Triticum aestivum L. - Die GIL
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Berichte der <strong>GIL</strong>, Bd. l (1991) 55<br />
<strong>Die</strong> Veränderung spektraler Eigenschaften von Fahnenblättern<br />
des Weizens (<strong>Triticum</strong> <strong>aestivum</strong> L.) unter dem Eindruck der<br />
Blattalterung<br />
J. SCHELLBERG 1 und W. KÜHBAUCH 1<br />
ZUSAMMENFASSUNG<br />
Gegenstand der vorliegenden Untersuchungen waren die optischen<br />
Eigenschaften von Fahnenblättern des Weizens. <strong>Die</strong> sichtbare und<br />
infrarote Reflexion wurde vom Abschluß des Fahnenblattwachstums<br />
bis zur Vollreife der Pflanzen untersucht und der Einfluß des<br />
Stickstoffs auf die Blattalterung verfolgt. Es konnten enge<br />
Beziehungen zwischen der Chlorophyllkonzentration und dem Wassergehalt<br />
der Blätter einerseits und dem Verlauf der spektralen<br />
Signaturen andererseits herausgestellt werden. <strong>Die</strong> vorliegenden<br />
Ergebnisse können für die Interpretation von Fernerkundungsdaten<br />
über Feldbeständen dienlich sein.<br />
ABSTRACT<br />
The paper reports on the influence of nitrogen on developmental<br />
changes of the optical properties of wheat flag leaves. Close<br />
relationships were found between Chlorophyll concentration and<br />
visible light reflectance äs well äs between relative water<br />
content of the leaves and reflectance in the middle infrared.<br />
Increased nitrogen effected delayed senescence.<br />
EINLEITUNG<br />
<strong>Die</strong> fernerkundliche Beobachtung von Vegetation mit optischen<br />
Sensoren nutzt die Phänomene der Absorption, Transmission und<br />
Reflexion des Sonnenlichts an Pflanzen. Am Reflexionsgeschehen<br />
im Pflanzenbestand sind bei den meisten Kulturen überwiegend die<br />
Blätter, weniger jedoch die Triebe und Knospen oder Früchte<br />
beteiligt. Aus diesem Grund sind die optischen Eigenschaften der<br />
Blätter von besonderem Interesse.<br />
In zahlreichen Untersuchungen wurde das Spektralverhalten der<br />
Blätter verschiedener Pflanzenarten - im wesentlichen von landwirtschaftlichen<br />
Kulturpflanzen - untersucht (WILLSTÄTTER und<br />
STOLL 1918, SCHANDERL und KAEMPFERT 1933, MOSS und LOOMIS 1952,<br />
GATES et al. 1965, WOOLLEY 1971, ). Je nach Zustand, d.h. in<br />
Abhängigkeit vom Chlorophyllgehalt, der inneren Struktur und der<br />
Turgeszenz, absorbieren und transmittieren Blätter das einfallende<br />
Sonnenlicht im sichtbaren und infraroten Spektralbereich<br />
in unterschiedlicher Weise. Chlorophyll absorbiert den überwiegenden<br />
Teil des sichtbaren Lichtes (400 bis 700 nm); die Transitiission<br />
ist in diesem Wellenlängenbereich gering. Nah infrarotes<br />
Licht (700 bis 1100 nm) wird in Abhängigkeit von der Form und<br />
Lehrstuhl für Allgemeinen Pflanzenbau der Universität Bonn<br />
Katzenburgweg 5, 5300 Bonn l
56<br />
Größe der interzellulären Hohlräume sowie der Zahl der Zellen<br />
mehrfach gebrochen (SINCLAIR et al. 1973) und etwa je zur Hälfte<br />
reflektiert und transmittiert, jedoch kaum absorbiert. In Abhängigkeit<br />
vom relativen Wassergehalt in den Blättern wird das<br />
mittel-infrarote Licht der Wellenlängen um 1450 und 1950 nm<br />
teilweise absorbiert; der Einfluß des Wassergehaltes auf die<br />
Reflexion in diesen Spektralbereichen wurde von THOMAS et al.<br />
(1971) an Baumwolle gezeigt.<br />
Transmission und Reflexion von Licht durch Blätter ändern sich<br />
im Laufe der pflanzlichen Entwicklung. <strong>Die</strong> Alterung der Pflanzen<br />
sowie Trockenstreß und Krankheitsbefall führen zu starken Zustandsänderungen<br />
der Blätter und sind anhand von Reflexionsmessungen<br />
erkennbar. In Getreide fällt die Ausbildung der Körner -<br />
also die eigentliche Ertragsbildung - mit dem Beginn der Blattalterung<br />
zeitlich zusammen. <strong>Die</strong> späte Düngung mit Stickstoff ist<br />
ein wirksames pflanzenbauliches Mittel zur Verzögerung der Seneszenz<br />
