Stochastik in der Schule - IMST
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Die magische Zahl 7<br />
MARY RICHARDSON UND DIANN REISCHMAN, ALLENDALE, MI, U.S.A.<br />
ÜBERSETZUNG UND BEARBEITUNG: MANFRED BOROVCNIK, KLAGENFURT<br />
Zusammenfassung: In diesem Aufsatz wird e<strong>in</strong><br />
psychologisches Experiment beschrieben, das die<br />
Merkfähigkeit prüft. In e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>teraktiven Experiment<br />
werden die Daten gesammelt und anschließend<br />
mit dem t-Test o<strong>der</strong> dem Vorzeichen-Test ausgewertet.<br />
Der Beitrag soll illustrieren, wie durch aktive<br />
Teilnahme <strong>der</strong> Studierenden auch theoretische Methoden<br />
<strong>der</strong> Statistik an Anziehungskraft gew<strong>in</strong>nen.<br />
Aktives Lernen erhöht die Motivation und lässt die<br />
Voraussetzungen <strong>der</strong> Verfahren besser verstehen. 1<br />
1 E<strong>in</strong>leitung<br />
Unsere Universität bietet e<strong>in</strong> vielfältiges Angebot <strong>in</strong><br />
<strong>der</strong> e<strong>in</strong>führenden Vorlesung <strong>in</strong> die Angewandte<br />
Statistik an. Voraussetzung für die Vorlesung selbst<br />
ist Algebra auf College-Niveau. Im Kurs lernen die<br />
Studierenden statistische Begriffe und Anwendungen<br />
<strong>in</strong> realen Situationen mit <strong>in</strong>teraktiven Experimenten.<br />
Die <strong>in</strong> diesem Aufsatz beschriebene Aktivität wurde<br />
durch e<strong>in</strong>en Artikel des Kognitionspsychologen<br />
George Miller angeregt. Insbeson<strong>der</strong>e behauptet<br />
Miller (1956) im Zusammenhang mit Fragen zum<br />
Kurzzeit-Gedächtnis, dass die meisten Leute sich<br />
nur an 7 plus o<strong>der</strong> m<strong>in</strong>us 2 Informationse<strong>in</strong>heiten<br />
er<strong>in</strong>nern können.<br />
2 Das Unterrichtsexperiment<br />
Bevor die Studierenden mit diesem Experiment<br />
konfrontiert werden, haben sie sich schon mit Stichprobenverteilungen<br />
sowie statistischen Verfahren<br />
zur Beurteilung von Anteilen und Konfidenz<strong>in</strong>tervallen<br />
für den Erwartungswert beschäftigt.<br />
Nachdem die E<strong>in</strong>zelheiten des E<strong>in</strong>-Stichproben-t-<br />
Tests erklärt worden s<strong>in</strong>d, haben wir <strong>in</strong> diesem Experiment<br />
Daten für e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same Aktivität „erzeugt“.<br />
Wir nützen dies auch, um e<strong>in</strong>e Anwendung<br />
dieses Tests zu illustrieren, noch bevor das formale<br />
Testverfahren e<strong>in</strong>geführt wird.<br />
Wir verteilen zu Beg<strong>in</strong>n das Arbeitsblatt (siehe Anhang).<br />
Dieses gibt <strong>in</strong> knapper Weise den H<strong>in</strong>tergrund<br />
zum Experiment wie<strong>der</strong> und erklärt das Ziel<br />
<strong>der</strong> Vorgangsweise. Wir versuchen auch herauszubekommen,<br />
ob die Klasse „besser“ ist als die „sie-<br />
ben plus m<strong>in</strong>us zwei“-Regel von Miller besagt. Insbeson<strong>der</strong>e<br />
wollen wir auch bestimmen, ob e<strong>in</strong> typischer<br />
College-Student sich mehr als 7 Informationse<strong>in</strong>heiten,<br />
die ohne jeden Zusammenhang s<strong>in</strong>d, merken<br />
kann.<br />
Zur Durchführung des Experiments und zur Sammlung<br />
<strong>der</strong> Daten benutzen wir e<strong>in</strong>e Vorführung mit<br />
Power Po<strong>in</strong>t. Dabei werden 15 Folien gezeigt. Jede<br />
<strong>der</strong> Folien zeigt e<strong>in</strong> an<strong>der</strong>es Wort. Jedes Wort ersche<strong>in</strong>t<br />
auf <strong>der</strong> Projektionsle<strong>in</strong>wand für e<strong>in</strong>e Sekunde;<br />
die Wörter weisen ke<strong>in</strong>erlei Zusammenhang auf.<br />
Nachdem alle 15 Wörter gezeigt worden s<strong>in</strong>d, werden<br />
die Studierenden aufgefor<strong>der</strong>t, möglichst viele<br />
<strong>der</strong> Wörter, die sie sich merken konnten, auf dem<br />
Arbeitsblatt zu notieren. Danach wird e<strong>in</strong>e Folie mit<br />
allen Wörtern gezeigt.<br />
Die Studierenden werten anschließend die Daten,<br />
wie viele Wörter sie sich korrekt gemerkt haben, auf<br />
<strong>der</strong> Tafel aus. Der Merkfähigkeitstest ist auch im<br />
Internet abrufbar, siehe PositScience (o.J.). Bei jedem<br />
Aufruf des Experiments wird e<strong>in</strong>e neue Liste<br />
von 15 Wörtern erzeugt.<br />
Tabelle 1 zeigt die Liste <strong>der</strong> 15 Wörter, die wir im<br />
Experiment benutzt haben.<br />
Montage Ohr Stadtviertel Thron Brennpunkt<br />
Lautstärke Nichte hilfreich Freund Saat<br />
Legende Ausguss etwas Krake kurz<br />
Tab 1:<br />
Liste <strong>der</strong> Wörter, die beim Test zum Kurzzeit-<br />
Gedächtnis verwendet wurden<br />
Wir erhielten von den 50 Studierenden die folgenden<br />
Daten <strong>der</strong> korrekt er<strong>in</strong>nerten Wörter:<br />
3, 4, 5, 5, 5, 6, 6, 6, 6, 6, 7, 7, 7, 7, 7, 7, 7, 7, 7,<br />
7, 7, 7, 7, 8, 8, 8, 8, 8, 8, 8, 8, 8, 8, 8, 9, 9, 9, 9,<br />
9, 9, 9, 9, 10, 10, 10, 10, 10, 10, 10, 12<br />
Tab. 2: Anzahl <strong>der</strong> korrekt er<strong>in</strong>nerten Wörter im Test<br />
Vor <strong>der</strong> eigentlichen Datenanalyse könnte man,<br />
beson<strong>der</strong>s <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er kle<strong>in</strong>eren Klasse, die Studierenden<br />
dazu anregen, nach Ausreißern zu suchen, die<br />
Schiefe <strong>der</strong> Verteilung zu beurteilen, und zu überprüfen,<br />
ob die Voraussetzungen des t-Tests ausreichend<br />
erfüllt s<strong>in</strong>d.<br />
Orig<strong>in</strong>al ‚The Magical Number 7’ <strong>in</strong> Teach<strong>in</strong>g Statistics 33(2011)1, 17–19<br />
26<br />
<strong>Stochastik</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Schule</strong> 31(2011)3, S. 26–29