tu - Technik im Unterricht Das Fach Technik in der Sekundarstufe (Vorschau)
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E 3915<br />
152<br />
Neckar-Verlag 2. Quartal 2014<br />
ZEITSCHRIFT FÜR TECHNIK IM UNTERRICHT<br />
ISSN 0342-6254
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Impressum<br />
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Zeitschrift für<br />
<strong>Technik</strong>Im <strong>Unterricht</strong><br />
– 39. Jahrgang –<br />
<strong>tu</strong>: „<strong>Technik</strong> <strong>im</strong> <strong>Unterricht</strong>“ ersche<strong>in</strong>t vierteljährlich. <br />
Sammelanschrift für Verlag, Anzeigen und Redaktion: Neckar-<br />
Verlag GmbH, Klosterr<strong>in</strong>g 1, 78050 Vill<strong>in</strong>gen-Schwenn<strong>in</strong>gen, <br />
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Herausgegeben vom Neckar-Verlag GmbH <strong>in</strong> Zusammenarbeit<br />
mit Burkhard Sachs; begründet <strong>in</strong> Zusammenarbeit mit August<br />
Steidle, 73557 Mutlangen<br />
Verantwortlich für die Auswahl und Bearbei<strong>tu</strong>ng <strong>der</strong> Manu-<br />
skripte: Burkhard Sachs, Lichtenbergstr. 18, 79114 Freiburg <strong>im</strong><br />
Breisgau; Tel. (0761) 83759, Fax (0761) 8975283, <br />
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24,00 € zuzüglich Versandkosten; Abbestellung 8 Wochen vor<br />
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des Verlages über. Nachdruck und gewerbliche Verwer<strong>tu</strong>ng<br />
nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages. Dies gilt<br />
auch für die gewerbliche Vervielfältigung per Kopie, die Aufnahme<br />
<strong>in</strong> elektronische Datenbanken und Mailboxen sowie für<br />
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Letzter Annahmetag für Anzeigen und Redaktionsschluss ist<br />
<strong>der</strong> 10. <strong>im</strong> ersten Monat des Quartals.<br />
MitarbeiterDIeses Heftes<br />
Werner Digel, E-Mail: Werner.Digel@gmx.de<br />
Harald Hölz, Schorndorf, E-Mail: haraldhoelz@arcor.de<br />
Prof. Dr. Peter Röben, <br />
E-Mail: peter.roeben@uni-oldenburg.de<br />
Prof. Dr. Wilfried Schlagenhauf, Pädagogische <br />
Hochschule Freiburg, Kunzenweg 21, 79117 Freiburg,<br />
E-Mail: schlagenhauf@ph-freiburg.de<br />
Prof. Dr. W<strong>in</strong>fried Schmayl, <br />
E-Mail: schmayl@ph-karlsruhe.de<br />
<strong>tu</strong>: <strong>Fach</strong>didaktik<br />
<strong>tu</strong>: Inhalt<br />
Inhalt<br />
Wilfried SchLAGenhauf<br />
<strong>Das</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Technik</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Sekundars<strong>tu</strong>fe –<br />
Überlegungen zum ak<strong>tu</strong>ellen Stand,<br />
zu Problemen und Entwicklungsperspektiven . . . . . 5<br />
<strong>tu</strong>: Energietechnik<br />
Peter Röben<br />
Geschichte <strong>der</strong> Sonnenenergienutzung – <br />
von Mouchot bis Quarzazate . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11<br />
<strong>tu</strong>: <strong>Unterricht</strong>spraxis<br />
Werner Digel<br />
Bau e<strong>in</strong>es Warentransport-Roboters<br />
Teil 1: Der Hybridschrittmotor und se<strong>in</strong>e <br />
Ansteuerung – Der Bau des Roboters . . . . . . . . . . . 20<br />
<strong>tu</strong>: Werkstoffe<br />
Harald Hölz<br />
Verbundwerkstoffe – Teil 2 –<br />
E<strong>in</strong>teilung nach <strong>der</strong> Geometrie des Verbunds . . . . . 30<br />
<strong>tu</strong>: Allgeme<strong>in</strong>e <br />
<strong>tu</strong>: <strong>Technik</strong>wissenschaften<br />
HelmutfIes<br />
Technische Grundsachverhalte – <br />
E<strong>in</strong>führung <strong>in</strong> die <strong>Technik</strong>wissenschaft(en) – <br />
1. Tel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40<br />
Titelseite: Abbildungen aus den Beiträgen von<br />
P. Röben, H. Hölz und W. Diegel<br />
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<strong>tu</strong> 152 / 2. Quartal 2014<br />
3
<strong>tu</strong><br />
Der Elektromotor wird Masch<strong>in</strong>enantrieb<br />
Etwa ab 1890 begann die Industrie<br />
den Elektromotor als Masch<strong>in</strong>enantrieb<br />
zu verwenden. Er trat damit <strong>in</strong><br />
Wettbewerb zur Dampfmasch<strong>in</strong>e und<br />
zum Gasmotor. Im Vergleich zu ihnen<br />
arbeitete er wirtschaftlicher und war<br />
weniger unfallträchtig.<br />
Der Elektroantrieb besaß e<strong>in</strong>en guten<br />
Wirkungsgrad, war schnell betriebsbereit<br />
und brauchte <strong>im</strong> Stillstand ke<strong>in</strong>e<br />
Energie. Se<strong>in</strong> Lauf verursachte weniger<br />
Geräusche. Elektrisch betriebene<br />
Masch<strong>in</strong>en waren freier aufzustellen,<br />
so daß die Produktionsabläufe flexibler<br />
organisiert werden konnten. Die gefährlichen<br />
durch den Raum gehenden<br />
Transmissionsriemen entfielen.<br />
Trotz dieser auffälligen Vorzüge<br />
brauchte es Jahrzehnte, bevor <strong>der</strong><br />
Elektromotor gängiger Antrieb bei<br />
Arbeitsmasch<strong>in</strong>en wurde. Bis dah<strong>in</strong><br />
gab es je nach örtlichen Verhältnissen<br />
Zwischenlösungen:<br />
Manchmal trat <strong>der</strong> Elektromotor an<br />
die Stelle <strong>der</strong> Dampfmasch<strong>in</strong>e und<br />
versorgte über die vorhandene Transmission<br />
alle Masch<strong>in</strong>en des Betriebes.<br />
In an<strong>der</strong>en Fällen diente <strong>der</strong> Elektromotor<br />
als Gruppenantrieb für mehrere<br />
Arbeitsmasch<strong>in</strong>en. Diese Lösung<br />
vermied e<strong>in</strong>e durch alle Säle gehende<br />
Haupttransmission mit ihren großen<br />
Reibungsverlusten. In Arbeitspausen<br />
standen dann freilich alle Masch<strong>in</strong>en<br />
<strong>der</strong> Gruppe still. Die meisten Freiheiten<br />
bot <strong>der</strong> E<strong>in</strong>zelantrieb, bei dem jede<br />
Masch<strong>in</strong>e ihren eigenen Motor erhielt.<br />
<strong>Das</strong> Foto von 1895 zeigt e<strong>in</strong>e Fabrikhalle<br />
mit Mischlösung. Die Hobelma-<br />
sch<strong>in</strong>e <strong>im</strong> Vor<strong>der</strong>grund besitzt e<strong>in</strong>en<br />
elektrischen E<strong>in</strong>zelantrieb. Elektromotor,<br />
Transmission und Masch<strong>in</strong>e bilden<br />
e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>heit. Ansonsten beherrschen<br />
noch die von <strong>der</strong> Decke kommenden<br />
Transmissionsriemen das Bild.<br />
Bildquelle:<br />
Wolfgang Ruppert:<br />
Die Fabrik. München 1983, S.281<br />
Litera<strong>tu</strong>r:<br />
König/Weber: Netzwerke Stahl und<br />
Strom, Propyläen <strong>Technik</strong>geschichte<br />
Bd. 4, Frankfurt a. M./Berl<strong>in</strong> 1990,<br />
S. 350 ff.<br />
W<strong>in</strong>fried Schmayl<br />
4<br />
<strong>tu</strong> 152 / 2. Quartal 2014
Allgeme<strong>in</strong>e Probleme<br />
<strong>Das</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Technik</strong><br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> Sekundars<strong>tu</strong>fe<br />
Überlegungen zum ak<strong>tu</strong>ellen Stand,<br />
zu Problemen und<br />
Entwicklungsperspektiven*<br />
Von Wilfried Schlagenhauf<br />
Si<strong>tu</strong>ationsbeschreibung:<br />
Seit Jahrzehnten setzen sich Personen<br />
und Körperschaften für <strong>Technik</strong>unterricht<br />
an allen Schulformen und Schuls<strong>tu</strong>fen<br />
e<strong>in</strong>.<br />
E<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>e Rolle kommt dem Vere<strong>in</strong><br />
Deutscher Ingenieure (VDI) zu. Auf<br />
Bundesebene ist es vor allem dieser<br />
Vere<strong>in</strong>, <strong>der</strong> sich für technische Bildung<br />
engagiert.<br />
Ich er<strong>in</strong>nere an e<strong>in</strong>ige <strong>der</strong> vielen Vorstöße:<br />
– 1984 Memorandum „<strong>Technik</strong>unterricht<br />
an alle Schulen“ (mit Gewerkschaftsbund,<br />
Arbeitgeberverband,<br />
Industrie- und Handelskammer,<br />
Handwerkskammertag) 1<br />
– 1994 „Technische Bildung für alle<br />
– Positionen und Informationen<br />
zum <strong>Technik</strong>unterricht an allgeme<strong>in</strong><br />
bildenden Schulen“, e<strong>in</strong>e Best<strong>im</strong>mung<br />
von Leitidee und zentralen<br />
Merkmalen e<strong>in</strong>er allgeme<strong>in</strong>en technischen<br />
Bildung<br />
– 1999 Memorandum „Für die Stärkung<br />
<strong>der</strong> na<strong>tu</strong>rwissenschaftlichen<br />
und technischen Bildung“ (zusammen<br />
mit dem Deutschen Philologenverband)<br />
– 2000 Medienpaket „Jugend-<strong>Technik</strong>-Bildung“.<br />
Informationsmaterial<br />
für Bildungspolitiker, Lehrer, Eltern<br />
und S<strong>tu</strong>denten<br />
– 2001 „Der Jugend e<strong>in</strong>e Zukunft!<br />
Na<strong>tu</strong>rwissenschaftliche und technische<br />
Bildung stärken! Neun Thesen“<br />
(zusammen mit dem Deutschen<br />
Philologenverband)<br />
<strong>tu</strong> 152 / 2. Quartal 2014<br />
– 2004/2007 „Bildungsstandards<br />
Technische Bildung für den Mittleren<br />
Schulabschluss“<br />
– 2006 „Empfehlungen des VDI zum<br />
Bachelor-Master-S<strong>tu</strong>diengang für<br />
<strong>Technik</strong>lehrer an allgeme<strong>in</strong>bildenden<br />
Schulen“<br />
– 2012 Positionspapier „Technische<br />
Allgeme<strong>in</strong>bildung stärkt den Standort<br />
Deutschland“<br />
Diese beispielhafte Auflis<strong>tu</strong>ng macht<br />
deutlich, wie beharrlich alle<strong>in</strong> dieser<br />
Vere<strong>in</strong> über die Jahrzehnte den <strong>Technik</strong>unterricht<br />
geför<strong>der</strong>t hat.<br />
Mit ungleich ger<strong>in</strong>geren Mitteln, aber<br />
ebenfalls großem Engagement haben<br />
die Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Deutschen Gesellschaft<br />
für Technische Bildung (DGTB)<br />
seit Gründung dieser Gesellschaft <strong>im</strong><br />
Jahre 1996 das Anliegen e<strong>in</strong>er Allgeme<strong>in</strong>en<br />
Technischen Bildung vorangetrieben.<br />
Meilenste<strong>in</strong>e s<strong>in</strong>d die Jahrestagungen,<br />
Tagungsbände, Gespräche<br />
und Korrespondenz mit vielen Entscheidungsträgern<br />
mit den <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gesellschaft<br />
für <strong>Fach</strong>didaktik (GFD) organisierten<br />
an<strong>der</strong>en fachdidaktischen<br />
<strong>Fach</strong>gesellschaften, Stif<strong>tu</strong>ngen, Lehrmittelfirmen<br />
und vielem an<strong>der</strong>em mehr.<br />
Wie erfolgreich waren all diese<br />
Initiativen?<br />
Es ist nicht schwer, e<strong>in</strong>zelne Erfolge<br />
festzustellen: positive Resonanz <strong>in</strong><br />
den Medien, große Zust<strong>im</strong>mung von<br />
Bildungspolitik und Interessensverbänden,<br />
regelmäßig verbunden mit<br />
<strong>der</strong> nachdrücklichen Bestätigung <strong>der</strong><br />
<strong>tu</strong>: <strong>Fach</strong>didaktik<br />
E<strong>in</strong>sicht <strong>in</strong> die große Bedeu<strong>tu</strong>ng <strong>der</strong><br />
<strong>Technik</strong> für alle Lebensbereiche. Immer<br />
wie<strong>der</strong> zeigen die Bildungsstandards<br />
des VDI Wirkung. So verweist<br />
etwa das baden-württembergische<br />
Kul<strong>tu</strong>sm<strong>in</strong>isterium <strong>in</strong> Stellungnahmen<br />
zu Landtagsanfragen <strong>im</strong> Rahmen <strong>der</strong><br />
ak<strong>tu</strong>ellen Bildungsplanreform darauf,<br />
dass die VDI-Bildungsstandards herangezogen<br />
wurde, da von Seiten <strong>der</strong><br />
Kul<strong>tu</strong>sm<strong>in</strong>isterkonferenz ke<strong>in</strong>e vorliegen.<br />
2<br />
Dann aber s<strong>in</strong>d wie<strong>der</strong> Alarmmeldungen<br />
zu hören: So gibt es an vielen<br />
Stellen Rückbau technikdidaktischer<br />
Standorte und bei Bildungsplanreformen<br />
regelmäßig die Schwächung<br />
orig<strong>in</strong>ären <strong>Technik</strong>unterrichts, z.B.<br />
durch E<strong>in</strong>fügung <strong>in</strong> Fächerverbünde.<br />
Über die Jahre war zu beobachten,<br />
dass <strong>Technik</strong>unterricht wie kaum e<strong>in</strong><br />
an<strong>der</strong>es <strong>Fach</strong> die Verschiebemasse<br />
bildet, auf <strong>der</strong> ideologische Profilierungen<br />
vorangetrieben o<strong>der</strong> die durch<br />
den Bildungsplanumbau entstandenen<br />
Löcher gestopft werden können.<br />
Dieses Phänomen tritt unabhängig von<br />
<strong>der</strong> politischen Ausrich<strong>tu</strong>ng auf:<br />
Beispiel 1: Baden-Württemberg. Unter<br />
<strong>der</strong> Regie des CDU-geführten Kul<strong>tu</strong>sm<strong>in</strong>isteriums<br />
wechselten sich Anfang<br />
<strong>der</strong> 1980er Jahre vielfältige Ideen<br />
zur Umgestal<strong>tu</strong>ng des Schulfaches<br />
<strong>Technik</strong> ab: Die Vorschläge schwankten<br />
zwischen e<strong>in</strong>em musisch-kunsterzieherischen<br />
<strong>Unterricht</strong> und e<strong>in</strong>er<br />
<strong>Fach</strong>idee ‚angewandte Na<strong>tu</strong>rwissenschaften‘.<br />
Realisiert wurde schließlich<br />
e<strong>in</strong> <strong>Fach</strong>ansatz Werken (Pflichtfach,<br />
Kl. 5/6), Na<strong>tu</strong>r und <strong>Technik</strong> (Wahlpflichtfach,<br />
Kl. 7–10).<br />
Beispiel 2: Unter <strong>der</strong> <strong>der</strong>zeitigen, seit<br />
2011 regierenden grün-roten Landesregierung<br />
Baden-Württembergs ist<br />
die Vere<strong>in</strong>heitlichung <strong>der</strong> Schularten<br />
vorrangiges Ziel. Um diesem näherzukommen,<br />
entwickelte die Grünen-<br />
Bildungspolitiker<strong>in</strong> Sarah Boser die<br />
Vision, den Fächerkanon nach gymnasialem<br />
Vorbild neu zu ordnen. Stö-<br />
* Überarbeitete Fassung des Referats<br />
auf dem <strong>Fach</strong>tag Technische Bildung<br />
an <strong>der</strong> Pädagogischen Hochschule<br />
Schwäbisch-Gmünd April 2014<br />
1 Nachweise siehe Litera<strong>tu</strong>rliste<br />