und Erhöhung der Ertragsaussichten im Getreidebau.<br />
Im vorliegenden Experiment sollte untersucht werden, inwieweit<br />
die Alterung von Fahnenblättern des Weizens anhand von Reflexionsmessungen<br />
verfolgt kann, und ob der Einfluß der Stickstoff<br />
düngung auf die Seneszenz in Reflexionsspektren erkennbar ist.<br />
Schließlich sollten die gewonnenen Spektral- und Pflanzendaten<br />
einen Beitrag zur Erklärung der parallel in einem Feldversuch<br />
gemessenen Reflexionssignaturen von Winterweizen leisten»<br />
Absorption/Reflexion/Transmission [%]<br />
100<br />
Berichte der <strong>GIL</strong>, Bd. l (1991) 57<br />
400 450 500 550 600 650 700 750 800 850<br />
Wellenlänge [nm]<br />
Abb. l: Spektrale Absorption, Transmission und Reflexion eines<br />
grünen Fahnenblattes von Weizen (Sorte "Fidel")<br />
MATERIAL UND METHODEN<br />
Experiment 1:<br />
Grüne, gelbe und abgestorbene Fahnenblätter von Winterweizen<br />
(Sorte "Fidel") wurden einem Feldbestand entnommen und die Absorption,<br />
Transmission und Reflexion im Bereich von 400 bis 850<br />
nm an einem Laborspektrometer vom Typ VARIAN CARY D II gemessen.<br />
Experiment 2:<br />
Einzelpflanzen von Sommerweizen (Sorte "Kokart") wurden^ in<br />
Kunststoffröhrchen unter Freilandbedingungen angezogen, zweimal<br />
wöchentlich mit Stickstoff gedüngt und täglich bewässert. In<br />
einem Teil der Pflanzen (Variante "Nl") wurde die Stickstoffdüngung<br />
nach dem Ährenschieben abgebrochen, im anderen bis zur<br />
Kornreife fortgeführt (Variante "N2"). Nachdem das Fahnenblattwachstum<br />
abgeschlossen war, wurden zweimal wöchentlich Fahnenblätter<br />
geerntet, ihre Reflexionssignatur an einem Laborspektrometer<br />
(BECKMAN DK 2 A) im Wellenlängenbereich von 400 bis 2200<br />
nm gemessen und von den selben Blättern Proben für die Chlorophyll-<br />
und Wassergehaltsbestimmung entnommen.<br />
ERGEBNISSE UND DISKUSSION<br />
Absorptions-, Transmissions- und Reflexionskurven eines grünen<br />
Weizenblattes sind in Abbildung l dargestellt; sie zeigen die<br />
starke Absorption sichtbaren Lichtes - mit einem Minimum im<br />
grünen Spektralbereich - und den parallen Verlauf der Transmission<br />
und Reflexion zwischen 400 und 850 nm. <strong>Die</strong> Absorption<br />
sichtbaren Lichts (hier gezeigt im roten Spektralbereich) durch<br />
Chlorophyll im Blatt folgt einer Sättigungskurve (Abbildung 2).<br />
Absorption (670 nm) [%]<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0 20 40 60 80<br />
Chlorophyll a+b Iug/cm2j<br />
Abb. 2: Abhängigkeit der Absorption roten Lichtes von der Chlorophyllkonzentration<br />
im Fahnenblatt von Weizen (Sorte "Fidel")
Berichte der <strong>GIL</strong>, Bd. l (1991) 59<br />
Als Folge davon ergibt sich eine nicht lineare Beziehung zwischen<br />
der Chlorophyllkonzentration und der prozentualen Reflexion<br />
der Blätter (Abbildung 3). Schon ab etwa 30 jug/cm 2 Chlorophyll<br />
a unterschreitet die Reflexion einen Wert von ca. 5%.<br />
Reflexion (685 nm) [%}<br />
<strong>Die</strong> nah-infrarote Reflexion (700-1100 nm) von Blättern unterliegt<br />
kaum einer Änderung während der Alterung. Hingegen steigt<br />
im Wasserabsorptionsband des mittleren Infrarot bei 1436 nm der<br />
Reflexionswert drastisch an, sobald die Blätter Wasser verlieren.<br />
Eine für die Wassergehaltsschätzung brauchbare Beziehung<br />
läßt sich jedoch aus diesen Messungen nicht formulieren, da wegen<br />
des plötzlichen Wasserverlustes keine intermediären Wassergehalte<br />
beobachtet werden konnten (Abbildung 4).<br />
<strong>Die</strong> späten Stickstoffgaben in der Variante "N2" bewirkten erwartungsgemäß<br />
eine Verzögerung der Blattalterung. <strong>Die</strong>se ist am<br />
Vergleich der Chlorophyllkonzentrationen und Wassergehalte erkennbar<br />
(Abb. 5 und 6) <strong>Die</strong> vollständige Austrocknung der Blätter<br />
erfolgte erst mehrere Tage nachdem der Abbau des Chlorophylls<br />
