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DIGITAL INSIDER EU streitet um Reform für Pauschalabgabensysteme (Vorschau)

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Ausgabe 114 April 2014 www.digital-insider.de<br />

Geschluckt<br />

Gefühl<br />

Gefiltert<br />

Geht Joachim Grendel<br />

mit Primacom auf die<br />

große Einkaufstour?<br />

Susanne Aigner-Drews<br />

über den Free-TV-Start<br />

des Frauensenders TLC.<br />

Seite 4 Seite 5<br />

Seite 12<br />

Andreas Fischer bringt<br />

den Zoff <strong>um</strong> Internetfilter<br />

wieder in Gang.<br />

<strong>EU</strong> <strong>streitet</strong> <strong>um</strong> <strong>Reform</strong> <strong>für</strong><br />

<strong>Pauschalabgabensysteme</strong><br />

Unvereinbare Positionen? So wird bei Set-Top-Boxen getrickst<br />

Seitdem die Verwertungsgesellschaften<br />

die Höhe der Urheberrechtsabgaben<br />

mit der Industrie aushandeln müssen,<br />

enden die Gespräche in aller Regel vor<br />

einem Richter. Die Gesetzesänderung<br />

aus dem Jahr 2008 hat zu weit auseinanderliegenden<br />

Positionen geführt, die<br />

allem Anschein nach ohne richterlichen<br />

Spruch nicht vereinbar sind. Das nervt<br />

nicht nur die Urheber, die wegen der<br />

langjährigen Verfahren auf ihre Vergütungen<br />

warten, sondern auch die<br />

Industrie, die Rücklagen bilden muss,<br />

sollten Nachzahlungen an die Verwertungsgesellschaften<br />

auf sie zukommen.<br />

Um genau solche Nachzahlungen<br />

geht es im Streit zwischen der Zentralstelle<br />

<strong>für</strong> private Überspielungsrechte<br />

(ZPÜ) und den Handyherstellern<br />

Sony, Motorola, Samsung und Nokia.<br />

In einem weiteren Verfahren, das inzwischen<br />

vor dem Bundesgerichtshof<br />

anhängig ist, stehen sich ZPÜ und der<br />

ZVEI gegenüber und fechten die Höhe<br />

der Pauschalbgabe <strong>für</strong> Privatkopien bei<br />

sogenannten PVR-ready-Geräten aus.<br />

Jetzt haben die Hersteller einen neuen<br />

Weg gefunden, <strong>um</strong> sich der Abgabe zu<br />

entledigen.<br />

Lesen Sie weiter ab Seite 8<br />

Auf der Überholspur:<br />

Wachst<strong>um</strong>smotor Pay-TV<br />

Studie belegt Auswirkungen von Sky auf andere Branchen<br />

In München läuft’s! Der FC Bayern ist<br />

der Bundesliga entrückt. Ebensolche<br />

einsame Kreise an der Spitze zieht<br />

auch das Zugpferd der deutschen Pay-<br />

TV-Branche: Sky. Das Beratungsunternehmen<br />

HMR International kommt zu<br />

dem Schluss, dass sich Pay-TV neben<br />

öffentlich-rechtlichem und werbefinanziertem<br />

Fernsehen zur dritten Säule in<br />

der deutschen TV-Landschaft entwickelt.<br />

Der Fußball spielt dabei eine nicht<br />

unwesentliche Rolle.<br />

Zwischen 2009 und 2012 steigerten<br />

die Pay-TV-Anbieter die Gesamterlöse<br />

<strong>um</strong> 63,6 Prozent. HMR geht davon aus,<br />

dass der Sektor Bezahlfernsehen in den<br />

nächsten Jahren weiterhin zweistellig<br />

wachsen wird. Unangefochtener Branchenprimus<br />

ist Sky. Das Unternehmen<br />

erwirtschaftete 2012 72,5 Prozent der<br />

Bezahl-TV-Umsätze in Deutschland.<br />

„Das Unternehmen konnte in den Jahren<br />

2009 bis 2012 seine Umsätze <strong>um</strong><br />

47,8 Prozent steigern und lag damit<br />

weit über den Wachst<strong>um</strong>sraten des Gesamt-TV-Marktes“,<br />

erklärt HMR. Davon<br />

profitieren neben Vater Staat auch andere<br />

Branchen, vom Gastronomen bis<br />

hin z<strong>um</strong> Mitarbeiter im Call Center.<br />

Lesen Sie weiter ab Seite 14<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

BNetzA schmiedet große<br />

Pläne <strong>für</strong> dieses Jahr Seite 02<br />

DTK-Verkauf sorgt <strong>für</strong><br />

Übernahmephantasien Seite 04<br />

Discovery startet TLC Seite 05<br />

Transparenzverordnung:<br />

Entwurf erntet viel Kritik Seite 06<br />

Patentanmeldungen<br />

Seite 07<br />

<strong>Pauschalabgabensysteme</strong><br />

sorgen <strong>für</strong> Zoff in Brüssel Seite 08<br />

UE-Branche: Sind die<br />

harten Zeiten vorbei? Seite 10<br />

Lokal-TV setzt auf hybrid Seite 11<br />

Medienregulierer fordert<br />

Filter <strong>für</strong> Pornowebseiten Seite 12<br />

Produkt des Monats:<br />

Keecker Roboter Seite 13<br />

Wirtschaftsfaktor Pay-TV:<br />

das bessere Programm? Seite 14<br />

Rettung vertagt: Loewe<br />

steht wieder am Abgrund Seite 15<br />

Netzausrüster: Chinesen<br />

auf dem Vormarsch Seite 16<br />

TV Komm: Überleben<br />

in der Medienarena Seite 17<br />

Wie sich Kapitalflüsse<br />

in den Medien ändern Seite 18<br />

Kol<strong>um</strong>ne:<br />

Schlank und sehenswert Seite 20<br />

Termine Seite 20<br />

Impress<strong>um</strong> Seite 20


2 Digital Insider www.digital-insider.de<br />

Ärmel hochkrempeln<br />

Netzneutralität, Interferenzproblematik, mobiles Internet: BNetzA legt Tätigkeitsplan 2014 vor<br />

Jochen Homann zog bei Vorstellung<br />

des Tätigkeitsberichts ein positives<br />

Fazit z<strong>um</strong> Bereich Telekommunikation.<br />

Gleichzeitig hat der Präsident der<br />

Bundesnetzagentur (BNetzA) noch einige<br />

Baustellen vor sich, die bereits<br />

seit Jahren existieren. Selbst wenn der<br />

Breitbandausbau bis in die letzte Ecke<br />

Deutschlands reicht, wird er die BNetzA<br />

sicherlich noch einige Jahre begleiten.<br />

Mit 28,4 Millionen Anschlüssen besitzt<br />

inzwischen jeder dritte Deutsche<br />

(34 Prozent) einen Breitbandanschluss.<br />

„Deutschland liegt damit im Vergleich<br />

der <strong>EU</strong>-Staaten weit über dem Durchschnitt<br />

und ist auf den vierten Platz<br />

vorgerückt“, so Homann. Der <strong>EU</strong>-Durchschnitt<br />

liegt bei knapp 29 Prozent.<br />

Kabel legt zu<br />

Die Wettbewerber der Deutschen Telekom<br />

steigerten ihren Marktanteil<br />

leicht auf 56 Prozent. Darüber dürfen<br />

sich jedoch nicht die alternativen DSL-<br />

Anbieter freuen, denn die Zuwächse<br />

gehen ausschließlich auf die Kabelnetzbetreiber<br />

zurück. Mit vergleichsweise<br />

hochbitratigen Angeboten kletterte ihr<br />

Marktanteil auf 17 Prozent.<br />

Die Deutsche Telekom zählt wie im Vorjahr<br />

12,4 Millionen Breitbandanschlüsse.<br />

Ihre Wettbewerber haben leicht verloren.<br />

Sie kommen auf 10,8 Millionen<br />

Verteilung der Bandbreitengeschwindigkeiten<br />

1,8 %<br />

11,8<br />

39,4 %<br />

6,3 %<br />

8,3 %<br />

> 144 Kbit/s > 2 Mbit/s<br />

2 Mbit/s<br />

> 2 Mbit/s < 10 Mbit/s<br />

> 10 Mbit/s < 30 Mbit/s<br />

> 30 Mbit/s < 100 Mbit/s<br />

> 100 Mbit/s<br />

32 %<br />

Quelle: Tätigkeitsbericht der BNetzA, 2012, Stand Q2/2013<br />

Die Erfolge im Breitbandausbau gehen auf die Aktivitäten der Kabelnetzbetreiber zurück. Sie konnten im vergangenen<br />

Jahr ihren Marktanteil auf 17 Prozent erhöhen<br />

Bild: Unitymedia Kabel BW<br />

Anschlüsse. 2012 waren es 10,9 Millionen.<br />

Der Anteil der VDSL-Anschlüsse<br />

an der Gesamtzahl der DSL-Anschlüsse<br />

beträgt sechs Prozent. Die Kabelnetzbetreiber<br />

steigerten sich von 4,4 auf 4,8<br />

Millionen Breitbandanschlüsse.<br />

Satellit stagniert<br />

Während die Nachfrage bei den Kabelgesellschaften<br />

steigt, bleibt sie <strong>für</strong><br />

Internetverbindungen über Satellit<br />

konstant niedrig. Im letzten Jahr surften<br />

rund 30 000 Teilnehmer auf diese<br />

Weise im Internet. Trotz neuer Technologien,<br />

die eine Verbindung von bis<br />

zu 36 Mbit/s ermöglichen, bleibt die<br />

Nachfrage verhalten.<br />

Auch bei der Glasfaser ist die Nachfrage<br />

weiterhin gering. 1,4 Millionen Kunden<br />

könnten angeschlossen werden, doch<br />

nur 184 000 Kunden nutzten im letzten<br />

Jahr eine FTTB-Verbindung. Über FTTH<br />

gingen 56 000 Nutzer online.<br />

100 Milliarden Euro<br />

In den Breitbandausbau sind inzwischen<br />

über 100 Milliarden Euro geflossen.<br />

Die flächendeckende Versorgung mit 1<br />

Mbit/s ist erreicht. In 98 Prozent aller<br />

Haushalte stehen 2 Mbit/s zur Verfügung.<br />

Der Anteil der Haushalte in ländlichen<br />

Regionen mit 1 Mbit/s ist von 2010<br />

bis 2013 von 87 auf 97 Prozent angestiegen.<br />

„Offenbar ist das eingesetzte Instr<strong>um</strong>entari<strong>um</strong><br />

aus innovationsorientierter,<br />

wettbewerbsfördernder Regulierung, der<br />

Hebung von Synergien und öffentlicher<br />

Förderung der richtige Ansatz“, <strong>um</strong>reißt<br />

Homann den Beitrag der BNetzA z<strong>um</strong><br />

Ausbauerfolg.<br />

Doch auch er muss zugeben, dass es<br />

immer noch weiße Flecken gibt. Diese<br />

zu schließen, wird aus Homanns<br />

Sicht nicht durch ein zentralisiertes<br />

Vorgehen erreicht werden, weshalb er<br />

den einstigen Vorschlag der SPD, den<br />

Breitbandanschluss als Universaldienst<br />

zu definieren, ablehnt. Der BNetzA-<br />

Chef setzt auf dezentrale Initiativen mit<br />

Kenntnissen vor Ort.<br />

Deutliche Diskrepanz<br />

Den Turbo beim Breitbandausbau legen<br />

die Kabelnetzbetreiber ein. „Bisher<br />

haben insbesondere die Kabelnetzbetreiber<br />

dazu beigetragen, dass die Versorgung<br />

mit Breitbandanschlüssen, die<br />

Datenübertragungsraten von 50 Mbit/s<br />

und mehr erlauben, seit 2010 <strong>um</strong> ca. 40<br />

Prozent gestiegen ist“, erklärt Homann.<br />

Um das politische Ziel der flächendeckenden<br />

Versorgung mit 50 Mbit/s bis<br />

z<strong>um</strong> Jahr 2018 zu erreichen, setzt Homann<br />

auf einen Technologiemix. Neben<br />

DSL und Kabel käme dabei auch der<br />

Glasfaser große Bedeutung zu.<br />

Doch gerade hier herrscht eine deutliche<br />

Diskrepanz zwischen Versorgung<br />

und tatsächlicher Nachfrage. Mehr als<br />

die Hälfte der Breitbandnutzer surft<br />

mit 10 Mbit/s oder mehr im Internet –<br />

Tendenz steigend. „Aber die zusätzliche


Ausgabe 114 April 2014 Digital Insider 3<br />

Zahlungsbereitschaft <strong>für</strong> höherwertige<br />

Anschlüsse entwickelt sich bis dato sehr<br />

zurückhaltend“, erklärt Homann. Unseren<br />

europäischen Nachbarn ergeht es<br />

im Übrigen nicht anders.<br />

Ob sich das durch die Pläne aus Brüssel<br />

<strong>für</strong> einen vernetzten Kontinent ändern,<br />

bezweifelt Homann. Auch der<br />

BNetzA-Boss übt Kritik am Vorgehen<br />

der <strong>EU</strong>. „Die Bürger und die gesamte<br />

Wirtschaft profitieren von einer Vielfalt<br />

an Angeboten und Dienstleistungen zu<br />

attraktiven Preisen“, so Homann. Brüssel<br />

hingegen will den TK-Sektor nach<br />

dem Vorbildern USA und China <strong>um</strong>krempeln.<br />

Dort beherrscht jeweils eine<br />

Handvoll Unternehmen den TK-Markt.<br />

„Das bewährte wettbewerbliche Leitbild<br />

sollten wir nicht leichtfertig zur Disposition<br />

stellen“, mahnt der BNetzA-Chef.<br />

700-MHz-Band<br />

Für 2014 will die Bundesnetzagentur<br />

im Bereich Telekommunikation drei<br />

Themen angehen: Netzneutralität, Interferenzen<br />

und die weitere Entwicklung<br />

des mobilen Breitbands. Hierzu<br />

zählt auch die geplante Versteigerung<br />

des 700-MHz-Bands. Wenn die Auktion<br />

wirklich in diesem Jahr stattfinden soll,<br />

müssen sich Bund und Länder zunächst<br />

noch darauf einigen, was mit den Einnahmen<br />

geschieht.<br />

Ganz abgesehen davon stellt die Monopolkommission<br />

infrage, ob es überhaupt<br />

sinnvoll ist, die Frequenzen zu<br />

versteigern, bevor auf der World Radiocommunication<br />

Conference 2015<br />

(WRC-15) eine endgültige Entscheidung<br />

zur Verwendung des 700-MHz-Bands<br />

gefällt wird und bevor das Ergebnis der<br />

geplanten Fusion zwischen Telefónica<br />

und E-Plus feststeht. Der Zusammenschluss<br />

könnte mit Auflagen durchgewunken<br />

werden, die wieder<strong>um</strong> Auswirkungen<br />

auf das Versteigerungsergebnis<br />

haben könnten.<br />

Im Zusammenhang mit dem 700-MHz-<br />

Band will die BNetzA einen Fokus auf<br />

die Interferenzproblematik legen. Dabei<br />

geht es in erster Linie <strong>um</strong> die<br />

Funkverträglichkeit drahtloser Produktionstechnik.<br />

Darüber hinaus will die<br />

Agentur Normen <strong>für</strong> die elektromagnetische<br />

Verträglichkeit festlegen. Dazu<br />

zählt auch die elektromagnetische Entkopplung<br />

von Kabelnetzen und Rundfunkempfängern.<br />

Hier hält die Agentur<br />

einen Grenzwert <strong>für</strong> die äußere<br />

Störfestigkeit von 130 dB <strong>für</strong> angebracht.<br />

Die Schirmdämpfung passiver<br />

Geräte sollte ihrer Meinung nach mindestens<br />

85 dB betragen.<br />

Diese Werte zieht die BNetzA aus einem<br />

2012 durchgeführten Test mit Koaxialkabeln.<br />

Von 85 verschiedenen Empfängeranschlusskabeln<br />

erreichten nur<br />

knapp 43 Prozent die vorgesetzten Werte<br />

<strong>für</strong> das Schirmungsmaß und die mechanische<br />

Widerstandsfähigkeit.<br />

Netzneutralität<br />

Seit dem 1. Januar 2013 gelten <strong>für</strong><br />

DVB-C-Empfänger verschärfte Anforderungen<br />

an ihre elektromagnetische<br />

Verträglichkeit. Die BNetzA will sich<br />

da<strong>für</strong> einsetzen, dass die Anforderungen<br />

<strong>für</strong> alle DVB-Geräte entsprechend<br />

angepasst werden. Auf internationaler<br />

Ebene wurden hierzu zwei Arbeitsgruppen<br />

gebildet, in denen die Behörde<br />

vertreten ist.<br />

In Sachen Netzneutralität will die Agentur<br />

weitere Monitoringmechanismen bereitstellen<br />

und das Best-Effort-Prinzip<br />

weiterentwickeln. Inwiefern sich die<br />

BNetzA hierbei jedoch Geltung verschaffen<br />

kann, ist fraglich. Letztendlich<br />

ist die Behörde an nationale oder europäische<br />

Verordnungen gebunden.<br />

Aktionsbündnis<br />

Zu guter Letzt will die Behörde die<br />

Arbeit des Aktionsbündnisses verbraucherfreundliche<br />

Endgeräte <strong>für</strong> horizontale<br />

Märkte intensivieren, <strong>um</strong> das<br />

es ruhig geworden ist nach dem Weggang<br />

von Gerd Billen, der als Staatssekretär<br />

ins Bundesjustiz- und Verbraucherministeri<strong>um</strong><br />

wechselte. Derzeit<br />

arbeitet das Aktionsbündnis an<br />

einer technischen Spezifikation <strong>für</strong><br />

den softwaregestützten Austausch von<br />

CA/DRM-Systemen, die standardisiert<br />

werden soll.<br />

Allerdings sind mit Nagra und NDS<br />

zwei große CA-Anbieter nicht mehr<br />

mit von der Partie. Sie kritisieren, dass<br />

eine Software-Container-Lösung, wie sie<br />

Mio.<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

0,05 0,07 0,15 0,24<br />

0,49<br />

1,0<br />

BNetzA-Präsident Jochen Homann hat sich <strong>für</strong><br />

dieses Jahr im Bereich Telekommunikation einiges<br />

vorgenommen<br />

Bild: BNetzA<br />

das Aktionsbündnis im Sinn hat, die<br />

Entwicklung neuer Sicherheitssysteme<br />

behindern könnte. In den Container<br />

würde das Sicherheitssystem eingesetzt<br />

werden. Mit solchen SPCP-Containern<br />

(Service Protection and Content Protection)<br />

hat insbesondere Nagra in den<br />

USA schlechte Erfahrungen gemacht.<br />

Die Probleme des Bündnisses sind jedoch<br />

weniger technischer denn rechtlicher<br />

Natur. Dabei geht es <strong>um</strong> Haftungsfragen<br />

und dementsprechend <strong>um</strong><br />

Verantwortlichkeiten. Die sollen mit<br />

einer Trust Authority geregelt werden.<br />

An dieser Stelle wird Jochen Homann<br />

die Ärmel hochkrempeln müssen, damit<br />

das Aktionsbündnis eine marktfähige<br />

Lösung präsentiert. MH<br />

Internetzugänge der Kabelnetzbetreiber<br />

2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013<br />

1,6<br />

2,3<br />

2,9<br />

3,6<br />

4,4<br />

4,8<br />

Quelle: Tätigkeitsbericht der BNetzA, 2012/2013, Stand Q2/2013


4 Digital Insider www.digital-insider.de<br />

Wer übernimmt wen?<br />

Übernahme der Deutschen Telekabel durch Primacom heizt Spekulationen <strong>um</strong> weitere Konsolidierung an<br />