2 Landtagsanfrage 15/3912 Baden-<br />
Württemberg v. 5.8.2013<br />
5
<strong>tu</strong>: <strong>Fach</strong>didaktik<br />
Allgeme<strong>in</strong>e Probleme<br />
rende Fächer sollten beseitigt werden:<br />
„Hauswirtschaft und <strong>Technik</strong> könnten<br />
auch <strong>in</strong> an<strong>der</strong>e Fächer <strong>in</strong>tegriert werden“,<br />
me<strong>in</strong>te Boser. 3<br />
Es zeigt sich also mit je<strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ung<br />
<strong>der</strong> Bildungsplanstruk<strong>tu</strong>ren aufs<br />
Neue, dass <strong>der</strong> <strong>Technik</strong>unterricht <strong>in</strong><br />
Gefahr gerät, abgeschafft o<strong>der</strong> deformiert<br />
zu werden. Ganz offenbar gibt es<br />
schwer greifbare, aber stark wirksame<br />
Gegenkräfte.<br />
Nach me<strong>in</strong>er Überzeugung s<strong>in</strong>d <strong>im</strong>mer<br />
noch Deu<strong>tu</strong>ngsmuster virulent, die die<br />
Allgeme<strong>in</strong>bildungsberechtigung des<br />
<strong>Technik</strong>unterrichts grundsätzlich bestreiten<br />
und dies erstaunlicherweise<br />
bei voller Anerkennung <strong>der</strong> Bedeu<strong>tu</strong>ng<br />
<strong>der</strong> <strong>Technik</strong> <strong>in</strong> allen Lebensbereichen.<br />
Gründe und H<strong>in</strong>tergründe<br />
Den H<strong>in</strong>tergründen dieser Denk- und<br />
Zuschreibungsmuster möchte ich mit<br />
e<strong>in</strong>em weiten bildungshistorischen<br />
Sprung zurück <strong>in</strong> die Antike nachgehen.<br />
Wohl wissen wir, dass die Baumeister<br />
und Ingenieure <strong>im</strong> antiken Griechenland<br />
erstaunliche technische<br />
Leis<strong>tu</strong>ngen vollbracht haben, vom Tunnelbau<br />
über Hydrotechnik und Schiffsbau<br />
bis zur Militärtechnik. Bekannt ist<br />
aber ebenso, dass Handwerk, Arbeit,<br />
<strong>Technik</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Antike zwar als notwendig<br />
und nützlich geschätzt, nicht aber<br />
als bildungswürdig angesehen wurden.<br />
Streng getrennt wird die téchne, die<br />
durch Erfahrung und Übung erworbene<br />
Kunstfertigkeit, von <strong>der</strong> theoria,<br />
<strong>der</strong> Erkenntnis und Reflexion.<br />
E<strong>in</strong>e Person, die gezwungen ist, e<strong>in</strong>er<br />
Erwerbsarbeit nachzugehen, ist e<strong>in</strong><br />
‚bánausos‘ (griechisch für Handwerker),<br />
e<strong>in</strong>e Bezeichnung, die bis heute<br />
ihre abwertende Bedeu<strong>tu</strong>ng behalten<br />
hat! Nur für den auch von Erwerbsarbeit<br />
freien Bürger gibt es die artes liberales,<br />
die dann als die Sieben Freien<br />
Künste <strong>in</strong> <strong>der</strong> Spätantike und <strong>im</strong> Mittelalter<br />
kanonisiert wurden.<br />
Diese uralte, wertende Trennung <strong>der</strong><br />
artes liberales als denjenigen Künsten,<br />
die ihren Ursprung und ihr Ziel <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Seele und <strong>im</strong> Geist haben, von den<br />
artes mechanicae, <strong>der</strong>en Ursprung<br />
und Zweck außerhalb, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Erhal<strong>tu</strong>ng<br />
nur des Leibes liegt 4 , hatte drastische<br />
Konsequenzen <strong>im</strong> weiteren Gang <strong>der</strong><br />
Herausbildung <strong>der</strong> Schulfächer und<br />
wirkt bis heute.<br />
Aus dem Lehrplan <strong>der</strong> Artistenfakultät<br />
des Mittelalters (welche die artes liberales<br />
lehrte und auf die eigentlichen<br />
S<strong>tu</strong>dienfächer Theologie, Recht und<br />
Mediz<strong>in</strong> vorbereitete) entstand später<br />
<strong>der</strong> Fächerkanon des Gymnasiums. So<br />
erklärt sich übrigens auch <strong>der</strong> oft gar<br />
nicht h<strong>in</strong>terfragte Umstand, dass auch<br />
zwei an<strong>der</strong>e höchst lebensbedeutsame<br />
Bereiche, nämlich Mediz<strong>in</strong> und<br />
Recht, aus dem schulischen Fächerkanon<br />
bis heute ausgeschlossen blieben.<br />
Trotz aller Verschiebungen und Verän<strong>der</strong>ungen<br />
hat sich e<strong>in</strong> zentrales Deu<strong>tu</strong>ngsmuster<br />
erhalten: die Dichotomisierung<br />
von Geist und Leib, Kul<strong>tu</strong>r und<br />
Na<strong>tu</strong>r, Freiheit und Notwendigkeit und<br />
die entsprechende wertende Zuordnung<br />
von Gegenstandsbereichen und<br />
Schulfächern.<br />
Die Frage stellt sich hier: Ist es also nur<br />
e<strong>in</strong> auf den Bed<strong>in</strong>gungen e<strong>in</strong>er antiken<br />
Sklavenhaltergesellschaft beruhen<strong>der</strong><br />
Entwicklungsfehler unseres Schulsystems,<br />
das so Naheliegende, nämlich<br />
die Aufklärung über die unsere Zivilisation<br />
prägende <strong>Technik</strong>, auszublenden?<br />
Ist gar <strong>der</strong> sich auf die Antike beziehende<br />
Neuhumanismus humboldtscher<br />
Prägung für die Nicht-E<strong>in</strong>beziehung<br />
technischer Inhalte <strong>in</strong> den<br />
Bildungskanon verantwortlich?<br />
Hierzu ist zu sagen: Die preußische<br />
Bildungsreform Wilhelm von Humboldts<br />
anfangs des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts,<br />
die <strong>in</strong> <strong>der</strong> Folgezeit deutschlandweite<br />
dauerhafte Wirkung entfalten sollte,<br />
richtete sich tatsächlich vor allem darauf,<br />
über die Stärkung <strong>der</strong> sprachlichen<br />
Bildung die Grundlage sowohl<br />
für Kul<strong>tu</strong>rerschließung wie für Persönlichkeitsformung<br />
zu legen. Wie <strong>der</strong><br />
Humboldt-Süvernsche Lehrplan von<br />
1816 ausweist, wird vor allem <strong>der</strong> <strong>Unterricht</strong><br />
<strong>in</strong> den neuen und alten Sprachen<br />
betont, Inhalte <strong>der</strong> <strong>Technik</strong> ausgeschlossen.<br />
E<strong>in</strong> ‚Fächerverbund‘ Geme<strong>in</strong>nützige<br />
Kenntnisse wird abgelehnt.<br />
„Eben so wenig bedarf es des<br />
beson<strong>der</strong>n Titels, ‘Geme<strong>in</strong>nützige<br />
Kenntnisse’, unter welchen häufig e<strong>in</strong><br />
Aggregat historischer na<strong>tu</strong>rwissenschaftlicher,<br />
technischer und an<strong>der</strong>er<br />
Notizen beigebracht wird. Diese Form<br />
begünstigt den todten Mechanismus,<br />
ist ihrer fragmentarischen Beschaffenheit<br />
wegen dem Geiste des organischen<br />
Denkens und Wissens geradezu<br />
entgegen, und s<strong>tu</strong>mpft den S<strong>in</strong>n<br />
für jedes beson<strong>der</strong>e <strong>Fach</strong>, <strong>der</strong> eigenthümlich<br />
gepflegt se<strong>in</strong> will, ab.“ 5 Diese<br />
geschliffene Formulierung könnte man<br />
bei <strong>der</strong> Frage ‚<strong>Fach</strong> o<strong>der</strong> Fächerverbund‘<br />
sicher auch heute noch erkenntnisför<strong>der</strong>nd<br />
e<strong>in</strong>setzen.<br />
Von Vertretern des Philanthropismus<br />
war dieser Bereich <strong>der</strong> geme<strong>in</strong>nützigen<br />
Kenntnisse als Hauptlehrgegenstand<br />
best<strong>im</strong>mt worden, Realkenntnisse als<br />
Werkzeuge <strong>der</strong> Humanität aufgefasst<br />
worden 6 . Dagegen grenzt sich Humboldt<br />
nicht aus technikbezogener Ignoranz<br />
ab. Vielmehr ist die Reform vor<br />
dem H<strong>in</strong>tergrund e<strong>in</strong>er gesellschaftlichen<br />
Entwicklung zu sehen, die gekennzeichnet<br />
war von <strong>der</strong> Tendenz zu<br />
Abrich<strong>tu</strong>ng und Unterwerfung unter die<br />
Produktionsverhältnisse. Die Gefahr<br />
e<strong>in</strong>er verfrühten Ausrich<strong>tu</strong>ng auf spezifische<br />
berufliche Tätigkeiten und damit<br />
<strong>der</strong> Vere<strong>in</strong>nahmung des Individuums<br />
für Partikular<strong>in</strong>teressen, <strong>in</strong>sgesamt die<br />
Nützlichkeits- und Verwer<strong>tu</strong>ngsideologie,<br />
musste aus dem Bildungskonzept<br />
ausgeschlossen werden.<br />
Insofern war es sicherlich gerade die<br />
Nähe des technischen Gegenstandsbereiches<br />
zum alltäglichen Lebensund<br />
Arbeitskontext <strong>der</strong> Bevölkerung,<br />
die e<strong>in</strong>em <strong>Unterricht</strong> über <strong>Technik</strong> aus<br />
neuhumanistischer Sicht <strong>im</strong> Wege<br />
stand.<br />
Aus gutem Grund setzt Humboldt die<br />
Hürde sehr hoch, was die Aufnahme<br />
e<strong>in</strong>es Gegenstandsbereichs <strong>in</strong> die Allgeme<strong>in</strong>bildung<br />
angeht. E<strong>in</strong> zentrales<br />
Kriterium e<strong>in</strong>er allgeme<strong>in</strong>en Bildung,<br />
nämlich zu allgeme<strong>in</strong>en und dadurch<br />
übertragbaren Struk<strong>tu</strong>rpr<strong>in</strong>zipien und<br />
Wirkungszusammenhängen h<strong>in</strong>zufüh-<br />
3 http://bildungsklick.de/a/84195/zweite-fremdsprache-fuer-realschulenverb<strong>in</strong>dlich/<br />
19.6.2012;<br />
4 Sternagel 1966, S. 34<br />
5 Süvern 1816 <strong>in</strong> Schulreform 1966, S.<br />
60<br />
6 Vgl. Schlagenhauf 1997, S. 219 f.<br />
6 <strong>tu</strong> 152 / 2. Quartal 2014
Allgeme<strong>in</strong>e Probleme<br />
<strong>tu</strong>: <strong>Fach</strong>didaktik<br />
ren, zu „E<strong>in</strong>heit und Allheit“, wie Humboldt<br />
sagt, ist dann nicht erfüllt, wenn<br />
es um die bloße Vermittlung e<strong>in</strong>zelner<br />
für spezifische Zwecke brauchbarer<br />
Kenntnisse o<strong>der</strong> Fertigkeiten geht.<br />
Dies aber stellt e<strong>in</strong> nach wie vor gültiges<br />
Bildungskriterium dar, an das zu<br />
er<strong>in</strong>nern ist, wenn wie<strong>der</strong> e<strong>in</strong>mal Gedanken<br />
<strong>der</strong> Wirtschaftsför<strong>der</strong>ung, <strong>der</strong><br />
Innovationssteigerung, <strong>der</strong> Standortsicherung<br />
o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Bekämpfung des<br />
<strong>Fach</strong>kräftemangels zu vorschnellen<br />
For<strong>der</strong>ungen an das allgeme<strong>in</strong>bildende<br />
Schulwesen führen.<br />
Der neuhumanistische Bildungsansatz<br />
wurde dann <strong>im</strong> 19. Jahrhun<strong>der</strong>t von<br />
e<strong>in</strong>em bildungsbürgerlichen Kul<strong>tu</strong>rbegriff<br />
usurpiert, <strong>der</strong> <strong>in</strong> Pervertierung des<br />
humboldtschen Ansatzes den Sprachunterricht<br />
zum Abgrenzungs<strong>in</strong>strument<br />
gegenüber den nie<strong>der</strong>en Klassen benutzte.<br />
Der so verzerrte Bildungsbegriff<br />
kann zugespitzt wie folgt gekennzeichnet<br />
werden: „E<strong>in</strong> ablativus absolu<strong>tu</strong>s ist<br />
stets Teil <strong>der</strong> Menschenbildung – e<strong>in</strong>e<br />
Bauzeichnung nie!“ 7<br />
Schlussfolgerungen<br />
Unser Schulwesen wurzelt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />
Tradition, die dem technischen Teil <strong>der</strong><br />
materiellen Kul<strong>tu</strong>r gegenüber ignorant<br />
ist. Der Ehrentitel ‚Kul<strong>tu</strong>r‘ wird an <strong>Technik</strong>produkte<br />
nur dann verliehen, wenn<br />
sie sehr alt s<strong>in</strong>d.<br />
Nun kann auch <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>strebendste<br />
angesichts <strong>der</strong> auf höchstem Niveau<br />
forschenden und lehrenden <strong>Technik</strong>wissenschaften<br />
kaum umh<strong>in</strong>, diesem<br />
Bereich jedenfalls Geist zuzubilligen –<br />
was aber zu fehlen und die Bildungseignung<br />
dieses Bereichs <strong>in</strong> Frage zu<br />
stellen sche<strong>in</strong>t, ist Freiheit.<br />
<strong>tu</strong> 152 / 2. Quartal 2014<br />
<strong>Das</strong> Gemälde, die Skulp<strong>tu</strong>r, auch die architektonische<br />
Schöpfung werden als<br />
Ausdruck geistiger Freiheit gewürdigt.<br />
<strong>Das</strong>s dies nicht <strong>in</strong> gleicher Weise <strong>der</strong><br />
geistigen Leis<strong>tu</strong>ng bei <strong>der</strong> Gestal<strong>tu</strong>ng<br />
e<strong>in</strong>es Leiterplattenlayouts o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>es<br />
Fahrzeugantriebes gilt, geht wohl auch<br />
darauf zurück, dass die Freiheitsgrade<br />
<strong>der</strong> zugrundeliegenden Denk- und<br />
Handlungsakte nicht wahrgenommen<br />
werden: das Setzen von Zielen, den<br />
schöpferischen Entwurf, die Suche<br />
nach Handlungsalternativen, die Bewer<strong>tu</strong>ng<br />
und Entscheidung <strong>im</strong> Konflikt<br />
<strong>der</strong> abzuwägenden Ziele und Kriterien.<br />
Diese Aspekte als zentrale Momente<br />
technischen Handelns wahrzunehmen<br />
gel<strong>in</strong>gt we<strong>der</strong> dem manualistischpraktizistisch<br />
verkürzten <strong>Technik</strong>unterricht,<br />
dem es <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie um die<br />
Schulung praktischer Fertigkeiten und<br />
um möglichst fehlerlose handwerkliche<br />
Reproduktion geht, noch <strong>der</strong> Position,<br />
die <strong>Technik</strong> als angewandte Na<strong>tu</strong>rwissenschaft<br />
auffasst.<br />
Damit aber wird <strong>der</strong> Blick auf <strong>Technik</strong><br />
als Kul<strong>tu</strong>rbereich und auf <strong>Technik</strong>unterricht<br />
als Kul<strong>tu</strong>rvermittlung verstellt.<br />
Ansatzpunkte und<br />
Perspektiven<br />
Wenn diese Ursachenanalyse e<strong>in</strong>en<br />
o<strong>der</strong> den wesentlichen Punkt trifft,<br />
dann ist nicht damit geholfen, <strong>im</strong>mer<br />
und <strong>im</strong>mer wie<strong>der</strong> auf die Bedeu<strong>tu</strong>ng<br />
<strong>der</strong> <strong>Technik</strong> für unser Leben h<strong>in</strong>zuweisen:<br />
Diese Tatsache wird ja von niemandem<br />
bestritten, und g<strong>in</strong>ge es um dieses Kriterium,<br />
dann hätten <strong>der</strong> Geschichts-,<br />
Kunst- o<strong>der</strong> altsprachliche und nicht<br />
<strong>der</strong> <strong>Technik</strong>unterricht e<strong>in</strong> Rechtfertigungsproblem!<br />