abgeschlossen war. Als Folge des Chlorophyllabbaus und Wasserverlustes<br />
stieg die rote und mittel-infrarote Reflexion rasch<br />
an; der Unterschied zwischen den Stickstoff-Düngungsstufen trat<br />
deutlich zu Tage.<br />
Chlorophyll a [ug/cm2] Reflexion (662 nm) [%]<br />
10 20 30 40<br />
Chlorophyll a Iug/cm2j<br />
50<br />
Abb. 3; Abhängigkeit der Reflexion roten Lichtes von der Chlorophyllkonzentration<br />
im Fahnenblatt von Weizen (Sorte "Kokart")<br />
80<br />
Reflexion (1436 nm) !%]<br />
100 105 110<br />
Tage nach Saat<br />
115 120 125 130<br />
70-<br />
60-<br />
50-<br />
40-<br />
30-<br />
20<br />
10<br />
10 20 30 40 50<br />
Wassergehalt (%l<br />
60 70 80<br />
Abb. 4: Abhängigkeit der Reflexion mittel-infraroten Lichts<br />
(1436 nm) vom Wassergehalt in den Fahnenblättern von Weizen<br />
(Sorte "Kokart")<br />
—— Chlorophyll a • Reflexion<br />
Abb. 5; Zeitlicher Verlauf der Chlorophyllkonzentration mit der<br />
Reflexion sichtbaren Lichts von Fahnenblättern des Weizens bei<br />
unterschiedlicher Stickstoffversorgung (Sorte "Kokart")<br />
SCHLUSSFOLGERUNGEN<br />
Grüne Fahnenblätter des Weizens absorbieren etwa 80 % der einfallenden<br />
photosynthetisch aktiven Sonnenstrahlung (400 bis 700<br />
nm) . Es ist davon auszugehen, daß sichtbares Licht bereits in<br />
der obersten Blattschicht eines geschlossenen Pflanzenbestandes<br />
fast vollständig absorbiert wird. Untere Blattlagen sind am<br />
Reflexionsgeschehen kaum beteiligt, solange der Bestand grün<br />
ist.<br />
<strong>Die</strong> in Feldmessungen zu beobachtenden Änderungen sichtbarer und<br />
mittel-infraroter Reflexion von Weizenbeständen zur Reife können<br />
auf die Blattalterung zurückgeführt werden; diese ist u.a. durch
60<br />
Wassergehalt (%] Reflexion (1436 NM) [%]<br />
80 80<br />
60 -<br />
60<br />
40 -<br />
40<br />
20<br />
20<br />
80 90 100 110<br />
Tage nach Saat<br />
120 130<br />
Wassergehalt [%I -+- Reflexion l%]<br />
Abb. 6: Zeitlicher Verlauf der Wassergehalte mit der Reflexion<br />
mittel-infraroten Lichts (1436 nm) von Fahnenblättern des Weizens<br />
bei unterschiedlicher Stickstoffversorgung (Sorte "Kokart")<br />
Chlorophyllabbau und Wasserverlust gekennzeichnet. Es konnten<br />
dagegen nur geringfügige Änderungen in der Reflexion nah-infraroter<br />
Strahlung (700 bis 1100 nm) der Blättern festgestellt<br />
werden; vielmehr korrespondiert diese mit dem Blattflächenindex<br />
der Pflanzenbestände (DAUGHTRY et al. 1980).<br />
<strong>Die</strong> Wirkung des Stickstoffs auf den Verlauf der Blattalterung<br />
ist anhand von Labormessungen spektral erkennbar und erklärt<br />
Unterschiede im Erscheinungsbild von Pflanzenbeständen, die mit<br />
optischen Fernerkundungssensoren beobachtet werden.<br />
LITERATURVERZEICHNIS<br />
Daughtry C.S.T., M.E. Bauer, D.W. Crecelius und M.M.Hixson,<br />
1980: Effects of management practices on reflectance of<br />
spring wheat canopies. Purdue Univ. Lab. Appl. Remote Sensing.<br />
Tech. Rep. No. SR-PO-00458. West Lafayette, Indiana.<br />
Gates D.M., H.J. Keegan, J.C. Schieter und V.R. Weidner, 1965:<br />
Spectral properties of plants. Appl. Opt. , 4., 11-20.<br />
Moss R.A. und W.E. Loomis, 1952: Absorption spectra of leaves.<br />
I. The visible spectrum. Plant Physiol., 27, 370-391.<br />
Schanderl H. und K. Kaempfert, 1933: Über die Strahlungsdurchlässigkeit<br />
von Blättern und Blattgeweben. Planta, 18. 700-<br />
750.<br />
Sinclair T.R., R.M. Hoffer und M.M. Schreiber, 1971: Reflectance<br />
and internal structure of leaves from several crops during<br />
a growing season. Agron. J. , 63, 864-868.<br />
Thomas J.R., L.N. Namken, G.F. Oerther und R.G. Brown, 1971: Estimating<br />
leaf water content by reflectance measurements.<br />
Agron. J. , 63., 845-847.<br />
Willstätter R. und A. Stoll, 1918: Untersuchungen über die Assimilation<br />
der Kohlensäure. Springer Verlag, Berlin. 448 S.<br />
Woolley, T., 1971: Reflectance and transmittance of light by<br />
leaves. Plant Physiol., 47^, 656-662,