Titel - Justament
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Drum herum<br />
„Die Jurastudenten sind oft so verbissen“<br />
<strong>Justament</strong>-Gespräch mit Sarah Stosno über ihren juristischen Blog „Juraculix“<br />
Sagen Sie mal, Frau Stosno, sie machen<br />
da ja eine ganz hübsche Seite. Aber Sie<br />
posten dreimal pro Woche, da kommt<br />
doch schnell so allerhand zusammen.<br />
Wer liest das eigentlich alles?<br />
Na, ich hoffe mal die Leute, die meine<br />
Seite besuchen! ;) Aber, so viel ist das nun<br />
auch nicht. Zum einen, ist ein Artikel pro<br />
Woche meist nur ein LegalSnailMail<br />
Comic und zum anderen sind meine Artikel<br />
ja auch meist relativ kurz. Mehr als 23<br />
Minuten braucht man selten zum Lesen.<br />
Und wer sollte das denn nach Ihrer<br />
Intention alles oder jedenfalls teilweise<br />
lesen? Wie stellen Sie sich den idealen<br />
Juraculix-Leser vor?<br />
Also einen idealen Leser habe ich nicht.<br />
Ich schreibe über meinen UniAlltag und<br />
welche Probleme ein Zweitstudium mit<br />
sich bringt. Daraus ergibt sich wohl, dass<br />
die meisten Leser selbst Jurastudenten<br />
sind.<br />
Jeder Text ist irgendwie autobiographisch.<br />
Aber Ihre sind es ganz besonders.<br />
Ist es nicht ein Wagnis, sich<br />
so öffentlich auszustellen, macht man<br />
sich dadurch nicht angreifbar? Oder vertrauen<br />
Sie darauf, dass sich keiner die<br />
Mühe machen wird, zu vieles über Sie in<br />
Erfahrung bringen zu wollen?<br />
Ich sehe in einem Blog kein Wagnis, wenn<br />
man sich bewusst ist, was man veröffentlicht.<br />
Wie ich lerne, welche Vorlesungen<br />
ich besuche oder dass mich quatschende<br />
Studenten in Vorlesungen nerven, kann<br />
ruhig jeder wissen. Ich sage auf dem Blog<br />
nichts, was ich nicht auch sonst öffentlich<br />
vertreten würde.<br />
Seit wann gibt es Ihre Seite überhaupt<br />
schon? Und wie sind Sie eigentlich auf<br />
den Gedanken gekommen, Juraculix zu<br />
beginnen?<br />
Ich schreibe den Blog gemeinsam mit<br />
meiner Schwester seit August 2011. Die<br />
Idee dazu kam mir bevor ich mit dem<br />
Jurastudium begonnen habe. Ich war mir<br />
nicht sicher, ob ich wirklich ein Zweitstudium<br />
machen wollte und habe im<br />
Internet nach Erfahrungen anderer gesucht.<br />
Als ich nichts finden konnte, dachte<br />
ich mir, wenn ich studiere, werde ich über<br />
Sarah Stosno ist freiberufliche Übersetzerin<br />
aus Berlin. Nachdem sie ihr Erststudium<br />
in Anglistik und Japanologie erfolgreich<br />
abgeschlossen hatte, begann sie 2010 Jura<br />
an der FU Berlin zu studieren. Sie schreibt<br />
auf ihrem Blog www.juraculix.de über die<br />
Herausforderungen des Jurastudiums und<br />
ihren UniAlltag.<br />
meine Erfahrungen bloggen, damit andere<br />
Leute vielleicht davon profitieren können.<br />
Überlegen Sie manchmal, Ihre besten Einfälle<br />
aus Ihren Texten zu extrahieren und<br />
daraus vielleicht ein Buch zu machen?<br />
Oder halten Sie diese traditionellen<br />
Formen der Textproduktion für nicht<br />
mehr zeitgemäß?<br />
Einige Texte sind sehr für den Augenblick<br />
