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Offener Brief der Gruppe "Lampedusa in Hamburg" an den Senat ...

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Wir er<strong>in</strong>nern uns <strong>an</strong> das e<strong>in</strong>zige Gespräch mit e<strong>in</strong>er Vertreter<strong>in</strong> <strong>der</strong> Sozialbehörde<br />

und e<strong>in</strong>em Vertreter des Flüchtl<strong>in</strong>gszentrums, das <strong>in</strong> unserem Zelt stattgefun<strong>den</strong> hat,<br />

als aus <strong>der</strong> Bevölkerung, <strong>den</strong> Kirchen und <strong>den</strong> Moscheen bereits hum<strong>an</strong>itäre Nothilfe<br />

geleistet wurde und wir zum<strong>in</strong>dest im Trockenen schlafen konnten. Es wurde uns<br />

gesagt, dass es <strong>in</strong> Hamburg ke<strong>in</strong>e freien Unterkünfte gäbe, dass die Situation sehr<br />

schwierig sei, dass m<strong>an</strong> sich aber bemühen würde. Wir sollten zunächst erst e<strong>in</strong>mal<br />

e<strong>in</strong>e Liste mit unseren Namen e<strong>in</strong>reichen. Wenn etwas gefun<strong>den</strong> würde, könnten wir<br />

uns von <strong>den</strong> Wochen des Lebens auf <strong>den</strong> nassen und kalten Straßen etwas erholen,<br />

um uns auf die Rückreise nach Italien vorzubereiten. Hier<strong>an</strong> scheiterten die ersten<br />

Verh<strong>an</strong>dlungen zwischen <strong>der</strong> Nordkirche und Ihnen.<br />

Sie suchten ke<strong>in</strong> weiteres Gespräch mit uns. In <strong>der</strong> Öffentlichkeit sagten Sie, es gäbe<br />

für Hamburg ke<strong>in</strong>en H<strong>an</strong>dlungsspielraum.<br />

Wir haben zusammen mit unseren Rechts<strong>an</strong>wält<strong>in</strong>nen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Pressekonferenz,<br />

dargelegt, dass Hamburg sehr wohl rechtliche Möglichkeiten hat. Geradezu<br />

beispielhaft für unsere geme<strong>in</strong>same Flucht- und Lebensgeschichte beg<strong>in</strong>nend von <strong>der</strong><br />

Eskalation des Krieges <strong>in</strong> Libyen im März 2011, steht <strong>der</strong> Paragraph 23 des<br />

Aufenthaltsgesetzes. Dieser Paragraph wurde geschaffen, um aufwendige und<br />

l<strong>an</strong>g<strong>an</strong>dauernde E<strong>in</strong>zelverfahren für e<strong>in</strong>e größere Anzahl Personen, die alle gleichen<br />

Kriterien entsprechen, zu vermei<strong>den</strong>. Die Anwendungsmöglichkeit liegt im Ermessen<br />

<strong>der</strong> jeweiligen L<strong>an</strong>desregierung im E<strong>in</strong>vernehmen mit dem Bundes<strong>in</strong>nenm<strong>in</strong>ister.<br />

Mit Verweis auf die sichere Ablehnung durch das Bundes<strong>in</strong>nenm<strong>in</strong>isterium lehnten<br />

Sie diese Möglichkeit ab. Dieses wies jedoch mehrfach auf Hamburgs Souveränität <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Sache h<strong>in</strong> – zunächst <strong>in</strong> Antwort auf e<strong>in</strong>e Anfrage im Bundestag, d<strong>an</strong>n <strong>in</strong> <strong>den</strong><br />

Antwortschreiben <strong>an</strong> Zeichner <strong>der</strong> Petition und zuletzt durch <strong>den</strong><br />

Menschenrechtsbeauftragten <strong>der</strong> Bundesregierung.<br />

Da Sie dem Vorschlag <strong>der</strong> Anwendung des Paragraphen 23 nicht aufgreifen wollten,<br />

versuchte die Nordkirche erneute Gespräche <strong>in</strong> Richtung e<strong>in</strong>er Lösung. Ergebnis war,<br />

dass unsere Rechts<strong>an</strong>wälte zusammen mit Fluchtpunkt auf Ihren Vorschlag h<strong>in</strong>,<br />

<strong>an</strong>onymisierte Muster<strong>an</strong>träge e<strong>in</strong>reichten. Wir entschie<strong>den</strong> zusätzlich, e<strong>in</strong>en Antrag<br />

namentlich durch e<strong>in</strong>e Person aus unserem Kreis zu stellen. Alle Anträge stehen<br />

stellvertretend für alle von uns. Ihre Behörde lehnte alle Anträge ab. Die <strong>in</strong> <strong>den</strong><br />

Anträgen <strong>in</strong>haltlich vorgetragenen Gründe wur<strong>den</strong> mit Ausführungen über die<br />

Gesetzeslage be<strong>an</strong>twortet. Der zweite Vermittlungsversuch <strong>der</strong> Nordkirche war<br />

gescheitert.<br />

Wir haben weiter im Licht <strong>der</strong> Öffentlichkeit gest<strong>an</strong><strong>den</strong> und die Unterstützung und<br />

das Verständnis für uns s<strong>in</strong>d stetig gewachsen. Diskussionen und Gespräche drehten<br />

sich darum wie e<strong>in</strong>e politische Lösung erreicht wer<strong>den</strong> k<strong>an</strong>n.<br />

In diesem Moment – und noch während des frischen Schmerzes über die jüngsten<br />

Toten vor <strong>Lampedusa</strong> – setzen Sie e<strong>in</strong>e Polizeioperation gegen uns, die Überleben<strong>den</strong><br />

des Kriegs und <strong>der</strong> Flucht nach <strong>Lampedusa</strong>, <strong>in</strong> G<strong>an</strong>g, die die Welt schockiert.

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