Versöhnt leben - die Apis
Versöhnt leben - die Apis
Versöhnt leben - die Apis
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Doppelpunkt<br />
istockphoto © Antrey<br />
Fröhlich <strong>die</strong> Straße ziehen lassen<br />
Busfahren heißt für mich, Leute „fröhlich <strong>die</strong> Straßen ziehen“<br />
lassen. Es ist ganz selten, dass man eine Beerdigungsgesellschaft<br />
mit dem Bus fährt. Als Reisebusfahrer bin ich mit Leuten unterwegs,<br />
<strong>die</strong> einen Ausflug machen. Da gehen <strong>die</strong> mit, <strong>die</strong> freudvoll<br />
einen Tag mit schönen Erlebnissen erwarten. Es warten schöne<br />
Sehenswürdigkeiten, ein gutes Programm, eine gute Verpflegung,<br />
einfach eine angenehme Zeit. Wenn dann noch jemand das alles<br />
zahlt, wie z. B. bei einem Betriebsausflug, ist alles super. Deshalb<br />
ist das wirklich eine sehr angenehme Tätigkeit und Umgebung,<br />
<strong>die</strong> man als Busfahrer erlebt.<br />
Dabei gibt es auch immer mal wieder spannende Erlebnisse<br />
und Begegnungen. Mein Gelegenheitsfahren bringt auch mit<br />
sich, dass ich sehr häufig verschiedene und mir wenig vertraute<br />
Omnibusse fahre.<br />
So holte ich vor längerer Zeit einmal eine Schulklasse vom<br />
Schullandheim. Alles ging gut. Die Schulklasse stand bereit und<br />
wir traten <strong>die</strong> Rückfahrt an. Nach einiger Zeit machten wir einen<br />
Stopp an einer Tankstelle. Ich hatte <strong>die</strong> Schlüssel des Mercedesbusses<br />
abgezogen und getankt. Die Schüler kamen wieder<br />
brav in den Bus. Aber zu meiner großen Verblüffung ließ sich<br />
der Zündschlüssel nicht drehen. Egal wie und was ich probierte,<br />
er machte keinen Mucks. Am Schlüssel war der Mercedesstern<br />
eingearbeitet, an dem anderen nicht und so hatte ich keinen<br />
Zweifel; der muss doch passen! Die Ungeduld der Kinder und der<br />
Lehrer stieg ebenso wie mein Adrenalinspiegel. Mein Dauerparken<br />
an der Zapfsäule war natürlich nicht weniger peinlich. Ich<br />
rief den Chef an, aber auch das brachte keine Lösung. So blieb<br />
nur, den Mercedes-Not<strong>die</strong>nst anzurufen. Dieser kam und bemühte<br />
sich auch sehr intensiv um den Schlüssel. Nach kurzer Zeit<br />
meinte er, dass <strong>die</strong>s wohl nicht der richtige Schlüssel sein kann<br />
und probierte den anderen, der trotz fehlendem Mercedessymbol<br />
sofort funktionierte. So ist es auch in unserem Leben, dachte ich<br />
später. Wir können <strong>die</strong> besten Voraussetzungen und Ausstattungen<br />
haben. Aber ohne den richtigen Schlüssel und Zugang nützt<br />
das alles nichts. Deshalb ist es gut, wenn wir den Notruf<br />
Psalm 50,15 absetzen können oder Jesus als unseren Herrn vom<br />
Schlüsselnot<strong>die</strong>nst rufen können.<br />
Obwohl ein Ausflug in aller Regel nur positive Erlebnisse erwarten<br />
lässt, bekommt so Manchem eine Busfahrt nicht immer<br />
so, was dann durch nachlassende Gesichtsfarbe zum Ausdruck<br />
kommt. Auch hier habe ich erlebt, dass Hilfe ganz unerwartet<br />
nahe sein kann. Vor zwei Jahren hatte ich das Vergnügen, eine<br />
Gruppe Frauen aus dem Unterland zum Frauentag zu chauffieren.<br />
Auf dem Rückweg war sich eine Teilnehmerin nicht ganz sicher,<br />
ob sie <strong>die</strong> mittags verzehrten Maultaschen nebst Kartoffelsalat<br />
und den später hinzugekommenen Hefezopf behalten darf oder<br />
wieder hergeben sollte. Die Entscheidung hierüber konnte sie allerdings<br />
bis zur Ausstiegsstelle hinhalten. Dieser Entscheidungsprozess<br />
hatte sie aber weiter geschwächt, so dass ein Heimgehen<br />
unzumutbar gewesen wäre. So war es eine echte Fügung, dass<br />
an <strong>die</strong>sem Tag Sperrmüll war und ein Haus weiter ein noch sehr<br />
funktionsfähiges Zweisitzersofa stand, welches ich sogar allein<br />
schultern und wunderbar auf dem Gehweg gleich am Busausstieg<br />
platzieren konnte. So konnte <strong>die</strong> Frau später ihren Heimweg<br />
wohl regeneriert antreten.<br />
Neuere Busse fahren nur mit geschlossen Türen. Das heißt, es<br />
kann niemand aussteigen und das Mikrophon kann auch nicht<br />
sitzweise abgestellt werden. Hier kann ich auch mal ein Zeugnis<br />
oder Erlebnis wiedergeben und das müssen sich <strong>die</strong> Fahrgäste<br />
anhören, was durchaus schon zu manchem guten Gespräch<br />
führte.<br />
Deshalb will ich gerne, wie es von Philippus heißt, meine Fahrgäste<br />
„fröhlich ihre Straße ziehen“ (Apg 8,39) lassen und freudig<br />
meinen Glauben bekennen, wo <strong>die</strong>s passt und<br />
mir der Herr <strong>die</strong> richtigen Worte gibt.<br />
Hans Hiller,<br />
Leiter der Geschäftsstelle, Stuttgart<br />
Gemeinschaft 8-9/2013