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Broschüre - Berliner Bau

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Gartenstadt Falkenberg Die Tuschkastensiedlung<br />

© Archiv Rasokat<br />

„Nicht allein die grüne Sommerlandschaft,<br />

sondern gerade die Schneelandschaft des<br />

Winters verlangt dringend nach der Farbe.<br />

An Stelle des schmutzig-grauen Hauses trete<br />

endlich wieder das blaue, rote, gelbe, grüne,<br />

schwarze, weiße Haus in ungebrochener,<br />

leuchtender Tönung.“ Bruno Taut, 1919<br />

zit.: Taut, Bruno, Aufruf zum farbigen <strong>Bau</strong>en,<br />

in: Die <strong>Bau</strong>welt, 10. Jg., Heft-Nr. 38, 1919<br />

Die Siedlung am Falkenberg, Ansicht vom Gartenstadtweg<br />

Die Tuschkastensiedlung<br />

Das <strong>Bau</strong>en mit Farbe bei Bruno Taut<br />

„Wir wollen keine farblosen Häuser mehr bauen<br />

und erbaut sehen und wollen (...) dem <strong>Bau</strong>herren,<br />

dem Siedler, wieder Mut zur Farbenfreude<br />

im Innern und Äußeren des Hauses geben.“*<br />

Bruno Taut, 1919<br />

Eines der markantesten Merkmale der Siedlungsarchitektur<br />

von Bruno Taut war der Einsatz von<br />

Farbe, der im engen Verhältnis zu seinem reformerischen<br />

<strong>Bau</strong>- und Lebensverständnis stand.<br />

Dabei kam den farbigen Fassaden eine ökonomische,<br />

soziale, raumbildende und ästhetische<br />

Tauts Umsetzung des „Farbigen <strong>Bau</strong>ens“ in Magdeburg<br />

„Schaut, schaut,<br />

was da wird gebaut,<br />

ist denn keiner der sich‘s traut<br />

und Taut den Pinsel klaut?“<br />

Zeitgenössischer ironischer Kommentar, zit.: Bruno Taut in Magdeburg,<br />

eine Dokumentation des Stadtplanungamtes Magdeburg, 1995<br />

Bedeutung zu. Die auffällig bunte Gestaltung<br />

der Siedlung am Falkenberg hob sich deutlich<br />

ab von zeitgenössischen Stadtbildern mit ihren<br />

eher zurückhaltenden Farbgebungen. Taut sah<br />

die Farbe, neben ihrem kostengünstigen Faktor,<br />

als Ausdruck von Lebensfreude sowie als Mittel<br />

zur Individualisierung der typisierten Siedlungshäuser.<br />

Farbe wurde zum gleichwertigen<br />

Gestaltungselement neben Holz oder Stein.<br />

Bemerkenswert in der Siedlung am Falkenberg<br />

waren nicht nur abstrakte Muster in der<br />

Fassadengestaltung der einzelnen Gebäude,<br />

Farbe als Gestaltungsmittel wurde auch in<br />

späteren <strong>Bau</strong>ten Tauts prägend. Nicht zuletzt in<br />

Magdeburg, wo er als Stadtbaurat nachhaltige<br />

Impulse geben konnte, wirkte das Vorbild des<br />

farbigen <strong>Bau</strong>ens nach.<br />

© Anika Hensel<br />

Die Siedlung am Falkenberg im Winter.<br />

sondern auch das Zusammenspiel von unterschiedlichen<br />

Farbtönen, das tendenziell einen<br />

Gegensatz von hellen und dunklen Tönen zeigte.<br />

Der Putz kontrastierte dabei mit andersfarbigen<br />

Detailelementen wie Fensterrahmen, Gesimsen<br />

oder Balkonbrüstungen. Der gezielte<br />

Farbeinsatz diente nicht nur zur Hervorhebung<br />

des differenzierten Farbeffekts im Wechsel der<br />

Jahreszeiten, sondern auch der Idee des Gartens<br />

als erweitertem Wohnraum.<br />

Die umgangssprachliche Bezeichnung „Kolonie<br />

Tuschkasten“ wurde anfangs in einigen<br />

Presseartikeln als abwertende Benennung aufgenommen<br />

und zeigte die irritierende Wirkung<br />

der bunten Häuser auf zeitgenössische<br />

Betrachter. Die Kolorierung – heute als ein<br />

wesentlicher Ausdruck der innovativen Konzeption<br />

der Architektur Bruno Tauts gesehen<br />

– wurde von zahlreichen Kommentatoren als<br />

Provokation empfunden, während sie bei<br />

gleichgesinnten Künstlern sowie von der Bewohnerschaft<br />

als fröhliches und Identität stiftendes<br />

Farbenspiel wahrgenommen wurde.<br />

*zit.: Taut, Bruno, Aufruf zum farbigen <strong>Bau</strong>en, in: Die <strong>Bau</strong>welt, 10. Jg.,<br />

Heft-Nr. 38, 1919<br />

Taut selbst hatte mit dem „Maienhof“ in der<br />

Magdeburger „Gartenstadt-Kolonie Reform“, der<br />

als zeitgenössisches Pendant zum Akazienhof<br />

gesehen werden kann, ein signifikantes Beispiel<br />

gegeben. Auch in der zeitgenössischen bildenden<br />

Kunst, etwa bei Kandinsky, wurde Farbeinsatz zu<br />

einem prägenden Ausdrucksmittel.<br />

Die Einheit von Glas und Farbe<br />

Bruno Taut: Glasbauspiel, 1920<br />

Autorisierte Neuauflage, Vitra Design Museum, 2003<br />

Der von Bruno Taut Anfang der 1920er Jahre<br />

entworfene Glasbaukasten „Dandanah – the<br />

fairy palace“ kann als ein Sinnbild für wesentliche<br />

Aspekte des künstlerischen Werks<br />

von Taut gesehen werden, das von Architektur,<br />

Malerei, Philosophie und Dichtkunst<br />

geprägt war. Mit dem <strong>Bau</strong>kasten wird nicht<br />

nur das <strong>Bau</strong>en mit Farbe aufgegriffen, sondern<br />

auch durch das Glasmaterial spielerisch<br />

auf den Zusammenhang von Licht, Reflektion<br />

und Farbwirkung verwiesen. Häufig fand<br />

dieser Themenkomplex Eingang in seine<br />

<strong>Bau</strong>ten, wie beim Kölner Glashaus von 1914.<br />

Andererseits zeigt der indische Namenszug<br />

des Spielzeugs den Einfluss orientalischer<br />

Architektur und Kultur auf die Arbeit des<br />

Architekten. Übersetzt bedeutet Dandanah<br />

so viel wie die Bündelung von Stäben oder<br />

Säulen, was direkt mit den Gedanken der<br />

Glasarchitektur, mit dem Kristall als perfekter<br />

Form, in Verbindung gebracht werden kann.<br />

© Andreas Sütterlin<br />

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