292 - Fandom Observer
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GF/FO<strong>292</strong>/BAUMGARTNER/30 JAHRE SFCBW<br />
30 JAHRE SCIENCE FICTION<br />
CLUB BADEN-WÜRTTEMBERG<br />
EIN DURCHAUS SUBJEKTIVER RÜCKBLICK VON MICHAEL BAUMGARTNER<br />
Die Tatsache, dass es den SFCBW überhaupt<br />
noch gibt, ist für mich schon eine<br />
Meldung wert. 30 Jahre sind lang in einer<br />
Zeit, in der sich viel verändert hat, in der<br />
Phantastik-Landschaft und in der Welt insgesamt.<br />
Nicht zuletzt im Klub selbst, das<br />
weiß ich genau, denn ich bin gut seit 23<br />
Jahren aktiv dabei. Es gab schlimme Krisen<br />
und Konflikte, das Ende konnte zwar jedesmal<br />
abgewendet werden. Das alles führte<br />
jedoch zu dramatischen Mitgliederschwünden,<br />
die immer wieder ausgeglichen werden<br />
konnten. Das zeigt sich an den Mitgliedernummern.<br />
Das jüngste hat die Nummer 177.<br />
Von den SFCBWlern, die zu Beginn der<br />
Hochzeit Anfang der 90er Jahre im Klub waren,<br />
sind gerade noch fünf dabei.<br />
In dieser Zeit ist jeden Monat das Fanzine<br />
Baden-Württemberg Aktuell (kurz BWA) erschienen,<br />
diese Kontinuität wurde auch trotz<br />
der vielen Wechsel der Redakteure gewahrt,<br />
denn eins war den Aktiven bewusst: das<br />
BWA ist der unverzichtbare Bestandteil des<br />
Klubs, ohne das regelmäßige Erscheinen<br />
des BWA gäbe es den Club nicht. Das ist<br />
vielleicht die Besonderheit des SFCBW.<br />
Auch wenn heutzutage kaum noch Leserbriefe<br />
im BWA auftauchen, hat es sich seinen<br />
Charakter bewahrt. Es wird alles genommen,<br />
was die Mitglieder einreichen und<br />
zwar so, wie sie es kommt. Auch wenn es<br />
zur Zeit relativ feste Beiträge gibt, sind das<br />
Beste am BWA die Überraschungen. Nonsens-Gedichte,<br />
schräge Conberichte,<br />
Schimpfbriefe, engagierte Diskussionen,<br />
clevere Stories und kluge Blicke über den<br />
Tellerrand. Und wie die Mitgliederzahl zwischen<br />
55 und 19 geschwankt ist, schwankte<br />
das BWA in seinem Umfang.<br />
Sehr viele (Ex-)SFCBWler haben geschrieben,<br />
gezeichnet und Filme gemacht.<br />
Manche tun es immer noch, wenngleich<br />
mehr außerhalb denn innerhalb des Clubs.<br />
Viele bekannte Fans und Autoren nicht nur<br />
aus Baden-Württemberg waren Mitglieder,<br />
von Klaus N. Frick über Matthias Hofmann,<br />
heute Redakteur des Comic-Magazins „Alfonz“<br />
bis zum Wissenschaftsjournalisten<br />
Rüdiger Vaas, dem der SFCBW sein Klub-<br />
Logo verdankt. Und es gab eine Zeit, da<br />
waren die meisten Buch-Rezensenten der<br />
Andromeda Nachrichten Mitglieder des<br />
SFCBW oder kamen aus Baden-Württemberg.<br />
1995 kam die Homepage dazu, die seither<br />
über den Club informiert. Im Jahr 2007 hat<br />
der Klub es geschafft, einen weiteren Schritt<br />
zu tun. Er hat sein externes Fanzine Bawuemania<br />
als Buch unter dem Titel „Zwischen<br />
den Welten“ herausgebracht. Eine schwere<br />
Geburt und ein Kraftakt, der seither nicht<br />
mehr wiederholt wurde.<br />
Wie wird es weitergehen? Der SFCBW<br />
teilt mit dem literarisch orientieren SF-<strong>Fandom</strong><br />
das Problem, dass jüngere SF-Fans<br />
kaum noch hinzukommen. Der SFCBW hat<br />
so wenige Mitglieder wie seit Jahren nicht<br />
mehr. Ohne Soziale Medien und Foren wird<br />
