Recht - Justament
Recht - Justament
Recht - Justament
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
12<br />
Spezial<br />
Damit nicht länger alles läuft wie geschmiert<br />
Über die Korruptionsbekämpfer von Transparency International<br />
Constantin Körner<br />
Das sind doch Männer in Schlapphüten,<br />
die bei Nacht und Nebel in<br />
„<br />
Einrichtungen einsteigen, um an Informationen<br />
zu gelangen, die für die<br />
Öffentlichkeit bislang geheim waren.<br />
Oder Privatdetektive, die aus einer konspirativen<br />
Wohnung die Übergabe von<br />
Schmiergeld dokumentieren. Und Mitarbeiter<br />
an einer Whistleblower-Hotline,<br />
die anonyme Hinweise aus dem Umfeld<br />
von Kartellen vertraulich entgegennehmen“,<br />
dürfte die landläufige Antwort<br />
lauten, wie Korruptionsbekämpfung abläuft.<br />
Aber diese<br />
Vorstellung<br />
hat mit der<br />
Realität nichts<br />
zu tun, klärt<br />
Dennis Heinson<br />
auf: „Zwar<br />
kämpft Transparency International (TI)<br />
weltweit gegen Korruption. Aber wir ermitteln<br />
selbst keine Korruptionsfälle.<br />
Vielmehr verfolgen wir den Ansatz, Korruption<br />
durch Koalitionsbildung zu bekämpfen,<br />
etwa mit Entscheidungsträgern<br />
in Privatwirtschaft, der öffentlichen Verwaltung<br />
und der Zivilgesellschaft.“ Die<br />
Arbeit dieser 1993 in Berlin gegründeten<br />
NGO bestünde hauptsächlich in der Organisation<br />
von öffentlichen Veranstaltungen,<br />
Seminaren, Einzelgesprächen,<br />
aber auch in der Information über Korruption.<br />
„Gerechtigkeitsempfinden<br />
berührt“<br />
„Wir verfolgen den Ansatz, Korruption<br />
durch Koalitionsbildung zu<br />
bekämpfen.“<br />
Der 30-jährige Jurist hat in Münster und<br />
Paris studiert, schloss ein LL.M-Studium<br />
in Los Angeles an und erhielt im letzten<br />
Jahr auch eine Anwaltszulassung im US-<br />
Bundesstaat New York. Derzeit arbeitet er<br />
als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut<br />
für Wirtschaftsrecht der Universität<br />
Kassel. Daneben engagiert er sich ehrenamtlich<br />
für TI. An das Schlüsselerlebnis,<br />
wie es dazu kam, erinnert er sich noch<br />
genau: „Mir persönlich ging es so, dass<br />
ich aus der Presse von einigen Affären las<br />
und mir klar wurde, dass Korruption weiter<br />
verbreitet ist als ich dachte. Das hat<br />
mein Gerechtigkeitsempfinden berührt.<br />
Meiner Meinung nach tut es einer Gesellschaft<br />
nicht gut, wenn einige wenige<br />
von Vorteilen profitieren, die ihnen nicht<br />
zustehen. Der Wunsch, dass dies weniger<br />
wird, hat mich zum Beitritt bewegt.“<br />
Schnell bot sich sogar die Möglichkeit,<br />
die Organisation nicht nur ideell durch<br />
eine reine Mitgliedschaft zu unterstützen.<br />
Eine Gesetzesinitiative der Bundesregierung,<br />
das Bundesdatenschutzgesetz<br />
(BDSG) um Aspekte des Beschäftigtendatenschutzes<br />
zu ergänzen, ermöglichte<br />
ihm nämlich letztes Jahr, sein juristisches<br />
Knowhow praktisch einzubringen. „Ich<br />
habe die Stellungnahme<br />
von TI zu einem frühen<br />
Referentenentwurf<br />
verfasst, die Ergebnisse<br />