Der Konsolidierungsprozess im Kabel<br />

nimmt wieder an Fahrt auf. Primacom<br />

kauft den Konkurrenten DTK Deutsche<br />

Telekabel. Die DTK wird von der<br />

ACN Telekabel Holding kontrolliert, die<br />

wieder<strong>um</strong> mehrheitlich dem Finanzinvestor<br />

Chequers Capital gehört. Über<br />

den Kaufpreis wurde Stillschweigen<br />

vereinbart. Bei früheren Angeboten<br />

<strong>für</strong> die Deutsche Telekabel wurde der<br />

Wert des Unternehmens auf rund 150<br />

Millionen Euro taxiert.<br />

Die DTK Gruppe entstand 2010, indem<br />

Chequers die Versatel Telekabel kaufte.<br />

Vor drei Jahren schluckte der Finanzinvestor<br />

Martens Antennen- und Kabelanlagen,<br />

2012 kam Wikom Elektrik<br />

hinzu. Insgesamt gehören zehn Firmen<br />

zur Gruppe. Durch den Kauf macht<br />

Primacom einen gehörigen Sprung. Die<br />

Zahl der versorgten Wohneinheiten<br />

steigt mit einem Schlag <strong>um</strong> 30 Prozent<br />

auf 1,3 Millionen.<br />

Mit breiter Brust<br />

Primacom präsentiert den Kauf mit<br />

breiter Brust. In einer Pressemitteilung<br />

schreibt sich die Kabelgesellschaft eine<br />

Vorreiterrolle in der Konsolidierung<br />

des regionalen Kabelmarktes zu. Man<br />

wolle ein Gegengewicht zu den großen<br />

Betreibern wie Kabel Deutschland und<br />

Unitymedia Kabel BW bilden. Immerhin:<br />

Bereits Ende 2013 übernahmen die<br />

Primacom-Geschäftsführer Joachim Grendel präsentiert<br />

sich nach der DTK-Übernahme als starker<br />

Mann<br />

Bild: Medientreffpunkt Mitteldeutschland<br />

Leipziger die Sy-Fra Antennentechnik.<br />

Mit dem Kauf der Deutschen Telekabel<br />

erweitert Primacom den Footprint erheblich<br />

in Richtung Westen. Die DTK betreibt<br />

unter anderem Netze in Hamburg,<br />

Essen, Leverkusen oder Wuppertal.<br />

Primacom-Geschäftsführer Joachim<br />

Grendel erhofft sich „großartige Perspektiven“<br />

<strong>für</strong> weiteres Wachst<strong>um</strong> und<br />

eine positive Geschäfts- und Unternehmensentwicklung.<br />

„Durch die Übernahme<br />

der DTK gewinnen wir in unseren<br />

Kernbereichen Breitbandinternet, HD-<br />

Fernsehen und Festnetztelefonie auf<br />

einen Schlag 270000 versorgte Haushalte<br />

hinzu“, so Grendel. Da die DTK<br />

ebenso wie Primacom auf die Wohnungswirtschaft<br />

fokussiert ist, erwartet<br />

Grendel „wertvolle Synergien“. Die<br />

Deutsche Telekabel hat sich darauf<br />

spezialisiert, Netzebene-2- und -3-„Inseln“<br />

zu errichten und damit die Wohnungswirtschaft<br />

auf der Netzebene 4<br />

mit Signalen zu versorgen.<br />

Kasse gefüllt<br />

Die Übernahme heizt erneut Spekulationen<br />

<strong>um</strong> den Verkauf von Tele<br />

Col<strong>um</strong>bus (TC) an. Im Oktober 2013<br />

wollte eine Investorengruppe sowohl<br />

Tele Col<strong>um</strong>bus als auch Primacom<br />

übernehmen. Namen wie Cinven Group<br />

und CVC Capital Partners fielen. TC-<br />

CEO Ronny Verhelst bestätigte seinerzeit<br />

Verkaufsgespräche. Doch auch Primacom<br />

selbst meldete Interesse an der<br />

N<strong>um</strong>mer 3 im deutschen Kabelmarkt<br />

an. Die Leipziger nahmen das Berliner<br />

Netz von Tele Col<strong>um</strong>bus ins Visier.<br />

Auch von einer kompletten Übernahme<br />

war die Rede.<br />

Jedoch verkündete TC selbst im November<br />

2013 Interesse an Primacom.<br />

Quelle: DTK Deutsche Telekabel<br />

Inzwischen hat sich Tele Col<strong>um</strong>bus <strong>für</strong><br />

weitere Zukäufe gerüstet und könnte<br />

daher ebenso gut Primacom übernehmen.<br />

Im Februar schloss der Kabelnetzbetreiber<br />

die Refinanzierung bestehender<br />

Kreditlinien ab. Nun steht<br />

ein Investitionsvol<strong>um</strong>en von 300 Millionen<br />

Euro zur Verfügung. TC-Boss<br />

Verhelst will das Geld <strong>für</strong> den Ausbau<br />

der eigenen Netze nutzen. „Unser Ziel<br />

ist daher ganz klar Wachst<strong>um</strong> in den<br />

bestehenden Netzen“, so der Belgier,<br />

„aber auch Expansion über die eigene<br />

Infrastruktur hinaus, sofern sich<br />

im Markt attraktive Gelegenheiten bieten.“<br />

Experten schätzen den Wert von<br />

Primacom auf 250 bis 300 Millionen<br />

Euro. Kabel Deutschland wollte seinerzeit<br />

<strong>für</strong> Tele Col<strong>um</strong>bus mehr als das<br />

Doppelte, nämlich <strong>für</strong> 618 Millionen<br />

Euro erwerben.<br />

Phantasie beflügelt<br />

Ein Zusammenschluss zwischen TC<br />

und Primacom ist insbesondere <strong>für</strong><br />

Finanzinvestoren interessant. Ein derartiger<br />

Kabelnetzbetreiber wäre ein<br />

interessanter Übernahmekandidat <strong>für</strong><br />

ein Unternehmen aus der finanzkräftigeren<br />

Telekommunikation, an den die<br />

Finanzinvestoren gewinnbringend verkaufen<br />

könnten. Der jüngste Deal zwischen<br />

Kabel Deutschland und Vodafone<br />

hat der Phantasie der Investoren<br />

Flügel verliehen.<br />

Das letzte Wort spricht im Kabelmarkt<br />

allerdings wie so oft das Bundeskartellamt.<br />

Es wird den Verkauf der Deutschen<br />

Telekabel an Primacom prüfen.<br />

Erst dann weiß man mit Gewissheit,<br />

ob der Konsolidierungsprozess weiter<br />

voranschreiten wird oder – wieder einmal<br />

– alles beim Alten bleibt. MH


Ausgabe 114 April 2014 Digital Insider 5<br />

Menschen und Emotionen<br />

TLC geht in Deutschland als Multi-Plattform-Brand an den Start – HD-Version soll in Kürze folgen<br />

Vor acht Jahren startete Discovery<br />

Deutschland mit DMAX den ersten<br />

selbsterklärten Männersender. Jetzt folgt<br />

mit TLC ein Programm <strong>für</strong> Frauen. Kann<br />

TLC an den Erfolg von DMAX anknüpfen?<br />

<strong>DIGITAL</strong> <strong>INSIDER</strong> sprach mit Susanne<br />

Aigner-Drews, Geschäftsführerin Discovery<br />

Communications Deutschland.<br />

Frau Aigner-Drews, nach Sixx und Sat.1<br />

Gold ist TLC der dritte TV-Sender mit der<br />

Zielgruppe Frauen. Was wollen Sie besser<br />

machen als Ihre Konkurrenz?<br />

Die bereits bestehenden Sender sind<br />

auf Fiction, also Serien und Spielfilme<br />

spezialisiert. TLC ist anders. TLC ist 100<br />

Prozent Real-Life-Entertainment in einer<br />

Form, die es so in Deutschland noch<br />

nicht zu sehen gab. Alle Sendungen sind<br />

Deutschlandpremieren. TLC zeigt außergewöhnliche<br />

Menschen und bewegende<br />

Momente, Emotionen und Inspirationen.<br />

Wir sind uns sicher, die Zuschauerinnen<br />

werden einschalten und hängenbleiben.<br />

War<strong>um</strong> haben Sie sich <strong>für</strong> eine Verbreitung<br />

im Free- und nicht im Pay-TV<br />

entschieden?<br />

Wir glauben, dass es im Free-to-Air-<br />

Bereich eine Nische gibt, die wir optimal<br />

mit TLC besetzen können. Deshalb<br />

launchen wir TLC als komplementäres<br />

Produkt zu DMAX. Übrigens: Wir sind<br />

das erste Land, in dem TLC als Free-TV-<br />

Kanal startet.<br />

TLC ist eine weltweite Marke. Inwiefern<br />

wird das Angebot auf das deutsche TV-<br />

Publik<strong>um</strong> angepasst? Planen Sie auch<br />

Eigenproduktionen?<br />

Discovery-Chefin Susanne Aigner-Drews will mit TLC<br />

auf allen Plattformen präsent sein Bild: Discovery<br />

Sie verstehen TLC als multimediale Entertainment-Marke.<br />

Welche Rolle spielen<br />

dabei Social Media und Second Screen?<br />

TLC ist eine Multi-Plattform-Brand, die<br />

auf allen Plattformen mit dabei ist.<br />

Wir sind beispielsweise schon vor dem<br />

Sendestart auf Facebook sehr aktiv und<br />

zählen heute bereits 2 500 Fans. Wir<br />

werden selbstverständlich twittern und<br />

natürlich wird es z<strong>um</strong> Sendestart eine<br />

TLC-App geben.<br />

Werden die Inhalte des multimedialen<br />

Angebots rund <strong>um</strong> TLC wie das Free-<br />

TV-Programm kostenlos bleiben oder<br />

lassen Sie an bestimmten Stellen die<br />

Bezahlschranke fallen?<br />

Wer eine Folge auf TLC verpasst hat,<br />

kann sie sich kostenlos auf unserer<br />

Website unter tlc.de anschauen.<br />

Der Start erfolgt am 10. April. Sind<br />

Sie von Anfang an in allen Kabelnetzen<br />

und den IPTV-Angeboten der<br />

Deutschen Telekom und von Vodafone<br />

vertreten?<br />

TLC ist digital über Kabel, Satellit und<br />

IPTV zu sehen. In den nächsten Tagen<br />

können wir auch die Namen unserer<br />

Plattformpartner bekannt geben. Wir<br />

streben eine technische Reichweite von<br />

80 Prozent an.<br />

Wann wird es TLC denn in hochauflösenden<br />

Bildern geben?<br />

In Kürze. Sobald die Verträge mit unseren<br />

Plattformpartnern unterschrieben<br />

sind.<br />

Wie kann es sein, dass es zwar drei<br />

Frauen- aber mit DMAX nur einen<br />

erklärten Männersender gibt? Ist das<br />

übrige Programm bereits männerdominiert?<br />

Wir können nur <strong>für</strong> uns antworten: Wir<br />

waren die ersten, die mit einem reinen<br />

Männersender gestartet sind – nämlich<br />

2006 mit DMAX. Damals wurden wir<br />

noch belächelt. Das hat sich inzwischen<br />

geändert. Unser Erfolg – wir sind nahe<br />

an der zwei-Prozentmarke – hat uns<br />

sehr viel Respekt im gesamten Markt<br />

verschafft.<br />

Vielen Dank <strong>für</strong> das Gespräch.<br />

Selbstverständlich. So startet am 14.<br />

April <strong>um</strong> 20.15 Uhr „Catwalk 30+“ mit<br />

Jana Ina Zarrella. Wir haben viele tolle<br />

Ideen auf dem Tisch und werden regelmäßig<br />

neue Eigenproduktionen, auch<br />

mit bekannten Gesichtern, zeigen.<br />

Bislang wurden vor allem Reality-<br />

Formate angekündigt. Welchen Stellenwert<br />

werden fiktionale Stoffe im Programm<br />

haben?<br />

TLC konzentriert sich auf Real-Life-Entertainment.<br />

Die Fiction überlassen wir<br />

anderen Sendern.<br />

Auf der Webseite von TLC werden bereits einige synchronisierte Sendungen vorgestellt, die auch im Ausland laufen.<br />

Für den deutschen Ableger wird es aber auch Eigenproduktionen geben<br />

Bild: Auerbach Verlag


6 Digital Insider www.digital-insider.de<br />

Noch viel Gesprächsbedarf<br />

Die Anga kritisiert den BNetzA-Verordnungsentwurf <strong>für</strong> mehr Transparenz bei Breitbandanschlüssen<br />

Die Bundesnetzagentur (BNetzA) macht<br />

ernst. Nachdem sie im letzten Jahr<br />

großangelegte Verbrauchertests zu den<br />

tatsächlich zur Verfügung stehenden<br />

Datenraten bei Breitbandanschlüssen<br />

durchgeführt hat, wobei sie auch die<br />

Verträge der Internet Service Provider<br />

(ISP) unter die Lupe nahm, folgt nun der<br />

Entwurf einer Verordnung, mit der die<br />

Agentur mehr Transparenz <strong>für</strong> den Verbraucher<br />

schaffen will. Bereits die Tests<br />

wurden von der Industrie kritisiert. Dem<br />

Entwurf ergeht es nicht anders.<br />

Die BNetzA spricht von einer deutlichen<br />

Diskrepanz zwischen der vermarkteten<br />

„bis zu“- und der tatsächlich erreichten<br />

Bandbreite über alle Übertragungswege<br />

hinweg. Die Untersuchung der Kundenverträge<br />

habe laut Agentur gezeigt,<br />

dass die Anbieter gar keine oder nur<br />

wenig belastbare Aussagen zur realisierbaren<br />

Datenübertragungsrate machen.<br />

„Der Endkunde weiß nur vage, mit<br />

welcher Leistung er konkret rechnen<br />

kann“, heißt es im Verordnungsentwurf.<br />

Spricht man die ISPs darauf an,<br />

klingt das anders. Sie betonen ihre<br />

Geschwindigkeitstests, die die Kunden<br />

durchführen können und Optionen z<strong>um</strong><br />

Tarifwechsel, sollte die gelieferte Bandbreite<br />

erheblich von der vertraglich<br />

vereinbarten abweichen.<br />

Mit einer Verordnung will die BNetzA <strong>für</strong> mehr Transparenz bei Breitbandanschlüssen sorgen. Die Anga bezeichnet den<br />