es wohl nicht mehr gehen. Ansätze der elektronischen<br />
Kommunikation hat es gegeben,<br />
das Email-Forum wird aber so gut wie nicht<br />
genutzt. Die Freude an der Phantastik ist<br />
den meisten Mitgliedern geblieben. Aber<br />
das Engagement für den Klub lässt eben mit<br />
der Zeit nach, da sich die Lebensumstände<br />
geändert haben. Das merke ich auch bei mir<br />
selbst. Ein stetiges Engagement zeigen jedoch<br />
noch der BWA-Redakteur Uwe Lammers<br />
und die Kassenwartin Claudia Höfs,<br />
die das BWA kopiert und verteilt. Und ich<br />
als Kontakter stelle bei verschiedenen Gelegenheiten<br />
fest, dass das potentielle Interesse<br />
am SFCBW und dem BWA im Umfeld<br />
noch längst nicht ausgereizt ist. Meine Prognose<br />
fällt daher durchaus nicht negativ<br />
aus. Ich persönlich würde gerne noch das<br />
50er Jubiläum erleben.<br />
AUF DER SUCHE NACH DEN OPPIDA*<br />
E<br />
Idee in die Tat umzusetzen. Normalerweise Ich deute mit unbestimmter Handbewe-<br />
müßte an dieser Stelle, zumindest wenn gung schräg nach unten. „Überall da, wo<br />
man den landläufigen Con-Berichterstattern<br />
trauen darf, unbedingt eine detaillierte einfach schräg durch.“ Erstaunlich, aber es<br />
Autos im Schritt-Tempo fahren und dann<br />
Schilderung der Anfahrt, der unterwegs verzehrten<br />
Speisen und Getränke, der Staus ich meines Weges.<br />
genügt ihnen. Sie ziehen also ihres – und<br />
auf den Autobahnen und der gar so wichtigen<br />
Erlebnisse der Con-Orientierungsfahrt kenntnisse von Gmünd besitze, stehe ich<br />
Obwohl ich keine geographischen Vor-<br />
am Zielort stehen. Pfeifendeckel! Ich schenke<br />
mir das einfach mal.<br />
fend im Con-Gebäude. Ich erspähe einen<br />
doch wenige Minuten später wassertrop-sertrop-<br />
Heinz E. Bräunle, sage guten Tag und höre<br />
eine Stimme aus dem Hintergrund:<br />
„Ist er’s, oder ist er’s nicht. Diese Stimme…“<br />
Ich mustere den Sprecher, krame im<br />
Gedächtnis. Die ganzen Körperproportio-proportionen<br />
stimmen nicht. In unserer r Anzeige<br />
„Kenner lesen SAGITTARIUS“ hatte er<br />
wesentlich mehr Volumen. Dafür schaut er<br />
heute gesünder aus: Martin Eisele. Ich suche mir meine Überraschung über diese<br />
ver-<br />
Veränderung nicht anmerken zu lassen.<br />
„Ich habe was für dich“, verkünde ich und<br />
deute auf meinen Koffer. Metallisches<br />
Schnappen – und das gute Teil ist offen.<br />
Vor den neugierigen Augen der uns umringenden<br />
Personen zaubere ich SAGIT TA -<br />
Schwäbisch Gmünd in<br />
Schwäbisch Gmünd. Eine baden-württembergische<br />
Kleinstadt am Rande der Alb. noch das kleine Plakat des „Jahrmarktes<br />
RIUS 25 hervor. Außerdem drücke ich ihm<br />
der „Kartenansicht“.<br />
Die Orientierungshilfe<br />
des Fremdenverkehrsvereins.<br />
Erwähnenswertes Schmuckstück: Die Fuß - Osnabrück“ in die Hand (mein letztes „Fan-<br />
gängerzone, größter Schandfleck: die un - zine“). Dafür ernte ich ein promptes Grinsen.<br />
Auf die folgenden Kommentare wie<br />
gelösten Parkprobleme. Gesichert mit ei -<br />
nem Regenschirm in der Linken und dem „Habe auch abonniert“, „Kriege ich auch<br />
„zwischenzeitlich unvermeidlichen“ Aktenkoffer<br />
in der Rechten stiefele ich die sens darauf hinweisen, daß am Donnerstag<br />
Gemeindehausstraße hoch. Lautes Stim-<br />
