story mafia SALVEN KNATTERN, REIFEN QUITSCHEN ... - Willi Näf
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Die Mafia oder<br />
weck den Neander in dir<br />
Mafiabosse sind Helden. Ihre Stories wurden verfilmt und biographiert.<br />
Man bezeichnete sie oft als «ehrenwerte Gesellschaft», aber kaum je als<br />
Kriminelle, die Schwächere plagen. Männer, Mythen, Mafia: Die<br />
«Gesellschaft» scheint immer noch zu funktionieren – oder immer besser.<br />
TEXT: WILLI NÄF AUFMACHERFOTO: IMAGEPOINT<br />
Marcello Dell’Utri, 64, ist Senator der<br />
Forza Italia und deren Kulturbeauftragter.<br />
Der Jurist besuchte einst<br />
eine Jesuitenschule und hat gute<br />
Beziehungen zum Opus Dei. Im<br />
letzten Sommer wurde er in Palermo zu<br />
neun Jahren Haft verurteilt. Wegen<br />
Aussenbeziehungen zur Mafia.<br />
Mafia die; -, -s<br />
:<br />
erpresserische Geheimorganisation<br />
(ursprünglich in Sizilien).<br />
«Mafia». Schauder, Schauder. Diese<br />
Kerle. Robert de Niro, unbewegt.<br />
Salven knattern, Reifen quitschen,<br />
Männer, Hüte, Notenbündel. The<br />
Untouchables. Al Capone, feistes<br />
Grinsen mit Zigarre. Ladies mit Sekt<br />
und Andy Garcia. Charles Bronson<br />
als Joe Valachi, Werbung, pinkeln,<br />
Marlon Brando. Und gell, der<br />
Regisseur hätte dieses oder jenes<br />
Blutbad nicht dermassen schmuck zu<br />
inszenieren brauchen, Mann verurteilt<br />
schliesslich Gewaltexzesse. Nur: genau<br />
an sie werden wir uns später erinnern.<br />
Und das weiss der Regisseur.<br />
Er weiss auch, wieso; Es ist die<br />
Erinnerung ans Neandertal, in dem der<br />
Mensch noch Tier sein durfte, weil<br />
Hemmungen ihn beim Überleben<br />
hätten hindern können. Der Homo<br />
sapiens hat inzwischen doch wenigstens<br />
gelernt, dass es zwischen Fressen<br />
und Gefressen werden durchaus vorteilhafte<br />
Alternativen gibt, nämlich<br />
Zivilisation, soziales Verhalten und<br />
Snacks vor dem Fernseher. Doch im<br />
Neandertal und in der Mafia gibt es<br />
keine.<br />
Die italienischen Medien berichteten<br />
kaum über Dell’Utris Verurteilung.<br />
Zweitens wird er ja dann eh spätestens<br />
vom Kassationsgericht freigesprochen.<br />
Und erstens ist er seit Studienzeiten<br />
ein enger Freund von Silvio<br />
Berlusconi, dem Ministerpräsidenten,<br />
Medienunternehmer und Mitglied der<br />
Untergrundorganisation Propaganda<br />
Due, kurz P2. Letzteres seit 28 Jahren.<br />
In jenen Jahren hatte Berlusconi im<br />
Mailänder Bausektor Erfolg. Als die<br />
Mafia partizipieren wollte, holte er<br />
MAFIA — DIE MÄNNER<br />
MAFIA — DIE FRAUEN<br />
Gelassen, immer noch schweigend,<br />
lud McErlane nach und<br />
jagte Keane die Ladung beider<br />
Läufe in den Leib. Wieder lud<br />
er nach, starrte Egan an und<br />
sagte: «Ich glaube, jetzt solltest<br />
du auch mal eine verpasst<br />
kriegen.» Er schoss Egan in die<br />
Seite.<br />
Al Capone, «Die Biographie»,<br />
S. 107<br />
Als Antonina Brusca erfuhr, dass ihr Sohn Giovanni den kleinen Buben eines abtrünnigen<br />
Mafiosos entführt, zwei Jahre und drei Monate in einem Schuppen gefangen gehalten, ihn<br />
schliesslich erwürgt und in Säure aufgelöst hatte, um dessen Vater zum Schweigen zu bringen, da<br />
berief sie sich auf Gott und verfluchte den Vater des ermordeten Kindes als gottlose Seele – ein<br />
Lügner wie alle anderen Reuigen auch. Sie zeterte und spie Galle – bis zu jenem Tag, als ihre<br />
Söhne ihr jenen Stoss versetzten, von dem sie sich nie mehr erholt hat: Auch sie waren zur Justiz<br />
übergelaufen, über Nacht hatten auch sie sich in gottlose Seelen verwandelt. Wochenlang zeigte<br />
sich die Mutter nicht im Dorf. Sie ertrug die Blicke nicht. Heute verlässt sie das Haus nur, um in<br />
Früh- und Abendmesse zu gehen. Diese Schande. Ein Wort des Bedauerns für die Morde ihrer<br />
Söhne kam ihr nicht über die Lippen.<br />
Ausschnitt aus «Die Paten-Söhne» von Petra Reski, © «Die Zeit» 44/2004<br />
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