Entwurf als „sehr bürokratisch“ und kritisiert die Umsetzungsfristen<br />

Bild: Kabel Deutschland<br />

Routerzwang<br />

Solche Angebote reichen der BNetzA<br />

aber nicht aus. Sie vertritt zudem die<br />

Meinung, dass es mit den von der Industrie<br />

vorgeschlagenen Maßnahmen einer<br />

Selbstregulierung nicht getan ist. Daher<br />

soll nun eine Verordnung her, die neben<br />

Regelungen zur Transparenz auch gleich<br />

mit dem Routerzwang aufrä<strong>um</strong>en will.<br />

So schreibt die Verordnung die Einzelheiten<br />

eines Produktinformationsblatts<br />

vor, auf dem unter anderem die minimale<br />

und maximale Datenübertragungsrate<br />

<strong>für</strong> den Up- und den Download stehen<br />

sollen. Wird der Anschluss mit einem<br />

integrierten Netzabschlussgerät vermarktet,<br />

sollen Hinweise auf die Nutzung des<br />

Geräts mit aufs Produktinformationsblatt.<br />

Zudem wird der ISP dazu verpflichtet,<br />

dem Kunden die Zugangsdaten z<strong>um</strong><br />

Netzabschlussgerät offen zu legen, womit<br />

dem Routerzwang ein Ende gesetzt wird.<br />

Des Weiteren will die Netzagentur da<strong>für</strong><br />

sorgen, dass die ISPs den Verbrauchern<br />

Möglichkeiten zur Überprüfung der Datenrate<br />

einrä<strong>um</strong>en. Dabei soll insbesondere<br />

auf die Angebote der BNetzA<br />

zur Messung der Verbindungsqualität<br />

hingewiesen werden.<br />

Erhebliche Bedenken<br />

Derzeit halten sich die ISPs mit Kommentaren<br />

zur geplanten Verordnung<br />

zurück, denn bis Ende März können sie<br />

noch ihre Stellungnahmen bei der BNetzA<br />

abgeben. Man begrüßt auf der einen<br />

Seite ausdrücklich die Bestrebungen<br />

<strong>für</strong> mehr Transparenz, sieht aber auf<br />

der anderen Seite noch einigen Gesprächsbedarf,<br />

heißt es auf Anfrage von<br />

<strong>DIGITAL</strong> <strong>INSIDER</strong> diplomatisch. Hinter<br />

vorgehaltener Hand stößt die Verordnung<br />

jedoch auf wenig Gegenliebe in<br />

der Industrie.<br />

Der Verband der Kabelnetzbetreiber<br />

Anga bedauert, dass sich die BNetzA <strong>für</strong><br />

eine Verordnung entschieden hat. Auch<br />

wenn der Entwurf einige Vorschläge aus<br />

den Selbstregulierungsmaßnahmen der<br />

ISPs aufgreift, bleibt er laut Anga doch<br />

in einigen Bereichen hinter den Erwartungen<br />

zurück. „Das Ziel eines höheren<br />

Transparenzniveaus als in der Selbstverpflichtung<br />

kann die BNetzA nach<br />

Ansicht der Anga mit dem vorliegenden<br />

Verordnungsentwurf nicht erreichen“,<br />

teilt der Verband in einem Statement<br />

gegenüber <strong>DIGITAL</strong> <strong>INSIDER</strong> mit.<br />

Die Kabelnetzbetreiber stören sich daran,<br />

dass die BNetzA offensichtlich ihre<br />

Onlinetests fortsetzen will, die bereits<br />

von der Industrie kritisiert wurden.<br />

„Dabei sollte die BNetzA im Ausschreibungsverfahren<br />

z<strong>um</strong>indest darauf hinwirken,<br />

die Aussagefähigkeit dieser<br />

Tests zu verbessern“, fordert die Anga<br />

in ihrem Statement.<br />

Erhebliche Bedenken kommen dem Verband<br />

insbesondere bei den Verpflichtungen<br />

und Meldepflichten <strong>für</strong> ISPs, die<br />

er als „sehr bürokratisch“ bezeichnet.<br />

Die Anbieter sollen der Agentur zweimal<br />

pro Jahr über ihre Erfahrungen bei der<br />

praktischen Anwendung der in der Verordnung<br />

geregelten Instr<strong>um</strong>ente informieren.<br />

Sie möchte Musternutzerprofile<br />

<strong>für</strong> einen Zugang z<strong>um</strong> Kundencenter<br />

des jeweiligen Anbieters erhalten, <strong>um</strong><br />

die Umsetzung der Verordnung kontrollieren<br />

zu können. Außerdem verlangt<br />

sie Informationen über die genaue<br />

Funktionsweise der vom ISP angebotenen<br />

Messverfahren <strong>für</strong> Verbraucher.<br />

Unsachgemäße Vermischung<br />

Die Anga kritisiert darüber hinaus zu<br />

kurze Umsetzungsfristen. Nach Inkrafttreten<br />

der Verordnung haben die Anbieter<br />

drei Monate Zeit, die Vorgaben<br />

<strong>um</strong>zusetzen. „Die Kosten <strong>für</strong> die Umsetzung<br />

dürften zudem erheblich sein“, so<br />

der Kabelverband in seinem Statement.<br />

Als verwunderlich bezeichnet die Anga<br />

die Regelungen gegen den Routerzwang<br />

in der Verordnung. Es handele sich laut<br />

Kabelverband <strong>um</strong> zwei unterschiedliche<br />

Regelungsgegenstände, deren Vermischung<br />

nicht sachgemäß sei und die<br />

Diskussion erschwere. Wesentlich anders<br />

werden das die übrigen ISPs sicherlich<br />

nicht sehen. Es ist also noch jede Menge<br />

Gesprächsbedarf vorhanden. MH


Ausgabe 114 April 2014 Digital Insider 7<br />

Ausgewählte Patentneuveröffentlichungen<br />

Titel Anmelder Erfinder VN 1 VD 2<br />

Multi-Konverter <strong>für</strong> digitale, hochauflösende, stereoskopische<br />

Videosignale<br />

Gelhardt, Karlheinz,<br />

DE<br />

Ba<strong>um</strong>gart, Andreas, DE;<br />

Gelhardt, Karlheinz, DE<br />

DE 102 012 108 685 A1 20.03.2014<br />

Bedienungssystem von elektronischer Programmliste<br />

<strong>für</strong> ein tragbares elektronisches Gerät<br />

Asia Vital<br />

Components<br />

k. A. DE 202 013 011 589 U1 20.03.2014<br />

Empfangssystem<br />

Robert Bosch<br />

GmbH<br />

Erben, Peter, DE; Risse, Marcus,<br />

DE; Tran, Manh-Thang, DE<br />

DE 102 012 216 155 A1 13.03.2014<br />

Adapter z<strong>um</strong> koppeln/verbinden eines kabellosen<br />

Playstation 3 Controllers mit einem Smartphone<br />

Lehmann, Lars, DE k. A. DE 202 013 007 625 U1 13.03.2014<br />

Kabelba<strong>um</strong> mit einer Rauschunterdrückung<br />

Yazaki<br />

Baba, Akira, JP; Oiwa,<br />

Kazuyuki, JP<br />

DE 112 007 000 173 B4 13.03.2014<br />

Einsteck-Detektion <strong>für</strong> ein optisches Kabel<br />

Avago Technologies<br />

Shang, Alain Zhi, US; Su,<br />

Chung-Yi, US<br />

DE 102 013 214 213 A1 13.03.2014<br />

Verfahren zur Bereitstellung von Programmüberwachungsinformationen<br />

und Rundfunksystem damit<br />

Alticast Nam, Sung-Woo, KR EP 000 002 706 685 A1 12.03.2014<br />

Wiedergabelisten <strong>für</strong> Streaming in Echtzeit oder beinahe<br />

in Echtzeit<br />

Apple<br />

Batson, James David, US;<br />

Biderman, David, US; Bushell,<br />

John Samual, US; May, William<br />

JR., US; Pantos, Roger, US<br />

EP 000 002 705 671 A1 12.03.2014<br />

Verfahren zur Bereitstellung von Kosteninformationen<br />

<strong>für</strong> kostenpflichtige Mediendateien<br />

Loewe Opta Weickert, Bernd, DE DE 102 012 109 983 B3 06.03.2014<br />

Verfahren z<strong>um</strong> Erzeugen, Übertragen und Empfangen<br />

stereoskopischer Bilder und zugehörige Geräte<br />

Sisvel<br />

Ballocca, Giovanni, IT;<br />

Bushlanov, Fedor, RU;<br />

D'Amato, Paolo, IT; Polyakov,<br />

Alexey, RU<br />

DE 102 013 217 826 A1 06.03.2014<br />

Vorrichtung z<strong>um</strong> Verarbeiten eines Tonsignals und<br />

Verfahren z<strong>um</strong> Verarbeiten eines Tonsignals<br />

Fujitsu Matsuo, Naoshi, JP DE 102 009 034 264 B4 06.03.2014<br />

System und Verfahren zur Verwendung einer verbesserten<br />

Szeneerkennung in einem Tiefenschätzungsablauf<br />

Sony<br />

Li, Pingshan, JP; Miyagi,<br />

Kensuke, JP<br />

EP 000 002 704 419 A1 05.03.2014<br />

Vorzugsweise einstellbare Wandhalterung <strong>für</strong> flächenhafte<br />

Elemente, insbesondere Flachbildschirme<br />

<strong>für</strong> Computer oder als Fernseher<br />

Hama k. A. DE 202 013 105 552 U1 27.02.2014<br />

Fernseher, der ein Einsteckmodul besitzt, das einen<br />

Miniatur-Computer mit einer eigenen zentralen Prozessoreinheit<br />

und einem flüchtigen Datenspeicher hat<br />

Stroetmann,<br />

Christian, DE<br />

k. A. DE 202 013 008 602 U1 27.02.2014<br />

Medieninhalt-Übertragungsverfahren und Übertragungsvorrichtung<br />

unter Verwendung desselben<br />

LG Electronics<br />

Kim, Jinpil, KR; Kim, Kyungho,<br />

KR; Lee, Hyeonjae, KR<br />

DE 112 012 002 526 T5 27.02.2014<br />

Verfahren und Vorrichtung z<strong>um</strong> Übermitteln von<br />

Entschlüsselungscodes <strong>für</strong> frei übertragene, verschlüsselte<br />

Programminhalte an eindeutig identifizierbare<br />

Empfänger<br />

BT Ignite<br />

Ernst, Matthias, DE; Specht,<br />

Jens, DE<br />

DE 000 010 330 089 B4 27.02.2014<br />

Verfahren zur Darstellung und z<strong>um</strong> Aufruf überregional<br />

übertragener regionaler Rundfunkprogramme<br />

Alle Angaben ohne Gewähr<br />

Technisat<br />

Porstmann, Frank, DE; Rother,<br />

Norman, DE; Schmidt,<br />

Sebastian, DE; Seeger, Andrea,<br />

DE; Volkmann, Lutz, DE<br />

DE 102 008 014 881 B4 27.02.2014<br />

¹ Veröffentlichungsn<strong>um</strong>mer, ² Veröffentlichungsdat<strong>um</strong>


8 Digital Insider www.digital-insider.de<br />

Das ungeliebte Kind<br />

Hersteller versuchen, Pauschalabgabe zu <strong>um</strong>gehen – Sky fordert individuelle Vergütung der Urheber<br />