vor Con-Beginn die komplette Abonnenmengewirr<br />
– und ein Gruppe schwatzender ten-Riege postalisch bedient wur de. Damit<br />
eines?“ kann ich zum Glück guten Gewis-<br />
Personen biegt um die Ecke. Mit gestähltem aber Ruhe ist, lege ich zwei oder drei Hefte<br />
* entlehnt aus dem<br />
Schritt voraus der „Opinion-Leader“ des aus. Bevor es mir gelingt, mich in noch weitere<br />
Gespräche zu vertiefen, en, verrät die eifri-<br />
„Latinum Asterixum“<br />
SFCBW, Matthias Hofmann. Beidersei -<br />
= befestigte Städte<br />
tige Überraschung. Während ich den Con ge Geschäftigkeit der Fans ringsum, daß<br />
s ist Samstag, der 2. Oktober 1993. suche, wollen die sieben oder acht Entgetun.<br />
Und da ich Heinz E. Bräunle androhte,<br />
meine Aufwartung zum „Deka-Con“ zu „Ey. Günther, weißt du wo es zur Fuß gänger-<br />
machen, bin ich auch wild entschlossen, die zone<br />
genkommenden etwas für den Magen geht?“<br />
…UND KLAUS BEKAM DIE PRÜGEL<br />
✍<br />
Für alle, die noch<br />
nicht wissen, wie die<br />
„Audifax(en)“ aus -<br />
sehen, ist das nebenstehende<br />
Beispiel<br />
gedacht.<br />
Walter nicht. Der nämlich fing an zu nörgeln,<br />
daß er keinen gemütlichen, sondern ließen also den Con platzen – und Klaus<br />
TARIUS ungestört erscheinen einen könne. Wir<br />
einen richtigen Con wolle, so mit Anspruch, bekam dafür die Prügel. Tja die guten, alten<br />
Ehrengästen und programmatischen Highlights.<br />
Und als Armin und ich dann mal so Ich sehe mich um, und stelle le fest, daß nicht<br />
beisammensaßen, mal wieder kopfschüt-<br />
nur meine Kehle vom vielen Erzählen<br />
SFCD-Zeiten.“<br />
telnd die beständige Nadelstich-Taktik Walter<br />
Bühlers besprachen, da gingen uns die auch der Programm-Punkt „Filmplakate-<br />
Augen auf. Ich weiß nicht mal mehr, wer Versteigerung“ sich seinem Ende nähert.<br />
trocken wurde, sondern daß anscheinend<br />
von uns zuerst die Idee hatte.<br />
Auch recht. Ich schwinge mich nochmal an<br />
,Wir lassen den Con platzen und sagen der die Bar und bevor wir gen Con-Ort „Ge -<br />
Bühler ist schuld!‘ Jedenfalls war schon meindehaus“ zurückkehren, verfalle ich<br />
damals der SFCD-Vorstand sich gegenseitig noch in eine Unterhaltung mit Peter Fleiss -<br />
ner, bei der wir uns über Druckvorlagen im<br />
allgemeinen und Farbfotos im besonderen<br />
unterhalten.<br />
Es wird Abend und auf dem Abend- oder<br />
besser gesagt Vorabend-Programm ogramm des<br />
SFCBW-Cons steht das Filmquiz iz von Heinz<br />
E. Bräunle. Selbiger unterteilt das vorhandene<br />
Publikum, ich schätze die Zahl der<br />
Anwesenden mal so zwischen zwanzig und<br />
dreißig, in vier Gruppen auf. Er überläßt es<br />
uns, uns selbst irgendwie zusammenzuraufen.<br />
Während ich mit Martin Eisele ins<br />
Quasseln gerate, überlegt dieser schon welchen<br />
Namen wir uns als Quiz-Gruppe<br />
geben. Wir einigen uns auf „Gegenwind“.<br />
Das paßt zum SFCBW und seinen n internen<br />
regionalen Polen. Die Antwort läßt nicht<br />
lange auf sich warten. Die Gruppe um Mat-<br />
nicht grün, es war also gar nicht schwer, die thias Hofmann kontert mit dem angst -<br />
richtigen Bemerkungen an den richtigen einflößenden Namen „MaHo-Gruppe“ wäh -<br />
Stellen fallenzulassen und nach Absicherung<br />
von dort dann das Bömbchen platzen „Potemkin-Gruppe“ tut.<br />
