Download Broschüre Sicherung des Unterrichtsertrags - cisOnline
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Die vorliegende Ausgabe trägt den Titel „<strong>Sicherung</strong> <strong>des</strong> <strong>Unterrichtsertrags</strong> und Möglichkeiten<br />
<strong>des</strong> Feedback“. Somit beschäftigt sich dieses Heft mit einem sehr sensiblen Bereich unseres<br />
Schulsystems, der durchaus sehr unterschiedlich betrachtet wird und gegensätzliche Standpunkte<br />
und Meinungen provoziert.<br />
Ich möchte in diesem Vorwort die Thematik von verschiedenen Seiten beleuchten. Die dargestellten<br />
Sichtweisen sind durchaus subjektiv, sie sollen sensibilisieren und zur persönlichen<br />
Auseinandersetzung motivieren.<br />
Wir brauchen Schularbeiten und Tests, um Schüler/innen zu beurteilen<br />
In der Leistungsbeurteilungsverordnung (BGBl. Nr. 371/1974, zuletzt geändert durch BGBl. II<br />
Nr. 35/1997) wird sehr genau beschrieben, welche Leistungen der Schüler/innen zur Leistungsbeurteilung<br />
heranzuziehen sind. Schriftliche Arbeiten sind nur ein Teil davon, auch wenn wir<br />
dies in unserem Schulalltag manchmal zu vergessen scheinen. Schularbeiten und Tests bestimmen<br />
nicht selten sehr wesentlich die Zeugnisnoten, die anderen Aspekte der Leistungsbeurteilung<br />
spielen oft eine untergeordnete Rolle. Die entsprechende Verordnung bietet diesbezüglich<br />
bedeutend mehr Freiräume und Möglichkeiten, als manche Lehrer/innen ausnützen.<br />
In meiner Ausbildung – es ist zugegebenermaßen bereits einige Jahre her – habe ich gelernt,<br />
dass die erreichten Noten einer „gut zusammengestellten Schularbeit“ durch eine Gauß’sche<br />
Glockenkurve (= Normalverteilung) veranschaulicht werden können. Das heißt, es gibt im<br />
Idealfall wenige Sehr Gut und Nicht Genügend, mehr Gut und Genügend und der Großteil der<br />
Arbeiten sollte mit Befriedigend beurteilt werden können. Ich muss eingestehen, ich bin<br />
einige Jahre diesem Ideal gefolgt und „schwebte pädagogisch im siebten Himmel“ wenn sich<br />
die Schularbeitenergebnisse „meiner Klasse“ diesem Glockenideal möglichst optimal annäherten.<br />
Heute schaue ich etwas distanziert darauf zurück und messe dieser Kurve nur noch<br />
wenig Bedeutung bei. Die größte Gefahr ist meines Erachtens, dass wir über dem Erreichen<br />
der Normalverteilung unseren Blick für die Einzelleistungen der Schüler/innen trüben. Der<br />
Blick auf die Kurve fokussiert unser Augenmerk auf die Noten und nicht auf die erbrachten<br />
Leistungen der Schüler/innen. Und es kann leicht passieren, dass Schularbeitenergebnisse<br />
durch Änderungen <strong>des</strong> Beurteilungsschlüssels nachjustiert werden.<br />
Unser Schulsystem ist auf Leistungsüberprüfungen und Beurteilungen aufgebaut, und wir<br />
möchten uns auch immer wieder messen (an anderen, an eigenen früheren Leistungen …),<br />
aber die exklusive Ausrichtung auf eine festgelegte Norm birgt die Gefahr, dass die Kinder –<br />
und hier vor allem jene mit Lernschwächen – auf der Strecke bleiben.<br />
Reinhard Mey hat diesen Umstand in seinem Lied „Der unendliche Tango der Deutschen<br />
Rechtschreibung“, das seine Erinnerungen an die eigene Schulzeit thematisiert, treffend besungen:<br />
„Hab' ein altes Heft gefunden mit krakliger Kinderschrift. Abgewetzt, vergilbt, geschunden<br />
– und ein böser, roter Stift metzelt in den Höhenflügen meiner armen Niederschrift<br />
mit sadistischem Vergnügen und verspritzt sein Schlangengift. Und ich spüre, jeder rote<br />
Strich am Rand trifft wie ein Pfeil. Die Zensur ist keine Note, die Zensur ist wie ein Beil.“<br />
Wir brauchen Schularbeiten und Tests, um Leistungsfortschritte von Schüler/innen festzustellen<br />
In einer Mathematikschularbeit mit dem Schwerpunkt Bruchrechnungen musste Max mit<br />
Nicht Genügend beurteilt werden, da er den Lehrstoff noch nicht verstanden hatte und die gestellten<br />
Aufgaben nicht lösen konnte. Bereits bei der Verbesserung der Schularbeit gingen<br />
ihm die Augen auf und bei der nächsten Schularbeit mit schwierigeren Bruchrechnungen<br />
glänzte er, Max bekam ein Gut. Der Stoff der vorangegangenen Schularbeit bereitet ihm<br />
schon lange keine Schwierigkeit mehr, er hat bewiesen, dass er sich verbessert hat, trotzdem