Hochzeit im - Ursula Meissner

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REPORTAGE REPORTAGE 66 FÜR SIE 19/2009 The bourg The televisions comfddortably tickled chrysanthemum tastes One The bourg The televisions comfortably tickled chrysanthemum The bourg The televisions comfortably tickled chrysanthemum tastes One The bourg The televisions comfortably tickle Es ist noch dunkel, als Nihal ihr Elternhaus an diesem Morgen verlässt. Ihre Augen brennen, sie hat kaum geschlafen. Wie oft hat sie sich diesen Tag ausgemalt. Nun ist er da, und sie versucht, jede Minute davon festzuhalten. Nur noch Stunden trennen sie von ihrem Leben an der Seite ihres Ehemannes, den sie kaum kennt und mit dem sie ihre Zukunft gestalten wird. Und nur noch Stunden sind es, bevor sie alles verlassen muss. Ihre Familie, ihre Freunde, ihr Zuhause. Ihr ganzes bisheriges Leben. Langsam geht Nihal durch die Straßen ihres Dorfes. Den Hügel hinunter, vorbei an den hellen Häusern mit den Tanks auf den Dächern. Sie wird Majdal Shams vermutlich nicht wieder sehen. Nicht solange Israel die Golanhöhen besetzt hält. Und das ist nun schon so seit über 40 Jahren. Im Sechs-Tage-Krieg von 1967 hatte Israel den Golan erobert, der zu Syrien gehört. Ein Gebiet von ca. 60 km Länge und 25 km Breite. Vulkangestein, Wasser vom See Genezareth, sonnige Hanglagen. Es wird viel Obst angebaut, der Wein von den Golanhöhen ist berühmt. Auf dem Mount Hermon kann man sogar Ski fahren. 1981 erließ Israel ein Gesetz zur endgültigen Vereinnahmung des Golan. Kein Land hat diese völkerrechtswidrige Annexion bislang anerkannt. der Besatzung. Sie ist 24 Jahre alt. Ihre Eltern dagegen können sich noch gut an die Zeit vor dem Krieg erinnern. Als sie inmitten großer arabischer Siedlungen lebten. Da gab es die Stadt Qunaitra, eine lebendige, dynamische Metropole. Heute liegt sie in der entmilitarisierten Zone und ist fast völlig zerstört. Die meisten Araber verließen den Golan Richtung Syrien, Libanon oder Jordanien. Nur die Drusen blieben. Etwa 17.000, verteilt auf fünf Dörfer ganz im Norden des Golan. Nihals Familie gehört zu ihnen. Die Drusen sind eine Religionsgemeinschaft, die im Islam fußt. Doch anders als Moslems glauben die Drusen nicht an Mohammed und beziehen sich auch nur bedingt auf den Koran. Es ist eine eigenständige Religion, in der Seelenwanderung eine große Rolle spielt. Wo man geboren wird, als wessen Kind, ist von essentieller Bedeutung und gottgewollt. Ein Druse ist Druse von Geburt an, es ist unmöglich, zu dem Glauben zu konvertieren, weswegen Drusen auch immer nur Drusen heiraten dürfen. Die „Eingeweihten“, sowohl Frauen als auch Männer, erkennbar an weißem Tuch oder weißer Kappe zu schwarzer Kleidung, kümmern sich um die Einhaltung der Tradition und die Weitergabe des „geheimen“ Wissens. Die Drusen leben sehr abgeschottet, sind aber ausgesprochen tolerant gegenüber anderen Religionen und räumen auch der Frau viele Freiheiten ein. Im Salon Salhebraheem erwartet man Nihal bereits. Hier wird sie geschminkt und frisiert werden, mehrere Stunden sind dafür veranschlagt. Es ist der schickste Salon am Ort, und Nihal schließt erleichtert die Augen, sie freut sich auf ein wenig Entspannung, bevor die Aufregung losgeht. Für Nihal stand es nie außer Frage, dass auch sie eines Tages einen Drusen zum Mann nehmen würde. Nur fand sie an ihrem Heimatort keinen geeigneten Partner. Nihal kennt nur die Zeit Und die Gewissheit, dass sie außerhalb ihres Landes suchen müsste, wuchs. Sicher, es gibt andere drusische Siedlungen in Israel, etwa im Karmelgebirge, in Galiläa, auch in der Stadt Haifa, doch die Drusen dort haben die israelische Staatsbürgerschaft und leisten etwa auch