Insofern sche<strong>in</strong>en mir Interventionen<br />
entlang dieser Argumentationsschiene<br />
mit Blick auf e<strong>in</strong>e langfristig dauerhafte<br />
Konsolidierung des allgeme<strong>in</strong>bildenden<br />
<strong>Technik</strong>unterrichts kaum erfolgversprechend.<br />
Me<strong>in</strong>es Erachtens sollten Maßnahmen<br />
<strong>in</strong> zwei Rich<strong>tu</strong>ngen ansetzen:<br />
Zum e<strong>in</strong>en leidet zwar nicht die <strong>Technik</strong>didaktik,<br />
wohl aber <strong>der</strong> real existierende<br />
<strong>Technik</strong>unterricht unter Defiziten,<br />
die e<strong>in</strong>er vollen Anerkennung als<br />
Bildungsfach <strong>im</strong> Wege stehen.<br />
Wenn man sich Praxisbeispiele des<br />
<strong>Technik</strong>unterrichts anschaut, dann<br />
vermitteln diese häufig den E<strong>in</strong>druck<br />
e<strong>in</strong>es <strong>Fach</strong>es, das sich <strong>im</strong>mer noch zu<br />
e<strong>in</strong>em guten Teil mit <strong>der</strong> Herstellung<br />
e<strong>in</strong>facher Gebrauchsgegenstände<br />
und Modelle begnügt und damit <strong>im</strong>mer<br />
noch erkennbar <strong>in</strong> <strong>der</strong> Tradition e<strong>in</strong>es<br />
Werkunterrichts steht, meist weniger<br />
mit musischer als mit handwerklicher<br />
Ausrich<strong>tu</strong>ng. Ich hatte diese Fertigungslastigkeit<br />
bereits <strong>im</strong> Rahmen <strong>der</strong><br />
Jahrestagung <strong>der</strong> DGTB <strong>in</strong> Wolfsburg<br />
2012 auf <strong>der</strong> empirischen Basis <strong>der</strong><br />
Untersuchung von unterrichtspraktischen<br />
Beiträgen <strong>in</strong> ‚<strong>tu</strong> – Zeitschrift für<br />
<strong>Technik</strong> <strong>im</strong> <strong>Unterricht</strong>‘ kritisiert 8 .<br />
E<strong>in</strong> <strong>Unterricht</strong>, dem es vor allem um<br />
die sach- und fachgerechte Werkzeugund<br />
Masch<strong>in</strong>enbedienung geht und <strong>in</strong><br />
dem <strong>der</strong> Kul<strong>tu</strong>rbereich <strong>der</strong> <strong>Technik</strong><br />
sowohl <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>in</strong>haltlichen Breite wie<br />
theoretischen Durchdr<strong>in</strong>gung nicht angemessen<br />
abgebildet wird, kann dann<br />
leicht als ‚Blaujackenfach‘ aus dem<br />
Gymnasium herausgehalten werden.<br />
Hier muss (<strong>in</strong> Lehrerausbildung und<br />
-fortbildung) vor allem auf e<strong>in</strong> angemessenes<br />
Grundverständnis des Bildungsgegenstandes<br />
<strong>Technik</strong> h<strong>in</strong>gearbeitet<br />
werden:<br />
Im Zentrum steht <strong>der</strong> Mensch, <strong>der</strong> se<strong>in</strong>e<br />
Lebenswelt, ausgehend von se<strong>in</strong>en<br />
Bedürfnissen, Wünschen und Interessen,<br />
materiell ausgestaltet und dafür<br />
na<strong>tu</strong>rale Ressourcen (Stoffe, Energien)<br />
zielgerichtet <strong>in</strong> Anspruch n<strong>im</strong>mt.<br />
Theorie und Praxis <strong>der</strong> Herstellung<br />
stehen <strong>in</strong> unauflöslichem Zusammenhang<br />
mit <strong>der</strong> Theorie und Praxis <strong>der</strong><br />
Verwendung. Gerade für den technischen<br />
Laien, den Hauptadressaten<br />
e<strong>in</strong>er allgeme<strong>in</strong>en Bildung, ist die Verwendungsseite<br />
<strong>der</strong> <strong>Technik</strong>, die Anschaffung,<br />
Nutzung, Instandhal<strong>tu</strong>ng<br />
und Außerbetriebnahme technischer<br />
Produkte vorrangig wichtig.<br />
<strong>Technik</strong>unterricht muss sich bemühen,<br />
die wesentlichen Charakteristika<br />
technischen Handelns zu zeigen und<br />
erleben zu lassen und dabei deutlich<br />
zu machen, dass die Freiheitsgrade <strong>in</strong><br />
dieser Domäne ke<strong>in</strong>eswegs ger<strong>in</strong>ger<br />
s<strong>in</strong>d, als dies für an<strong>der</strong>e Kul<strong>tu</strong>rbereiche<br />
zutrifft.<br />
<strong>Das</strong> Zentralmerkmal <strong>der</strong> Kont<strong>in</strong>genz<br />
o<strong>der</strong> Freiheit technischen Handelns<br />
kann <strong>im</strong> <strong>Unterricht</strong> etwa dadurch erfahrbar<br />
gemacht werden, dass die<br />
Schüler selbst (synthetisierend) e<strong>in</strong>e<br />
konstruktive Lösung für e<strong>in</strong> gestelltes<br />
Problem erarbeiten und dabei<br />
die Notwendigkeit <strong>der</strong> zielbezogenen<br />
Entscheidungen und Bewer<strong>tu</strong>ngen<br />
7 Fiedler 1972, S. 27<br />
8 Vgl. Schlagenhauf 2013<br />
7
<strong>tu</strong>: <strong>Fach</strong>didaktik<br />
Allgeme<strong>in</strong>e Probleme<br />
erleben, o<strong>der</strong> ebenso dadurch, dass<br />
sie (analysierend) vorliegende technische<br />
Produkte o<strong>der</strong> Verfahren auf<br />
die zugrunde liegenden konstruktiven<br />
Entscheidungen h<strong>in</strong> untersuchen. Dies<br />
führt dazu, die technische Faktizität als<br />
etwas Beabsichtigtes und bewusst Geschaffenes<br />
wahrzunehmen.<br />
Dieser Wechsel von konstruktiver und<br />
dekonstruktiver Perspektive sche<strong>in</strong>t<br />
mir gut geeignet und zielführend zu<br />
se<strong>in</strong>; er hat sich auch bei an<strong>der</strong>en Fächern<br />
mit praktischer Ausrich<strong>tu</strong>ng, zum<br />
Beispiel <strong>im</strong> Kuns<strong>tu</strong>nterricht, aber auch<br />
<strong>im</strong> Fremdsprachenunterricht, seit langem<br />
bewährt: Dort gibt es neben <strong>der</strong><br />
Anbahnung <strong>der</strong> Fähigkeit zur eigenen<br />
Sprachproduktion selbstverständlich<br />
auch das Gegenstück: das Lesen von<br />
Texten und Lektüren, die analytische<br />
Herausarbei<strong>tu</strong>ng <strong>der</strong> verwendeten<br />
sprachlichen Mittel und die Klärung<br />
von <strong>der</strong>en S<strong>in</strong>n und Funktion.<br />
Zum an<strong>der</strong>en sche<strong>in</strong>t es mir notwendig,<br />
nicht nur an Qualitätsverbesserung<br />
des <strong>Technik</strong>unterrichts zu arbeiten,<br />
son<strong>der</strong>n auch die Außenwahrnehmung<br />
des <strong>Fach</strong>es zu opt<strong>im</strong>ieren.<br />
In <strong>der</strong> Sprache <strong>der</strong> Werbewirtschaft<br />
gesprochen hat die ‚Marke‘ <strong>Technik</strong>unterricht<br />
e<strong>in</strong> schwerwiegendes Market<strong>in</strong>gproblem.<br />
Die Öffentlichkeit kennt<br />
den <strong>Technik</strong>unterricht entwe<strong>der</strong> überhaupt<br />
nicht, versteht se<strong>in</strong> Grundanliegen<br />
nicht o<strong>der</strong> glaubt, die Konkurrenz,<br />
etwa <strong>der</strong> Physikunterricht, würde das<br />
schon mit erledigen.<br />
<strong>Das</strong> ‚Positionierungsziel‘ müsste dar<strong>in</strong><br />
bestehen, diejenigen Stärken und<br />
Qualitäten gezielt herauszustellen,<br />
durch die wir uns <strong>in</strong> <strong>der</strong> E<strong>in</strong>schätzung<br />
<strong>der</strong> Zielgruppe klar und positiv von Mitbewerbern<br />
unterscheiden.<br />
Aber: Bevor <strong>der</strong> <strong>Technik</strong>lehrer o<strong>der</strong> -didaktiker<br />
überhaupt die Chance erhält,<br />
mit se<strong>in</strong>er eigentlichen Zielgruppe, <strong>der</strong><br />
ganzen nachwachsenden Generation,<br />
<strong>in</strong> Kontakt zu kommen, müssen<br />
zunächst die bildungspolitischen Entscheidungsträger<br />
überzeugt werden<br />
,und diese s<strong>in</strong>d wie<strong>der</strong>um direkt von<br />
<strong>der</strong> öffentlichen und <strong>der</strong> veröffentlichten<br />
Me<strong>in</strong>ung abhängig.<br />
Es wird darum gehen müssen, diese<br />
Öffentlichkeit besser zu erreichen, als<br />
das bisher <strong>der</strong> Fall war.<br />
Dafür ist es von entscheiden<strong>der</strong> Bedeu<strong>tu</strong>ng,<br />
ob es gel<strong>in</strong>gt, <strong>Technik</strong>unterricht<br />
<strong>im</strong> Gymnasialcurriculum zu verankern.<br />
Nach wie vor stellt das Gymnasium<br />
<strong>im</strong> Verständnis <strong>der</strong> Öffentlichkeit und<br />
auch <strong>im</strong> Selbstverständnis se<strong>in</strong>er Vertreter<br />
die ‚allgeme<strong>in</strong>bildendste‘ aller<br />
Schularten dar. Fächer, die hier nicht<br />
vorkommen, haben es schwer, überhaupt<br />
wahrgenommen zu werden,<br />
was auch dar<strong>in</strong> begründet ist, dass die<br />
politischen Entscheidungsträger <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Regel selbst diese Schulart besucht<br />
haben und sie auch bevorzugt für ihre<br />
K<strong>in</strong><strong>der</strong> wählen.<br />
Diesem Ziel <strong>der</strong> gesicherten Gymnasialexistenz<br />
des <strong>Technik</strong>unterrichts s<strong>in</strong>d<br />
wir aber trotz aller Bemühungen bisher<br />
nicht wirklich nähergekommen.<br />
Wie e<strong>in</strong>e – allerd<strong>in</strong>gs auch nicht mehr<br />
ganz ak<strong>tu</strong>elle – Zusammenstellung<br />
des VDI klar zeigt, 9 gibt es nur <strong>in</strong> wenigen<br />
Bundeslän<strong>der</strong>n eigenständigen<br />
<strong>Technik</strong>unterricht am Gymnasium,<br />
überdies durch Beschränkung auf e<strong>in</strong>zelne<br />
Klassens<strong>tu</strong>fen und durch Wahlpflichtfachsta<strong>tu</strong>s<br />
weiter geschwächt.<br />
Der Frage danach, welche Handlungsoptionen<br />
sich <strong>in</strong> dieser Si<strong>tu</strong>ation anbieten<br />
bzw. gewählt werden sollten, stellte<br />
sich <strong>der</strong> <strong>im</strong> Jahre 2008 durchgeführte<br />
VDI-Politikdialog „<strong>Technik</strong>unterricht <strong>in</strong><br />
Deutschland“, an dem Vertreter <strong>der</strong><br />
Kul<strong>tu</strong>sm<strong>in</strong>isterien fast aller Bundeslän<strong>der</strong><br />
teilnahmen. Es zeichnete sich <strong>im</strong><br />
Verlauf e<strong>in</strong> klares Me<strong>in</strong>ungsbild ab: Als<br />
strategisch wenig erfolgversprechend<br />
wurde es angesehen, am Ziel e<strong>in</strong>es<br />
eigenständigen Schulfaches <strong>Technik</strong><br />
<strong>in</strong> allen Schularten festzuhalten. Empfohlen<br />
wurde stattdessen e<strong>in</strong>e Option,<br />
die lange Zeit aus guten Gründen abgelehnt<br />
worden war: <strong>der</strong> Verbund mit<br />
na<strong>tu</strong>rwissenschaftlichen Fächern und<br />
hier wie<strong>der</strong>um vor allem mit <strong>der</strong> Physik.<br />
Fächerverbünde bzw. Verbundfächer,<br />
<strong>in</strong> denen Ziele und Inhalte unterschiedlicher<br />
Fächer zusammengeführt<br />
werden, s<strong>in</strong>d nicht nur aus organisatorischen<br />
Gründen o<strong>der</strong> aufgrund <strong>der</strong><br />
Kompetenzgrenzen <strong>der</strong> Lehrkräfte<br />
problematisch; vielmehr besteht die<br />
Gefahr, dass die <strong>in</strong>haltlichen wie prozeduralen<br />
Spezifika <strong>der</strong> e<strong>in</strong>bezogenen<br />
Domänen 10 nicht unbeschädigt erhalten<br />
bleiben.<br />
Bei Verb<strong>in</strong>dungen na<strong>tu</strong>rwissenschaftlicher<br />
mit <strong>der</strong> technischen Domäne<br />
drohen <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e funktionalistische<br />
und szientifische Verkürzungen.<br />
Funktionalismus blendet sozioökonomische<br />
und -ökologische, politische<br />
und kul<strong>tu</strong>relle D<strong>im</strong>ensionen aus; er<br />
sieht nicht die menschlichen Motive,<br />
Bedürfnisse, Interessen, die kul<strong>tu</strong>rellen<br />
Deu<strong>tu</strong>ngs- und Wahrnehmungsmuster,<br />
die den technikbezogenen Bewer<strong>tu</strong>ngen<br />
und Entscheidungen zugrunde<br />
liegen. Dies aber führt dazu, dass die<br />
technischen Phänomene <strong>in</strong> ihrem Zustandekommen<br />
und ihren Merkmalen<br />
überhaupt nicht mehr angemessen<br />
verstanden werden.<br />
Der szientifische Zugang sieht vor<br />
allem das, was mit (na<strong>tu</strong>r- o<strong>der</strong> technik-)wissenschaftlichem<br />
Instrument zu<br />
erfassen ist: Der Praxis technischen<br />
Handelns, <strong>in</strong> welcher vielfältige sensumotorische<br />
und kognitive Leis<strong>tu</strong>ngen<br />
zusammenwirken, wird er nicht gerecht;<br />
gegenüber <strong>der</strong> ästhetischen<br />
und symbolisch-expressiven Seite <strong>der</strong><br />
<strong>Technik</strong> zeigt er sich unweigerlich ignorant.<br />
In Baden-Württemberg stehen wir <strong>der</strong>zeit<br />
an e<strong>in</strong>em Punkt von großer, vielleicht<br />
historischer Bedeu<strong>tu</strong>ng für die<br />
Zukunft des <strong>Technik</strong>unterrichts.<br />
Erstmals werden unter <strong>der</strong> Vorgabe<br />
<strong>der</strong> Erhöhung <strong>der</strong> Durchlässigkeit des<br />
mehrgliedrigen Schulsystems geme<strong>in</strong>same<br />
bzw. abgest<strong>im</strong>mte Bildungspläne<br />
für alle Schularten <strong>der</strong> Sekundars<strong>tu</strong>fe<br />
entwickelt. Dazu werden bestehende<br />
Fächerverbundskonstrukte aufgelöst,<br />
<strong>der</strong> Bereich Na<strong>tu</strong>rwissenschaft und<br />
<strong>Technik</strong> teilweise neu geordnet.<br />
Gerade mit <strong>der</strong> Weiterentwicklung des<br />
seit Schuljahr 2007/08 e<strong>in</strong>geführten<br />
<strong>Fach</strong>es Na<strong>tu</strong>rwissenschaft und <strong>Technik</strong><br />
(NwT) am Gymnasium verb<strong>in</strong>den<br />
sich Hoffnungen und Erwar<strong>tu</strong>ngen,<br />
dass sich technische Bildung auch <strong>im</strong><br />
gymnasialen Bildungsgang dauerhaft<br />
etabliert und weiter entfaltet.<br />
Im Verlauf <strong>der</strong> bisherigen Entwicklung<br />
dieses <strong>Fach</strong>es wurde bereits das große<br />
Engagement erkennbar, mit dem sich<br />
9 Vgl. Hartmann u.a. 2008 (Beiblatt)<br />
10 Domänen, verstanden als kognitiv<br />
kohärente E<strong>in</strong>heiten, <strong>der</strong>en Elemente<br />
durch geme<strong>in</strong>same Regeln, Methoden<br />