Fortsetzung von Seite 1<br />

Hersteller von PVR-ready-Receivern<br />

wollen sich der Pauschalabgabe entledigen,<br />

indem sie die USB-Anschlüsse ihrer<br />

Geräte <strong>für</strong> Aufnahmen deaktivieren.<br />

Der Käufer soll <strong>für</strong> die Freischaltung bezahlen,<br />

wenn er auf die angeschlossene<br />

Festplatte TV-Inhalte aufzeichnen will.<br />

Auf diese Weise hoffen die Boxenhersteller,<br />

dass ihre <strong>für</strong> Aufnahmen nicht<br />

tauglichen Geräte von der Pauschalabgabe<br />

befreit sind.<br />

Die ZPÜ bestätigt auf Nachfrage von<br />

<strong>DIGITAL</strong> <strong>INSIDER</strong>, dass man in München<br />

das Treiben der Boxenhersteller bereits<br />

genau unter die Lupe nimmt. Wie sich<br />

die ZPÜ hierzu jedoch verhalten wird,<br />

ist noch unklar. Die Zentralstelle befindet<br />

sich noch in der Meinungsbildung.<br />

Ihr Problem: Normalerweise fällt die Pauschalabgabe<br />

beim Inverkehrbringen des<br />

Aufzeichnungsgerätes an. Allerdings eignen<br />

sich Set-Top-Boxen mit deaktivierter<br />

USB-Schnittstelle nicht <strong>für</strong> Aufnahmen.<br />

Auch wenn die reine Hardware <strong>für</strong> das<br />

Anfertigen von Kopien ausgelegt ist, ist<br />

dies aufgrund der Software doch nicht<br />

möglich. Vor einem solchen Dilemma<br />

stand die ZPÜ bislang noch nicht.<br />

Aufgeschoben, nicht aufgehoben<br />

Tatenlos wird die Zentralstelle jedoch<br />

nicht bleiben. Möglich wäre z<strong>um</strong> Beispiel,<br />

dass sie die Hersteller auffordert, ihr die<br />

António Vitorino will die Abgabepflicht auf den<br />

Einzelhandel übertragen<br />

Bild: <strong>EU</strong>-Kommission<br />

Verkaufszahlen der Freischaltcodes mitzuteilen.<br />

Daraus ließe sich dann ableiten,<br />

wie viele Geräte eines Herstellers nach<br />

dem Inverkehrbringen doch <strong>für</strong> Aufnahmen<br />

genutzt werden könnten.<br />

Wie die Zentralstelle gegenüber <strong>DIGITAL</strong><br />

<strong>INSIDER</strong> mitteilt, wird man im ersten<br />

Schritt das Gespräch mit den Herstellern<br />

suchen. Die Vergangenheit hat<br />

jedoch gezeigt, dass solche Gespräche<br />

häufig vor dem Richter landen. Was<br />

auch immer geschehen wird, es macht<br />

den Eindruck, als würde der Freischalttrick<br />

lediglich eine Aufschiebung, nicht<br />

aber eine Befreiung von der Pauschalabgabe<br />

erwirken.<br />

Daher stellt sich die Frage, ob sich die<br />

Hersteller damit einen Gefallen tun.<br />

Sollte sich nach jahrelangem Rechtsgezerre<br />

herausstellen, dass auch Set-Top-<br />

Boxen mit deaktivierter USB-Schnittstelle<br />

unter die Pauschalabgabe fallen,<br />

können sich die Hersteller sicher sein,<br />

dass erhebliche Nachzahlungen auf sie<br />

zukommen. Sie wären also gut beraten,<br />

Rücklagen zu bilden, sobald die ZPÜ vor<br />

der Tür steht.<br />

„Technisch überholt“<br />

Die Pauschalabgabe schlägt jedoch nicht<br />

nur Herstellern aufs Gemüt. „Nach unserer<br />

Auffassung ist diese Behelfsform<br />

der Vergütung heute nicht mehr sachgerecht<br />

und technisch überholt“, erklärt<br />

Holger Enßlin, Vorstand Legal, Regulatory<br />

& Distribution bei Sky Deutschland.<br />

Die ZPÜ verlangt vom Pay-TV-Anbieter<br />

<strong>für</strong> den Sky-Plus-Festplattenreceiver die<br />

Abgabe in Höhe von 34 Euro pro Stück.<br />

Enßlin fordert eine individuelle Vergütung<br />

der Urheber. Für Sky wäre eine<br />

solche Vergütung schnell <strong>um</strong>setzbar.<br />

Der Sky-Plus-Festplattenreceiver wird<br />

an Kunden lediglich ausgeliehen und<br />

nach dem Ende des Abos wieder zurückgegeben.<br />

„Sky behält daher einen Überblick<br />

über die Nutzungsdauer und kann<br />

damit sehr individuell die Nutzung der<br />

Geräte dok<strong>um</strong>entieren“, so Enßlin.<br />

Sonderrolle<br />

Außerdem würde eine individuelle Vergütung<br />

dem Wandel des aktuellen Nutzungsverhaltens<br />

Rechnung tragen. Streaming-Angebote<br />

rücken an die Stelle<br />

der Privatkopie. „Durch die Verfügbarkeit<br />

der Inhalte über VoD-Dienste oder<br />

durch Bereithalten auf programmierten<br />

Festplatten wird privates Kopieren<br />

Sky-Rechtsvorstand Holger Enßlin fordert eine grundlegende<br />

<strong>Reform</strong> des Pauschalabgabensystems Bild: Sky<br />

Schritt <strong>für</strong> Schritt zu einer anachronistischen<br />

Nutzungsform“, erklärt Enßlin.<br />

Ohnehin käme dem Festplattenreceiver<br />

den Worten des Sky-Vorstands zufolge<br />

eine Sonderrolle zu. Der Receiver kann<br />

nicht dazu genutzt werden, die auf<br />

der Festplatte befindlichen Kopien auf<br />

andere Geräte zu überspielen. Zudem<br />

nutzen die Unterföhringer einen Teil<br />

der Festplatte <strong>für</strong> Sky Anytime, so dass<br />

dieser Teil nicht <strong>für</strong> die Pauschalabgabe<br />

relevant sei. Ganz abgesehen davon,<br />

dass Sky auch an die Urheber zahlt,<br />

damit deren Inhalte <strong>für</strong> Sky Anytime<br />

genutzt werden können.<br />

Doppelbelastung vermeiden<br />

Inzwischen befasst sich auch die <strong>EU</strong> mit<br />

den national unterschiedlichen Pauschalabgabesystemen.<br />

Die Abgabe auf<br />

einen DVD-Rohling beträgt in Frankreich<br />

z<strong>um</strong> Beispiel einen Euro, in<br />

Deutschland aber nur etwas mehr als<br />

einen Cent. In Polen hingegen sind es<br />

2,5 Prozent des Verkaufspreises und<br />

in Litauen sechs Prozent des Einfuhrpreises.<br />

Seit 2001 haben sich die Abgaben<br />

<strong>für</strong> Privatkopien nach Schätzungen<br />

der <strong>EU</strong> mehr als verdreifacht. Sie sollen<br />

heute bei rund 600 Millionen Euro<br />

liegen. Kein Wunder, dass Produktionsstandorte<br />

auch nach solchen Kosten<br />

ausgewählt werden.<br />

Es geht aber auch dar<strong>um</strong>, eine Doppelbelastung<br />

des Verbrauchers zu vermei-


Ausgabe 114 April 2014 Digital Insider 9<br />

den. Sollte durch neue Geschäftsmodelle<br />

der Urheber direkt am Erlös <strong>für</strong> einen<br />

lizenzierten Inhalte beteiligt sein, muss<br />

der Verbraucher zweimal in die Tasche<br />

greifen: z<strong>um</strong> einen beim Erwerb des<br />

Inhalts und z<strong>um</strong> anderen beim Kauf des<br />

Gerätes, über das er den Inhalt abspielt.<br />

Lizenzsystem<br />

Ende Januar 2013 legte ein Vermittlungsausschuss<br />

unter der Führung des<br />

ehemaligen <strong>EU</strong>-Kommissars António<br />

Vitorino Empfehlungen <strong>für</strong> eine <strong>Reform</strong><br />

der Pauschalabgabe vor. Vitorino<br />

empfiehlt ein Lizenzsystem. Die unterschiedlichen<br />

einzelstaatlichen Abgabensysteme<br />

sollen mit dem Binnenmarkt in<br />

Einklang gebracht werden. „Abgabensysteme<br />

sollten transparent, verständlicher<br />

und <strong>für</strong> die Verbraucher nachvollziehbar<br />

sein“, sagte Vitorino bei der<br />

Präsentation des Abschlussberichts.<br />

Im ersten Teil der Empfehlungen geht es<br />

<strong>um</strong> neue Geschäftsmodelle und die Notwendigkeit<br />

einer Klarstellung der Privatkopie.<br />

Die Anfertigung von Kopien<br />

<strong>für</strong> private Zwecke soll im Zusammenhang<br />

mit Dienstleistungen, <strong>für</strong> die eine<br />

Lizenz erteilt wurde, keine Schädigung<br />

darstellen, die eine zusätzliche Vergütung<br />

in Form von Abgaben erforderlich<br />

machen würde.<br />

Der zweite Teil dreht sich <strong>um</strong> die Anpassung<br />

der unterschiedlichen Abgabensysteme<br />

an die Grundsätze des freien<br />

Waren- und Dienstleistungsverkehrs im<br />

Binnenmarkt. Unter anderem soll der<br />

Begriff der Schädigung <strong>EU</strong>-weit einheitlich<br />

definiert werden. Zudem werden eine<br />

Vereinfachung der Abgabeverfahren<br />

mit mehr Transparenz und Objektivität<br />

sowie strengere Fristen vorgeschlagen.<br />

Bei grenzüberschreitenden Transaktionen<br />

sollen die Abgaben in dem Mitgliedstaat<br />

erhoben werden, in dem der<br />

Endverbraucher seinen Wohnsitz hat.<br />

Einzelhandel soll zahlen<br />

Darüber hinaus empfiehlt Vitorino,<br />

dass die Abgabenpflicht von den Herstellern<br />

und Importeuren auf den Einzelhandel<br />

verlagert wird. Damit soll die<br />

gewünschte Transparenz <strong>für</strong> den Verbraucher<br />

geschaffen werden. Außerdem<br />

könnten gewerbliche Nutzer, die<br />

von der Privatkopie keinen Gebrauch<br />

machen dürfen und damit auch keine<br />

Abgaben zahlen müssen, leichter von<br />

der Abgabe befreit werden. Dadurch<br />

würden sich auch Probleme beim Export<br />

von Geräten in andere <strong>EU</strong>-Länder<br />

lösen lassen. Das alles setzt jedoch<br />

voraus, dass die Gebührensysteme<br />

vereinfacht und die Hersteller und<br />

Importeure verpflichtet werden, die<br />

Verwertungsgesellschaften über ihre<br />

Geschäfte mit den abgabenpflichtigen<br />

Gütern zu unterrichten.<br />

Der IT-Verband Bitkom begrüßt die Vorschläge<br />

der <strong>EU</strong>, wenngleich Verbandspräsident<br />

Bernhard Rohleder ähnlich<br />

wie Sky-Vorstand Enßlin die Pauschalabgabe<br />

<strong>für</strong> ein Auslaufmodell hält. „Früher<br />

oder später muss die Entschädigung<br />

des Urhebers <strong>für</strong> die Privatkopie an die<br />

geänderte Wirklichkeit angepasst werden“,<br />

so Rohleder. „Für die digitale Welt<br />

ist das System untauglich.“<br />

„Sinnvoll und ausgewogen“<br />

Das <strong>EU</strong>-Parlament stellt sich jedoch gegen<br />

die Empfehlungen Vitorinos, auch<br />

wenn es in Sachen Transparenz und<br />

Vereinfachung mit dem Portugiesen auf<br />

einer Linie liegt. Aber die Parlamentarier<br />

wollen die Abgabenpflicht bei<br />

Herstellern und Importeuren belassen.<br />

Sie be<strong>für</strong>chten, dass auf kleine und<br />

mittlere Vertriebsunternehmen sowie<br />

auf Verwertungsgesellschaften ein zu<br />

großer Verwaltungsaufwand zukommt.<br />

Außerdem hält das <strong>EU</strong>-Parlament das<br />

System der Privatkopie <strong>für</strong> „sinnvoll<br />

und ausgewogen“, wie es in einem Beschluss<br />

heißt. Die Parlamentarier sprechen<br />

sich <strong>für</strong> einen Fortbestand aus,<br />

wohingegen Vitorino eine Begrenzung<br />

des Systems anstrebt. Die Pauschalabgabe<br />

müsse zwar „modernisiert und<br />

harmonisiert“ werden, das von Vitorino<br />

vorgeschlagene Lizenzsystem wird vom<br />

Parlament aber abgelehnt. Die französische<br />

<strong>EU</strong>-Parlamentarierin Françoise<br />

Castex kann sich hingegen sogar eine<br />

Pauschalabgabe auf Dienste vorstellen,<br />

die eine Privatkopie ermöglichen.<br />

Ohnehin gäbe es auf kurze Sicht keine<br />

Alternativen, auch wenn das Parlament<br />

darauf hinweist, dass man das System<br />

der Privatkopie auf lange Sicht<br />

regelmäßig überprüfen müsse; je nach<br />

der Entwicklung der Technik und der<br />

Märkte. Im Gegensatz zu Vitorino, der<br />

den Begriff der Schädigung geklärt wissen<br />

will, fordert das <strong>EU</strong>-Parlament eine<br />

Studie, die den Begriff des „gerechten<br />

Ausgleichs“ klären soll.<br />

Verständnis der Rechtslage<br />

In den beiden Standpunkten manifestieren<br />

sich die Positionen der Wirtschaft<br />

(Vitorino) auf der einen und<br />

der Urheber (Castex) auf der anderen<br />

Seite. Die ZPÜ wirft Vitorino in einer gemeinsamen<br />

Stellungnahme mit den Verwertungsgesellschaften<br />

Wort und Bild-<br />

Kunst ein fehlerhaftes Verständnis der<br />

Rechtslage vor, wobei sich die ZPÜ lediglich<br />

auf die Rechtslage in Deutschland<br />

bezieht. Die Zentralstelle wiegelt die<br />

Probleme ab, die Vitorino aufzählt, und<br />

hält den Status Quo <strong>für</strong> angemessen.<br />

So wäre die Verlagerung der Vergütungspflicht<br />

auf den Handel ein grundlegender<br />

Systemwechsel, der eine Gesetzesänderung<br />

in Deutschland voraussetzt. Davon<br />

hält die ZPÜ aber nichts. Neben dem<br />

erhöhten Verwaltungsaufwand be<strong>für</strong>chtet<br />

sie Probleme bei der rechtlichen<br />

Durchsetzung der Ansprüche gegenüber<br />

vergütungspflichtigen Unternehmen, die<br />

die Auskunft verweigern.<br />

Eine Beeinträchtigung des Binnenmarktes<br />

kann die ZPÜ ebenfalls nicht<br />

feststellen. Die bestehenden Systeme,<br />

z<strong>um</strong> Beispiel das der Rückerstattung<br />

der Pauschalabgabe bei exportierten<br />

Gütern, funktioniere einwandfrei. Eine<br />

Harmonisierung würde nichts daran<br />

ändern, dass die Vergütungen <strong>für</strong> verschiedene<br />

Geräte und Speichermedien<br />

in den einzelnen Mitgliedstaaten unterschiedlich<br />

hoch wären, heißt es in der<br />

Stellungnahme.<br />

Standpunkte weit auseinander<br />

Dahingegen be<strong>für</strong>worten die Verwertungsgesellschaften<br />

eine größere Transparenz<br />

zur Pauschalabgabe gegenüber<br />

dem Verbraucher. Kein Wunder, denn<br />

die Ausweisung des Anteils der Abgabe<br />

am Gesamtpreis z<strong>um</strong> Beispiel auf<br />

der Rechnung <strong>für</strong> den Endkunden erleichtert<br />

den Verwertungsgesellschaften<br />

die Kontrolle.<br />

Die Standpunkte liegen also weit auseinander.<br />

Daher droht die Gefahr, das<br />

Hersteller und Unternehmen wie Sky<br />

<strong>für</strong> Privatkopien zahlen müssen, die<br />

niemand mehr anfertigt. Verwerter wie<br />

die ZPÜ können rückwirkend Abgaben<br />

einfordern, wie der Streit mit den Handyherstellern<br />

zeigt. Umgekehrt ist das<br />

rechtlich nicht möglich. MH<br />

<strong>EU</strong>-Parlamentarierin Françoise Castex sieht auf kurze<br />

Sicht keine Alternativen<br />

Bild: Martin Rulsch


10 Digital Insider www.digital-insider.de<br />

Licht am Ende des Tunnels<br />

Markt <strong>für</strong> Cons<strong>um</strong>er Electronics rückläufig – Hoffnung <strong>für</strong> klassische Unterhaltungselektronik<br />

Schwere Zeiten <strong>für</strong> die Cons<strong>um</strong>er Electronics.<br />

Nach Angaben der Gesellschaft<br />

<strong>für</strong> Unterhaltungs- und Kommunikationselektronik<br />

(gfu) verzeichnete der<br />

Markt 2013 einen Rückgang von 2,6<br />

Prozent. Die Branche erwirtschaftete mit<br />

27 Milliarden Euro 700 Millionen Euro<br />

weniger als 2012. Sorgenkind ist und<br />

bleibt die klassische Unterhaltungselektronik<br />

(UE), die einen Umsatzrückgang<br />

von 14,8 Prozent auf 1,9 Milliarden<br />

Euro hinnehmen muss. Besonders hart<br />

traf es den TV-Absatz. Im letzten Jahr<br />

wurden fast ein Fünftel weniger Fernseher<br />

verkauft als 2012. Der Umsatz sank<br />

von 5,7 Milliarden Euro in 2012 auf 4,7<br />

Milliarden. Dennoch sieht die gfu die<br />

Talsohle erreicht.<br />

Trotz der weiter anhaltenden Preiserosion,<br />

die laut gfu-Aufsichtsratsvorsitzenden<br />

Hans-Joachim Kamp gegen zehn<br />

Prozent tendiert, entscheiden sich die<br />

Verbraucher zunehmend <strong>für</strong> größere<br />

Bildschirmdiagonalen und Smart-TV-Geräte.<br />

Mehr als drei Viertel des gesamten<br />

TV-Umsatzes wurden im letzten Jahr mit<br />

Fernsehern über 37 Zoll erzielt. 2012 lag<br />

der Anteil bei 70 Prozent. Mehr als die<br />

Hälfte (56 Prozent) der verkauften Fernseher<br />

sind Smart-TVs. 2012 betrug ihr<br />

Anteil noch 50 Prozent. Mit ihnen setzt<br />

die Branche inzwischen 4,4 Milliarden<br />

Euro <strong>um</strong>. Das entspricht 73 Prozent des<br />

TV-Geräte<strong>um</strong>satzes. „Der Anteil wird in<br />

diesem Jahr mit Sicherheit in Richtung<br />

80 Prozent gehen“, ist sich Kamp sicher.<br />

Hans-Joachim Kamp, Aufsichtsratsvorsitzender der<br />

gfu, rechnet <strong>für</strong> 2014 nur noch mit einem leichten<br />

Rückgang in der klassischen UE<br />

Bild: gfu<br />

Absatz und Umsatz mit Flat-TV in Deutschland<br />

Absatz in Mio.<br />

10<br />

8<br />

9,1 9,5 9,4<br />

8,3<br />

7,8<br />

6<br />

7,5<br />

4<br />

2<br />

0<br />

2009 2010 2011 2012 2013 2014*<br />

Umsatz in Mrd. €<br />

7<br />

6<br />

5 5,9 6,1 5,9 5,9<br />

4<br />

4,7 4,5<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

2009 2010 2011 2012 2013 2014*<br />

*Prognose<br />

Preiserosion<br />

Das Leid des einen, ist die Freude des<br />

anderen. Ausgaben aus der klassischen<br />

UE sind in die Telekommunikation und<br />

IT gewandert. Der Absatz mit Smartphones<br />

kletterte leichten Fußes über<br />

die 20-Millionen-Grenze und erreichte<br />

22,4 Millionen Stück mit einem Umsatz<br />

von 8,1 Milliarden Euro. Daneben stieg<br />

die Stückzahl verkaufter Tablets <strong>um</strong><br />

66 Prozent auf 5,6 Millionen an. Der<br />

Umsatz betrug im letzten Jahr 1,8 Milliarden<br />

Euro.<br />

Dass es trotz einer Preiserosion auch<br />

anders laufen kann, beweisen die Marktzahlen<br />

z<strong>um</strong> Notebook-Segment. Trotz<br />

eines Absatzrückgangs von minus zwölf<br />

Prozent stieg der Durchschnittspreis auf<br />

604 Euro. In der klassischen UE ist die<br />

Preiserosion jedoch zu hoch, <strong>um</strong> die Kosten<br />

<strong>für</strong> Forschung und Entwicklung decken<br />

zu können. Der Kampf <strong>um</strong> Marktanteile<br />

sowie die hohen Produktionszahlen<br />

sind der Grund <strong>für</strong> den Preisverfall, der<br />

die Hersteller fest im Griff hat.<br />

Allerdings gibt es auch Positives aus der<br />

klassischen UE zu vermelden, nämlich<br />

im Audio-Bereich. Die gfu registriert ein<br />

Umsatzplus von 25 Prozent bei vernetzbaren<br />

Lautsprechern. Bei den vernetzten<br />

Audio-Home-Systemen liegt das Umsatzwachst<strong>um</strong><br />

sogar bei 46 Prozent.<br />

Optimistisch<br />

Trotz der miesen UE-Zahlen blickt Kamp<br />

optimistisch in die Zukunft. Selbst im<br />

TV-Segment soll es in diesem Jahr wieder<br />

aufwärts gehen. Der Umsatzrückgang<br />

lag im ersten Halbjahr 2013 bei<br />

über 25 Prozent, im letzten Quartal aber<br />

nur noch bei etwas über zehn Prozent.<br />

Der Trend soll sich laut gfu fortsetzen.<br />

Für dieses Jahr prognostiziert Kamp eine<br />

insgesamt positive Marktentwicklung,<br />

Quelle: gfu/GfK, 02/2014<br />

die weniger heterogen sein wird als<br />

2013. Zwar wird in der klassischen UE<br />

ein leichter Rückgang erwartet, jedoch<br />

könnten die Fußball-Europameisterschaft<br />

und die IFA <strong>für</strong> frische Impulse<br />

sorgen. Gerade auf den Branchentreff<br />

in Berlin setzt Kamp seine Hoffnungen.<br />

„Vernetzung wird das bestimmende<br />

Thema der IFA sein“, so der gfu-Aufsichtsratschef.<br />

„Mehr als jeder zweite<br />

Euro in der Cons<strong>um</strong>er Electronics wird<br />

heute <strong>für</strong> smarte Produkte ausgegeben.“<br />

Ultra-HD dürfte in diesem Jahr noch keine<br />

große Rolle spielen. 2013 wurden in<br />

Deutschland 9 000 Ultra-HD-Fernseher<br />

zu einem durchschnittlichen Preis von<br />

3 800 Euro verkauft. Kamp geht davon<br />

aus, dass die Zahl zwar auf 200 000 bis<br />

220 000 hochspringen wird, aber ob<br />

diese Stückzahl großen Einfluss auf die<br />

Umsätze der Hersteller haben wird, sei<br />

einmal dahingestellt, denn die gfu geht<br />

auch in diesem Bereich davon aus, dass<br />

die Preise fallen werden, auch wenn<br />

Kamp keine detailliertere Prognose wagt.<br />

Darüber hinaus wird es weiterhin an Ultra-HD-Inhalten<br />

fehlen. „Das ist <strong>für</strong> mich<br />

aber nicht der entscheidende Faktor“,<br />

sagt Kamp, da der deutsche Verbraucher<br />

zukunftssicher kaufe. „Die ersten Inhalte<br />

werden Kamps Meinung nach eher auf<br />

Blu-ray als im Fernsehen in den Markt<br />

kommen. Auch OLED wird seiner Meinung<br />

nach erst 2015 ein Thema werden.<br />

Zu Curved TV gibt Kamp keine Prognose<br />

ab. Der Erfolg solcher Fernseher hänge<br />

von den verfügbaren Geräten ab. Derzeit<br />

gibt es nur zwei Modelle. Gute Neuigkeiten<br />

hören sich anders an. MH


Ausgabe 114 April 2014 Digital Insider 11<br />

Schwierige Kommunikation<br />

Die MABB fördert seit einem Jahr ein Hybrid-TV-Projekt <strong>für</strong> Lokalsender und zieht nun Bilanz<br />

