßnahme,<br />
Bauablauf, hydraulische Berechnungen<br />
usw. unter anderem auch eine Beschreibung<br />
über die Auswirkungen des Eingriffs<br />
auf Natur <strong>und</strong> Landschaft nach § 13 Abs. 3<br />
NNatG bzw. § 14 oder § 15 NNatG.<br />
2.2.3 Bauliche Umsetzung<br />
Beim Ortstermin zu Baustellenbeginn<br />
(04.07.2005) waren Schwerpunkte der<br />
Gespräche die Festlegung des Verlaufs des<br />
Umfluterabschnitts sowie die Erläuterungen<br />
seitens des <strong>BUND</strong> zum naturnahen<br />
Ausbau des Gewässers. Hierzu legt der<br />
<strong>BUND</strong> Gestaltungsskizzen vor. Da der<br />
Umfluter im Rahmen dieses Vorhabens<br />
bisher allein auf den Rückdeichungsflächen<br />
verwirklicht werden sollte <strong>und</strong> dessen<br />
konkreter Verlauf durch das Seevorland<br />
zum Anschluss an den See bzw. den<br />
Seekanal zu diesem Zeitpunkt noch offen<br />
war, wurde sich auf Vorschlag der UNB<br />
darauf geeinigt, den Umfluterabschnitt im<br />
westlichen Bereich nicht direkt bis an den<br />
alten Deich heranzubauen. Damit sollte die<br />
künftige Entscheidung über den Verlauf<br />
des Anschlusses an den See flexibilisiert<br />
werden.<br />
Abb. 1: Oben: Abgetragener Deich im Ostteil der Ausdeichungsfläche;<br />
unten: neuer Deich ca. 100 m weiter binnendeichs, Juli<br />
2005, Fotos: H. Kunze.<br />
In der ersten Woche nach Baubeginn<br />
erfolgten zunächst Mäharbeiten auf der<br />
Rückdeichungsfläche sowie auf dem alten<br />
Deich, der - im Osten beginnend -<br />
6
<strong>Projektdokumentation</strong> „Sanierung Sellstedter See“ 7<br />
abgetragen wurde. Zugleich wurde die<br />
Erk<strong>und</strong>ung des Drainageverlaufes durchgeführt<br />
<strong>und</strong> mit deren Entfernung begonnen.<br />
Hierzu fanden unterstützend Gespräche mit<br />
einem Pächter statt, der den ursprünglichen<br />
Drainageverlauf auf dem östlichen<br />
Gr<strong>und</strong>stück umfangreich umgebaut hatte.<br />
Im Westteil der Fläche begann man mit der<br />
Bodenentnahme sowie mit der Verfüllung<br />
der alten Gräben. Zur Durchführung einer<br />
Modellierung des entstehenden Flachwasserbereiches<br />
nach ökologischen Gesichtspunkten<br />
legte der <strong>BUND</strong> Skizzen zur Ufer<strong>und</strong><br />
Sohlgestaltung vor <strong>und</strong> erläutere diese.<br />
Im Bezug auf die Bodenentnahme stellte<br />
sich jedoch bald heraus, dass der Boden im<br />
Ostteil der Bodenentnahmestelle derart<br />
gr<strong>und</strong>los war, dass eine weitere Entnahme<br />
nicht möglich war <strong>und</strong> eine größere Insel<br />
außerplanmäßig stehen gelassen werden<br />
musste. Deren ökologisch beste Gestaltung<br />
wurde sofort vor Ort abgestimmt.<br />
Bereits am 13.07. war der neue, circa 430<br />
Meter lange Deich bis auf wenige Meter<br />
fertig gestellt. Der darüber hinaus gewonnene<br />
Boden wurde zur nordwestlich<br />
gelegenen Bodenlagerungsfläche verbracht<br />
<strong>und</strong> später angesät.<br />
Abb. 2: Oben: Strukturarmes Wirtschaftsgrünland der späteren<br />
Rückdeichungsfläche vor Baubeginn; unten: derselbe Ort<br />