rend Armin Hofmann es nicht unter<br />
zu lassen.“<br />
Will der geneigte Leser noch mehr erfah-<br />
„Das Lustigste an der ganze Geschichte ren? Okay: Die Potemkin-Gruppe gewinnt,<br />
war“, ich grinse meine Zuhörer an, daß meinem<br />
Kumpel Klaus N. Frick, der nur teil-<br />
„Lila Pause“ ein und mampft zufrieden.<br />
weise im Programm-Teil eingeplant war, MaHo landet auf Platz zwei, wir schaffen<br />
von der Bühler-Fraktion im SFCD-Vorstand nur den dritten Platz – auch wenn es nur<br />
vorgeworfen wurde, er habe auf uns Einfluß gerade 2 Punkte Differenz sind. Dafür war<br />
oder Druck ausgeübt, um den Con plat-<br />
die Teilnahme sehr lustig und Heinz<br />
zen zu lassen, damit sein Magazin SAGIT- Bräunle hatte sich damit eine ordentliche<br />
streicht den Gewinn, die sechs Packungen<br />
UND DANN WAR DA NOCH DER…<br />
✎<br />
Na, wer kennt ihn noch?<br />
Richtig! John Schuck ist<br />
es, der als Klingonen-<br />
Bösewicht den Kopf von<br />
William Shatner (alias<br />
Admiral Kirk) fordert.<br />
angrinsend – beginnt er zu verlesen: sich an den Stinkefinger zeigenden Punker,<br />
„…Auf der Arcadia gab es dreihundert fünf - in einem New Yorker Bus, der auf Bitte von<br />
undachtzig Erster-Klasse-Kabinen, und jede folgte<br />
in ihrer Ausstattung einem anderen Motiv. den Ghetto-Blaster kaugummikauend lau-<br />
Admiral Kirk das Radio leiser zu drehen,<br />
Das Thema von Catrionas Kabine hieß ,Der ter aufdreht. Oder an Mr. Chekov und Lieutenant<br />
Uhura, die in einer der großen Ave-<br />
Wind‘. Mitten auf dem langen, modernen Sideboard<br />
stand eine Bronzeskulptur von Bruno nues von New York die Passanten mit der<br />
Zack, ein junges Mädchen, in dessen Haar der Frage „Entschuldigen Sie bitte, wissen Sie,<br />
Wind spielte. Die Möbel waren zeitgemäß, an der wo wir atomgetriebene Kriegsschiffe finden“<br />
überraschen. Vor allem, wenn das ein<br />
Wand hing eine Reproduktion des kubistischen<br />
Gemäldes ,Ein windiger Tag‘ in Paris von Gino Mr. Chekov mit deutlich hörbarem russischen<br />
Akzent tut.<br />
Severini…“<br />
Atemlose Stille, dann brüllendes Gelächter So nebenbei erläutere ich meinem linken<br />
und die unangenehme Gewißheit, daß ich Sitznachbarn im Kino, Peter Fleissner, daß<br />
auf diesem Schmöker wohl sitzenbleiben im denkwürdigen Jahr 1987, in München,<br />
werde. Das Teil steht übrigens noch immer ein Programmkino eine merkwürdige Be -<br />
orginalverschweißt in meinem Bücherregal! gegnung der unheimlichen Art erlebte. Die<br />
Die restliche Samstag-Nacht gehört dann Firma Apple Deutschland GmbH fuhr ge -<br />
dem Kino-Besuch. Gezeigt wird unter anderem<br />
Star Trek Teil 4, Rückkehr in die Stadtmitte zur frühen Abendvorstellung<br />
schlossen von der Ingolstädter Straße in die<br />
Gegenwart. Zugegeben, nicht gerade der von Star Trek IV. Sehr zur Verwunderung<br />
neueste Streifen, aber eben diese Star-Trek- des restlichen Publikums gab es plötzlich,<br />
Folge, die die Hauptdarsteller in die Erde an einer bestimmten Stelle des Filmes, geradezu<br />
frenetischen Beifall von der Apple-<br />
des 20. Jahrhunderts versetzt, lebt von kleinen<br />
augenzwinkernden Gags. Man erinnere Mannschaft. Was war geschehen? In der<br />
Auszüge aus dem Conbericht<br />
zum 10-jährigen Jubiläum des SFCBW.<br />
6 FANDOM OBSERVER <strong>292</strong> · 10/2013