eines Arbeitskreises von<br />
Datenschutzexperten .<br />
zu sammenfasste. Außerdem<br />
bekam ich Gelegenheit, bei einer<br />
Anhörung im federführenden Bundesinnenministerium<br />
eine mündliche Stellungnahme<br />
abzugeben. Besonders gefreut<br />
hat mich, dass wir wesentliche<br />
Verbesserungsvorschläge, die wir in der<br />
Stellungnahme gemacht haben, tatsächlich<br />
in neueren Entwurfsfassungen<br />
wiedergefunden haben“, berichtet er begeistert.<br />
Generell, so Heinson, würde Korruption<br />
bislang leider häufig noch etwa zur<br />
Auftragsakquise in Kauf genommen, teilweise<br />
so gar<br />
als notwendig<br />
angesehen. .<br />
Da sei es erfreulich,<br />
dass<br />
Firmen mittlerweile<br />
einen<br />
großen Imageschaden erleiden, wenn bei<br />
ihnen ein Korruptionsfall bekannt wird.<br />
Dass die Arbeit von TI wirkt, macht er<br />
an einem konkreten Beispiel fest:„Bei<br />
großen Bauprojekten wird immer häufiger<br />
der sogenannte TI-Integritätspakt<br />
eingesetzt. Dies ist ein sehr effektives<br />
Instrument zur Korruptionsbekämpfung.<br />
Auftraggeber und Auftragnehmer verpflichten<br />
sich zur Einhaltung bestimmter<br />
Richtlinien, die Korruption ausschließen<br />
sollen. Die Einhaltung der Richtlinien<br />
wird durch einen unabhängigen Dritten<br />
kontrolliert und Fehlverhalten sanktioniert“.<br />
Dennis Heinson<br />
Mittlerweile leiden Firmen einen großen<br />
Imageschaden, wenn bei ihnen ein<br />
Korruptionsfall bekannt wird.<br />
„Transparency für Juristen ideal“<br />
Weil sich schon heute sein inhaltlicher<br />
Schwerpunkt an der Universität mit seinem<br />
ehrenamtlichen Engagement überschneidet,<br />
kann sich Heinson gut vorstellen,<br />
dass daraus eines Tages auch eine<br />
hauptberufliche Perspektive erwächst:<br />
„Korruptionsbekämpfung wird für Unternehmen<br />
immer wichtiger. Insbesondere<br />
die Haftungsproblematik rund um das<br />
Thema Compliance hat die Wahrnehmung<br />
dafür geschärft. Korruptionsschäden<br />
für Unternehmen lassen sich häufig<br />
quantifizieren, so dass sich die Vorteile<br />
effektiver Korruptionsbekämpfung sogar<br />
in Euro und Cent ausdrücken lassen. In<br />
diesem Bereich ist viel juristische Expertise<br />
notwendig - die Themen ergänzen<br />
sich ideal. Gleichzeitig<br />
verändert<br />
sich das internationale<br />
Regelungsumfeld<br />
ständig<br />
wie etwa der Gesetzesentwurf<br />
zum<br />
BDSG zeigt, so dass für diese Themen<br />
anhaltender Beratungsbedarf besteht“.<br />
Sich nur halbherzig der Karriere wegen<br />
zu engagieren, macht für ihn keinen<br />
Sinn. Aber umso überzeugter fällt sein<br />
Appell an alle aus, die sich mit Korruptionsbekämpfung<br />
ehrlich identifizieren<br />
können: „Ich habe den Eindruck, dass<br />
viele Jurist werden, weil sie ein geschärftes<br />
Gerechtigkeitsempfinden haben. So<br />
war es jedenfalls bei mir. Korruption aber<br />
ist ungerecht. Wenn man also das Gefühl<br />
hat, daran grundsätzlich etwas ändern<br />
zu wollen, ist Transparency für Juristen<br />
ideal“.<br />
Foto: privat<br />
justament september 2011