während der Modellierung der Flachwasserzonen (anderer<br />
Blickwinkel), Juli 2005. Fotos: H. Kunze<br />
Während des zweiten (12.07.) <strong>und</strong> dritten<br />
(13.07.) Ortstermins wurden weitere<br />
Eckpunkte zum Bauverlauf entschieden.<br />
Um die Wasserversorgung des künftigen<br />
Flachwasserbereiches zu verbessern,<br />
wurde der von der UNB angeregte Bau<br />
einer kleinen Hochwasserüberlaufmulde<br />
beschlossen (10 Meter breit, 20 Meter lang<br />
<strong>und</strong> sehr flach ausgezogen). Diese sollte<br />
am südlichsten Punkt des alten Deiches die<br />
Fläche mit dem Seekanal verbinden,<br />
jedoch eine Sohlschwelle in einer Höhe<br />
aufweisen, so dass nur höhere Hochwasser<br />
aus dem Seekanal hineingelangen können.<br />
7
<strong>BUND</strong> Bremen (2005): <strong>Projektdokumentation</strong> „Sanierung Sellstedter See“ 8<br />
Die Umsetzung fand nach weiteren<br />
Abstimmungen nach dem 20.07. statt.<br />
Außerdem sollte das vom Bodenaushub<br />
unberührte <strong>und</strong> daher verbleibende<br />
Wirtschaftsgrünland bis auf 20 Meter an<br />
den neuen Deich heran gefräst werden, um<br />
die Ansiedlung natürlicher Vegetation zu<br />
erleichtern. Der <strong>BUND</strong> legte hierzu<br />
Gestaltungsskizzen vor.<br />
Darüber hinaus wurde mit der UNB<br />
abgestimmt, den vorhandenen Deich im<br />
westlichen Bereich zunächst nicht<br />
rückzubauen, da inzwischen ausreichend<br />
Boden <strong>für</strong> den neuen Deich vorhanden war<br />
<strong>und</strong> der Schwerpunkt der baulichen<br />
Tätigkeiten nun auf die weitere ökologische<br />
Gestaltung der Flachwasserzone <strong>und</strong><br />
des Umfluters gelegt werden sollte.<br />
Das Entfernen der unterhalb der neuen<br />
Deichtrasse kreuzenden Drainagerohre war<br />
sowohl vor Deichbaubeginn als auch<br />
danach angesichts der sehr weichen<br />
Bodenverhältnisse zu riskant, da eine<br />
derartige Oberbodenverletzung bedeutende<br />
Sackungen be<strong>für</strong>chten ließ, die die<br />
Deichsicherheit gefährden würde. Daher<br />
beschloss man, die Enden der Rohre<br />
beidseitig zu kappen <strong>und</strong> mit einer<br />
„Vlieswurst“ zu verstopfen. Die Lage der<br />
Rohre wurde mit Pflöcken gekennzeichnet,<br />
um sie notfalls später wiederfinden zu<br />
können. Der neue Drainsammler wurde<br />
nördlich in ca. 15 Meter Entfernung<br />
parallel zum neuen Deichböschungsfuß<br />
verlegt.<br />
Abb. 3: Der Flachwasserbereich während der Modellierung, Juli<br />
2005. Foto: H. Kunze.<br />
Nach ersten Hochwasserereignissen im<br />
August wurde die neue Rückdeichungsfläche<br />
nahezu vollständig überschwemmt.<br />
Dabei stellte sich heraus, dass noch<br />
Nachbesserungen notwendig waren. Das<br />
Wasser konnte nach Abklingen des<br />
Hochwassers auch nach mehreren Tagen<br />
nicht ausreichend aus der Fläche wieder<br />
ablaufen, was dazu führte, dass es im<br />
Bereich zweier Bodensenken dauerhaft bis<br />
unmittelbar an den Deich stand, was aus<br />
Deichsicherheitsgründen kurzfristig<br />
korrigiert werden musste. Infolgedessen<br />
wurde zum einen eine kleine Ablaufrinne<br />