geschrieben, andere Themen sind eher<br />
allgemeingültig und die Artikel bleiben<br />
relevant. Daraus ein Buch zu machen,<br />
war bisher nicht mein Ziel, klingt aber<br />
interessant. Ich mag Bücher und denke,<br />
dass sie trotz der „modernen“ Möglichkeiten<br />
noch ein wichtiger Bestandteil der<br />
Lesekultur sind.<br />
Sie haben vor dem Jurastudium schon<br />
ein anderes Fach (zu Ende) studiert. Bitte<br />
vergleichen Sie doch einmal die Fächer<br />
hinsichtlich des Studienalltags, der Lernund<br />
Arbeitsabläufe, der Prüfungen und<br />
der typischen Studenten!<br />
Eigentlich habe ich zwei Fächer studiert,<br />
Anglistik und Japanologie. Damals habe<br />
ich ganz anders studiert. Ich war viel mehr<br />
Student, in der Fachschaft der Japanologie<br />
aktiv und stärker ins UniLeben involviert.<br />
Jetzt sehe ich das Studium eher<br />
als Mittel zum Zweck.<br />
Das Lernen ist sehr verschieden. Im<br />
Erststudium musste ich bis auf Vokabeln<br />
wenig auswendig lernen. Bei Jura gibt<br />
es all die Definitionen, die man sich einprägen<br />
muss. Das war am Anfang eine<br />
ziemliche Umstellung. Zudem musste ich<br />
in meinem Erststudium kaum Klausuren<br />
schreiben, sondern mehr Hausarbeiten anfertigen.<br />
Erst am Ende des Studiums hatte<br />
ich mündliche Prüfungen und Klausuren.<br />
Das fand ich angenehmer als die vielen<br />
Klausuren bei Jura.<br />
Was die Studenten angeht, da liegen<br />
Welten zwischen Juristen und Anglisten/<br />
Japanologen. Natürlich trifft das nicht auf<br />
alle Studenten zu, aber gewisse Tendenzen<br />
kann man erkennen. Die Jurastudenten<br />
sind verbissener und überlegen schon<br />
im 1. Semester, wie sie möglichst schnell<br />
studieren können und ein Prädikatsexamen<br />
schaffen. Im Gegensatz dazu habe<br />
ich Japanologiestudenten erlebt, die im 3.<br />
Semester nicht wussten, was eine Studienordnung<br />
ist. Was einige Anglisten und<br />
Japanologen an Ehrgeiz zu wenig haben,<br />
haben die Juristen zu viel. Etwas mehr<br />
Gleichgewicht könnte beiden gut tun.<br />
Was gefällt Ihnen am Jurastudium? Was<br />
gefällt Ihnen daran nicht so?<br />
Mir gefällt, dass Jura ein unglaublich<br />
praxisnahes Fach ist. Was ich nicht mag,<br />
ist das Punktesystem. Ich werde wohl nie<br />
verstehen, warum bei Jura andere Noten<br />
vergeben werden als in allen anderen<br />
Fächern. Und bei der Notenvergabe habe<br />
ich oft das Gefühl, dass es im mittleren<br />
Bereich eher ein Glücksspiel ist.<br />
Wie stellen Sie sich persönlich Ihre Zukunft<br />
vor? Wie und wo wollen Sie gerne<br />
leben und arbeiten? Hat sich an diesen<br />
Ihren Wünschen und Vorstellungen im<br />
Verlauf der letzten Jahre vielleicht etwas<br />
verändert?<br />
Ich arbeite ja bereits als freiberufliche<br />
Übersetzerin für Englisch und Japanisch.<br />
Das war immer mein Wunsch, denn das<br />
selbstständige Arbeiten liegt mir. Daran<br />
wird sich auch nach dem Jurastudium<br />
nichts ändern.<br />
Das Gespräch führte <strong>Justament</strong>-<br />
Redakteur Thomas Claer.<br />
justament september 2012