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Vom Glück des Widerspruchs - Das Erste

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das würde heißen „Küng geht und Ratzinger–Papst bleibt“. Aber jetzt hat er sich sogar noch<br />

früher zurückgezogen als ich. Ja, das ist für mich eine neue Situation. Ich habe dem neuen<br />

Papst geschrieben, ich habe eine sehr positive Antwort bekommen. Ich habe ihm das Buch<br />

„Ist die Kirche noch zu retten?“ zugeschickt. Ich habe eine freundliche Antwort, ich habe ein<br />

Anschreiben bekommen…<br />

Anne Will: …das Sie in Ihrem Buch abdrucken mit ganz kleiner Schrift. <strong>Das</strong> hat mich<br />

beeindruckt. Ganz zart unterschreibt Franziskus.<br />

Hans Küng: Und zwar einfach „fraternamente“. Wir haben auf Spanisch korrespondiert.<br />

„Fraternamente“, „brüderlich“. Also kein päpstlicher Brief, sondern ein brüderlicher Brief. Und<br />

da habe ich gedacht, dass müsste ich doch noch unterstützen, soweit ich kann, diesen<br />

neuen Kurs.<br />

Anne Will: <strong>Das</strong> liest man ja auch in Ihrem Buch. Als Sie glaubten, dass Ihre<br />

Lebenserinnerungen schon abgeschlossen seien, passiert eben all das Überraschende,<br />

nämlich genau dass Papst Benedict der XVI., Joseph Ratzinger, Ihr Studienkollege von vor<br />

langer Zeit…<br />

Hans Küng: Professorenkollege, Studienkollege nicht.<br />

Anne Will: Professorenkollege, pardon, zurücktritt und dass Papst Franziskus gewählt wird.<br />

Weil noch so viel Überraschen<strong>des</strong> passieren konnte, riskieren Sie dann nicht doch, zu<br />

verpassen auch, wovon Sie Ihr Leben lang geträumt haben, nämlich dass sich die<br />

katholische Kirche in Ihrem Sinne verändert?<br />

Hans Küng: <strong>Das</strong> ist jetzt schon passiert.<br />

Anne Will: Schon abgeschlossen?<br />

Hans Küng: Nein, nein, initiiert. Aber ich habe tatsächlich gesagt, damit muss ich mich<br />

abfinden. Wenn ich oft früher von Journalisten gefragt wurde, was würden Sie sich noch<br />

wünschen?, sagte ich, ein neuer Wandel in der Kirche, eine Wende wie unter Johannes<br />

XXIII. Aber ich hatte mich damit abgefunden, dass das nicht mehr kommt, solange ich lebe.<br />

Weil einfach meine Zeit jetzt sozusagen abgelaufen ist, und das System offenkundig<br />

unerschüttert ist. Und es war nun eben doch, ich habe es ja auch beschrieben, eine Sache,<br />

die uns alle überrascht hat. <strong>Das</strong>s wir nun einen Papst haben, der sofort einen anderen Stil<br />

angefangen hat, andere Sprache, die Kleidung, alles. <strong>Das</strong> sind ja nicht einfach nur so<br />

Äußerlichkeiten, das ist im Grunde ein Paradigmenwechsel, den ich schon längst bejaht<br />

habe, der nun auch schließlich das Papsttum erreicht hat. <strong>Das</strong> ist die neue Situation. Und<br />

das ist ein epochales Ereignis. Also, insofern hat dieser Wandel schon eingesetzt, und ich<br />

hoffe nur, er hält es durch, aber dafür hoffe ich noch, einen Beitrag zu leisten.<br />

6 © Will Media 2013

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