in die zum Seekanal führende Überlaufmulde<br />
gegraben, die nun eine Höhe von ca.<br />
-0,10 mNN aufweist. Damit soll sichergestellt<br />
werden, dass Überschwemmungen<br />
nur kurzzeitig bis an den Deichfuß reichen,<br />
der Wasserstand im Bereich der modellier-<br />
8
<strong>Projektdokumentation</strong> „Sanierung Sellstedter See“ 9<br />
ten Flachwasserzonen davon aber nicht<br />
nachteilig berührt wird. Zum anderen<br />
wurden die Bodensenken korrigiert. Die<br />
östliche Senke befand sich im Bereich der<br />
Grabenverfüllung des alten Vorfluters <strong>und</strong><br />
wurde beidseitig des Deiches mit neuem<br />
Erdreich nivelliert. Die zweite Senke im<br />
Westteil wurde durch eine weitere<br />
Rückverlegung des Deiches um fast 20 m<br />
nach Norden umgangen. Damit ist die<br />
Ausdeichungsfläche gleichzeitig um einige<br />
Quadratmeter größer geworden.<br />
Diese Nachbesserungsarbeiten konnten<br />
kurzfristig Anfang September umgesetzt<br />
werden. Dadurch verzögert sich der<br />
Bauabnahmetermin jedoch auf den 19.<br />
September.<br />
2.2.4 Erste Auswirkungen der Baumaßnahme<br />
Aufgr<strong>und</strong> der zum Ende der Bauzeit<br />
einsetzenden Regenfälle, füllte sich die neu<br />
geschaffene Flachwasserzone schnell mit<br />
Wasser. Als es dann noch in der zweiten<br />
Augustwoche zu einem ersten Hochwasserereignis<br />
kam, wurde der neue Retentionsraum<br />
nahezu vollständig überflutet.<br />
Daraufhin stellte sich dort ein außerordentlich<br />
reiches Gastvogelleben mit h<strong>und</strong>erten<br />
von Wasser- <strong>und</strong> Watvögeln ein, wobei<br />
Ansammlungen von z.B. Bekassine, Wald-<br />
<strong>und</strong> Bruchwasserläufer Individuengrößen<br />
erreichten, die <strong>für</strong> den Landkreis Cuxhaven<br />
bemerkenswert sind (s. WILDBERGER &<br />
ROPERS 2002). Auch See- <strong>und</strong> Fischadler<br />
sowie Weißstörche sind schon mehrfach<br />
über der Rückdeichungsfläche beobachtet<br />
worden (eig. Beob. von H. KUNZE).<br />
Inzwischen haben sich auf den Inseln <strong>und</strong><br />
am Ufer erste Gräser angesiedelt.<br />
Nahe der Überlaufmulde wurde am<br />
Seekanal eine junge Ringelnatter gesichtet.<br />
WILDBERGER, J. & H.-J. ROPERS (2002): Ornithologischer Jahresbericht 2002 <strong>für</strong> den Landkreis Cuxhaven <strong>und</strong> Bremerhaven.<br />
Nabu – Kreisverband Cuxhaven – Bremerhaven.<br />
2.2.5 Presse- <strong>und</strong> Öffentlichkeitsarbeit<br />
Zum Projekt fanden im Juli telefonische Pressegespräche statt.<br />
Eine Pressemitteilung ist auf der Internetseite des <strong>BUND</strong> Landesverbandes Bremen veröffentlicht<br />
(www.b<strong>und</strong>-bremen.net).<br />
9
<strong>BUND</strong> Bremen (2005): <strong>Projektdokumentation</strong> „Sanierung Sellstedter See“ 10<br />
2.2.6 Analyse zu den Konsequenzen <strong>für</strong> den Transport von partikulärem Material <strong>und</strong><br />
Nährstoffen <strong>für</strong> die im späteren Projektabschnitt vorgesehene Seeabdämmung<br />
Der Bericht der wissenschaftlichen<br />
Untersuchungen wurde am 12.09.2005<br />