Die Landesmedienanstalten sorgen sich<br />

insbesondere <strong>um</strong> die regionalen und lokalen<br />

Programmanbieter aus ihrer Region.<br />

Es laufen verschiedene Projekte, wie<br />

diese Anbieter vom Zusammenwachsen<br />

der Rundfunk- mit der Internetwelt<br />

profitieren können. Hierzu startete<br />

die Medienanstalt Berlin Brandenburg<br />

(MABB) vor einem Jahr ein Projekt,<br />

dessen Förderung Ende März ausläuft.<br />

Ohne die sieht es <strong>für</strong> die Lokalsender<br />

aber nicht gut aus.<br />

Gerade in Brandenburg haben es lokale<br />

TV-Anbieter schwer. Die Verbreitung<br />

erfolgt auf Basis der Must-Carry-Regeln<br />

im Kabel. Im ländlich strukturierten<br />

Brandenburg ist der Satellit jedoch der<br />

TV-Empfangsweg N<strong>um</strong>mer 1. „Technische<br />

Reichweite ist <strong>für</strong> die Sender die<br />

Arbeitsgrundlage“, erklärt MABB-Direktor<br />

Hans Hege. Um die zu erhöhen und<br />

damit die Refinanzierung ihrer Inhalte<br />

zu sichern, rief die Medienanstalt ein<br />

Hybrid-TV-Projekt ins Leben.<br />

Lausitz-TV ist einer der vier Lokalsender, die als App mitsamt Mediathek abgerufen werden können. Die zusätzliche<br />

Reichweite ist jedoch nicht groß genug, <strong>um</strong> sie vermarkten zu können<br />

Bild: Auerbach Verlag<br />

App als Fernsehen<br />

Ziel des Projekts: hybride TV-Empfangsgeräte<br />

<strong>für</strong> die Steigerung der Reichweite<br />

nutzen. Hybrid-TV hat inzwischen eine<br />

Marktdurchdringung erreicht, mit der<br />

es auch <strong>für</strong> kleinere Programmveranstalter<br />

attraktiv wird. Für Fernsehveranstalter<br />

mit einem begrenzten lokalen<br />

Zuschauer- und Werbemarkt übersteigt<br />

der Aufwand aber noch die zu erwartenden<br />

Einnahmen. Daher fördert die<br />

MABB das Projekt.<br />

An dem Projekt beteiligten sich Lausitz-<br />

TV, Uckermark-TV, Potsdam-TV und<br />

ODF aus Eberswalde. Zusammen mit der<br />

M.E.N. Media Entertainment Networks<br />

GmbH entwickelte man Apps, die in<br />

den App-Stores auf den entsprechenden<br />

technischen Plattformen zur Verfügung<br />

gestellt wurden. Neben Fernsehern von<br />

Philips, Technisat, Samsung sowie LG<br />

und Sharp wurden Apps <strong>für</strong> Geräte von<br />

Xoro, Medion, Videoweb und Schwaiger<br />

sowie Wisi, Vantage und die Plattform<br />

von Netrange MMH entwickelt, die sich<br />

unter anderem auf Geräten von Thomson,<br />

Loewe und von HD Plus zertifizierten<br />

Set-Top-Boxen befindet.<br />

Mit den Apps wollte man möglichst<br />

nah an das TV-Erlebnis kommen, heißt:<br />

Beim Aufruf der App erscheint nicht<br />

etwa ein Portal. Die Anwendung startet<br />

sofort das laufende Programm bzw. die<br />

Programmschleife des jeweiligen Lokalsenders.<br />

Mit den Navigationstasten gelangt<br />

man über ein Menü ins TV-Archiv<br />

des jeweiligen Senders. Die MABB förderte<br />

mit einer Gesamts<strong>um</strong>me von rund<br />

60 000 Euro die Anpassung der App, die<br />

Zertifizierung und das Video-Hosting.<br />

Werberelevante Reichweite<br />

Das Resümee der Medienanstalt fällt<br />

zwiespältig aus. Die Akzeptanz bei den<br />

Zuschauern <strong>für</strong> die TV-nahe App sei<br />

hoch, wie MABB-Referent Jan Czemper<br />

gegenüber <strong>DIGITAL</strong> <strong>INSIDER</strong> erklärt.<br />

Die Bedienung werde als komfortabel<br />

eingestuft. Je nach Sender<br />

kamen monatlich zwischen 800 und<br />

2 700 Aufrufe zustande. Wer vorher<br />

<strong>für</strong> die App die Werbetrommel rührte,<br />

freute sich über die höheren Abrufzahlen.<br />

Die meisten Zuschauer nutzten<br />

die Programmschleife, weniger die Mediatheken.<br />

Allerdings sind die Nutzerzahlen nicht<br />

so hoch, als dass sich eine werberelevante<br />

Reichweite ergeben würde. Das<br />

liegt unter anderem an der <strong>für</strong> die<br />

Sender schwierigen Kommunikation.<br />

Abgesehen davon, dass die Hersteller<br />

<strong>für</strong> ihre hybriden TV-Angebote proprietäre<br />

Plattformen nutzen, war es<br />

nicht möglich, alle Geräte eines Herstellers<br />

abzudecken. Eine Aussage gegenüber<br />

Zuschauern wie „Die App läuft<br />

auf allen Samsung-Fernsehern“ war<br />

nicht möglich. Die Zuschauer mussten<br />

ausprobieren, ob die jeweilige App im<br />

Portal auf ihrem Gerät vorhanden ist.<br />

Das richtige Konzept<br />

Derzeit wird bei der MABB überlegt, ob<br />

das Projekt vorgeführt wird. Ein Vorschlag<br />

liegt bereits auf dem Tisch. Dabei<br />

soll das Fördermodell geändert werden.<br />

Ebenso ist eine Kooperation mit der Medienanstalt<br />

Mecklenburg-Vorpommern<br />

im Gespräch. Man betreibt bereits einen<br />

gemeinsamen Satellitenkanal namens<br />

„BB-MV-Lokal-TV“.<br />

Darüber hinaus könnten auch weitere<br />

TV-Anbieter mit aufgenommen werden.<br />

Fest steht allerdings, dass die hybride<br />

Verbreitung über ein App <strong>für</strong> die bisherigen<br />

vier Lokalsender ein Zuschussgeschäft<br />

ist. Der finanzielle und zeitliche<br />

Aufwand ist höher als der Nutzen bei<br />

der Vermarktung.<br />

Über eine Zusammenlegung mit dem<br />

Projekt „Lokal-TV-Portal Kanal 99“ der<br />

Bayerischen Landeszentrale <strong>für</strong> neue<br />

Medien (BLM), dem sich auch andere<br />

Medienanstalten angeschlossen haben,<br />

wird derzeit jedenfalls nicht nachgedacht.<br />

Das ist noch zu früh, denn laut<br />

MABB-Referent Czemper suche man in<br />

Berlin derzeit noch nach dem richtigen<br />

Konzept, <strong>um</strong> eine <strong>für</strong> die Sender wirtschaftliche<br />

Reichweitensteigerung zu<br />

erzielen. Dabei wäre eine einheitliche,<br />

herstellerübergreifende Hybrid-TV-<br />

Plattform sicherlich hilfreich. MH


12 Digital Insider www.digital-insider.de<br />

Vom Filter zur Zensur<br />

Medienregulierer heizt Debatte <strong>um</strong> Internetfilter neu an – Ablehnung bei Politik und Industrie<br />

Wenn es beim Thema Filter doch nur<br />

<strong>um</strong>s Rauchen ginge! Aber es geht <strong>um</strong><br />

viel wichtigere Dinge: <strong>um</strong> den Schutz<br />

von Kindern und Jugendlichen. Denn<br />

leider ist es ein Leichtes, sich Zugang<br />

z<strong>um</strong> Internet zu verschaffen und damit<br />

auch Zugriff auf unzählige Webseiten<br />

mit pornografischen Inhalten zu erlangen.<br />

Wie schützt man die Jugend also<br />

vor solchen Inhalten? Man filtert die<br />

Seiten heraus. Hört sich einfach an, wird<br />

aber heiß diskutiert.<br />

Bereits vor knapp fünf Jahren brach die<br />

Debatte <strong>um</strong> Internetfilter über Deutschland<br />

herein. Damals ging es in erster<br />

Linie <strong>um</strong> Kinderpornografie. Geplant<br />

waren Listen mit blockierten Seiten, die<br />

das Bundeskriminalamt führen sollte.<br />

Ende 2011 kam nach öffentlichen Protesten<br />

jedoch das Ende <strong>für</strong> das bereits in<br />

Kraft getretene, aber nie angewendete<br />

Zugangserschwerungsgesetz.<br />

Britisches Vorbild<br />

Jetzt brachte Andreas Fischer, Direktor<br />

der Niedersächsischen Landesmedienanstalt<br />

(NLM), das Thema am Safer Internet<br />

Day wieder auf die Tagesordnung.<br />

Er hält das Filtern von Porno-Webseiten<br />

<strong>für</strong> ein probates Mittel, mit dem Eltern<br />

ihre Kinder vor jugendgefährdenden<br />

Inhalten schützen könnten. Fischer verweist<br />

auf Großbritannien. Im Königreich<br />

werden Pornofilter eingesetzt –<br />

mit mehr oder weniger großem Erfolg.<br />

Nach einer langen Debatte zwischen der<br />

15<br />

12<br />

9<br />

6<br />

3<br />

0<br />

britischen Regierung und den Internet<br />

Service Providern (ISP), in der die ISPs<br />

zunächst freiwillige Blockademaßnahmen<br />

– allerdings nur im geringen Maße<br />

– <strong>um</strong>setzten, verdonnerte die Politik<br />

letztes Jahr die Provider z<strong>um</strong> Einsatz<br />

von Filtern. Davon betroffen sich auch<br />

Mobilfunkanbieter und Betreiber öffentlicher<br />

WLAN-Hotspots.<br />

In Großbritannien werden die Filter bei<br />

jedem Internetanschluss standardmäßig<br />

eingeschaltet. Nutzer können sie<br />

auf Wunsch deaktivieren, müssen aber<br />

belegen, dass sie über 18 Jahre alt sind.<br />

Bereits vor der Einführung der Pornofilter<br />

gab es heftige Kritik in Großbritannien.<br />

Eine Bürgerrechtsorganisation<br />

will herausgefunden haben, dass die<br />

Filter weit mehr blockieren als nur<br />

Pornoseiten. Es sollen auch Webseiten<br />

mit gewalttätigen und terroristischen<br />

Inhalten und solche, auf denen beschrieben<br />

wird, wie man die Blockaden<br />

<strong>um</strong>gehen kann, gefiltert werden.<br />

Klicks auf Webseiten mit Erwachsenenunterhaltung<br />

12,47 %<br />

9,58 %<br />

8,50 % 8,31 %<br />

Deutschland Spanien Großbritannien<br />

USA weltweiter Durchschnitt Irland<br />

Frankreich Australien<br />

7,65 % 7,45 % 7,34 %<br />

7,01 %<br />

Quelle: Similarweb<br />

NLM-Direktor Andreas Fischer hält Internetfilter nach<br />

britischem Vorbild <strong>für</strong> ein probates Mittel des Jugendund<br />

Kinderschutzes<br />

Bild: NLM<br />

Soziale Netzwerke ausgenommen<br />

Kritik wird auch an dem Umstand geübt,<br />

dass die Pornofilter auf einer Liste<br />

mit zu blockierenden Webseiten basieren.<br />

Eine solche Liste ist niemals vollständig.<br />

Sie wird stets dem Aufkommen<br />

neuer Webseiten mit pornografischen<br />

Inhalten hinterherhinken. Außerdem<br />

sind soziale Netzwerke wie z<strong>um</strong> Beispiel<br />

T<strong>um</strong>blr ausgenommen. Was auf T<strong>um</strong>blr<br />

frei zugänglich angeboten wird, offenbart<br />

eine einfache Google-Abfrage mit<br />

den entsprechenden Suchwörtern.<br />

Besonders pikant an den britischen<br />

Pornofiltern: Das Filtersystem des Providers<br />

Talk Talk wird von Huawei betrieben.<br />

Premier David Cameron lobte im<br />

letzten Jahr medienwirksam gerade dieses<br />

System. Der Geheimdienstausschuss<br />

des britischen Parlaments äußerte in<br />

einem Bericht jedoch den Verdacht,<br />

dass die Chinesen nicht nur kommerzielle<br />

sondern auch politische Interessen<br />

verfolgen könnten.<br />

Die Internetfilter stoßen auch deshalb<br />

auf Ablehnung bei den Briten, weil<br />

be<strong>für</strong>chtet wird, dass die Regierung<br />

ein System zur Einführung einer Zensur<br />

im Internet installieren will. Neben<br />

Porno-Webseiten können auch Seiten<br />

mit anderen Inhalten gesperrt werden,<br />

auf denen es z<strong>um</strong> Beispiel <strong>um</strong><br />

Filesharing geht. Zu guter Letzt stößt<br />

zudem die Fehlbarkeit der Filtersysteme<br />

übel auf, denn es wurden auch<br />

harmlose Seiten blockiert, wie z<strong>um</strong> Beispiel<br />

die der Organisation NSPCC, die<br />

sich gegen Kindesmissbrauch einsetzt.<br />

Unerwünschte Nebenwirkungen<br />

Auch in Deutschland stoßen Internetfilter<br />

auf wenig Gegenliebe. „Wir lehnen<br />

Internetfilter nach britischem Vorbild<br />

ab und finden es bedauerlich, dass<br />

die nicht zielführende Debatte <strong>um</strong> die


Ausgabe 114 April 2014 Digital Insider 13<br />

sogenannten Internetsperren jetzt wiederbelebt<br />

wird“, erklärt Oliver Süme,<br />

Vorstand Politik und Recht im Verband<br />

der deutschen Internetwirtschaft<br />

(Eco). Süme bezeichnet derartige Filtersysteme<br />

als „Einflugschneise <strong>für</strong> eine<br />

Zensur-Kultur, die die Grundprinzipien<br />

der Offenheit, Transparenz und Neutralität<br />

des Netzes untergräbt.“<br />

Er kritisiert die „massiven unerwünschten<br />

Nebenwirkungen“ und spricht sich<br />

<strong>für</strong> eine nutzerautonome Jugendschutzsoftware<br />

aus. Doch auch die ist nur ein<br />

Hilfsmittel. „Wir können Eltern nicht die<br />

Verantwortung <strong>für</strong> die Mediennutzung<br />

ihrer Kinder abnehmen“, so Süme. Er<br />

fordert deshalb die Politik auf, ihrem<br />

Bildungsauftrag nachzukommen und in<br />

Maßnahmen zur Förderung entsprechender<br />

Medienkompetenz von Eltern<br />

und Kindern zu investieren.<br />

Verantwortung der Eltern<br />

Natürlich weiß auch NLM-Chef Fischer,<br />

dass Pornofilter kein Allheilmittel sind,<br />

die die Eltern aus ihrer Verantwortung<br />

entlassen. Dennoch findet er in der<br />

Politik <strong>für</strong> seinen Vorschlag keine Anhänger.<br />

CDU-Medienexperte Thomas<br />

Jarzombek verweist auf den Jugendmedienschutzstaatsvertrag.<br />

Der sieht<br />

in Deutschland das Prinzip vor, dass<br />

auf der Nutzerseite durch den Einsatz<br />

von Jugendschutzprogrammen gefiltert<br />

werden kann und nicht etwa auf<br />

Netzseite. „Ich halte das Prinzip nach<br />

wie vor <strong>für</strong> richtig“, so Jarzombek<br />

auf Nachfrage von <strong>DIGITAL</strong> <strong>INSIDER</strong>.<br />

„Um den Jugendschutz zu verbessern,<br />

kann man über weitere Anreize <strong>für</strong><br />

die Entwicklung von Jugendschutzprogrammen<br />

nachdenken und hier auch<br />

Forschungsmittel zur Verfügung stellen,<br />

außerdem Eltern besser über diese<br />

Angebote informieren.“<br />

Auch die anderen Parteien sprechen<br />

sich gegen Filter aus. „Herr Fischers<br />

Aussagen sind populistisch und zeugen<br />

von einem generellen Unverständnis<br />

der Funktionsweise des Internets“,<br />

meint Ronny Syre, netzpolitischer<br />

Sprecher der Linken. Im Prinzip fordere<br />

Fischer technisch nichts anderes,<br />

als das Zugangserschwerungsgesetz,<br />

arg<strong>um</strong>entativ allerdings in der entschärften<br />

Version des Kinder- und Jugendschutzes.<br />

Hilfssheriffs<br />

Auch die Grünen wollen bei netzseitigen<br />

Internetfiltern nicht mitspielen.<br />

„Eine entsprechende Initiative <strong>für</strong><br />

Pornofilter nach britischem Vorbild<br />

wird es mit uns nicht geben“, erklärt<br />

Gerald Heere, medienpolitischer Sprecher<br />

der Grünen. „Provider sind keine<br />

Hilfssheriffs.“ Sperrmechanismen in<br />

der Netzinfrastruktur lehnt die Partei<br />

grundsätzlich ab. Hinzu kommen<br />

verfassungsrechtliche Bedenken gegen<br />

derartige Blockaden.<br />

Ganz abgesehen davon, dass es heutzutage<br />

kein Hexenwerk mehr ist, Internetfilter<br />

zu <strong>um</strong>gehen. Gegen das<br />

sogenannte Geoblocking, bei dem nur<br />

IP-Adressen aus einem bestimmten<br />

Land durchgelassen werden, existieren<br />

inzwischen unzählige Add-ons <strong>für</strong><br />

Browser, mit denen Proxy-Server genutzt<br />

werden, die die tatsächliche Herkunft<br />

des Nutzers verschleiern.<br />

Anstelle von Netzfiltern setzen die Politiker<br />

daher auf Aufklärung und Filtersoftware,<br />

die Eltern auf den Rechnern<br />

ihrer Kinder installieren. „Die ist erfahrungsgemäß<br />

zwar nicht besser, als<br />

die der ISPs und kann ebenfalls leicht<br />

<strong>um</strong>gangen werden, jedoch liefert diese<br />

Vorgehensweise wenigstens nicht die<br />

Begründung z<strong>um</strong> Aufbau einer Überwachungs-<br />

und Filterinfrastruktur“,<br />

sieht Syre in Netzfiltern die Gefahr<br />

einer staatlichen Zensur. Für seinen<br />

Vorstoß muss sich Fischer woanders<br />

Anhänger suchen. In der Politik findet<br />

er sie jedenfalls nicht. MH<br />

Produkt des Monats<br />

R2D2 <strong>für</strong>s Home Entertainment<br />

Franzosen entwickeln einen fahrbaren Roboter, der Filme und Musik abspielt und das Haus bewacht<br />