und <strong>in</strong>haltlichen S<strong>in</strong>n verbunden s<strong>in</strong>d.<br />
Vgl. Schlagenhauf 2008; BMBF 2003.<br />
8 <strong>tu</strong> 152 / 2. Quartal 2014
Allgeme<strong>in</strong>e Probleme<br />
<strong>tu</strong>: <strong>Fach</strong>didaktik<br />
die betreffenden Lehrkräfte, wiewohl<br />
ursprünglich na<strong>tu</strong>rwissenschafts- und<br />
nicht technikdidaktisch ausgebildet,<br />
auf den Weg gemacht haben, den Bildungsbereich<br />
<strong>Technik</strong> zu erschließen.<br />
Dabei sche<strong>in</strong>t – diesen E<strong>in</strong>druck<br />
nehme ich aus Gesprächen mit Lehrkräften<br />
mit – die Anziehungskraft des<br />
<strong>Fach</strong>es letztlich weniger aus Konzepten,<br />
Modellen, Bildungsplänen o<strong>der</strong><br />
Lehrerfortbildungen zu entspr<strong>in</strong>gen.<br />
Vielmehr zeigt sich das Fasz<strong>in</strong>osum<br />
des <strong>Fach</strong>es <strong>in</strong> <strong>der</strong> realen <strong>Unterricht</strong>serfahrung,<br />
<strong>in</strong> denjenigen Lernsi<strong>tu</strong>ationen,<br />
<strong>in</strong> denen die Schüler beg<strong>in</strong>nen,<br />
sich das technische Problem zu eigen<br />
zu machen, dabei die Freiräume<br />
technischen Handelns entdecken und<br />
sich ihrer technischen Produktivität<br />
und Kreativität bewusst werden. <strong>Das</strong><br />
didaktische Pr<strong>in</strong>zip <strong>der</strong> Problem- und<br />
Handlungsorientierung des <strong>Technik</strong>unterrichts<br />
wirkt sich hier sicherlich<br />
attraktivitätssteigernd aus.<br />
<strong>Das</strong>s NwT-Lehrkräfte auf <strong>der</strong> Suche<br />
nach didaktischen Horizonten s<strong>in</strong>d,<br />
zeigt sich deutlich an e<strong>in</strong>em vom VDI-<br />
Landesverband Baden-Württemberg<br />
herausgegebenen Heft mit dem Titel<br />
„<strong>Technik</strong> <strong>im</strong> NwT-<strong>Unterricht</strong> – Erprobte<br />
Beispiele für das <strong>Fach</strong> Na<strong>tu</strong>rwissenschaft<br />
und <strong>Technik</strong>“ 11 . Ich ziehe es als<br />
ak<strong>tu</strong>elles Beispiel heran, obwohl es<br />
ke<strong>in</strong>eswegs für alle Strömungen <strong>in</strong>nerhalb<br />
des NwT-Bereichs repräsentativ<br />
ist.<br />
Es f<strong>in</strong>den sich dar<strong>in</strong> <strong>Unterricht</strong>svorschläge,<br />
die von technografischer<br />
Kommunikation und Produktionstechnik<br />
über Alltagstechnik und Mediz<strong>in</strong>technik<br />
bis h<strong>in</strong> zur Automatisierungstechnik<br />
reichen.<br />
Es gibt e<strong>in</strong>e Reihe von Punkten, die mir<br />
positiv auffallen. Zwei davon möchte<br />
ich herausstellen:<br />
<strong>Das</strong> <strong>Unterricht</strong>sbeispiel „Von <strong>der</strong><br />
Zeichnung zum Produkt“ ist offenbar<br />
sorgfältig durchdacht, br<strong>in</strong>gt verschiedene<br />
Darstellungsformen (Handskizze,<br />
Zeichnung, CAD) mit produktionstechnischen<br />
Verfahren <strong>in</strong> Zusammenhang<br />
(CAM mittels Schmelzschneidemasch<strong>in</strong>e)<br />
und führt die Schüler schließlich<br />
auch noch h<strong>in</strong> zu e<strong>in</strong>er Konstruktionsaufgabe<br />
(Fluggleiter aus Styropor).<br />
Des Weiteren ist das Bemühen erkennbar,<br />
nicht nur konstruktiv-produktive<br />
<strong>tu</strong> 152 / 2. Quartal 2014<br />
<strong>Unterricht</strong>smethoden, son<strong>der</strong>n auch<br />
analytisch ausgerichtete aufzunehmen<br />
und darzustellen (Demontage-Analyse<br />
e<strong>in</strong>es Haartrockners, Analyse Blutzuckerspiegelmessung).<br />
Dieser methodische<br />
Ansatz (wenn auch nicht die<br />
Umsetzung <strong>im</strong> E<strong>in</strong>zelnen) sche<strong>in</strong>t mir<br />
s<strong>in</strong>nvoll und zielführend.<br />
Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite zeigen sich am<br />
Beispiel dieses Heftes auch ganz spezifische<br />
Schwachpunkte und Auslassungen.<br />
Zum e<strong>in</strong>en ersche<strong>in</strong>t die Auswahl <strong>der</strong><br />
<strong>Unterricht</strong>sbeispiele willkürlich – es<br />
gibt ke<strong>in</strong>e H<strong>in</strong>weise, warum gerade<br />
diese Inhalte und Ziele ausgewählt<br />
wurden – e<strong>in</strong> grundlegen<strong>der</strong> legit<strong>im</strong>atorischer<br />
Mangel.<br />
Zweitens fällt auf, dass die oben beschriebene<br />
funktionalistisch verengte<br />
Sicht vorherrscht: <strong>Das</strong> technische<br />
Artefakt wird betrachtet, die soziotechnische<br />
E<strong>in</strong>bet<strong>tu</strong>ng bleibt defizitär;<br />
so wird zwar bei <strong>der</strong> Analyse e<strong>in</strong>es<br />
Haartrockners s<strong>in</strong>nvollerweise <strong>der</strong><br />
Luftdurchsatz o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Schall(druck)-<br />
pegel gemessen, aber überhaupt nicht<br />
thematisiert, welche Zwecke mit Hilfe<br />
<strong>der</strong> Gerätefunktionen erfüllt werden<br />
sollen, welche Nutzenerwar<strong>tu</strong>ng damit<br />
verbunden ist, <strong>in</strong> welche kul<strong>tu</strong>rellen Voraussetzungen<br />
und Folgen diese o<strong>der</strong><br />
ähnliche <strong>Technik</strong> e<strong>in</strong>gebettet ist usw.<br />
Drittens bleiben die Beispiele weitgehend<br />
<strong>im</strong> Speziellen verhaftet, e<strong>in</strong><br />
für allgeme<strong>in</strong>e Bildung Essentielles<br />
wird weitgehend außen vor gelassen,<br />
nämlich Generalisierung, die H<strong>in</strong>führung<br />
zum Allgeme<strong>in</strong>en, zum Horizont<br />
<strong>der</strong> <strong>Technik</strong>, zum Ganzen <strong>der</strong> <strong>Technik</strong><br />
(Schmayl), zu den sach- und soziotechnischen<br />
Pr<strong>in</strong>zipien, Gesetzmäßigkeiten,<br />
Grundstruk<strong>tu</strong>ren. Es hat den<br />
Ansche<strong>in</strong>, als werde diese zentrale<br />
didaktische Kategorie gar nicht <strong>in</strong> ihrer<br />
Bedeu<strong>tu</strong>ng erkannt.<br />
Im Falle <strong>der</strong> Haartrockner-Untersuchung<br />
wäre etwa – um e<strong>in</strong>e Analysekategorie<br />
beispielhaft aufzuführen – e<strong>in</strong>e<br />
allgeme<strong>in</strong>technologische E<strong>in</strong>ordnung<br />
s<strong>in</strong>nvoll gewesen, mit <strong>der</strong> funktionale,<br />
struk<strong>tu</strong>rale und hierarchische Aspekte<br />
herausgearbeitet werden können, Erkenntnisse,<br />
die potenziell auf an<strong>der</strong>e<br />
technische Systeme übertragbar s<strong>in</strong>d.<br />
Schließlich fällt auf, dass auf den vorhandenen<br />
und seit Jahrzehnten erarbeiteten<br />
Entwicklungsstand <strong>der</strong> <strong>Technik</strong>didaktik<br />
offenbar kaum zugegriffen<br />
wird.<br />
<strong>Das</strong> Vorwort offenbart die verblüffende<br />
Ansicht, dass „<strong>in</strong> den vergangenen<br />
Jahren … die Erkenntnis gereift (ist),<br />
dass technische Kenntnisse und Kompetenzen<br />
zur Allgeme<strong>in</strong>bildung gehören“.<br />
Da überrascht es doch, dass e<strong>in</strong> knappes<br />
halbes Jahrhun<strong>der</strong>t Entwicklung<br />
<strong>der</strong> <strong>Technik</strong>didaktik <strong>in</strong> Forschung und<br />
Lehre nicht zur Kenntnis genommen<br />
und eben auch nicht zur Unterstützung<br />
herangezogen wird.<br />
Schlusswort:<br />
Der bildungspolitische Sta<strong>tu</strong>s des<br />
<strong>Technik</strong>unterrichts ist nach wie vor<br />
ungesichert. Die Perspektive e<strong>in</strong>er<br />
Verb<strong>in</strong>dung mit Na<strong>tu</strong>rwissenschaften,<br />
wie <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> Na<strong>tu</strong>rwissenschaft<br />
und <strong>Technik</strong> konzipiert, birgt<br />
Chancen, aber auch Gefahren.<br />
Der genu<strong>in</strong>e <strong>Technik</strong>unterricht auf <strong>der</strong><br />
Sekundars<strong>tu</strong>fe I hat sich didaktisch<br />
gefestigt und ist präsentabel, braucht<br />
aber Impulse zur Weiterentwicklung<br />
h<strong>in</strong> <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e zur besseren Balance<br />
von Herstellung und Verwendung,<br />
von System-Synthese und System-<br />
Analyse. Letztere sollte aus me<strong>in</strong>er<br />
Sicht erheblich stärker berücksichtigt<br />
werden, als dies bisher <strong>der</strong> Fall ist.<br />
In den letzten Jahrzehnten wurden<br />
bundesweit vielfältige Erfahrungen mit<br />
unterschiedlichen technikdidaktischen<br />
Ansätzen <strong>in</strong> den vielfältigen bildungspolitischen<br />
Kontexten <strong>der</strong> Bundeslän<strong>der</strong><br />
gesammelt, Wissen, das nun <strong>in</strong> die<br />
Weiterentwicklung des <strong>Technik</strong>unterrichts<br />
beson<strong>der</strong>s auch am Gymnasium<br />
e<strong>in</strong>gebracht werden sollte.<br />
Ich plädiere als Vertreter technischer<br />
Bildung dafür, technisch-na<strong>tu</strong>rwissenschaftliche<br />
Verbundfächer dann zu<br />
unterstützen und zu <strong>der</strong>en Weiterentwicklung<br />
beizutragen, wenn zu erkennen<br />
ist, das zentrale Anliegen e<strong>in</strong>er<br />
technischen Allgeme<strong>in</strong>bildung weitgehend<br />
unverkürzt und undeformiert zur<br />
Gel<strong>tu</strong>ng gebracht werden können.<br />
11 Frank 2013<br />
9
<strong>tu</strong>: <strong>Fach</strong>didaktik<br />
Allgeme<strong>in</strong>e Probleme<br />
Inge Holtzhauer<br />
Handbuch für Lehrer<br />
Rechtsgrundlagen für<br />
den Schulalltag<br />
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hilfreich:<br />
• bei <strong>der</strong> Vorberei<strong>tu</strong>ng auf die 2.<br />
Staatsprüfung (Schulrecht)<br />
• als Orientierungshilfe <strong>in</strong> rechtlichen<br />
Fragen des Schulalltags,<br />
unentbehrlich zur Wahrnehmung<br />
von Rechten und<br />
Pfl ichten<br />
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• Übergreifende gesetzliche<br />
Grundlagen, Auszüge aus<br />
Grundgesetz, Landesverfassung<br />
und Landesverwal<strong>tu</strong>ngsgesetz<br />
• Schulwesen des Landes<br />
Baden- Württemberg<br />
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Lehrer und Schulen<br />
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Ob dies <strong>im</strong> Falle des <strong>Fach</strong>es Na<strong>tu</strong>rwissenschaft<br />
und <strong>Technik</strong> <strong>in</strong> Baden-<br />
Württemberg <strong>der</strong> Fall se<strong>in</strong> wird, sche<strong>in</strong>t<br />
<strong>der</strong>zeit noch offen.<br />
Litera<strong>tu</strong>r<br />
BMBF (Bundesm<strong>in</strong>isterium für Bildung<br />
und Forschung)(Hg.) (2003): Zur<br />
Entwicklung nationaler Bildungsstandards.<br />
E<strong>in</strong>e Expertise. Bonn: BMBF<br />
Referat Öffentlichkeitsarbeit.<br />
Fiedler, Ralph (1972): Die klassische<br />
deutsche Bildungsidee. Ihre soziologischen<br />
Wurzeln und pädagogischen<br />
Folgen. S<strong>tu</strong>dien zur Soziologie des<br />
Bildungswesens. Bd. 7, We<strong>in</strong>he<strong>im</strong>, S.<br />
27.<br />
Frank, Roland (Hg.) (2013): <strong>Technik</strong> <strong>im</strong><br />
NwT-<strong>Unterricht</strong>. Erprobte Beispiele<br />
für das <strong>Fach</strong> Na<strong>tu</strong>rwissenschaft und<br />
<strong>Technik</strong>. S<strong>tu</strong>ttgart: VDI e.V. Landesverband<br />
Baden-Württemberg.<br />
Hartmann, Elke; Kussmann, Michael;<br />
Scherweit, Steffen (Hg.) (2008):<br />
<strong>Technik</strong> und Bildung <strong>in</strong> Deutschland.<br />
<strong>Technik</strong> <strong>in</strong> den Lehrplänen allgeme<strong>in</strong>bilden<strong>der</strong><br />
Schulen. E<strong>in</strong>e Dokumentation<br />
und Analyse. Düsseldorf: VDI<br />
Vere<strong>in</strong> Dt. Ingenieure.<br />
Ropohl, Günter (2009): Allgeme<strong>in</strong>e<br />
Technologie. E<strong>in</strong>e Systemtheorie <strong>der</strong><br />
<strong>Technik</strong>. 3., überarb. Aufl. Karlsruhe:<br />
Univ.-Verl. Karlsruhe; Univ.-Bibl.<br />
Sachs, Burkhard; Vere<strong>in</strong> Deutscher Ingenieure<br />
(1994): Technische Bildung<br />
für alle. Positionen und Informationen<br />
zum <strong>Technik</strong>unterricht an allgeme<strong>in</strong>bildenden<br />
Schulen. Düsseldorf: VDI<br />
Verlag.<br />
Schlagenhauf, Wilfried (1997): Historische<br />
Entwicklungsl<strong>in</strong>ien des Verhältnisses<br />
von Realschule und technischer<br />
Bildung. Von den Anfängen<br />
bis zur Mitte des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts.<br />
Frankfurt am Ma<strong>in</strong>: Lang<br />
Schlagenhauf, Wilfried (2008): Bildungsstandards<br />
<strong>Technik</strong> für den Mittleren<br />
Bildungsabschluss. Darlegungen und<br />
Erläuterungen zu den Empfehlungen<br />
des Vere<strong>in</strong>s Deutscher Ingenieure<br />
(VDI). In: <strong>tu</strong> – Zeitschrift für <strong>Technik</strong><br />
<strong>im</strong> <strong>Unterricht</strong> 33 (127), S. 5–15.<br />
Schlagenhauf, Wilfried (2013): Methoden<br />
des <strong>Technik</strong>unterrichts – Si<strong>tu</strong>ationsanalyse<br />
und Entwicklungsperspektiven.<br />
In: <strong>tu</strong> – Zeitschrift für<br />
<strong>Technik</strong> <strong>im</strong> <strong>Unterricht</strong> 38 (147), S.<br />
9–16.<br />
Schmayl, W<strong>in</strong>fried (2010): Didaktik allgeme<strong>in</strong>bildenden<br />
<strong>Technik</strong>unterrichts,<br />
Baltmannsweiler<br />
Schulte, Hans (1999): E<strong>in</strong> Plädoyer für<br />
die Stärkung <strong>der</strong> na<strong>tu</strong>rwissenschaftlichen<br />
und technischen Bildung <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
allgeme<strong>in</strong> bildenden Schule. Geme<strong>in</strong>sames<br />
Memorandum von DPhV und<br />
VDI. In: <strong>tu</strong> – Zeitschrift für <strong>Technik</strong> <strong>im</strong><br />
<strong>Unterricht</strong> 24 (92), S. 8–9.<br />
Sternagel, Peter (1966): Die artes mechanicae<br />