vorgelegt <strong>und</strong> ist der Anlage beigefügt.<br />
Ziel der derzeitigen <strong>und</strong> geplanten<br />
Maßnahmen am Sellstedter See ist<br />
insbesondere die Verlangsamung des<br />
Verlandungsprozesses, um die vorhandenen<br />
Wertigkeiten zu sichern. Dahingehend<br />
kommt das Gutachterbüro zu dem Schluss,<br />
dass eine Abdämmung des Seekanals nicht<br />
als uneingeschränkt vorteilhaft beurteilt<br />
werden kann. Zwar würde durch eine<br />
Abdämmung der Nährstoffeintrag in den<br />
See reduziert werden, doch würde<br />
gleichzeitig auch der insbesondere bei<br />
Hochwasserereignissen in nennenswertem<br />
Umfang stattfindende Austrag von<br />
partikulärem Material eingeschränkt<br />
werden, der nach der derzeitigen Datenlage<br />
als stärker als der Eintrag von Material in<br />
den See beurteilt wird. Damit könnte es<br />
u. U. sogar zu einer Beschleunigung des<br />
Verlandungsprozesses führen.<br />
Gr<strong>und</strong>sätzlich gälte es <strong>für</strong> die spezifische<br />
Situation am Sellstedter See mit seiner<br />
Anbindung über den Seekanal an die<br />
Geeste zwei gegenläufige Sachverhalte zu<br />
kombinieren: zum einen die Reduzierung<br />
des Nährstoffeintrages z.B. durch die<br />
Verlängerung der Laufstrecke <strong>und</strong> zum<br />
anderen durch eine Gewährleistung des<br />
zügigen Abflusses von schwebstoffreichen<br />
Hochwässern. Vorschläge <strong>für</strong> die Umsetzung<br />
werden diskutiert.<br />
2.3 Weiteres Vorgehen<br />
Der ausstehende Rückbau des alten<br />
Deiches im westlichen Bereich der<br />
Rückdeichungsfläche wird nach Auskunft<br />
der Bauleitung <strong>und</strong> in Abstimmung mit der<br />
UNB im Frühjahr 2006 durch den Wasser<strong>und</strong><br />
Bodenverband Geesteniederung<br />
erfolgen.<br />
Über die weitere Entwicklung des Gebietes<br />
möchte die Nordsee-Zeitung im Frühjahr<br />
2006 berichten.<br />
Die Ergebnisse der wissenschaftlichen<br />
Untersuchung können eine Seeabdämmung<br />
nicht uneingeschränkt be<strong>für</strong>worten. Es<br />
wird aber seitens der Gutachter empfohlen,<br />
die Untersuchungen über einen längeren<br />
10
<strong>Projektdokumentation</strong> „Sanierung Sellstedter See“ 11<br />
Zeitraum als es bisher möglich war<br />
fortzuführen, um diese Abschätzungen zu<br />
stützen. Über die Ergebnisse <strong>und</strong> das<br />
weitere Vorgehen im Bezug auf die<br />
Konzeptionierung des noch ausstehenden<br />
Bauabschnitts wird in den nächsten<br />
Monaten mit allen Beteiligten intensiv<br />
beraten werden.<br />
Im wasserrechtlichen Genehmigungsantrag<br />
dieses Projektes ist auf Bitten der UWB<br />
Cuxhaven bereits auch der sogenannte<br />
künftige 2. Bauabschnitt einbezogen, der<br />
die Anbindung des auf der Rückdeichungsfläche<br />
geschaffenen Umfluterabschnitts<br />
an den See bzw. den Seekanal<br />
beinhaltet. Für diesen 2. Bauabschnitt soll<br />
im Sommer 2006 ein Projektantrag <strong>für</strong><br />
2007 unabhängig von der Entscheidung<br />
über den Bau der Seeabdämmung (3.<br />
Bauabschnitt) gestellt werden.<br />
11