Von Google ist man einiges an Experimentierfreude<br />

gewohnt, aber was<br />

sich der ehemalige Google-Mitarbeiter<br />

Pierre Lebeau mit seiner Firma Keecker<br />

ausgedacht hat, sorgte auf der CES<br />

in Las Vegas <strong>für</strong> einiges Staunen. Das<br />

Unternehmen mit Sitz in Paris hat einen<br />

fahrbaren Roboter entwickelt, der<br />

einerseits als Projektor, andererseits als<br />

Lautsprecher funktioniert. Doch das ist<br />

nicht alles, was der Keecker Robot kann.<br />

Mit einer Höhe von 63 cm und einer<br />

Breite von 40 cm erinnert das Gerät<br />

an ein überdimensioniertes und etwas<br />

unförmiges Ei. Star-Wars-Fans wollen<br />

in ihm R2D2 wiedererkannt haben. Im<br />

Roboter tickt eine Android-Software. Er<br />

schafft eine Auflösung mit 1 280 × 800<br />

Bildpunkten bei 1 000 L<strong>um</strong>en.<br />

Abgesehen davon, dass der Roboter<br />

überall dort Filme und Musik abspielt,<br />

wo er hinfährt, verbindet er sich auch<br />

mit dem Internet. So surft man im<br />

World Wide Web, während der Roboter<br />

die Webseite an die Wand wirft. Man<br />

kann auch über ihn skypen, während<br />

man sich durchs eigene Haus bewegt.<br />

Der Roboter folgt seinem Herrn. Darüber<br />

hinaus patrouilliert er rund <strong>um</strong>s<br />

Haus. Seine Bilder kann man sich in<br />

Echtzeit auf dem Smartphone oder Tablet<br />

anschauen, von dem aus das Gerät<br />

auch gesteuert wird. Im Haus gibt er<br />

Auskunft über die Ra<strong>um</strong>temperatur,<br />

Luftfeuchtigkeit, den CO2-Gehalt oder<br />

die Helligkeit.<br />

Star-Wars-Fans und Liebhaber ausgefallener<br />

Entertainmentgeräte müssen<br />

<strong>für</strong> den Keecker Robot aber tief in die<br />

Tasche greifen. Das Gerät soll zwischen<br />

4 000 und 5 000 US-Dollar kosten. Wem<br />

das nicht zu viel ist, kann sich sicher<br />

sein, bei der nächsten Hausparty nicht<br />

mehr im Mittelpunkt zu stehen. Das<br />

wird ohne Zweifel der Roboter übernehmen.<br />

MH<br />

Ein kostspieliger Hingucker: der fahrbare Entertainment-<br />

Roboter von Keecker<br />

Bild: Keecker


14 Digital Insider www.digital-insider.de<br />

Wirtschaftsfaktor Pay-TV<br />

Bezahlfernsehen wird zur dritten Säule im Rundfunksystem – Zugpferd Sky – Programm mit Qualität<br />

Fortsetzung von Seite 1<br />

Jeder Sky-Mitarbeiter hat 2012 durchschnittlich<br />

607 000 Euro erwirtschaftet.<br />

Der Wert liegt doppelt so hoch wie<br />

im Übrigen deutschen TV-Markt. Dabei<br />

kämpfen sich die Unterföhringer immer<br />

näher an die Marktriesen RTL und Pro-<br />

SiebenSat.1 heran. Die Kölner setzten<br />

2012 zwei Milliarden, ProSiebenSat.1 1,9<br />

Milliarden Euro <strong>um</strong>. Sky kam vor zwei<br />

Jahren auf 1,3 Milliarden Euro.<br />

Der Grund <strong>für</strong> dieses Wachst<strong>um</strong> liegt im<br />

Programm der Pay-TV-Anbieter. Bei Erstausstrahlungen<br />

im öffentlich-rechtlichen<br />

und werbefinanzierten Fernsehen heißt<br />

es heute nur noch „z<strong>um</strong> ersten Mal im<br />

Free-TV“. Die meisten Fernsehpremieren<br />

finden im Pay-TV statt. Laut einer Analyse<br />

des Verbands Privater Rundfunk und<br />

Telemedien (VPRT) waren es 2013 rund<br />

14 000 Erstausstrahlungen. Wer <strong>für</strong> sein<br />

Fernsehen bezahlt, bekommt nicht nur<br />

Premiere zu sehen. Laut VPRT-Analyse<br />

erhält er mehr Qualität.<br />

190 000 Stunden HD<br />

Der Großteil der TV-Premieren, nämlich<br />

39 Prozent, fällt im Pay-TV auf<br />

Sportereignisse, gefolgt von fiktionalen<br />

Programmen (31 Prozent), Dok<strong>um</strong>entationen<br />

(17 Prozent), Kinder- und Musikprogramme<br />

(10 bzw. drei Prozent). Von<br />

den 14 000 Erstausstrahlungen entfällt<br />

etwas mehr als die Hälfte auf ausländische<br />

Produktionen, wobei der zeitliche<br />

Abstand zur TV-Premiere im Produktionsland<br />

nur noch wenige Tage, manchmal<br />

sogar nur Stunden beträgt.<br />

Laut VPRT gab es im vergangenen Jahr<br />

insgesamt 89 Pay-TV-Programme in<br />

Entwicklung der Pay-TV-Erlöse<br />

Mrd.<br />

2,0<br />

1,5<br />

1,0<br />

0,5<br />

0<br />

1,071<br />

1,2<br />

1,456<br />

1,84<br />

2009 2010 2011 2012<br />

Quelle: Die dritte Säule, HMR International, 2014<br />

Deutschland, davon 40 Unterhaltungsprogramme.<br />

Die restliche Reihenfolge<br />

entspricht fast der der TV-Premieren<br />

im Bezahlfernsehen: Nach Sport- folgen<br />

Dok<strong>um</strong>entation-, dann Musik- und z<strong>um</strong><br />

Schluss Kinderprogramme. Zudem zählt<br />

der Verband 67 HD-Programme, die<br />

2013 190 000 Sendungen in nativem<br />

HD ausstrahlten. Das macht 340 Stunden<br />

pro Tag. Hinzu kommen 150 000<br />

Stunden in Zweikanalton. Insbesondere<br />

bei Filmen und Serien, aber auch bei<br />

Kinderprogrammen wird inzwischen<br />

im Pay-TV der Originalton neben der<br />

synchronisierten Fassung angeboten.<br />

Hier beträgt der Anteil 23 Prozent. Der<br />

Großteil entfällt mit 73 Prozent auf<br />

Unterhaltung.<br />

Das alles lassen sich die Pay-TV-Sender<br />

jedoch auch etwas kosten. Im letzten<br />

Jahr investierten sie nach Angaben<br />

des VPRT 800 Millionen Euro in ihre<br />

Programme. Für die nächsten Jahre<br />

erwartet der Verband ebenso wie HMR<br />

eine anhaltende Wachst<strong>um</strong>sdynamik.<br />

Im letzten Jahr schauten 6,1 Millionen<br />

Menschen in Deutschland Pay-TV. Im<br />

deutschsprachigen Ra<strong>um</strong> sind es 6,8<br />

Millionen. Diese Zahl dürfte in den<br />

nächsten Jahren ebenfalls steigen.<br />

Marktauswirkungen<br />

Der Erfolg des Pay-TVs, insbesondere<br />

der von Sky, wirkt sich auch auf andere<br />

Märkte aus. Die Unterföhringer<br />

gehören zu den größten Nachfragern<br />

von Sportlizenzen in Deutschland.<br />

Im Fußball stammt rund die Hälfte<br />

der Erlöse aus der Medienlizenzierung<br />

von Sky. Zehn Prozent des Gesamt<strong>um</strong>satzes<br />

verdankt der deutsche Lizenzfußball<br />

dem Pay-TV-Anbieter aus<br />

Unterföhring.<br />

Trotz des Ärgers aufgrund erhöhter<br />

Preise und falschen Beschuldigungen<br />

können auch die Sportsbars ein Dankeschön<br />

an Sky entrichten. Laut HMR<br />

gingen 2012 jede Woche rund 1,3 Millionen<br />

Menschen in die Bars, <strong>um</strong> Fußball<br />

zu schauen. Dadurch entsteht ein Netto-Umsatzvol<strong>um</strong>en<br />

<strong>für</strong> die Gastronomie<br />

von einer Milliarde Euro pro Jahr.<br />

Die Marktaktivitäten von Sky wirken<br />

sich auch auf die Beschäftigung aus.<br />

Sky selbst beschäftigte 2012 knapp<br />

2 200 Mitarbeiter. HMR fand heraus,<br />

dass mindestens 21 588 weitere Jobs in<br />

den Bereichen Film- und TV-Produktion,<br />

Lizenzsport, Gastronomie, Kundenservice<br />

sowie Logistik auf Sky direkt<br />

Mio.<br />

15<br />

12<br />

9<br />

6<br />

3<br />

0<br />

*Prognose<br />

Entwicklung deutscher<br />

Pay-TV-Haushalte<br />

7,0<br />

9,6<br />

11,0<br />

12,2<br />

2011 2013* 2015* 2017*<br />

Quelle: Die dritte Säule, HMR International, 2014<br />

zurückzuführen sind. Dies entspricht<br />

einem mitarbeiterbezogenen Multiplikationsfaktor<br />

von 9,8. Oder anders<br />

gesagt: ein Sky-Mitarbeiter sorgt <strong>für</strong><br />

fast zehn Beschäftigungsverhältnisse in<br />

anderen Märkten.<br />

Steueraufkommen<br />

Auch Vater Staat dürfte wohlwollend<br />

auf die Unterföhringer blicken. Durch<br />

die Aktivitäten von Sky wurde 2012<br />

ein Netto-Einkommen von 350 Millionen<br />

Euro erzielt, das sich größtenteils<br />

in Kons<strong>um</strong>ausgaben niederschlägt. Allein<br />

an lohnabhängigen Steuern und<br />

Abgaben, die direkt oder indirekt auf<br />

Sky zurückzuführen sind, entstand ein<br />

Betrag von rund 200 Millionen Euro.<br />

„Berücksichtigt man zusätzlich noch<br />

die sonstigen von Sky gezahlten oder<br />

induzierten Steuern, wie Umsatz-, Gewerbe-<br />

oder Quellensteuer, liegt das<br />

Steueraufkommen bei einem Vielfachen<br />

des hier errechneten Betrags“, schreibt<br />

HMR in seiner Studie.<br />

Das Beratungsunternehmen hat sich<br />

auf Bereiche konzentriert, die einer<br />

Analyse mit wissenschaftlichem Anspruch<br />

gerecht wurden. Sky dürfte<br />

weitere Effekte wie z<strong>um</strong> Beispiel auf die<br />

Unterhaltungselektronik, den Werbemarkt<br />

oder den IT-Infrastruktursektor<br />

ausüben. HMR unterstellt daher eine<br />

Relevanz von Sky <strong>für</strong> den Wirtschaftsstandort<br />

Deutschland, der „noch deutlich<br />

über der hier berechneten Größenordnung“<br />

liege. Bleib zu hoffen, dass<br />

die Führungsspitze aus der Betastraße<br />

nicht die gleichen Fehler gemacht hat<br />

wie die aus der Säbener Straße. MH


Ausgabe 114 April 2014 Digital Insider 15<br />

Wieder zurück am Abgrund<br />

Panthera rettet Loewe nur unter geänderten Bedingungen – Rickmeyer sucht nach neuem Investor<br />

Was ist nur bei Loewe los? Erst feierte<br />

man die Rettung durch die Investorengruppe<br />

Panthera. Jetzt machen die Geldgeber<br />

einen Rückzieher und stoßen den<br />

Traditionshersteller aus Kronach zurück<br />

an den Abgrund. Loewe will Panthera<br />

notfalls gerichtlich dazu bringen, den<br />

Vertrag zu erfüllen. Solchen Drohungen<br />

sehen die Investoren jedoch gelassen<br />

entgegen. Sie hätten ihrer Meinung nach<br />

rechtlich konform vom Rücktrittsrecht<br />

Gebrauch gemacht.<br />

Knackpunkt sind die Gläubigerbanken.<br />

Laut Panthera haben sie wichtige Sicherheiten<br />

nicht freigeben. Neben den Markenrechten<br />

sollen dazu auch Vorräte,<br />

Patente und Software sowie bereits fertig<br />

produzierte Geräte zählen. Daher konnte<br />

die New Loewe GmbH den operativen<br />

Betrieb nicht aufnehmen.<br />

Allerdings sind die Investoren bereit,<br />

unter veränderten Bedingungen die<br />

Loewe-Rettung wieder aufzunehmen.<br />

Das Tischtuch scheint jedoch zerrissen.<br />

Loewe-CFO Rolf Rickmeyer verhandelt<br />

Ob mit oder ohne neuen Investor, die Mitarbeiter im<br />

Loewe-Werk in Kronach stehen vor einer ungewissen<br />

Zukunft<br />

Bild: Atlas Copco Tools<br />

bereits mit neuen Geldgebern. Laut<br />

Medienberichten will der Münchener<br />

Investor Stargate Capital bei Loewe<br />

einsteigen.<br />

Darüber hinaus ist der Verkauf von<br />

Firmengelände an die Stadt Kronach<br />

im Gespräch, die jedoch den eigenen<br />

Haushalt nur mit staatlicher Unterstützung<br />

aufrecht erhalten kann. Daher<br />

müsste ein solcher Kauf vom Landrat<br />

geprüft werden.<br />

So gut wie keine Hoffnung dürfen sich<br />

die Aktionäre machen, auch wenn es<br />

Aktionärsvertreter wie Michael Kunert<br />

von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger<br />

(SdK) gerne sehen würden,<br />

wenn Loewe börsennotiert bliebe. „Die<br />

Chance ist jedoch sehr gering, dass die<br />

Gesellschaft als Ganzes erhalten bleibt“,<br />

muss auch Kunert einrä<strong>um</strong>en.<br />

Immerhin: Im vergangenen Sommer wurde<br />

auf der Jahreshauptversammlung der<br />

Loewe AG ein Gutachten von Roland Berger<br />

präsentiert, demzufolge die Fortführung<br />

mit einem Investor, der die Mehrheitsanteile<br />

an der AG kauft, möglich<br />

wäre. „Von dem Gutachten war nach der<br />

Versammlung keine Rede mehr", vermutet<br />

Kunert, dass dieser Plan schnell ad<br />

acta gelegt wurde. Der Verkauf an einen<br />

Investor hat bislang jedoch auch nicht<br />

wirklich gezündet. MH<br />

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16 Digital Insider www.digital-insider.de<br />

China auf dem Vormarsch<br />

Markt <strong>für</strong> Telekom-Netzausrüster erholt sich – Huawei überholt Ericsson – Wachst<strong>um</strong> im LTE-Segment<br />