<strong>im</strong> Mittelalter. Begriffs- und<br />
Bedeu<strong>tu</strong>ngsgeschichte bis zum Ende<br />
des 13. Jahrhun<strong>der</strong>ts. Bd. 2. Kallmünz/<br />
Opf.: Lassleben.<br />
Süvern, Johann Wilhelm: <strong>Unterricht</strong>s-<br />
Verfassung <strong>der</strong> Gymnasien und<br />
Stadtschulen. Vom 12. Jan. 1816.<br />
Auszug aus <strong>der</strong> Anweisung über die<br />
E<strong>in</strong>rich<strong>tu</strong>ng <strong>der</strong> öffentlichen allgeme<strong>in</strong>en<br />
Schulen <strong>im</strong> Preussischen Staate.<br />
In: Lothar Schwe<strong>im</strong> (Bearb.): Schulreform<br />
<strong>in</strong> Preußen 1809–1819. Entwürfe<br />
und Gutachten. Kle<strong>in</strong>e Pädagogische<br />
Texte. Bd. 30. Hrsg. v. Carl-Ludwig<br />
Furck u.a. We<strong>in</strong>he<strong>im</strong> 1966. S. 59–98.<br />
Vere<strong>in</strong> Deutscher Ingenieure (1984):<br />
Memorandum: <strong>Technik</strong>unterricht an<br />
alle Schulen. Düsseldorf: VDI- Verlag.<br />
Onl<strong>in</strong>e zugänglich unter http://www.<br />
vdi-jutec.de/medienarchiv/ablage/orig<strong>in</strong>al/bildungspolitik_1.pdf<br />
(abgerufen<br />
1.3.2014)<br />
VDI Vere<strong>in</strong> Deutscher Ingenieure (2001):<br />
Der Jugend e<strong>in</strong>e Zukunft! Na<strong>tu</strong>rwissenschaftliche<br />
und technische Bildung<br />
stärken! Neun Thesen. (Zusammen<br />
mit dem Deutschen Philologenverband)<br />
Onl<strong>in</strong>e verfügbar unter http://<br />
www.vdi-jutec.de/medienarchiv/ablage/orig<strong>in</strong>al/bildungspolitik_6.pdf.<br />
VDI Vere<strong>in</strong> Deutscher Ingenieure (2004/<br />
2007): Bildungsstandards <strong>im</strong> <strong>Fach</strong><br />
<strong>Technik</strong> für den mittleren Schulabschluss.<br />
Vere<strong>in</strong> Deutscher Ingenieure.<br />
Düsseldorf.<br />
VDI Vere<strong>in</strong> Deutscher Ingenieure (2006):<br />
Empfehlungen des VDI zum Bachelor-<br />
Master-S<strong>tu</strong>diengang für <strong>Technik</strong>lehrer<br />
an allgeme<strong>in</strong>bildenden Schulen.<br />
Düsseldorf: VDI Verlag.<br />
VDI Vere<strong>in</strong> Deutscher Ingenieure (2012):<br />
Positionspapier: Technische Allgeme<strong>in</strong>bildung<br />
stärkt den Standort<br />
Deutschland.<br />
10 <strong>tu</strong> 152 / 2. Quartal 2014
Energietechnik<br />
<strong>tu</strong>: Sach<strong>in</strong>formationen<br />
Geschichte <strong>der</strong><br />
Sonnenenergienutzung –<br />
von Mouchot bis Quarzazate<br />
Von Peter Röben<br />
Die erneuerbaren Energien waren <strong>in</strong> Deutschland <strong>in</strong> den vergangenen Jahren so<br />
erfolgreich, dass Solarzellen auf den Dächern von Häusern und Scheunen <strong>in</strong> ganz<br />
Deutschland zum normalen Ersche<strong>in</strong>ungsbild gehören. An<strong>der</strong>s als W<strong>in</strong>dkraftanlagen,<br />
bei denen es e<strong>in</strong> klares Nord-Süd-Gefälle gibt, s<strong>in</strong>d Solaranlagen relativ<br />
homogen verbreitet und liefern e<strong>in</strong>en großen Beitrag zum jährlichen Elektrizitätsbedarf<br />
<strong>der</strong> Gesellschaft, <strong>der</strong> alle Prognosen <strong>der</strong> Vergangenheit übertrifft. Ja, es<br />
ist sogar so, dass die <strong>in</strong>stallierte Leis<strong>tu</strong>ng <strong>der</strong> photovoltaischen Anlagen die aller<br />
an<strong>der</strong>en Energieträger seit 2013 übertrifft. Ende 2012 waren <strong>in</strong> Deutschland<br />
1,3 Millionen Solaranlagen mit e<strong>in</strong>er Nennleis<strong>tu</strong>ng von 32,4 GW <strong>in</strong>stalliert (Wirth<br />
2013, S. 5). <strong>Das</strong> bedeutet, dass an e<strong>in</strong>em sonnenreichen Tag <strong>im</strong> Sommer <strong>der</strong><br />
größte Teil <strong>der</strong> benötigten elektrischen Energie <strong>in</strong> Deutschland von Solaranlagen<br />
produziert werden kann.<br />
E<strong>in</strong>e solche Si<strong>tu</strong>ation wurde <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vergangenheit auch von Opt<strong>im</strong>isten nicht für<br />
möglich gehalten. Eher schon st<strong>im</strong>mten viele Experten solchen Aussagen zu, wie<br />
<strong>der</strong> von Hans-Peter Villis, dem ehemaligen Vorstandsvorsitzenden <strong>der</strong> EnBW:<br />
„Für e<strong>in</strong>e effiziente, großtechnische Nutzung <strong>der</strong> Solarenergie sche<strong>in</strong>t <strong>in</strong> Deutschland<br />
zu selten die Sonne. Der Solaranteil an <strong>der</strong> Energieerzeugung wird auch 2020<br />
noch bei gerade mal e<strong>in</strong>em Prozent liegen.“ (Janz<strong>in</strong>g 2011, S. 162)<br />
Dieser Wert wird schon heute <strong>im</strong> Jahre 2013 um mehr als das Vierfache übertroffen.<br />
Kann man <strong>im</strong> Fall von Villis unterstellen, dass er <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nutzung <strong>der</strong> Solarenergie<br />
eher e<strong>in</strong>e Bedrohung se<strong>in</strong>es Geschäftsmodells sah und se<strong>in</strong>e Aussagen daher<br />
weniger von Sachkenntnis geleitet waren denn vom Wunsch, e<strong>in</strong>e unliebsame<br />
Konkurrenz nie<strong>der</strong>zuhalten, hätte man <strong>im</strong> Fall <strong>der</strong> Prognos AG, e<strong>in</strong>em <strong>der</strong> ältesten<br />
Wirtschaftsforschungs- und Bera<strong>tu</strong>ngsunternehmen, mehr erwarten können. E<strong>in</strong>e<br />
Prognos-S<strong>tu</strong>die von 1998 schätzte allerd<strong>in</strong>gs die Stromerzeugung aus Solaranlagen<br />
mit e<strong>in</strong>em Wert von 0,44 TWh für 2020 e<strong>in</strong>. Dieser Wert wurde schon 2008 um das<br />
zehnfache übertroffen (Pieprzyk und Rojas Hilje 2009, S.8). Wie konnte dieser<br />
enorme Wandel <strong>der</strong> Energieerzeugung <strong>in</strong> so kurzer Zeit vonstatten gehen, dass<br />
davon auch die meisten <strong>Fach</strong>leute überrascht wurden?<br />
Grundlage <strong>der</strong> E<strong>in</strong>speisung<br />
von elektrischem Strom <strong>in</strong><br />
das Netz<br />
E<strong>in</strong> Teil <strong>der</strong> Antwort liefert die Betrach<strong>tu</strong>ng<br />
<strong>der</strong> gesetzlichen Grundlagen.<br />
Damit man überhaupt Strom von e<strong>in</strong>er<br />
privaten Solaranlage <strong>in</strong> das Netz e<strong>in</strong>speisen<br />
kann, braucht es e<strong>in</strong>e gesetzliche<br />
Grundlage. Diese wurde durch<br />
das Strome<strong>in</strong>speisungsgesetz von<br />
1991 erstmals geschaffen. In diesem<br />
Gesetz wurde die E<strong>in</strong>speisung und<br />
Vergü<strong>tu</strong>ng von elektrischem Strom <strong>in</strong><br />
das öffentliche Netz verb<strong>in</strong>dlich geregelt<br />
(siehe Wikipedia: Erneuerbare-<br />
Energien-Gesetz). Vor allem kle<strong>in</strong>e<br />
<strong>tu</strong> 152 / 2. Quartal 2014<br />
Unternehmen konnten sich auf dieser<br />
Grundlage gegen die etablierten<br />
Stromkonzerne behaupten, die ihnen<br />
den Zugang zum Netz verweigerten<br />
o<strong>der</strong> erschwerten. Die eigentliche<br />
Zielgruppe des Gesetzes waren zwar<br />
die süddeutschen Wasserkraftwerke,<br />
aber die zugesicherte Vergü<strong>tu</strong>ng für<br />
e<strong>in</strong>gespeisten Strom löste <strong>in</strong> Norddeutschland<br />
e<strong>in</strong>en W<strong>in</strong>dkraftboom<br />
aus, obwohl für die W<strong>in</strong>dkraft nur 90%<br />
des Durchschnittserlöses <strong>der</strong> Energieversorger<br />
gezahlt werden musste<br />
(Janz<strong>in</strong>g 2011, S. 95).<br />
Mit dem 1.000-Dächer-Programm <strong>der</strong><br />
Bundesregierung von 1990 wurden private<br />
Solaranlagen mit max<strong>im</strong>al 5 KW<br />
Standardleis<strong>tu</strong>ng bis zu 70% <strong>der</strong> Anlagen-<br />
und Investitionskosten geför<strong>der</strong>t.<br />
Im Jahre 2000 wurde durch die rotgrüne<br />
Regierung das Strome<strong>in</strong>speisungsgesetz<br />
durch das Erneuerbare-<br />
Energien-Gesetz (EEG) abgelöst.<br />
Außerdem wollte man den erreichten<br />
Stand von 50 MW 1 bei <strong>der</strong> Photovoltaik<br />
auf 300 MW ausdehnen und legte<br />
dazu das 100.000-Dächer-Programm<br />
auf. In diesem Programm wurde<br />
<strong>der</strong> Aufbau von Photovoltaikanlagen<br />
durch z<strong>in</strong>sgünstige Kredite <strong>der</strong> KfW<br />
geför<strong>der</strong>t. <strong>Das</strong> Ziel dieses Programms<br />
wurde bereits 2003 erreicht, aber die<br />
weitere För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Photovoltaik<br />
wurde durch e<strong>in</strong>e Novellierung des<br />
EEG sichergestellt, die 2004 erfolgte.<br />
Die Erfolge be<strong>im</strong> Ausbau <strong>der</strong> Photovoltaik<br />
machten <strong>im</strong>mer wie<strong>der</strong> Anpassungen<br />
des EEG notwendig, zuletzt<br />
die sogenannte Photovoltaiknovelle<br />
vom Juni 2012.<br />
Liberalisierung des<br />
Strommarkts<br />
Die gesetzliche Garantie e<strong>in</strong>es fixen<br />
Preises für Strom aus erneuerbaren<br />
Energiequellen ist aber nur e<strong>in</strong>e Neuerung<br />
des Strommarkts. Die an<strong>der</strong>e<br />
als „Liberalisierung des Strommarkts“<br />
bezeichnete Neuerung besteht <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
E<strong>in</strong>führung e<strong>in</strong>es Strommarktes o<strong>der</strong><br />
sog. Strombörsen ab 2000. Heute<br />
wird Strom an <strong>der</strong> European Energy<br />
Exchange (EEX) <strong>in</strong> Leipzig gehandelt.<br />
<strong>Das</strong> Nebene<strong>in</strong>an<strong>der</strong> von garantierten<br />
Strompreisen für den Strom aus Solaranlagen<br />
und dem Strommarkt an<br />
<strong>der</strong> Strombörse <strong>in</strong> Leipzig verursacht<br />
e<strong>in</strong> f<strong>in</strong>anzielles Problem, das <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er<br />
Zuspitzung durch den Umweltm<strong>in</strong>ister<br />
Altmeier 2013 e<strong>in</strong>e breite Debatte und<br />
e<strong>in</strong> vielfältiges Presseecho auslöste.<br />
Vielfach wird berichtet, dass die erneuerbaren<br />
Energien Opfer ihres Erfolgs<br />
werden. Geme<strong>in</strong>t ist damit e<strong>in</strong>e<br />
Si<strong>tu</strong>ation, <strong>in</strong> <strong>der</strong> die Strommengen, die<br />
auf <strong>der</strong> Grundlage des EEG zu festen<br />
Preisen aufgekauft werden müssen,<br />
<strong>im</strong>mer stärker ansteigen, <strong>der</strong> Strom-<br />
1 Die Leis<strong>tu</strong>ngsangaben bei Solarzellen<br />
beziehen sich <strong>im</strong>mer auf die sog.<br />
Peakleis<strong>tu</strong>ng, also die elektrische<br />
Leis<strong>tu</strong>ng, die die Solarzelle bei max<strong>im</strong>aler<br />
Sonnene<strong>in</strong>strahlung abgibt.<br />
11
<strong>tu</strong>: Sach<strong>in</strong>formationen<br />
Energietechnik<br />
preis an <strong>der</strong> Börse <strong>in</strong> Leipzig aber<br />
stark schwankt. Insbeson<strong>der</strong>e zur<br />
Mittagszeit – früher e<strong>in</strong> Zeitpunkt erhöhter<br />
Stromnachfrage, die nach den<br />
Gesetzen <strong>der</strong> Strombörse eigentlich zu<br />
hohen Strompreisen führen sollte – liefern<br />
die Photovoltaikanlagen die größte<br />
Menge an Elektrizität, so viel, dass an<br />
<strong>der</strong> Strombörse gelegentlich negative<br />
Preise erzielt werden. Es kann dann<br />
zu <strong>der</strong> paradoxen Si<strong>tu</strong>ation kommen,<br />
dass dem Abnehmer von Elektrizität<br />
auch noch Geld gezahlt wird, anstatt<br />
e<strong>in</strong>en Preis von ihm zu verlangen. Die<br />
eigentlich komfortable Si<strong>tu</strong>ation e<strong>in</strong>es<br />
Überflusses an Energie zur Mittagszeit<br />
wird durch den Mechanismus des EEG<br />
zu e<strong>in</strong>er problematischen Si<strong>tu</strong>ation,<br />
die dazu führt, dass obwohl <strong>der</strong> Strom<br />
aus <strong>der</strong> Photovoltaik <strong>im</strong>mer billiger<br />
wird, <strong>der</strong> Strom für die Konsumenten<br />
<strong>im</strong>mer teurer wird. Angesichts dieser<br />
paradoxen Si<strong>tu</strong>ation, zeitweiliger Überschuss<br />
an Strom aus erneuerbaren<br />
Energiequellen e<strong>in</strong>erseits, aber Verfall<br />
<strong>der</strong> Strompreise an <strong>der</strong> Börse und<br />
Anstieg <strong>der</strong> Konsumentenpreise für<br />
Strom an<strong>der</strong>erseits, wird e<strong>in</strong> weiterer<br />
Blick auf die Geschichte spannend.<br />
Auslöser des Problems ist die Verabschiedung<br />
des EEG 2000, denn an<strong>der</strong>s<br />
als <strong>im</strong> Strome<strong>in</strong>speisungsgesetz<br />
von 1991 wird <strong>im</strong> EEG ke<strong>in</strong>e Deckelung<br />
vorgenommen und damit wurde<br />
die Grundlage für das, was uns heute<br />
als Problem präsentiert wird, gelegt.<br />
Damals war es <strong>der</strong> Traum von Grünen<br />
und Sozialdemokraten, dass es<br />
gel<strong>in</strong>gen möge, nach den Unfällen <strong>in</strong><br />
Harrisburg und Tschernobyl aus <strong>der</strong><br />
Kernenergie auszusteigen und auch<br />
aus den konventionellen Formen <strong>der</strong><br />
Energieproduktion. Vielen war klar,<br />
dass Kohle und Öl begrenzte Rohstoffe<br />
s<strong>in</strong>d, <strong>der</strong>en Verbrennung nicht<br />
unbed<strong>in</strong>gt die s<strong>in</strong>nvollste Weise ihrer<br />
Verwendung darstellt. Auch ohne die<br />
Erkenntnis, dass die Verbrennung<br />
CO2 freisetzt und damit Ursache <strong>der</strong><br />
Er<strong>der</strong>wärmung ist, fanden sich seit<br />
<strong>der</strong> Ölkrise 1973 viele gute Gründe,<br />
aus <strong>der</strong> Verbrennung von Kohle und<br />
Öl auszusteigen. <strong>Das</strong> Waldsterben <strong>in</strong><br />
den achtziger Jahren war e<strong>in</strong>es <strong>der</strong> damals<br />
bedeutendsten Umweltthemen,<br />
und die 1980 gegründeten und 1983<br />
