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ammer titelstory_ 24-35 - Willi Näf

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thema appenzell<br />

Zu Grossvaters «Lindauerli» gehörte auch der «Baksäckel», reich verziert mit Motiven des Appenzeller Senntums.<br />

Sie kam aus Ulm. Die kleine Appenzeller Pfeife ist ein<br />

veritabler Schwabe, ein «Ulmerkopf». Das Wörterbuch<br />

der Gebrüder Grimm, publiziert 1913 in Leipzig, beschreibt<br />

das Stichwort «Ulmer»: «Geschnitzter Pfeifekopf von<br />

besonders handlicher, beutelartiger Form, nicht selten mit<br />

silbernem Beschlag, womit Staat gemacht wurde, jetzt fast<br />

nicht mehr gekannt!»<br />

Es kam aber noch viel europäischer. Nehmen wir als<br />

Stichjahr 1966: Die Drechslerfamilie Schwarz bei Kempten<br />

im Allgäu liefert die Pfeifen aus gebleichtem, gebeiztem und<br />

teils schwarz lackiertem Birnbaumholz an die Firma Lüscher<br />

in Winterthur. Lüscher bringt die Schweizer Embleme an,<br />

ausserdem das Hornmundstück aus der Tschechoslowakei<br />

und das Silberkettchen aus dem Rheinland, und verkauft<br />

die «Appenzeller» Lindauerli dann. 15 000-mal pro Jahr.<br />

Und die Appenzeller haben dann das Gefühl, sie rauchten<br />

etwas ur-originales.<br />

Neue werden nur noch auf Bestellung fabriziert und, soweit<br />

ich herausfand, nur noch in der Silberschmiede Wenk in<br />

Speicher AR.<br />

So. Das war die wundersame Geschichte eines Ausflugs in<br />

das Heimatchen. Ich habe Tante Frieda und Cousin Johann<br />

die Tracht wieder abgeliefert, bin in meine Levi’s und in<br />

meinem Peugeot gestiegen und nach Zürich gebrettert und<br />

habe dort dem Chefredaktor Brodmann die Appenzeller<br />

Geschichte einer unrauchbaren europäischen Pfeife auf den<br />

Schreibtisch geworfen.<br />

Falls Sie, geneigter Raucher, diese Geschichte hier lesen,<br />

dann deutet alles daraufhin, dass der Brodmann sie<br />

publiziert hat. Der Grund dafür ist simpel: Ich habe ihn<br />

bestochen. Mit einem original Appenzeller Sennengürtel.<br />

107 cm, mit Schnalle.<br />

Und heute? Heute sind beide Lindauerli-Formen teure<br />

Spässe im vierstelligen Frankenbereich, bestehend aus<br />

Bruyereholz, Silber 925 und ganz vielen Stunden<br />

Handarbeit. Es gibt noch Weissküfer im Appenzellerland,<br />

die antike Stücke handeln und alte Originale restaurieren.<br />

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