Die einst geäußerten Vorwürfe der USA,<br />

chinesische Netzausrüster wie Huawei<br />

und ZTE würden ihre Installationen als<br />

Einfallstore <strong>für</strong> Hacker nutzen, scheinen<br />

ihre Wirkung zu verfehlen. Beide Unternehmen<br />

konnten ihre Marktanteile<br />

vergrößern. Dadurch wächst der Druck<br />

auf die Konkurrenz aus den Staaten und<br />

Westeuropa, denn die Chinesen sind<br />

nicht nur bei den Netzausrüstern auf<br />

dem Weg nach oben.<br />

Die Telekom-Netzausrüster haben eine<br />

lange Periode geprägt von Übernahmen<br />

und Fusionen hinter sich. Nach Ansicht<br />

des Beratungsunternehmen Arthur D.<br />

Little stabilisiert sich der Markt aber<br />

nun wieder. Das liegt vornehmlich an<br />

der steigenden Nachfrage nach Ausrüstung<br />

und Dienstleistungen. Im Jahr<br />

2012 haben laut Arthur D. Little mehr<br />

als die Hälfte der 26 größten Telekommunikationsanbieter<br />

ihre Investitionen<br />

gegenüber 2011 erhöht.<br />

Im Markt der Telekom-Netzausrüster befinden sich die Chinesen trotz der Spionagevorwürfe aus den USA auf der<br />

Überholspur. Huawei investiert inzwischen mehr in Forschung und Technik als Ericsson<br />

Bild: Huawei/Yuan Guangxie<br />

Forschung und Entwicklung<br />

Branchenexperten rechnen mit einer<br />

Fortsetzung dieses Trends, der sich in<br />

einem jährlichen Wachst<strong>um</strong> zwischen<br />

zwei und vier Prozent auf die nächsten<br />

drei Jahre wiederspiegeln soll. Die<br />

größten Wachst<strong>um</strong>ssegmente werden<br />

im Mobilbereich, insbesondere bei LTE<br />

erwartet. Dagegen werden Wimax, 2G/<br />

GSM oder CDMA sukzessive auslaufen.<br />

Im Vergleich zur letzten Marktanalyse<br />

von Arthur D. Little fällt speziell die<br />

Verschiebung der Marktverhältnisse<br />

auf. Hatte Huawei 2009 noch die Rolle<br />

als Herausforderer inne, gehören<br />

die Chinesen heute zu den etablierten<br />

Playern. Die Challenger-Rolle nimmt<br />

derweil Samsung ein. Das gilt insbesondere<br />

<strong>für</strong> den LTE-Bereich. Neben Huawei<br />

konnte auch ZTE gegenüber Branchengrößen<br />

wie Ericsson, Alcatel-Lucent<br />

oder Nokia Solutions and Networks<br />

(NSN) seine Marktanteile vergrößern.<br />

Zusammen halten beide Unternehmen<br />

fast 40 Prozent.<br />

Darüber hinaus setzte sich insbesondere<br />

ZTE in anderen Branchen an die<br />

Spitze. Nach Angaben des Marktforschers<br />

Multimedia Research Group<br />

sind die Chinesen im IPTV-Segment<br />

in den Bereich Middleware, Video on<br />

Demand (VoD) und Set-Top-Boxen<br />

weltweiter Markführer. ZTE hat<br />

Microsoft von der Spitze verdrängt. Der<br />

VoD-Marktanteil der Chinesen liegt bei<br />

20,6 Prozent, wohingegen der Anteil von<br />

Microsoft lediglich 16,7 Prozent beträgt.<br />

Schmale Margen<br />

Auch beim Blick auf die Ausgaben <strong>für</strong><br />

Forschung und Entwicklung sind die<br />

Asiaten weiter auf der Überholspur.<br />

Huawei setzte sich im vergangenen Jahr<br />

mit einem Investitionsvol<strong>um</strong>en von über<br />

fünf Milliarden US-Dollar noch vor Ericsson<br />

an die Spitze. Damit investiert Huawei<br />

nun so viel in Forschung wie Alcatel-<br />

Lucent und NSN zusammen.<br />

„In den nächsten Jahren werden sich<br />

die Marktanteile weniger dynamisch<br />

verändern“, prognostiziert Clemens<br />

Schwaiger, Principal bei Arthur D. Little.<br />

Das liegt z<strong>um</strong> einen an den sich stabilisierenden<br />

Preisen und z<strong>um</strong> anderen<br />

an den schmalen Margen, die ka<strong>um</strong><br />

Spielra<strong>um</strong> <strong>für</strong> eine aggressive Preisgestaltung<br />

lassen, ohne dabei selbst unter<br />

die Räder zu geraten.<br />

Schwacher Cash Flow<br />

Schwachpunkt der Netzausrüster ist der<br />

geringe Cash Flow. Mit 9,5 Milliarden<br />

US-Dollar fällt er <strong>für</strong> 2012 im Vergleich<br />

zu den Gesamt<strong>um</strong>sätzen von 126 Milliarden<br />

Dollar äußerst mager aus. Auch <strong>für</strong><br />

2013 erwartet Arthur D. Little ein ähnlich<br />

schwaches Ergebnis, wobei Huawei,<br />

Ericsson und seit 2011 auch NSN deutlich<br />

stabilere Ergebnisse in dieser Hinsicht<br />

erzielen als Alcatel-Lucent und ZTE.<br />

Um sich gegen neue Wettbewerber zu<br />

wappnen, müssen die Telekom-Netzausrüster<br />

nach Meinung Schwaigers ihr<br />

Produktportfolio <strong>um</strong> IT-Know-how im<br />

Allgemeinen sowie <strong>um</strong> Cloud- und Big-<br />

Data-Analytik-Dienste im Speziellen erweitern.<br />

„Hier rechnen wir mit anorganischem<br />

Wachst<strong>um</strong> bei den großen<br />

Netzausrüstern“, so der Principal. „Mit<br />

Zukäufen können sie ihr IT-Know-how<br />

schneller aufrüsten.“<br />

Als gänzlich abgeschlossen sieht Arthur<br />

D. Little die Konsolidierung unter den<br />

Netzausrüstern aber nicht. Da die europäischen<br />

und asiatischen TK-Märkte<br />

noch relativ fragmentiert sind und der<br />

Zusammenschluss von Netzbetreibern<br />

nur langsam voranschreitet, erwartet<br />

das Beratungsunternehmen eine weitere<br />

Konsolidierung zu einem zusätzlichen<br />

Player neben Ericsson und Huawei oder<br />

aber strategische Partnerschaften zwischen<br />

den mittelgroßen Netzausrüstern.<br />

US- und europäische Anbieter müssen<br />

auf jeden Fall ihre Investitionen in Forschung<br />

und Entwicklung vorantreiben.<br />

Auf der anderen Seite müssen Netzbetreiber<br />

ihre bereits getätigten Investitionen<br />

im Hinblick auf disruptive Innovationen<br />

in der Ausrüsterlandschaft<br />

im Auge behalten. Partnerschaften mit<br />

Netzausrüstern könnten sich als sinnvoll<br />

erweisen, wenn es z<strong>um</strong> Beispiel <strong>um</strong><br />

Roll-out-Modelle <strong>für</strong> den FTTx- und LTE-<br />

Netzausbau geht. MH


Ausgabe 114 April 2014 Digital Insider 17<br />

Gemeinsam tri<strong>um</strong>phieren<br />

7. Auflage der TV Komm diskutiert in Karlsruhe die Rahmenbedingungen <strong>für</strong> deutsche Medienmacher<br />

Wenn die TV Komm in ihrem Untertitel<br />

fragt, wie man in der digitalen<br />

Medienarena tri<strong>um</strong>phiert, so lautet die<br />

Antwort: gemeinsam. Inhalt ist nichts<br />

ohne Infrastruktur. Umgekehrt gilt das<br />

Gleiche. Doch was sich so einfach anhört,<br />

ist in der praktischen Umsetzung<br />

wesentlich schwerer. Dabei ist das Feld<br />

bereitet. „2014 werden in Deutschland<br />

so viele Screens wie noch nie verkauft“,<br />

erklärte Michael Schidlack vom Branchenverband<br />

Bitkom, in seinem Einführungsreferat<br />

auf der diesjährigen TV<br />

Komm in Karlsruhe.<br />

Doch die neuen Screens befinden sich<br />

nicht nur in Privathaushalten. So zielte<br />

die TV Komm mit ihrer Ausstellung<br />

insbesondere auf den Fitnessbereich<br />

ab. Acht Millionen Menschen sind in<br />

Deutschland in Fitness-Studios aktiv. Moderne<br />

Fitnessgeräte verfügen über einen<br />

Screen, mit dem nicht nur Geräteeinstellungen<br />

vorgenommen werden können.<br />

Zur diesjährigen TV Komm kamen 350 Besucher nach Karlsruhe. Sie informierten sich in den Workshop und bei<br />

Best-Practice-Beispielen über die Herausforderungen der Medienbranche<br />

Bild: Karlsruhe Messe und Kongress GmbH<br />

Außerhalb des Wohnzimmers<br />

Hier ist auch Sky aktiv und bietet Studiobetreibern<br />

entsprechende Produkte<br />

mit linearen und in Zukunft auch mit<br />

non-linearen Inhalten an. Uwe Müller,<br />

Vice President Business Solutions bei<br />

Sky Deutschland, spricht von einer<br />

Sky-Go-Lösung <strong>für</strong> die Kunden eines<br />

Fitness-Studios, bei dem der Studiobetreiber<br />

z<strong>um</strong> Beispiel die Tablets zur<br />

Verfügung stellt.<br />

Entsprechend der Vielzahl an Screens<br />

versteht Susanne Aigner-Drews, Geschäftsführerin<br />

Discovery Communications<br />

Deutschland, ihren neuen Frauensender<br />

TLC nicht als reinen TV-Sender.<br />

„Es ist eine Entertainment-Marke mit<br />

linearen und non-linearen Inhalten“, so<br />

Aigner-Drews. TLC wird bei Facebook<br />

und Twitter vertreten sein. Ein Smart-<br />

TV-Angebot ist ebenfalls geplant. Die<br />

Webseite gibt bereits erste Einblicke in<br />

die Inhalte. Das lineare TV-Programm<br />

wird am 10. April starten.<br />

Mehr Wagnis gefordert<br />

Die Nutzung non-linearer Inhalte wird<br />

ohne Zweifel zunehmen. Aber das Nutzerverhalten<br />

wird sich nicht dramatisch<br />

ändern, weil bei Plattformen wie z<strong>um</strong><br />

Beispiel Horizon linearer und non-linearer<br />

Inhalte nur einen Knopfdruck<br />

entfernt sind. Durch diese Konvergenz<br />

nehmen die Gerätehersteller eine völlig<br />

neue Position im Ecosystem Fernsehen<br />

ein. „Damit müssen wir uns beschäftigen“,<br />

erklärte Thomas Langheinrich,<br />

Präsident der Landesanstalt <strong>für</strong> Kommunikation<br />

(LFK) auf der Podi<strong>um</strong>sdiskussion<br />

der TV Komm. Vor allem aber<br />

müsse aber die Politik die Rolle des<br />

Rundfunks in der digitalen Medienwelt<br />

neu definieren.<br />

Diese Forderung ist alles andere als neu.<br />

„Themen wie Zugang und Auffindbarkeit<br />

müssen aus der medienpolitischen<br />

Nische heraus“, appelliert Claus Grewenig,<br />

Geschäftsführer des Verbands Privater<br />

Rundfunk und Telemedien (VPRT)<br />

an die Politik. Die Plattformregulierung<br />

müsse nicht ausgeweitet, sie müsse laut<br />

Grewenig aktualisiert werden. „Ich sehe<br />

sehr viel Innovationsbereitschaft bei<br />

den TV-Sendern“, so Grewenig. Aber es<br />

müssten Regeln geschaffen werden, die<br />

Kooperationen ermöglichen.<br />

Von der Innovationsbereitschaft hat<br />

Lutz Schüler, CEO von Unitymedia Kabel<br />

BW (UMKBW), wenig gespürt, als<br />

es dar<strong>um</strong> ging, die Sender von der<br />

Horizon-Plattform zu überzeugen. Er<br />

fordert Medienunternehmen zu mehr<br />

Wagnis auf. Im globalen Wettbewerb<br />

kommt es laut Schüler vor allem auf<br />

eines an: Größe. Er warf in Karlsruhe<br />

den Blick auf die Mobilfunkbranche.<br />

Deutsche Unternehmen wie Siemens<br />

oder Mannesmann haben hier längst<br />

die Segel gestrichen. „Weil wir zu arrogant<br />

waren und nicht kooperiert<br />

haben“, so Schüler, der selbst in dieser<br />

Branche tätig war. „Diesen Fehler<br />

sollten wir in der TV-Branche nicht<br />

wiederholen“, warnte der UMKBW-CEO.<br />

Marktbetrachtungen<br />

Doch seine Warnung scheint schon<br />

fast zu spät zu kommen. Amazonas<br />

und Germany’s Gold scheiterten. „Jetzt<br />

wartet alles darauf, dass Netflix nach<br />

Deutschland kommt“, sagt Schüler.<br />

Vom Markteintritt der Amerikaner<br />

geht auch Simin Lange, Vice President<br />

Commercial Distribution bei Sky<br />

Deutschland, aus. Sie ist sich sicher,<br />

dass Netflix m Herbst in Deutschland<br />

starten wird. Wirkliche Sorgen bereitet<br />

ihr das aber nicht. „Wir begrüßen den<br />

Wettbewerb“, sagte Lange auf der TV<br />

Komm, verspricht sie sich davon doch<br />

eine Belebung des Abo-basierten Videoon-Demand-Geschäfts.<br />

Es hätte jedoch ein deutsches Netflix<br />

geben können, wie die Bestrebungen<br />

sowohl privater als auch öffentlichrechtlicher<br />

TV-Anbieter belegten. Gescheitert<br />

sind sie am Bundeskartellamt.<br />

„Die Marktbetrachtungen müssen<br />

sich ändern“, fordert daher VPRT-Geschäftsführer<br />

Grewenig. Er kritisiert<br />

zudem das Fehlen eines vorausschauenden<br />

Blicks <strong>für</strong> eine Wettbewerbspolitik,<br />

die Kooperationen ermöglicht,<br />

damit der Markt nicht allein den<br />

ausländischen Anbietern überlassen<br />

wird. Gemeinsam ist das Stichwort –<br />

das bezieht insbesondere die Medienpolitik<br />

mit ein. MH


18 Digital Insider www.digital-insider.de<br />

Medien im Umbruch<br />

Wie sich Kapitalflüsse der deutschen Medienindustrie verschieben – Wer profitiert, wer verliert?<br />

Im Rahmen einer aktuellen Analyse<br />

hat sich die Innovations- und Strategieberatung<br />

Arthur D. Little mit den<br />

Veränderungen entlang der Wertschöpfungskette<br />

der deutschen Medienindustrie<br />

beschäftigt. Von besonderem<br />

Interesse war dabei, welche Stufen der<br />

Wertschöpfungskette davon besonders<br />

profitieren und in welchem Tempo sich<br />

die Verschiebung Richtung Online Medien<br />

vollzieht.<br />

Als Instr<strong>um</strong>ent <strong>für</strong> diese <strong>um</strong>fangreiche<br />