<strong>in</strong> den Bundestag e<strong>in</strong>gezogenen Grünen<br />
überreichten dem neu gewählten<br />
Kanzler Kohl e<strong>in</strong>en Tannenzweig statt<br />
Glückwünschen, um das Waldsterben<br />
symbolisch <strong>im</strong> Bundestag zu thematisieren.<br />
Die Träumer von damals hätten<br />
sich allerd<strong>in</strong>gs nie träumen lassen,<br />
dass dreißig Jahre später ausgerechnet<br />
e<strong>in</strong> zeitweiliger Überschuss an<br />
regenerativer Energie zu aufgeregten<br />
Diskussionen führen würde.<br />
Die technische Entwicklung <strong>im</strong> Bereich<br />
<strong>der</strong> Photovoltaik wurde durch die E<strong>in</strong>speisevergü<strong>tu</strong>ng<br />
so vorangetrieben,<br />
dass die freigesetzten Potenziale sogar<br />
von den <strong>Fach</strong>leuten nicht erkannt<br />
wurden. Grundsätzlich war man sich<br />
über den Energiegehalt <strong>der</strong> Sonnenstrahlung<br />
schon <strong>im</strong> neunzehnten Jahrhun<strong>der</strong>t<br />
<strong>im</strong> Klaren. In unseren Breiten<br />
erhält man Spitzenwerte <strong>der</strong> solaren<br />
Leis<strong>tu</strong>ng von ca. 1 kW pro Quadratmeter.<br />
Über das Jahr aufsummiert liefert<br />
die Sonne beispielsweise <strong>in</strong> Mannhe<strong>im</strong><br />
e<strong>in</strong>e Energie von 1200 kWh pro Quadratmeter.<br />
Mit e<strong>in</strong>em Quadratmeter<br />
Solarzelle (ak<strong>tu</strong>eller Wirkungsgrad<br />
hochwertiger Solarzellen: 22%) lassen<br />
sich daraus rechnerisch 264 kWh<br />
Strom erzielen. Der Strombedarf e<strong>in</strong>es<br />
Privathaushalts mit e<strong>in</strong>er Person (<strong>im</strong><br />
Mittel 2050 kWh 2 ) könnte sich demnach<br />
mit weniger als 10 qm Solarfläche<br />
realisieren lassen.<br />
2 http://www.bdew.de/<strong>in</strong>ternet.nsf/id/<br />
DE_20100927_Energieverbrauch_<br />
<strong>im</strong>_Haushalt/$file/Energie-Info%<br />
20Energieverbrauch%20<strong>in</strong>%20<br />
Haushalten%202009.pdf<br />
3 http://www.solarserver.de/servicetools/photovoltaik-preis<strong>in</strong>dex.html<br />
4 http://www.solarserver.de/solarmagaz<strong>in</strong>/nachrichten/ak<strong>tu</strong>elles/<br />
2013/kw36/duennschichtphotovoltaik-zsw-entwickeltflexible-solarzelle-auf-emaillierstahlmit-186-prozent-wirkungsgrad.html<br />
Die <strong>Fach</strong>leute haben sich auch nicht<br />
wirklich über dieses Potenzial <strong>der</strong> Sonnenenergie<br />
getäuscht, son<strong>der</strong>n über<br />
die Geschw<strong>in</strong>digkeit <strong>der</strong> technischen<br />
Realisierung e<strong>in</strong>er ökonomischen<br />
s<strong>in</strong>nvollen Nutzung dieses Energieangebots<br />
durch die Photovoltaik. Für den<br />
unerwartet heftigen Anstieg des Ausbaus<br />
<strong>der</strong> Photovoltaik ist neben <strong>der</strong><br />
För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> erstaunliche Verfall <strong>der</strong><br />
Preise für photovoltaische Solarmodule<br />
als Ursache zu nennen. Alle<strong>in</strong> zwischen<br />
Mai 2009 und Mai 2013 ist <strong>der</strong><br />
Preis <strong>in</strong> € pro Watt peak von 2,61 (Europa)<br />
bzw. 2,17 (Ch<strong>in</strong>a) auf 0,78 (Europa),<br />
bzw. 0,54 (Ch<strong>in</strong>a) 3 gefallen. <strong>Das</strong><br />
ist e<strong>in</strong> Rückgang von zwei Drittel bei<br />
den europäischen und ca. drei Viertel<br />
bei den ch<strong>in</strong>esischen Produkten. Da<br />
e<strong>in</strong> Ende noch nicht abzusehen ist und<br />
neue <strong>Technik</strong>en wie z. B. die flexiblen<br />
Dünnschicht-Solarmodule permanent<br />
weiterentwickelt werden – z. B. gibt es<br />
neuerd<strong>in</strong>gs flexible Solarmodule auf<br />
Emaillestahl mit Wirkungsgraden von<br />
18,6% 4 –, wird es <strong>im</strong>mer mehr Anwendungspotenziale<br />
für e<strong>in</strong>e kostengünstige<br />
Stromproduktion aus Sonnenlicht<br />
geben.<br />
E<strong>in</strong> weiterer Grund für den massenhaften<br />
Ausbau von Photovoltaikanlagen<br />
liegt <strong>in</strong> <strong>der</strong> F<strong>in</strong>anzkrise und dem<br />
Mangel an sicheren Geldanlagemöglichkeiten<br />
mit e<strong>in</strong>er akzeptablen Verz<strong>in</strong>sung.<br />
Gerade die ak<strong>tu</strong>ell zu verzeichnenden<br />
Insolvenzen von Firmen<br />
wie „Solarmillenium“ und „Prokon“ zeigen,<br />
dass <strong>der</strong> Markt für regenerative<br />
Energie nicht nur durch Umweltschutzgesichtspunkte<br />
angetrieben wurde.<br />
Die Anfänge <strong>der</strong><br />
photovoltaischen<br />
Strome<strong>in</strong>speisung<br />
Auch dies konnte sich am Beg<strong>in</strong>n<br />
sicherlich ke<strong>in</strong>er <strong>der</strong> damaligen Solarpioniere<br />
vorstellen. Als 1979 das<br />
erste Mal e<strong>in</strong>e Photovoltaikanlage <strong>im</strong><br />
Schweizer Kanton Aargau ausgerechnet<br />
durch das Eidgenössische Insti<strong>tu</strong>t<br />
für Reaktorforschung Strom <strong>in</strong> das<br />
Schweizer Netz e<strong>in</strong>speiste, waren die<br />
Module „noch teurer, als wenn sie aus<br />
purem Gold gefertigt wären“, wie <strong>der</strong><br />
Initiator Markus Real berechnet hat<br />
(Janz<strong>in</strong>g 2011, S. 54). Die <strong>Technik</strong> für<br />
die Herstellung von Solarmodulen hat<br />
sich <strong>in</strong> den siebziger Jahren zunächst<br />
nur langsam entwickelt. Vor allem<br />
<strong>der</strong> große Teil von zeitaufwendiger<br />
Handarbeit <strong>im</strong> Montageprozess <strong>der</strong><br />
Solarmodule führte zu hohen Preisen.<br />
Aber Investitionen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>dustrielle<br />
Produktion ließen bei den damaligen<br />
Marktaussichten auf sich warten.<br />
Es war die Zeit <strong>der</strong> Idealisten, die<br />
vom Solarstrom träumen, aber weit<br />
davon entfernt waren, ihn zu konkurrenzfähigen<br />
Preisen zu produzieren.<br />
12 <strong>tu</strong> 152 / 2. Quartal 2014
Energietechnik<br />
<strong>tu</strong>: Sach<strong>in</strong>formationen<br />
In Deutschland wurden Solarzellen<br />
schon <strong>in</strong> den sechziger Jahren z. B.<br />
von Telefunken <strong>in</strong> Heilbronn produziert.<br />
Sie waren für die Energieversorgung<br />
<strong>der</strong> Satelliten des deutschen<br />
Raumfahrtprogramms gedacht, das<br />
1969 mit dem Start des Satelliten<br />
Azur begann.<br />
Auch Siemens und AEG begannen mit<br />
<strong>der</strong> Fertigung von Solarzellen. Die hohen<br />
Preise spielten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Weltraumfahrt<br />
ke<strong>in</strong>e entscheidende Rolle, weil<br />
die Kosten für Solarzellen <strong>im</strong>mer noch<br />
niedriger waren als die <strong>der</strong> alternativen<br />
Energielieferanten, z. B. Radioisotopgeneratoren.<br />
E<strong>in</strong>e ernsthafte Suche nach Alternativen<br />
zu Kohle und Öl setzte <strong>in</strong><br />
Deutschland erst nach <strong>der</strong> Ölkrise<br />
1973 e<strong>in</strong>. AEG, BBC, Dornier, Phillips<br />
und RWE gründeten 1975 <strong>in</strong> Essen<br />
die Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft Solarenergie,<br />
die ab 1978 als Bundesverband Solarenergie<br />
firmierte (Janz<strong>in</strong>g 2011, S. 23).<br />
Auch <strong>in</strong> den Reihen <strong>der</strong> Wissenschaft<br />
entstanden Insti<strong>tu</strong>te, die sich <strong>der</strong> Erforschung<br />
<strong>der</strong> Solarenergie widmeten,<br />
so z. B. die Deutsche Gesellschaft<br />
für Sonnenenergie, die von Wissenschaftlern<br />
des Max-Planck-Insti<strong>tu</strong>ts<br />
für Plasmaphysik <strong>in</strong> München 1975<br />
gegründet wurde. Diese Gesellschaft<br />
bezweckte neben <strong>der</strong> Forschung vor<br />
allem auch Lobbyarbeit. 1981 wurde<br />
das Fraunhofer-Insti<strong>tu</strong>t für Solare<br />
Ener giesysteme (ISE) gegründet. Sah<br />
man <strong>in</strong> dieser Zeit auch <strong>in</strong> den Reihen<br />
<strong>der</strong> Fraunhofer-Wissenschaftler die<br />
Befassung mit Photovoltaik noch als<br />
verqueres Hobby an, so wuchs das<br />
ISE doch zum <strong>in</strong>zwischen zweitgrößten<br />
Insti<strong>tu</strong>t <strong>in</strong> <strong>der</strong> Fraunhofer-Gesellschaft<br />
mit mehr als 1000 Mitarbeitern<br />
heran (Janz<strong>in</strong>g 2011, S. 35).<br />
<strong>tu</strong> 152 / 2. Quartal 2014<br />
E<strong>in</strong>er <strong>der</strong> wichtigen Schritte auf dem<br />
Weg zur Industrialisierung <strong>der</strong> Modulproduktion<br />
ist das Projekt „Cyrus“ von<br />
1995, mit dem Greenpeace 4400 Kauf<strong>in</strong>teressierte<br />
für e<strong>in</strong>e Solaranlage mit<br />
e<strong>in</strong>em Preis von damals 13.500 Mark<br />
pro Kilowatt (6,75 E pro Watt peak) gewann<br />
und die Adressen an zwei sich<br />
neu konsti<strong>tu</strong>ierende Solarfertigungsbetriebe<br />
vermittelte: „Solon“ <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong><br />
und die „Solar-Fabrik“ <strong>in</strong> Freiburg (Janz<strong>in</strong>g<br />
2011, S. 127). In e<strong>in</strong>er Zeit, <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
die Großen <strong>der</strong> Branche Deutschland<br />
als Fertigungsstandort als zu teuer ansahen,<br />
etablierte sich e<strong>in</strong> Mittelstand<br />
<strong>der</strong> Solar<strong>in</strong>dustrie. Salvamoser, dem<br />
Grün<strong>der</strong> <strong>der</strong> Solar-Fabrik <strong>in</strong> Freiburg,<br />
gelang es, se<strong>in</strong>e Firma 2002 als Aktiengesellschaft<br />
erfolgreich an den<br />
Markt zu br<strong>in</strong>gen. E<strong>in</strong> weiterer wichtiger<br />
Erfolg ist die Gründung <strong>der</strong> S.A.G<br />
Solarstrom AG durch Salvamoser und<br />
Ritter 1998. Dieses Unternehmen f<strong>in</strong>g<br />
an, Solarkraftwerke <strong>im</strong> großen Stil zu<br />
f<strong>in</strong>anzieren, zu bauen und zu vermarkten.<br />
E<strong>in</strong> Beispiel für die neue Größenordnung<br />
von Photovoltaikanlagen ist<br />
das von S.A.G. betriebene Solarfeld<br />
Erlasee, welches bis 2007/08 die größte<br />
Photovoltaikanlage <strong>der</strong> Welt war. Mit<br />
e<strong>in</strong>er Nennleis<strong>tu</strong>ng von 11,4 MW speiste<br />
diese Anlage nun <strong>in</strong> das 20-kV-Netz<br />
e<strong>in</strong>, und man kann zu Recht von e<strong>in</strong>em<br />
Solarkraftwerk reden. Heute werden<br />
Anlagen mit 266 MW (Mount Signal<br />
Project <strong>in</strong> Kalifornien) projektiert und<br />
s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Bau, während die Antelope Valley<br />
Solar Ranch One (Kalifornien) mit<br />
100 MW <strong>in</strong> Betrieb genommener Leis<strong>tu</strong>ng<br />
das <strong>der</strong>zeit (2013) größte Photovoltaikkraftwerk<br />
<strong>der</strong> Welt ist. 5<br />
Vor allem das Aufkommen von starken<br />
Konkurrenten aus Asien, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />
Ch<strong>in</strong>a, hat die Si<strong>tu</strong>ation auf dem<br />
Solarmodulmarkt extrem verschärft.<br />
So extrem, dass viele Hersteller aus<br />
Deutschland Insolvenz angemeldet<br />
haben und viele Hoffnungen auf e<strong>in</strong>en<br />
Aufschwung <strong>der</strong> he<strong>im</strong>ischen<br />
Solarbranche vor allem <strong>in</strong> den neuen<br />
Bundeslän<strong>der</strong>n begraben werden<br />
mussten.<br />
Die <strong>Technik</strong> <strong>der</strong><br />
Photovoltaikanlagen<br />
Die <strong>Technik</strong> zur Herstellung von Photovoltaikanlagen<br />
war schon <strong>in</strong> den<br />
siebziger Jahren nicht wirklich neu.<br />
Sie basiert auf Verfahren, die <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Halbleiter<strong>in</strong>dustrie bereits länger etabliert<br />
waren. Doch <strong>der</strong> technische Fortschritt<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> Halbleitertechnik führte<br />
zu e<strong>in</strong>em rapiden Verfall <strong>der</strong> Preise<br />
und e<strong>in</strong>em scharfen Wettbewerb, <strong>der</strong><br />
<strong>im</strong>mer wie<strong>der</strong> dazu führte, dass Unternehmen<br />
aus <strong>der</strong> Konkurrenz ausschieden.<br />
Unter den umsatzstärksten<br />
5 http://solarmedia.blogspot.de/p/<br />
grosste-pv-anlagen-<strong>der</strong>-welt.html<br />
Halbleiterherstellern <strong>der</strong> Welt, die von<br />
Intel, Samsung und Texas<strong>in</strong>struments<br />
angeführt werden, f<strong>in</strong>det sich nur noch<br />
e<strong>in</strong> deutsches Unternehmen (Inf<strong>in</strong>eon)<br />
auf Platz 12. Die Liste <strong>der</strong> Solarzellen-Hersteller<br />
wurde 2011 von <strong>der</strong><br />
ch<strong>in</strong>esischen Firma Suntech Power<br />
angeführt, die allerd<strong>in</strong>gs <strong>im</strong> März 2013<br />
Insolvenz angemeldet hat. <strong>Das</strong> ehemals<br />
deutsche Unternehmen Q-Cells<br />
belegte 2011 noch Platz 13, meldete<br />
aber 2012 Insolvenz an und wurde an<br />
die südkoreanische Firma Hanwha<br />
verkauft. Die Bonner Firma Solarworld<br />
kam 2011 noch auf Platz 20, ist<br />
<strong>in</strong>zwischen aber auch <strong>in</strong> erheblichen<br />
Schwierigkeiten und schl<strong>in</strong>gert nach<br />
e<strong>in</strong>em Schuldenschnitt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e ungewisse<br />
Zukunft.<br />
Die Herstellung von Solarzellen ist<br />
zwar eng verwandt mit <strong>der</strong> Herstellung<br />
von <strong>in</strong>tegrierten Schaltkreisen, aber<br />
weniger komplex. Für die Erzeugung<br />
des elektrischen Stroms ist nur die<br />
Herstellung e<strong>in</strong>er Sperrschicht vonnöten<br />
(bei den neueren Entwicklungen<br />
auch zwei o<strong>der</strong> drei), aber ke<strong>in</strong>er komplexen<br />
Struk<strong>tu</strong>r wie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Mikroprozessor.<br />