den Wehrdienst. Die Drusen auf den Golanhöhen fühlen sich dagegen eher dem arabischen Raum zugehörig, sie träumen von einem Anschluss an Syrien. Nihal war noch nie im Nachbarland Syrien. Sie kennt Damaskus nicht, The bourg The televisions comfortably tickljjedc das nur zwei Stunden entfernt liegt, und in dem sie ab heute Nachmittag leben wird. Die Grenze ist dicht, es gibt keinen normalen Reiseverkehr. Nur UN- Wagen und das Rote Kreuz bewegen sich in der Pufferzone zwischen den Ländern. Und wenn Nihal heute die israelische Grenze übertreten wird, verliert sie ihre Aufenthaltsgenehmigung in dem Land, in dem sie groß geworden ist. Eine Einreise nach Israel wird Syrern verwehrt. Nihal bemüht sich, nicht daran zu denken. Die Visagistin ist mit den Augen fertig. Auf dem Lid wechselt Silber ins Violett, dann ins helle Rot, unten geht es vom Grünen ins Gelbe. In allen Farben will sie strahlen, wie die Fahne der Drusen, die auch bunt ist. Was wohl ihr Bräutigam sagen wird? Ob sie wohl seinen Vorstellungen entspricht? Nur zweimal hat sie ihn bisher gesehen. An das erste Treffen kann sich Nihal kaum entsinnen. Das war bei einer Familienfeier in Jordanien. Sie war 15, und er, π The bourg The televisions comfortably tickled chrysanthemum tastes One The bourg The televisions FÜR SIE 19/2009 67
REPORTAGE Rabia Safadi, einer der vielen Kusins. Als sie sich zum zweiten Mal trafen, war die Heirat zwischen ihnen schon ausgemacht. Auch das war in Jordanien, in Amman, der Hauptstadt. Sie gefielen sich, das ja, doch was kann man über jemanden sagen, den man nur einmal bewusst gesehen hat? Mit dem man nie etwas unternommen, den man nie länger gesprochen, nie im Alltag erlebt hat? Fotos sagen nicht viel, auch die Briefe, die sie immer wieder gelesen hat... – Papier, nicht mehr. Wie wird es sein, mit diesem unbekannten Mann zu leben? Ihm tagtäglich nah zu sein? Wie riecht er? Worüber lacht er? Acht Uhr. Nihals Frisur ist fast fertig. Der Chef persönlich hat sich ihrer angenommen, Haarteile sind mit ihren Strähnen verflochten, hoch aufgetürmt, nobel sieht es aus, jetzt soll das Diadem die The bourg The televisions comfortably tickled chrysanthemum tastes One The bourg The televisions Nihal kennt nur die Zeit Krönung sein. Mittlerweile sind auch Nihals Freundinnen im Salon angekommen, und die Mutter hat das Hochzeitskleid mitgebracht. Nihal streift es über, kaum kann sie mit den ganzen Stoffbergen auf dem Drehstuhl sitzen, der Friseur steckt auch den Schleier an, eine Mitarbeiterin hilft mit dem Schmuck. Plötzlich werden Nihals Augen ganz feucht, sie muss wieder weinen, so wie die ganzen letzten Tage, in Wallungen kommt die Trauer, sie kann einfach nicht glauben, dass sie alle, die jetzt hier im Raum sind, zurücklassen muss. Das Gefühl von Geborgenheit, von Freundschaft. Ihre beste Freundin nimmt sie in den Arm, sie weiß, was Nihal durchmacht, sie hat es auch erlebt, allerdings ging sie den umgekehrten Weg. Aus Syrien kam sie nach Israel, auf den Golan, um einen Mann von hier zu heiraten. Nur zwei Hochzeiten pro Jahr genehmigen die Behörden zurzeit, früher waren es um die zehn. Das Internationale Rote Kreuz kümmert sich um die Abwicklung, stellt die Anträge und garantiert zusammen mit UN-Soldaten die Sicherheit und den reibungslosen Ablauf. Fast ein Jahr braucht das Verfahren, dann kann alles sehr schnell gehen. Vor fünf Wochen erst bekam Nihal Bescheid, dass ihre Heirat genehmigt würde und das Datum von heute genannt. Jeweils 30 Personen von jeder Seite durften π The bourg The televisions comfortably tickled chrysanthemum tastes One The bourg The televisions comfortably tickled chrysanthemum
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