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TafelnB rgerw. - Stadt Hofheim am Taunus

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„Freiheit der Kirche vom Staat“<br />

Paulskirche,<br />

Sitz der deutschen Nationalvers<strong>am</strong>mlung<br />

<strong>Stadt</strong>museum und <strong>Stadt</strong>archiv Butzbach<br />

März 1848<br />

Die „9 Forderungen der Nassauer“ betrafen auch kirchlichen Belange, vor allem die Religionsfreiheit.<br />

Herzog Adolph und Minister von Dungern boten Bischof Blum bestimmte Vorteile wie die Überlassung leer stehender<br />

säkularisierter Klöster, wenn er für Ruhe im Volk sorgen würde. Der Bischof forderte daraufhin u.a. die Aufhebung des<br />

seit 1830 bestehenden Staatskirchentums.<br />

Am 23. März erfolgte die Gründung der ersten katholische Partei, dem „Centralverein für religiöse Freiheit“, in Nassau.<br />

In dem Parteiprogr<strong>am</strong>m hieß es: „Freiheit für Alle, gewissenhafte Achtung der Rechte anderer Religionsgemeinschaften,<br />

Verträglichkeit mit jedem, sei er welchen Glaubens er wolle...“<br />

In einem Schreiben des Ordinariats des Bistums Limburg vom 9. Juni erfolgte ein Aufruf an alle Gemeinden, Petitionen<br />

an die „constituierende“ Nationalvers<strong>am</strong>mlung in Frankfurt zu richten, d<strong>am</strong>it die Selbstständigkeit und Unabhängigkeit<br />

der Kirche vom Staat zum Inhalt der Reichsverfassung und ein Grundrecht des deutschen Volkes werde.<br />

1848<br />

1847 standen in <strong>Hofheim</strong> 290 Häuser. Die <strong>Stadt</strong> hatte 1912 Einwohner, davon 1047<br />

Kinder. 1833 von ihnen gehörten dem katholischen, 40 dem jüdischen und 39 dem<br />

protestantischen Glauben an. In diesem Jahr übernahm Antonius Hilf (1797-1864) die<br />

Stelle des Pfarrers. Auf seine Initiative hin erstellten 1848 die Gemeindemitglieder von<br />

<strong>Hofheim</strong> und Zeilsheim die Petition „um Freiheit der Kirche vom Staat“ und<br />

richteten insges<strong>am</strong>t 12 Artikel an die Nationalvers<strong>am</strong>mlung in Frankfurt.<br />

Auszug aus der Petition:<br />

„Soll die Freiheit des Glaubens eine Wahrheit sein, so werde ausgesprochen:<br />

1. Die bürgerlichen und politischen Rechte jedes Einzelnen sind unabhängig<br />

von seinem religiösen Bekenntnisse.<br />

2. Alle Confessionen, sowohl die bereits bestehenden, als die etwa neu sich bildenden,<br />

genießen der gleichen Freiheit und des gleichen Schutzes.<br />

3. Der Staat wird sich nie und unter keinem Vorwande in die kirchlichen und<br />

religiösen Angelegenheiten irgend einer Confession einmischen.<br />

<strong>Hofheim</strong><br />

Soll die freie Gemeinde Verfassung und die Freiheit der privaten und öffentlichen<br />

Religionsausübung Wahrheit sein, so werde ausgesprochen:<br />

4. Jede bestehende oder neu sich bildende Confession ist in ihren kirchlichen und<br />

religiösen Angelegenheiten, insbesondern in ihren Lehren, in ihrem Cultus,<br />

in ihrer Verfassung, in der Anstellung und Abrufung ihrer Geistlichen,<br />

in ihrer Disziplin und in Verwaltung ihres Vermögens frei und unabhängig.<br />

Sollen die Preßfreiheit ohne irgend eine Censur und die Unverbrüchlichkeit<br />

des Briefgeheimnisses Wahrheit sein, so werde ausgesprochen:<br />

Pfarrer Hilf<br />

<strong>Stadt</strong>archiv <strong>Hofheim</strong><br />

165 Gemeindemitglieder aus <strong>Hofheim</strong> und ca. 20 aus Zeilsheim setzten ihre Unterschrift<br />

darunter, wobei der Haushaltsvorstand immer für die ges<strong>am</strong>te F<strong>am</strong>ilie unterschrieb.<br />

Nachdem die Schrift 14 Tage zu jedermanns Einsicht „offen gelegen“ hatte, erinnerte<br />

Pfarrer Hilf den <strong>Stadt</strong>schultheißen Wollstadt - gleichzeitig Mitglied des Kirchenvorstandes<br />

- daran, in der nächsten Gemeindevers<strong>am</strong>mlung diese Petition vorzulegen<br />

und ebenfalls unterschreiben zu lassen. Falls die niedergelegten Forderungen mit den<br />

Ansichten der hiesigen katholischen Bürger nicht übereinstimmen sollten, bat er<br />

darum, diese Änderungsvorschläge zu notieren.<br />

In den darauf folgenden Diskussionen forderten die Gegner der Petition die Aufhebung<br />

des Pfarrzehnten und die Verwaltung des Kirchen- und Pfarrvermögens durch<br />

die Gemeinde, der dieses ja auch gehöre. Außerdem richteten sie sich gegen die Forderung,<br />

dass es anderen „Confessionen“ oder „Corporationen“ frei stehen sollte, Schulen<br />

zu gründen und Unterricht zu erteilen. Es k<strong>am</strong> zu größten Aufregungen in der<br />

Gemeinde, die schließlich dazu führten, dass 4 bis 5 Personen die bereits vorhandenen<br />

Unterschriften durchstrichen. Pfarrer Hilf ignorierte diesen Einschüchterungsversuch<br />

und leitete die Petition an das Ordinariat in Limburg weiter, verbunden mit der Bitte,<br />

sie auch in diesem geänderten Zustand an die Nationalvers<strong>am</strong>mlung abzusenden.<br />

5. Der freie Verkehr der kirchlichen Behörden unter einander und der Bekenner<br />

jeder Confession mit ihren kirchlichen Behörden unterliegt keinerlei<br />

Einschränkungen oder Hemmungen.<br />

6. Die Verordnungen und Erlasse der kirchlichen Behörden aller bestehenden oder<br />

neu sich bildenden Confessionen unterliegen keinerlei Censur,<br />

keinem sogenannten Placet.<br />

Sollen das freie Vers<strong>am</strong>mlungs- und Vereinsrecht und die Freiheit der Wahl<br />

des Berufes Wahrheit sein, so werde ausgesprochen:<br />

7. Die Freiheit der Wahl des Berufs, sowie das freie Vers<strong>am</strong>mlungs- und Vereinsrecht<br />

gelten auch auf dem religiösen Gebiete für alle bereits bestehenden und neu sich<br />

bildenden Confessionen ohne Gestattung irgend welcher Ausnahme = Categorien.“<br />

Katholische Kirche St. Peter und Paul<br />

1842<br />

Historisches Museum Frankfurt<br />

Pfarrer Hilf blieb bis 1864 Pfarrer in <strong>Hofheim</strong>.<br />

Bü<strong>rgerw</strong>ille<br />

gegen<br />

Herrscherwillkür

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