Die Anfor<strong>der</strong>ungen an die<br />
Qualität des Rohstoffs Silizium liegen<br />
unter denen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Halbleiter<strong>in</strong>dustrie.<br />
Auf dem Markt für Silizium ist es <strong>in</strong> den<br />
letzten Jahren zu e<strong>in</strong>em drastischen<br />
Preisverfall gekommen, was Firmen<br />
wie z. B. <strong>der</strong> Wacker-Chemie <strong>in</strong> Bayern<br />
schwer zu schaffen macht.<br />
Die beson<strong>der</strong>en Herausfor<strong>der</strong>ungen <strong>in</strong><br />
<strong>der</strong> Solar<strong>in</strong>dustrie liegen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Produktion<br />
vergleichsweise großer Flächen<br />
des Halbleitermaterials und <strong>der</strong> Fertigung<br />
zu Solarmodulen und <strong>der</strong>en Montage<br />
zu Solaranlagen. Der <strong>in</strong>dustrielle<br />
Fertigungsprozess wird heute unter<br />
E<strong>in</strong>satz von Robotern durchgeführt.<br />
Sowohl be<strong>im</strong> Fertigungsprozess als<br />
auch be<strong>im</strong> Wirkungsgrad s<strong>in</strong>d große<br />
Fortschritte erreicht worden. Die ersten<br />
Solarzellen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Weltraumfahrt begnügten<br />
sich mit e<strong>in</strong>em Wirkungsgrad<br />
<strong>im</strong> e<strong>in</strong>stelligen Prozentbereich. Heute<br />
erreicht man mit kristall<strong>in</strong>en Siliziumsolarzellen<br />
ca. 25% Wirkungsgrad,<br />
mit polykristall<strong>in</strong>en Solarzellen s<strong>in</strong>d<br />
es ca. 20%. Im Labor erreichte man<br />
<strong>im</strong> September 2013 mit neuen Materialien,<br />
die es erlauben, das Sonnenlicht<br />
mit drei Sperrschichten statt nur<br />
e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>zufangen, und e<strong>in</strong>er optischen<br />
Konzentration <strong>der</strong> Sonnenstrahlen auf<br />
13
<strong>tu</strong>: Sach<strong>in</strong>formationen<br />
die Solarzelle um den Faktor<br />
297 e<strong>in</strong>en Wirkungsgrad von<br />
44,7%. 6 In den nächsten Jahren<br />
ist damit zu rechnen, dass<br />
die Solarzellen billiger und<br />
effektiver werden, außerdem<br />
werden sie <strong>im</strong>mer mehr Anwendungsfel<strong>der</strong><br />
erobern.<br />
Die erste Solarzelle<br />
<strong>der</strong> Welt<br />
Von den heutigen Wirkungsgraden<br />
konnten Daryl Chap<strong>in</strong>,<br />
Calv<strong>in</strong> Fuller und Gerald Pearson<br />
von den Bell-Laboratorien<br />
1953 nur träumen, als sie die<br />
erste Solarzelle <strong>der</strong> Öffentlichkeit vorstellten.<br />
Wenige Jahre nach <strong>der</strong> Entwicklung<br />
des ersten Transistors (1945)<br />
erkannten sie, dass die Halbleitertechnik<br />
nicht nur <strong>in</strong> <strong>der</strong> Elektronik – also<br />
bei <strong>der</strong> Steuerung und Kontrolle von<br />
eher schwachen Strömen – e<strong>in</strong>e Umwälzung<br />
<strong>der</strong> technischen Produkte<br />
verursachen wird, son<strong>der</strong>n auch <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Stromerzeugung e<strong>in</strong> Potenzial hat. Allerd<strong>in</strong>gs<br />
waren die Leis<strong>tu</strong>ngen, die <strong>in</strong><br />
den ersten Jahren von Solarmodulen<br />
produziert wurden, so bescheiden,<br />
dass man nicht ernsthaft daran denken<br />
konnte, hier<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Konkurrenz<br />
zu Kohle, Öl und Uran zu sehen. Man<br />
konnte zwar schon flächige Solarmodule<br />
herstellen, aber ihre Preise waren<br />
extrem hoch. Die Weltraumfahrt war<br />
<strong>der</strong> E<strong>in</strong>satzbereich, <strong>in</strong> dem sich Solarzellen<br />
schnell durchsetzen konnten<br />
und wo ihre hohen Kosten akzeptiert<br />
wurden, weil es ke<strong>in</strong>e ernsthaften Alternativen<br />
gab. 1958 wurde <strong>der</strong> erste<br />
Satellit (Vanguard 1, Abb. 1) <strong>in</strong>s All geschossen,<br />
<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e Stromversorgung<br />
mit Solarzellen an Bord hatte. Die Photovoltaik<br />
ersetzte die Stromproduktion<br />
von Zellen, die auf <strong>der</strong> Basis des radioaktiven<br />
Zerfalls arbeiteten. Der Strom<br />
aus Solarzellen stand zuverlässiger<br />
zur Verfügung und bald auch preisgünstiger<br />
(Perl<strong>in</strong> 2002, S. 32).<br />
Vorläufer <strong>der</strong> ersten Silizium-Solarzelle<br />
reichen bis <strong>in</strong> das Jahr 1883 zurück,<br />
als <strong>der</strong> New Yorker Charles Fritts e<strong>in</strong><br />
6 http://www.ise.fraunhofer.de/de/presse-und-medien/presse<strong>in</strong>formationen/<br />
presse<strong>in</strong>formationen-2013/weltrekordsolarzelle-mit-44-7-prozent-wirkungsgrad<br />
Abb. 1: Vanguard 1, Stromversorung durch Solarzellen.<br />
Energietechnik<br />
erstes Solarmodul aus Selen präsentierte.<br />
Werner Siemens war e<strong>in</strong>er <strong>der</strong><br />
Experten, die nach e<strong>in</strong>er Prüfung die<br />
Echtheit <strong>der</strong> technischen Funktion bestätigten<br />
und e<strong>in</strong> ungeheures Poten zial<br />
für diese <strong>Technik</strong> voraussahen (Perl<strong>in</strong><br />
2002, S. 18). Fritts nutzte e<strong>in</strong>en Effekt,<br />
<strong>der</strong> 1875 schon von William Grylls<br />
Adams entdeckt worden war. Die pr<strong>in</strong>zipielle<br />
Machbarkeit <strong>der</strong> Umwandlung<br />
von Sonnenlicht <strong>in</strong> Elektrizität war also<br />
schon <strong>im</strong> 19. Jahrhun<strong>der</strong>t belegt, aber<br />
<strong>der</strong> Wirkungsgrad <strong>der</strong> Selenzelle war<br />
sehr bescheiden. Für die Weiterentwicklung<br />
<strong>der</strong> <strong>Technik</strong> erwies sich <strong>der</strong><br />
Mangel an Verständnis für die zugrundeliegenden<br />
physikalischen Prozesse<br />
als absolute Barriere. Man verstand<br />
nicht, was <strong>in</strong> dem Material vor sich g<strong>in</strong>g,<br />
wenn das Sonnenlicht <strong>in</strong> elektrischen<br />
Strom umgewandelt wurde. Die Zufallsentdeckung<br />
konnte daher nicht <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>e systematische Weiterentwicklung<br />
überführt werden: Man wusste schlicht<br />
nicht, was man an den Materialien verän<strong>der</strong>n<br />
sollte, um den Wirkungsgrad<br />
zu steigern. Erst die mit den Untersuchungen<br />
von Ferd<strong>in</strong>and Braun (1850–<br />
1918) zum Gleichrichtereffekt an Halbleitern<br />
e<strong>in</strong>geleitete Forschung an den<br />
elektrischen Eigenschaften von Halbleitern<br />
und die quantenmechanische<br />
Ausarbei<strong>tu</strong>ng <strong>der</strong> Elektronentheorie<br />
<strong>der</strong> Metalle und <strong>der</strong> Halbleiter, z. B.<br />
durch Felix Bloch (1905–1983), Rudolf<br />
Peierls (1907–1995) und Walter Schottky<br />
(1886–1976), schaffte die dafür notwendigen<br />
theoretischen Grundlagen.<br />
<strong>Das</strong> Interesse <strong>der</strong> Öffentlichkeit für Arbeiten,<br />
die versprachen aus Sonnenlicht<br />
elektrischen Strom zu gew<strong>in</strong>nen,<br />
war sehr groß. Im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t hatte<br />
z. B. Jules Verne mit se<strong>in</strong>en<br />
Romanen diese Idee <strong>in</strong> die<br />
Köpfe se<strong>in</strong>er Leserschaft gepflanzt.<br />
Sollte sich durch real<br />
existierende <strong>Technik</strong> tatsächlich<br />
realisieren lassen, was<br />
<strong>der</strong> Science-Fiction-Autor <strong>in</strong><br />
se<strong>in</strong>en Romanen beschrieben<br />
hatte, so war das für die Presse<br />
mehr als nur e<strong>in</strong>e Meldung<br />
wert. Für e<strong>in</strong>en ersten kle<strong>in</strong>en<br />
Pressehype sorgte z. B. Bruno<br />
Lange vom Kaiser Wilhelm Insti<strong>tu</strong>t<br />
für Silikatforschung, als<br />
er am 31.12.1929 e<strong>in</strong>e Photozelle<br />
vorstellte, die e<strong>in</strong>en kle<strong>in</strong>en<br />
Elektromotor antreiben<br />
konnte, wenn Sonnenlicht auf<br />
sie fiel (Mener 2001, S. 96f.).<br />
Die Entwicklung <strong>der</strong> Halbleiterforschung<br />
erreichte 1947 e<strong>in</strong>en Höhepunkt<br />
durch die Realisation des Transistors<br />
durch John Bardeen (1908–1991),<br />
Walter Bratta<strong>in</strong> (1902–1987) und William<br />
Shockley (1910–1989), den man<br />
als Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> Mikroelektronik sehen<br />
kann. Nun verstand man die Vorgänge<br />
<strong>im</strong> Halbleiter nicht nur theoretisch,<br />
son<strong>der</strong>n war auch praktisch <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Lage, Halbleiter gezielt zu verän<strong>der</strong>n,<br />
z. B. durch das Dotieren, um die Eigenschaften<br />
gezielt zu verän<strong>der</strong>n.<br />
Die auf diesen Grundlagen möglich<br />
gewordene Solarzelle fand neben dem<br />
E<strong>in</strong>satz <strong>im</strong> Weltraum nach und nach<br />
auch auf <strong>der</strong> Erde vielfältige E<strong>in</strong>satzmöglichkeiten<br />
(vgl. Perl<strong>in</strong> 2002), aber<br />
zunächst <strong>in</strong> Nischen: Beispielsweise<br />
wurden viele Solarzellen auf Bohr<strong>in</strong>seln,<br />
Bojen und an<strong>der</strong>en E<strong>in</strong>rich<strong>tu</strong>ngen<br />
verwendet, die weit weg von<br />
den Stromversorgungsnetzen waren<br />
und Geräte beherbergten, die kont<strong>in</strong>uierlich<br />
mit Energie versorgt werden<br />
mussten, auch ohne Personal vor Ort,<br />
welches z. B. Generatoren <strong>in</strong> Betrieb<br />
halten konnte. Die Unkompliziertheit<br />
<strong>der</strong> Solarzellen und ihre hohe Zuverlässigkeit<br />
erwiesen hier schon früh<br />
nützliche Dienste.<br />
In abgelegenen Gebieten Amerikas<br />
und Australiens wurden Photovoltaikzellen<br />
e<strong>in</strong>gesetzt, um sog. Repeater<br />
<strong>im</strong> Telefonnetz zu betreiben. <strong>Das</strong> s<strong>in</strong>d<br />
technische E<strong>in</strong>rich<strong>tu</strong>ngen, die das Telefonsignal<br />
auf langen Strecken verstärken<br />
müssen, damit es nicht zu sehr<br />
verrauscht und untauglich wird.<br />
14 <strong>tu</strong> 152 / 2. Quartal 2014
Energietechnik<br />
<strong>tu</strong>: Sach<strong>in</strong>formationen<br />
Der Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> Stromproduktion<br />
aus Sonnenlicht<br />
<strong>tu</strong> 152 / 2. Quartal 2014<br />
E<strong>in</strong> erster E<strong>in</strong>satz <strong>der</strong> Photovoltaik für<br />
die Zwecke <strong>der</strong> E<strong>in</strong>speisung von elektrischem<br />
Strom <strong>in</strong> das Netz erfolgte<br />
allerd<strong>in</strong>gs noch lange nicht. Dennoch<br />
wurde <strong>in</strong> Kalifornien auf <strong>der</strong> Grundlage<br />
des ersten Energiee<strong>in</strong>speisungsgesetzes<br />
<strong>der</strong> Welt schon Anfang <strong>der</strong><br />
achtziger Jahre elektrischer Strom aus<br />
Sonnenlicht <strong>in</strong> das Elektrizitätsnetz<br />
e<strong>in</strong>gespeist. Erzeugt wurde dieser aber<br />
nicht durch Photovoltaik, son<strong>der</strong>n mit<br />
e<strong>in</strong>er <strong>Technik</strong>, die sehr viel älter ist und<br />
die auch heute noch weltweit ca. die<br />
Hälfte des Stromertrags aus Sonnenenergie<br />
produziert. Die Rede ist von <strong>der</strong><br />
photothermischen Stromproduktion.<br />
Der zugrundeliegende physikalische<br />
Effekt, die Erwärmung von Substanzen,<br />
die von <strong>der</strong> Sonne bestrahlt werden,<br />
wird von <strong>der</strong> Menschheit seit den<br />
Anfängen <strong>der</strong> Sesshaftigkeit technisch<br />
genutzt. Schon die ersten Bautechniker<br />
wussten durch die Ausrich<strong>tu</strong>ng <strong>der</strong><br />
Gebäude den Effekt <strong>der</strong> Erwärmung zu<br />
nutzen (vgl. Butti und Perl<strong>in</strong> 1981). Allerd<strong>in</strong>gs<br />
war dies e<strong>in</strong>e re<strong>in</strong> thermische<br />
Art <strong>der</strong> Nutzung <strong>der</strong> Sonnenenergie.<br />
Die Nutzung für Zwecke <strong>der</strong> Energietechnik<br />
kam erst <strong>im</strong> 19. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />
auf. Es musste sich ja überhaupt erst<br />
e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong>e Energietechnik mo<strong>der</strong>ner<br />
Art etabliert haben: die Dampftechnik,<br />
die Grundlage für Dampfmasch<strong>in</strong>e<br />
und -<strong>tu</strong>rb<strong>in</strong>e. Technisch gesehen s<strong>in</strong>d<br />
Dampfmasch<strong>in</strong>en Wärmekraftmasch<strong>in</strong>en,<br />
also Masch<strong>in</strong>en, die Wärme <strong>in</strong><br />
mechanische Energie umwandeln. Mit<br />
<strong>der</strong> Dampfmasch<strong>in</strong>e gelang es dem<br />
Menschen, sich von <strong>der</strong> Muskelkraft,<br />
se<strong>in</strong>er eigenen o<strong>der</strong> <strong>der</strong> von Tieren,<br />
endgültig zu emanzipieren. Vor <strong>der</strong><br />
Dampfmasch<strong>in</strong>e gab es schon Masch<strong>in</strong>en,<br />
die die Wasserkraft und den<br />
W<strong>in</strong>d nutzten, aber die Dampfmasch<strong>in</strong>e<br />
stellte e<strong>in</strong>e viel höhere Energiedichte<br />
ortsunabhängig und unabhängig<br />
von den zufälligen Schwankungen<br />
<strong>der</strong> Na<strong>tu</strong>rkräfte zur Verfügung. Damals<br />
war die Nutzung <strong>der</strong> Muskelkraft<br />
so selbstverständlich, dass James<br />
Watt die Leis<strong>tu</strong>ng e<strong>in</strong>es Pferds zum<br />
Standard erhob, an dem die Leis<strong>tu</strong>ng<br />
<strong>der</strong> neuen Masch<strong>in</strong>e und vor allem<br />
ihre Überlegenheit gemessen wurden.<br />
Die Pferdestärke hat sich <strong>im</strong><br />
Kfz-Bereich bis heute gehalten, und<br />
vermutlich macht sich kaum noch e<strong>in</strong>er<br />
