Gewalt im FuÃball - Hessischer FuÃball Verband
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20 <strong>Gewalt</strong> <strong>im</strong> Fußball HESSEN-FUSSBALL 03/2013<br />
<strong>Gewalt</strong> <strong>im</strong> Fußball<br />
Kaum ein Wochenende vergeht, an dem nicht über Ausschreitungen bei Fußballspielen<br />
sowohl <strong>im</strong> Profi-, als auch <strong>im</strong> Amateurbereich berichtet wird. Es scheint, als<br />
habe sich die <strong>Gewalt</strong> <strong>im</strong> „Volkssport Nummer eins“ so sehr vermehrt, dass mittlerweile<br />
für die Sicherheit in Stadien geworben werden muss. Eine Tatsache, die den<br />
„normalen“ Fan staunen lässt, zumal sich gerade die Bundesligavereine über einen<br />
steten Zuschauerzuwachs freuen können und in der vergangenen Saison durchschnittlich<br />
44.293 Tickets in den 18 Stadien gelöst wurden.<br />
Wie geht dieser Trend mit der Zunahme<br />
von <strong>Gewalt</strong> zusammen, die in den Darstellungen<br />
der Öffentlichkeit vermittelt<br />
wird? Gibt es wirklich so etwas wie eine<br />
<strong>Gewalt</strong>spirale? Und was ist mit dem<br />
DFL-Sicherheitspapier – welche Argumente<br />
haben für die Verabschiedung gesprochen,<br />
welche dagegen? Fragen, die<br />
sich auch in der Redaktion des HESSEN-<br />
FUSSBALL gestellt werden, weshalb <strong>im</strong><br />
folgenden versucht wird, die Diskussion<br />
etwas aufzuschlüsseln.<br />
Der Begriff der <strong>Gewalt</strong>spirale beinhaltet,<br />
dass Straftaten in und um<br />
Stadien nachhaltig gestiegen sind und<br />
die heutigen Fußballfans gewalttätiger<br />
sind als früher. Beleg dafür scheinen die<br />
Angaben der „Zentralen Informationsstelle<br />
Sporteinsätze“ (ZIS) zu sein, die in<br />
der Spielzeit 2011/2012 in der Ersten und<br />
Zweiten Liga von insgesamt 7.298 Verhaftungen,<br />
8.143 Strafverfahren und 1.142<br />
verletzten Personen spricht. Zahlen, die<br />
zunächst erschrecken, bei näherer Betrachtung<br />
aber keine richtige Erklärung<br />
abliefern.<br />
Weniger als 1,6 Verletzte<br />
pro Spieltag<br />
Denn bricht man die Ergebnisse auf<br />
relativierte Prozentzahlen herunter, wie<br />
es die Spiegel-Redakteure Rafael Busch-<br />
mann, Mike Glindmeier und Sara Peschke<br />
getan haben, sieht die Sache nicht mehr<br />
ganz so erschreckend aus: Der Teil, der in<br />
Gewahrsam genommen Fans, liegt dann<br />
nämlich bei 0,039 Prozent und damit <strong>im</strong><br />
Vergleich zur vorherigen Saison 2010/2011<br />
(0,035 Prozent) nur geringfügig höher.<br />
Zugleich hat sich die Zahl der Verletzten<br />
verringert, pro Spieltag gab es durchschnittlich<br />
weniger als 1,6 Verletzte. Ob<br />
der Begriff <strong>Gewalt</strong>spirale da wirklich zutreffend<br />
ist?<br />
Vielmehr spiegelt er doch ein Bild<br />
wieder, dass auch von den Medien gemacht<br />
wurde und die Politik in Zugzwang<br />
brachte. Die wiederrum lagerte<br />
das Problem auf die Vereine, den DFB als<br />
Dachverband und die DFL um. Letzterer<br />
entwickelte ein umstrittenes Sicherheitskonzept,<br />
das am 12. Dezember 2013 bei<br />
der Mitgliederversammlung des Ligaverbandes<br />
verabschiedet wurde. Während<br />
sich damit sowohl Politik, als auch DFL<br />
zufrieden gaben, lehnte die aktive<br />
Fanszene das Maßnahmenpaket für<br />
Sicherheit <strong>im</strong> Fußball ganzheitlich ab. Zu<br />
wenig Mitspracherecht hatte man denen<br />
gewährt, die vom Sicherheitspapier und<br />
den Maßnahmen, wie etwa Ganzkörperkontrollen<br />
oder die konsequentere Umsetzung<br />
von Stadionverboten, betroffen<br />
sind. Was folgte, waren Fanproteste und<br />
So gegensätzlich werden die Ultras wahrgenommen: als St<strong>im</strong>mungsmacher<br />
-initiativen, runde Tische, viele Gespräche<br />
und das angedeutete Einlenken der DFL,<br />
weiter nach einer einvernehmlichen<br />
Lösung zu suchen.<br />
Versachlichung der Diskussion<br />
Dies wird etwa darin deutlich, dass sich die<br />
DFL kritisch zu den Inhalten der oben erwähnten<br />
ZIS-Statistik äußerte und offiziell<br />
verlautete, „dass bei der Suche nach<br />
Lösungen weder Dramatisierung noch<br />
Verharmlosung helfen. Wir brauchen eine<br />
Versachlichung der Diskussion.“ Ein Vorhaben,<br />
das auch die aktive Fanszene verfolgt,<br />
die zugleich für mehr Verständnis für<br />
die Ultra-Kultur zu werben scheint, für die<br />
etwa der Einsatz pyrotechnischer Mittel<br />
Teil ihrer Identität ist.<br />
Denn eine seriöse Auseinandersetzung<br />
mit <strong>Gewalt</strong> <strong>im</strong> Fußball – und dazu zählte<br />
auch das Thema Pyrotechnik – kann nur<br />
stattfinden, wenn alle Parteien die Argumente<br />
des anderen hören und versuchen<br />
einen Kompromiss zu finden. Zugleich<br />
sollte deutlich klar gestellt werden, dass<br />
in deutschen Stadien kein Sicherheitsproblem<br />
vorherrscht. Wie so häufig,<br />
so gilt auch hier das richtiger Maß als<br />
empfehlenswerter Orientierungspunkt:<br />
diejenigen, die <strong>Gewalt</strong>taten <strong>im</strong> Profi- wie<br />
auch <strong>im</strong> Amateurfußball begehen, müssen<br />
entsprechend bestraft werden, Kollektivstrafen<br />
sind dahingegen keine Lösung<br />
und verstärken das Gefühl „ihr gegen uns,<br />
also sind wir gegen euch.“<br />
In vielen Fällen kann die <strong>Gewalt</strong> der<br />
Ultras nämlich als reaktiv und instrumentell<br />
bezeichnet werden, als Reaktion<br />
auf staatliche Intervention und Repression.