quantitative Recherche wurde eine Kapitalflussanalyse<br />

verwendet. Wie in der<br />

Abbildung ersichtlich (nächste Seite),<br />

stammen die Kapitalzuflüsse in die Medienbranche<br />

von Verbrauchern, Werbetreibenden<br />

und zu einem geringen<br />

Anteil auch von der öffentlichen Hand.<br />

Händler und Distributoren sind dabei in<br />

der Regel die ersten Empfänger von Verbraucherausgaben<br />

(z<strong>um</strong> Beispiel CD/<br />

DVD in Handel und Verleih, Pay-TV-<br />

Abonnement<strong>um</strong>sätze, Vertriebserlöse<br />

von Printmedien, Erlöse an Kinokassen).<br />

Die Distributoren geben einen Teil<br />

ihres Umsatzes an Aggregatoren weiter<br />

(z<strong>um</strong> Beispiel TV/Rundfunk, Printmedien,<br />

Online-Portale, Online-Dienste).<br />

Letztere erhalten auch den Großteil<br />

der Werbeeinnahmen und geben einen<br />

Teil ihrer Kapitalzuflüsse schlussendlich<br />

an die Rechte-Eigentümer und Produzenten<br />

von Inhalten weiter.<br />

Die Analyse konzentriert sich dabei<br />

auf zwei Kennzahlen: den Anteil am<br />

Gesamt<strong>um</strong>satz der Branche, den eine<br />

individuelle Stufe der Wertschöpfungskette<br />

anzuziehen vermag, sowie dessen<br />

Werterhalt, also das Kapital, welches<br />

die jeweilige Stufe nicht an nachgelagerte<br />

Wertschöpfungsstufen weitergibt.<br />

Eine separate Auswertung dieser Daten<br />

<strong>für</strong> traditionelle und neue Akteure<br />

bietet dabei einzigartige Einblicke in<br />

die Transformation der deutschen Medienbranche.<br />

Moderates Wachst<strong>um</strong> seit 2007<br />

Im Jahr 2013 erzielte die deutsche Medienwirtschaft<br />

52 Milliarden Euro Umsatz,<br />

was rund zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes<br />

(BIP) entspricht. Die Verbraucherausgaben<br />

<strong>für</strong> Medien beliefen<br />

sich 2013 auf etwa 36 Milliarden Euro,<br />

ein Plus von sieben Prozent gegenüber<br />

2007. Mit rund 70 Prozent stellen die<br />

Verbraucherausgaben die größte Quelle<br />

der Kapitalzuflüsse in die Medien-Wertschöpfungskette<br />

dar. Wenngleich das<br />

Wachst<strong>um</strong> im Online Bereich deutlich<br />

über jenem im traditionellen Bereich<br />

liegt, entfallen bis dato nach wie vor etwa<br />

90 Prozent der Verbraucherausgaben<br />

auf traditionelle Medien.<br />

Bei den Ausgaben der Werbetreibenden<br />

hat sich jedoch die Verschiebung in Richtung<br />

Online deutlich schneller vollzogen.<br />

Hauptbegünstigte sind hierbei Suchmaschinen<br />

und verwandten Bereiche. Diese<br />

Akteure konnten Ihren Umsatzanteil seit<br />

2007 mehr als verdoppeln und verbuchen<br />

damit mittlerweile fast vier Prozent<br />

des Umsatzes der gesamten Medienindustrie<br />

in Deutschland.<br />

Trotz der Auswirkungen der Finanzund<br />

Wirtschaftskrise war die deutsche<br />

Medienindustrie also Zeuge moderaten<br />

Gesamtwachst<strong>um</strong>s in den vergangenen<br />

sechs Jahren. Auch <strong>für</strong> die Zukunft wird<br />

mit einem moderaten Wachst<strong>um</strong> gerechnet.<br />

Dieses wird sich im deutschen<br />

Medienmarkt jedoch weniger aus neuen<br />

Internetnutzern speisen, denn laut einer<br />

ARD/ZDF-Studie sind bereits 77 Prozent<br />

der Erwachsenen in Deutschland<br />

online. Die durchschnittliche Internetnutzung<br />

stieg zwischen 2012 und 2013<br />

<strong>um</strong> 36 Minuten und beträgt nunmehr<br />

169 Minuten pro Tag. Im Segment der<br />

14- bis 29-jährigen erreicht die tägliche<br />

Nutzung nunmehr sogar 218 Minuten<br />

pro Tag. Das Wachst<strong>um</strong> wird daher aus<br />

gesteigertem Medienkons<strong>um</strong> und höhere<br />

Nutzungsintensität erzielt werden.<br />

Videovertrieb überraschend stabil<br />

Die Transformation der Branche ist nun<br />

in vollem Gange und die Gewinner und<br />

Verlierer sind dabei z<strong>um</strong> Teil wenig<br />

überraschend. Den Musikvertrieb von<br />

CDs (minus 30 Prozent im Umsatz im<br />

Vergleich zu 2007) sowie den Verleih<br />

von DVDs und Blu-rays (minus 20Prozent)<br />

traf es am härtesten. Trotz signifikanten<br />

Wachst<strong>um</strong>s im Online-Video-<br />

Segment erwiesen sich Pay-TV-Anbieter<br />

sowie private und öffentlich-rechtliche<br />

Rundfunkveranstalter am widerstandsfähigsten<br />

im Wettbewerb gegen die neuen<br />

Marktteilnehmer und Geschäftsmodelle<br />

in ihrem Segment. Obwohl sich die Nachfrage<br />

nach bezahlten Online-Videos seit<br />

2007 vervierfacht hat, scheinen Totgesagte<br />

dennoch länger zu leben.<br />

Erstaunlicherweise gingen auch die<br />

Umsätze der physischen Videodistribution<br />

seit 2007 <strong>um</strong> gerade einmal<br />

ein Prozent zurück. Rechteinhaber und<br />

Produzenten von Inhalten sind jedoch<br />

Über den Autor<br />

Clemens Schwaiger ist Principal bei<br />

der Unternehmensberatung Arthur<br />

D. Little und trägt die globale Verantwortung<br />

<strong>für</strong> das Kompetenzzentr<strong>um</strong><br />

Digitale Medien. Seine Schwerpunkte<br />

liegen auf Wachst<strong>um</strong>sstrategien, Organisationsentwicklung<br />

und Verhandlungsunterstützung<br />

im Bereich Pay-<br />

TV, Rundfunk, Online Video, Gaming<br />

und anderer Internetdienste. In seiner<br />

Beratungstätigkeit hat er Medienunternehmen,<br />

Telekombetreiber, Regulierungsbehörden<br />

und Finanzinvestoren<br />

auf vier Kontinenten beraten.<br />

Kontakt:<br />

Bild: Arthur D. Little<br />

Tel.: +43 664 605 41 38<br />

schwaiger.clemens@adlittle.com<br />

die überraschenden Gewinner dieser<br />

Transformation, sie konnten ihren Umsatzanteil<br />

sowie vor allem Ihre eigene<br />

Wertschöpfung kontinuierlich ausbauen.<br />

Zudem wachsen Produzenten,<br />

Online-Aggregatoren wie Amazon und<br />

Suchmaschinen kontinuierlich.<br />

Vor dem Hintergrund dieser Verwerfungen<br />

auf dem Markt müssen sich<br />

Distributoren von Medieninhalten wie<br />

private oder öffentlich-rechtliche TVoder<br />

Radiosender jetzt erneut anpassen<br />

– sonst drohen neue Marktteilnehmer<br />

wie z<strong>um</strong> Beispiel Netflix mit innovativen<br />

Angeboten den klassischen Distributoren<br />

z<strong>um</strong>indest auf lange Sicht die<br />

Show zu stehlen. Erschwerend kommt<br />

hinzu, dass die Wettbewerbskraft reiner<br />

Online-Player größer wird: Netflix etwa<br />

gibt bereits 200 Millionen US-Dollar <strong>für</strong>


Ausgabe 114 April 2014 Digital Insider 19<br />

die Produktion eigener (und damit exklusiver)<br />

Inhalte aus und konnte damit<br />

in der Vergangenheit bereits begehrte<br />

Medienpreise gewinnen.<br />

„Winner takes it all“-Wettbewerb<br />

Für traditionelle Akteure am deutschen<br />

Medienmarkt ist es daher notwendig,<br />

ihre bisherige Strategie im Umgang mit<br />

Online-Medien zu überdenken. Bereits<br />

heute bietet der Markt mit Axel Springer<br />

und ProSiebenSat.1 positive Beispiele <strong>für</strong><br />

die Transformation von traditionellen<br />

zu Online-Geschäftsmodellen. Online-<br />

Angebote sind jedoch geprägt durch<br />

Skaleneffekte was dazu führt, dass diese<br />

neuen Angebote und Dienste insbesondere<br />

in den ersten Jahren signifikante<br />

Investitionen benötigen und mittel- bis<br />

langfristig eine geringere Profitabilität<br />

aufweisen als jene traditionellen Medien,<br />

die dadurch substituiert werden. Diese<br />

Situation ist <strong>für</strong> traditionelle Akteure<br />

daher besonders schwierig zu verdauen.<br />

Des Weiteren weisen erfolgreiche Online-<br />

Angebote in der Regel auch starke Netzwerkeffekte<br />

auf (z<strong>um</strong> Beispiel WhatsApp,<br />

Facebook) und resultieren daher in einen<br />

„Winner takes it all“-Wettbewerb. Außer<br />

in Mediensegmenten mit ausgeprägten<br />

territorialen Rechtesystemen (z<strong>um</strong> Beispiel<br />

Filmwirtschaft und Rundfunk) sind<br />

daher globale Akteure typischerweise erfolgreicher<br />

im Rennen <strong>um</strong> Skaleneffekte<br />

und Netzwerkgröße.<br />

Eine zögerliche Diversifizierungsstrategie<br />

in Richtung Online-Dienste ist daher eine<br />

potentiell gefährliche Unternehmensstrategie<br />

<strong>für</strong> traditionelle Akteure. Skalenerträge<br />

und Netzwerkeffekte können<br />

durch dieses Vorgehen in der Regel nur<br />

unzureichend erzielt werden und dem<br />

Ausbau des Kerngeschäfts wird wichtiger<br />

Cash-Flow entzogen. Ein bewusster<br />

Verzicht beziehungsweise Rückzug aus<br />

dem Online-Bereich könnte daher ein<br />

radikaler Ansatz sein <strong>um</strong> Shareholder<br />

Value zu erhalten und das dadurch generierte<br />

Kapital <strong>für</strong> gezielte Akquisition<br />

von Skalenakteuren zu einem späteren<br />

Zeitpunkt aufzubauen. Es ist daher zu<br />

erwarten, dass auch Finanzinvestoren<br />

in Zukunft in diesem Segment verstärkt<br />

tätig werden dürften, wie etwa die<br />

Akquisition der Scout24-Gruppe durch<br />

einen führenden internationalen Private-<br />

Equity-Fonds illustriert.<br />

Erfolgsfaktor Kundenschnittstelle<br />

Ein anderer innovativer Ansatz <strong>für</strong> langfristigen<br />

Erfolg traditioneller Akteure<br />

stellt der Fokus auf die Kontrolle der<br />

Kundenschnittstelle und der „Customer<br />

Experience“ dar. Dies ist einer der wesentlichen<br />

Faktoren <strong>für</strong> den Erfolg des<br />

US-Kabelbetreibers Comcast, der nun<br />

mit dem vollständigen Erwerb von NBC<br />

Universal auch eine <strong>um</strong>fassende Rückwärtsintegration<br />

abgeschlossen hat.<br />

Auch der Schweizer Telekomanbieter<br />

Swisscom ist mit diesem Rezept sehr erfolgreich<br />

und kann seine Marktposition<br />

weiter ausbauen.<br />

Diese Rolle ist mittels innovativer Applikationen<br />

und Multi-Channel-Diensten<br />

auch <strong>für</strong> integrierte Medienkonzerne<br />

denkbar, die verschiedene Produkte unter<br />

einem Dach vereinen (z<strong>um</strong> Beispiel<br />

Rundfunk, Printverlage). Partnerschaften<br />

über mehrere Wertschöpfungsstufen<br />

hinweg werden ebenfalls immer wichtiger,<br />

da sie bestehende Stärken verbinden,<br />

Reichweiten erhöhen und die Geschäftsmodelle<br />

und Positionen der teilnehmenden<br />

Akteure absichern können.<br />

Partnerschaft als Option<br />

Im Online-Video-Bereich z<strong>um</strong> Beispiel<br />

haben sich im Rennen <strong>um</strong> Marktanteile<br />

deshalb mehrere teils exotische Partnerschaften<br />

herausgebildet. In den USA<br />

etwa hat der schwer in Bedrängnis geratene<br />

DVD-Verleiher Redbox mit dem<br />

Telekommunikationsanbieter Verizon<br />

einen gemeinsamen Online-Videodienst<br />

gestartet. Unter dem Namen „Redbox<br />

Instant by Verizon“ nutzen die Partner<br />

die Zugkraft beider Marken sowie ihre<br />

jeweiligen Stärken (Erfahrung im Home-<br />

Videomarkt, Kundenbeziehungen und<br />

digitale Distribution) in der Vermarktung<br />

dieses Dienstes.<br />

In Spanien hat der ebenfalls unter Druck<br />

geratene Kinokettenbetreiber Cinesa mit<br />

dem Bezahlfernsehanbieter Canal Plus<br />

unter einer separaten Marke (Yomvi)<br />

einen gemeinsamen Online-Videodienst<br />

gegründet. Der Erfolg dieser Partnerschaften<br />

muss sich erst zeigen. Sie sind<br />

jedoch Zeuge des Umbruchs und der<br />

Bereitschaft traditioneller Akteure, ihre<br />

Position in der Wertschöpfungskette<br />

grundlegend zu überdenken.<br />

Für Online-Akteure hingegen gilt unverändert:<br />

volle Konzentration auf Wachst<strong>um</strong>;<br />

gemessen je nach Geschäftsmodell<br />

entweder in aktiven Nutzern, höherer<br />

Nutzungsintensität bestehender Kunden<br />

oder gesteigertem Umsatz. Alle Akteure<br />

haben allerdings eine Priorität gemeinsam:<br />

wachsam sein, mutig sein. Gerade<br />

in Zeiten radikaler Veränderungen sind<br />

frühzeitige Maßnahmen entscheidend.


20 Digital Insider www.digital-insider.de<br />

Veranstaltungskalender<br />

Messen/Veranstaltungen Termin Ort<br />

Teilnahmebestätigung: TMT Predictions<br />

Delphi-Conference 2014<br />

Deutsche Medienakademie und Deloitte<br />

www.medienakademie-koeln.de<br />

02. April 2014 Düsseldorf<br />

Kol<strong>um</strong>ne<br />

Schlank und<br />

sehenswert<br />

von Marc Hankmann<br />

ITG Fachkonferenz<br />

Heinrich Hertz Institut<br />

www.hhi.fraunhofer.de<br />

NAB Show<br />

National Association of broadcasters<br />

www.nabshow.com<br />

MIPTV<br />

Reed Exhibitions<br />

www.miptv.com<br />

Europäischer Civisi Online Medienpreis 2014<br />

Civis Medienstiftung<br />

www.civismedia.eu<br />

Breko-Messe<br />

Bundesverband Breitbandkommunikation<br />

www.brekoverband.de<br />

BVDW – Social Media Dialog<br />

Bundesverband Digitale Wirtschaft<br />

www.bvdw.org<br />

Cons<strong>um</strong>er Electronics & Photo Expo<br />

Midexpo<br />

www.en.cepexpo.ru<br />

Internationale Konferenz <strong>für</strong> Kommunikation,<br />

Medien, Technologie und Design<br />

Institut <strong>für</strong> Kommunikationswissenschaften<br />

der Anadolu Universität<br />

www.cmdconf.net<br />

Neue Netze – All-over-IP?<br />

Deutsche Medienakademie<br />

www.medienakademie-koeln.de<br />

Audiovisual Media Days<br />

Medientage München<br />

www.audiovisual-media-days.com<br />

02. – 04. April 2014 Berlin<br />

05. – 10. April 2014 Las Vegas<br />

07. – 10. April 2013 Cannes<br />

09. April 2014 Berlin<br />

09. – 10. April 2014 Frankfurt a. M.<br />

10. April 2014 Berlin<br />

10. – 13. April 2014 Moskau<br />

24. – 26. April 2014 Istanbul<br />

29. April 2014 Düsseldorf<br />

29. – 30. April 2014 München<br />

Jetzt mal ehrlich: Was soll der Terz <strong>um</strong><br />

die Rundfunkabgabe? Man hätte sie <strong>um</strong><br />

73 Cent reduzieren können oder auch<br />

nicht. Jetzt sind es 48 Cent, denn man<br />

weiß ja nicht, welche Auswirkungen die<br />

Beitragskürzung haben wird. Ein jetzt<br />

reduzierter Beitrag könnte in einigen<br />

Jahren wieder zu einer Erhöhung führen.<br />

Als käme die nicht sowieso! Zur<br />

Debatte stand auch, ob man es nicht<br />

doch lieber bei der Beitragshöhe von<br />

17,98 Euro belässt, bevor die Qualität<br />

des öffentlich-rechtlichen Fernseh- und<br />

Radioprogramms schlechter wird und<br />

von noch weniger Personen produziert<br />

werden muss.<br />

Die Politik tut grad so, als würde sie<br />

dem Bürger eine schwere Last von den<br />

Schultern nehmen. Diese Last wiegt<br />

noch nicht einmal sechs Euro im Jahr.<br />

Wer eine solche S<strong>um</strong>me nicht schon mal<br />

<strong>für</strong> Sinnloses ausgegeben hat, darf auf<br />

die Reduzierung des Rundfunkbeitrags<br />

pochen. Und wenn die Politik schon<br />

von einer Entlastung spricht, muss sie<br />

fairerweise auch erwähnen, dass sie mit<br />

der Beitragsreform all diejenigen belastet<br />

hat, die zuvor keine GEZ-Gebühr<br />

gezahlt haben.<br />

Vorschlag: War<strong>um</strong> hat man nicht auf<br />

die Reduzierung des Beitrags im Sinne<br />

eines öffentlich-rechtlichen Qualitätsrundfunks<br />

verzichtet und stattdessen<br />

die politischen Vertreter in den Aufsichtsgremien<br />

durch Medienexperten<br />

aus Wissen- und Gesellschaft ersetzt?<br />

Das Geld hätte man zweckgebunden <strong>für</strong><br />

das Programm einsetzen und den Verwaltungsaufwand<br />

reduzieren können.<br />

Bei fristgerechter Umsetzung solcher<br />

Zielvorstellungen gäbe es neben der<br />

Anpassung an die Inflationsrate ein<br />

Bonus obendrauf. Da<strong>für</strong> bekämen wir<br />

einen erstklassigen und schlanken öffentlich-rechtlichen<br />

Rundfunk. Das wär<br />

doch mal was.<br />

Digital Insider<br />

Verleger: Auerbach Verlag und Infodienste GmbH,<br />

Oststraße 40 – 44, 04317 Leipzig<br />

Herausgeber: Stefan Goedecke (SG), Torsten Herres (TH),<br />

Stefan Hofmeir (SH), Florian Pötzsch (FP)<br />

Chefredaktion (ViSdP): Marc Hankmann (MH)<br />

Layout: Ronny Labotzke<br />

Redaktionsanschrift: Auerbach Verlag und Infodienste GmbH,<br />

Redaktion <strong>DIGITAL</strong> <strong>INSIDER</strong>, Oststraße 40 – 44, 04317 Leipzig<br />

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