von denen, die diese E<strong>in</strong>heit bis <strong>in</strong><br />
die heutigen Tage verwenden, Gedanken<br />
darüber, was es bedeutet, wenn<br />
man z. B. 100 PS unter <strong>der</strong> Haube<br />
hat. Heute misst man die Leis<strong>tu</strong>ng<br />
generell nicht mehr <strong>in</strong> PS, son<strong>der</strong>n <strong>in</strong><br />
Watt. Diese E<strong>in</strong>heit, die vormals nur<br />
für die elektrische Leis<strong>tu</strong>ng verwendet<br />
wurde, wird heute allgeme<strong>in</strong> verwendet<br />
und macht bewusst, dass <strong>der</strong> z. B.<br />
Wärmebedarf e<strong>in</strong>es Hauses e<strong>in</strong> Energiebedarf<br />
ist, den man daher <strong>in</strong> <strong>der</strong>selben<br />
E<strong>in</strong>heit misst wie den Bedarf<br />
nach Elektrizität, den <strong>der</strong> Elektromotor<br />
e<strong>in</strong>es Autos benötigt.<br />
Sonnenkraftwerke<br />
mit konventioneller Stromerzeugungstechnik<br />
Schon 1982 wurde e<strong>in</strong> solares Turmkraftwerk<br />
<strong>in</strong> den USA fertiggestellt,<br />
das 1984 Elektrizität <strong>in</strong>s Netz e<strong>in</strong>speiste.<br />
Zu e<strong>in</strong>em ersten Meilenste<strong>in</strong><br />
<strong>der</strong> solaren Stromerzeugung wurden<br />
allerd<strong>in</strong>gs die neun Parabolr<strong>in</strong>nenkraftwerke,<br />
7 die <strong>in</strong> Kalifornien auf <strong>der</strong><br />
Grundlage des Energiee<strong>in</strong>speisungsgesetzes<br />
zwischen 1984 und 1991<br />
<strong>in</strong> Betrieb genommen wurden. Denn<br />
sie belegten, dass man die Energie<br />
<strong>der</strong> Sonne tatsächlich für den Zweck<br />
<strong>der</strong> Produktion von Elektrizität nutzen<br />
konnte. Ihr Betrieb lieferte nicht nur<br />
den Nachweis, dass dies überhaupt<br />
möglich war, denn dieser war lange<br />
vorher erbracht worden, son<strong>der</strong>n<br />
die se neuen Anlagen mit Leis<strong>tu</strong>ngen<br />
von 13,8 MW bis 80 MW pro E<strong>in</strong>heit<br />
zeigten schon die Zuverlässigkeit<br />
e<strong>in</strong>er Stromproduktion aus Sonnenenergie<br />
über viele Jahre h<strong>in</strong>weg.<br />
Grob vere<strong>in</strong>facht dargestellt wird<br />
<strong>in</strong> diesen Kraftwerken mit Hilfe <strong>der</strong><br />
Sonnenenergie Wasser <strong>in</strong> Dampf<br />
umgewandelt. Der Dampf treibt e<strong>in</strong>e<br />
Turb<strong>in</strong>e an und dabei verwandelt<br />
sich Wärmeenergie <strong>in</strong> mechanische<br />
Energie. Der allergrößte Teil <strong>der</strong> weltweiten<br />
Stromproduktion basiert auf<br />
dieser Dampftechnik. Der Umwandlungsschritt<br />
von Wärme <strong>in</strong> mechanische<br />
Energie <strong>in</strong> Form <strong>der</strong> Rotation<br />
e<strong>in</strong>er Welle, auf <strong>der</strong> dann auch<br />
7 Siehe den entsprechenden Abschnitt<br />
unter dem Stichwort „Sonnenwärmekraftwerk“<br />
<strong>in</strong> Wikipedia: http://<br />
de.wikipedia.org/wiki/Sonnenwämekraftwerk.<br />
<strong>der</strong> Generator für die Erzeugung <strong>der</strong><br />
Elektrizität angebracht ist, weist allerd<strong>in</strong>gs<br />
ganz grundsätzliche Grenzen<br />
<strong>der</strong> Effizienz auf, weil die Gesetze<br />
<strong>der</strong> Thermodynamik greifen und <strong>der</strong><br />
max<strong>im</strong>ale Wirkungsgrad durch den<br />
sogenannten Carnot-Wirkungsgrad<br />
festgelegt wird. Zwar ist mehr als genug<br />
Sonnenenergie vorhanden, um<br />
auch bei e<strong>in</strong>em schlechten Wirkungsgrad<br />
den Strombedarf <strong>der</strong> Menschheit<br />
zu befriedigen. Aber <strong>der</strong> physikalische<br />
Wirkungsgrad <strong>der</strong> Anlage bee<strong>in</strong>flusst<br />
direkt den ökonomischen Wirkungsgrad:<br />
Je schlechter er ist, desto<br />
teurer wird die Anlage. Auch wenn<br />
<strong>der</strong> Brennstoff, die Sonnenenergie,<br />
kostenlos zur Verfügung steht, muss<br />
die Anlage, die diesen Brennstoff <strong>in</strong><br />
Strom verwandelt, bezahlt werden.<br />
Je schlechter <strong>der</strong> Wirkungsgrad, desto<br />
höher s<strong>in</strong>d die Kosten, die für die<br />
Anlage vorgeschossen werden müssen,<br />
und desto länger dauert es, bis<br />
<strong>der</strong> Amortisationspunkt erreicht wird.<br />
Aus diesem Grund ist <strong>der</strong> Nachweis<br />
<strong>der</strong> Langlebigkeit <strong>der</strong> Komponenten<br />
und <strong>der</strong> Zuverlässigkeit des jährlichen<br />
Stromertrags aus e<strong>in</strong>er solchen Anlage<br />
von em<strong>in</strong>enter Wichtigkeit. Die Anlage<br />
<strong>in</strong> Kalifornien hat ihn spätestens<br />
Ende <strong>der</strong> neunziger Jahre erreicht.<br />
Doch was passierte? Es passierte<br />
nichts. Ke<strong>in</strong>e weiteren Anlagen wurden<br />
gebaut. Erst 17 Jahre nach <strong>der</strong><br />
Inbetriebnahme <strong>der</strong> letzten Anlage <strong>in</strong><br />
Kalifornien wurde 2007 e<strong>in</strong>e weitere<br />
Anlage mit dieser <strong>Technik</strong> errichtet.<br />
Diese Anlage steht <strong>in</strong> Nevada und<br />
trägt den etwas großspurigen Namen<br />
„Nevada Solar One“. Großspurig<br />
ist dies nicht nur, weil ja schon die<br />
SEGS Anfang <strong>der</strong> achtziger Jahren<br />
errichtet wurde, o<strong>der</strong> weil es Pilotanlagen<br />
schon <strong>in</strong> den siebziger Jahren<br />
gegeben hat, son<strong>der</strong>n weil man e<strong>in</strong>er<br />
<strong>Technik</strong> den Namen „Solar One“ gibt,<br />
97 Jahre nachdem diese <strong>Technik</strong> das<br />
erste Mal <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Pilotanlage erprobt<br />
wurde (1912) und 119 Jahre nachdem<br />
das erste Mal e<strong>in</strong>e Wärmekraftmasch<strong>in</strong>e<br />
mit <strong>der</strong> konzentrierten Energie<br />
<strong>der</strong> Sonne auf <strong>der</strong> Pariser Weltausstellung<br />
1878 demonstriert wurde.<br />
Es ist August<strong>in</strong> Mouchot (Abb. 2), <strong>der</strong><br />
für se<strong>in</strong>e Masch<strong>in</strong>e den Titel „Solar<br />
One“ zu Recht reklamieren könnte<br />
(Mouchot et al. 1987, ursprünglich<br />
1879).<br />
15
<strong>tu</strong>: Sach<strong>in</strong>formationen<br />
Energietechnik<br />
Mouchot war <strong>der</strong> erste Solarpionier<br />
und hat <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />
Zeit, <strong>in</strong> <strong>der</strong> die Kohlevorkommen<br />
von verschiedenen<br />
Autoren für<br />
unendlich gehalten<br />
wurden, aufgrund<br />
<strong>der</strong> damals neuen<br />
Erkenntnis des<br />
Energieerhal<strong>tu</strong>ngssatzes<br />
den Schluss<br />
gezogen, dass die<br />
Energieproduktion aus<br />
Kohle niemals unendlich<br />
lange andauern kann. Ihm<br />
schien die Nutzung <strong>der</strong> Sonnenenergie<br />
viel naheliegen<strong>der</strong><br />
zu se<strong>in</strong> und er machte ab 1860 erste<br />
Exper<strong>im</strong>ente. Zwei Beobach<strong>tu</strong>ngen<br />
führten ihn dazu, dass man die Energie<br />
<strong>der</strong> Sonne für Dampfmasch<strong>in</strong>en nutzen<br />
kann. Die physikalischen Grundlagen<br />
<strong>der</strong> Thermodynamik machen es<br />
erfor<strong>der</strong>lich, dass zwei Tempera<strong>tu</strong>ren<br />
betrachtet werden müssen: e<strong>in</strong>e hohe<br />
Tempera<strong>tu</strong>r, die das Medium (z. B.<br />
Dampf), dem die Energie entzogen<br />
werden soll, am Anfang dieses Prozesses<br />
besitzt, und e<strong>in</strong>e niedrige Tempera<strong>tu</strong>r,<br />
die das Medium am Ende des<br />
Energiewandlungsprozesses erreicht.<br />
Je größer die Differenz zwischen diesen<br />
beiden Tempera<strong>tu</strong>ren, desto größer<br />
<strong>der</strong> Wirkungsgrad. Damit die Energie<br />
<strong>der</strong> Sonne opt<strong>im</strong>al genutzt werden<br />
kann, muss man also erst e<strong>in</strong>mal hohe<br />
Tempera<strong>tu</strong>ren des technischen Mediums<br />
erreichen. Dazu wurden zwei<br />
physikalische Prozesse angewendet.<br />
<strong>Das</strong> Entzünden brennfähigen Materials<br />
Abb. 2: August<strong>in</strong>e Mouchot,<br />
1825–1912.<br />
durch das Fokussieren<br />
von Sonnenstrahlen<br />
fasz<strong>in</strong>ierte bereits<br />
Arch<strong>im</strong>edes, wenn<br />
auch die kriegstechnische<br />
Anwendung,<br />
Holzschiffe <strong>in</strong> Brand<br />
zu setzen, e<strong>in</strong>e Legende<br />
ist (Schnei<strong>der</strong><br />
1969). Wie auch <strong>im</strong>mer,<br />
die Leis<strong>tu</strong>ng <strong>der</strong><br />
<strong>Technik</strong> muss also dar<strong>in</strong><br />
bestehen, e<strong>in</strong>e zweckmäßige<br />
Appara<strong>tu</strong>r zur Konzentration<br />
<strong>der</strong> Sonnenstrahlen zu konstruieren<br />
und zu realisieren. In e<strong>in</strong>em Parabolr<strong>in</strong>nenkraftwerk<br />
wird dies mit parabelförmigen<br />
Spiegeln erreicht.<br />
Der zweite Effekt betrifft die Begrenzung<br />
<strong>der</strong> Verluste. Hat man nämlich<br />
erst e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong> Medium auf hohe<br />
Tempera<strong>tu</strong>ren gebracht, treten unausweichlich<br />
weitere physikalische<br />
Prozesse e<strong>in</strong>: Wärmestrahlung und<br />
Wärmelei<strong>tu</strong>ng. Damit diese Prozesse<br />
die Tempera<strong>tu</strong>rerhöhung durch die<br />
Konzentration <strong>der</strong> Sonnenstrahlen<br />
nicht zum Teil wie<strong>der</strong> zunichtemachen,<br />
braucht man technische Vorrich<strong>tu</strong>ngen,<br />
die das heiße Medium<br />
davor bewahren, dass es se<strong>in</strong>e Energie<br />
abgibt, bevor die Umwandlung <strong>in</strong><br />
mechanische Energie vollzogen ist.<br />
Mouchot gelang es schon, diese physikalischen<br />
Prozesse technisch weitgehend<br />
<strong>in</strong> den Griff zu bekommen.<br />
Die Abbildungen 3 und 4 zeigen se<strong>in</strong>e<br />
Masch<strong>in</strong>e, die genug Dampf erzeugte,<br />
dass man damit e<strong>in</strong>e Dampfmasch<strong>in</strong>e<br />
betreiben konnte.<br />
Diese Masch<strong>in</strong>e stellte er auf <strong>der</strong> Weltausstellung<br />
1878 vor und erzielte mit<br />
dieser Pionierleis<strong>tu</strong>ng e<strong>in</strong>e Goldmedaille.<br />
Heute baut man solare Wärmekraftmasch<strong>in</strong>en<br />
mit Leis<strong>tu</strong>ngen von<br />
mehreren 100 MW (wie z. B. die SEGS<br />
<strong>in</strong> Kalifornien mit 354 MW o<strong>der</strong> die Solana<br />
Generat<strong>in</strong>g Station <strong>in</strong> Arizona mit<br />
280 MW). 8<br />
Da man gerade erst damit angefangen<br />
hat, diese Kraftwerke <strong>im</strong> großen Maßstab<br />
zu bauen, ist davon auszugehen,<br />
dass noch größere Kraftwerke realisiert<br />
werden. Man arbeitet auch daran, den<br />
Wirkungsgrad weiter zu steigern, z. B.<br />
<strong>in</strong>dem man geschmolzenes Salz o<strong>der</strong><br />
direkt Wasser statt Thermoöl <strong>im</strong> Wärmekreislauf<br />
verwendet 9 . Auch wenn<br />
die Photovoltaik weiter Fortschritte<br />
macht: Die Solarthermie braucht man,<br />
um Sonnenkraftwerke auch nach Sonnenuntergang<br />
betreiben zu können,<br />
wenn die Photovoltaik ke<strong>in</strong>e Energie<br />
mehr liefert, aber die gespeicherte<br />
Wärme den Stromerzeugungsprozess<br />
weiter ermöglicht. In Komb<strong>in</strong>ation mit<br />
klassischer Heiztechnik wird e<strong>in</strong> solarthermisches<br />
Kraftwerk grundlastfähig,<br />
d. h. es reagiert zuverlässig auf die Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
des Stromversorgers.<br />
8 http://en.wikipedia.org/wiki/List_of_<br />
solar_thermal_power_stations<br />
9 http://www.theguardian.com/<br />
environment/2010/jul/22/firstmolten-salt-solar-power<br />
Abb. 3: Schematische Darstellung <strong>der</strong> Solar-Dampfmasch<strong>in</strong>e<br />
von August<strong>in</strong>e Mouchot.<br />
Abb. 4: Auf <strong>der</strong> Weltausstellung 1878 <strong>in</strong> Paris wurde die solarbetriebene Dampfmasch<strong>in</strong>e<br />
nicht nur von den Besuchern bestaunt, son<strong>der</strong>n auch von e<strong>in</strong>er <strong>Fach</strong>kommission<br />
mit e<strong>in</strong>er Goldmedaille gewürdigt.<br />
16 <strong>tu</strong> 152 / 2. Quartal 2014
Energietechnik<br />
<strong>tu</strong>: Sach<strong>in</strong>formationen<br />
Es lässt sich heute bereits erahnen,<br />
zu welchen Leis<strong>tu</strong>ngen die <strong>Technik</strong><br />
<strong>der</strong> konzentrierenden Solarthermie<br />
noch fähig se<strong>in</strong> wird, da <strong>in</strong>tensiv daran<br />
geforscht wird, die Konzentration<br />
<strong>der</strong> Sonnenstrahlen weiter zu steigern.<br />
E<strong>in</strong> Beispiel ist das Solar<strong>tu</strong>rmkraftwerk,<br />
bei dem man e<strong>in</strong>e Tempera<strong>tu</strong>r<br />
von 1000 °C erreichen kann,<br />
um den Carnot-Wirkungsgrad weiter<br />
zu steigern. 10 Allerd<strong>in</strong>gs erkauft man<br />
sich die Steigerung <strong>der</strong> Konzentration<br />
mit e<strong>in</strong>em gesteigerten Aufwand bei<br />
<strong>der</strong> Steuerung <strong>der</strong> Spiegel, die das<br />
Sonnenlicht konzentrieren. Die hohen<br />
Tempera<strong>tu</strong>ren, die <strong>im</strong> Brennpunkt entstehen,<br />
führen zu ganz erheblichen<br />
Materialbelas<strong>tu</strong>ngen: e<strong>in</strong> Problem<br />
aber, an dem <strong>in</strong>zwischen auch erfolgreich<br />
geforscht wurde. Denn große<br />
Turmkraftwerke s<strong>in</strong>d schon <strong>in</strong> Bau wie<br />
z. B. die Ivanpah Solar Power Facility<br />
<strong>in</strong> Kalifornien mit 392 MW, dessen<br />
erste Unit <strong>im</strong> September 2013 ans<br />
Netz gegangen ist und das Anfang<br />
2014 als weltgrößtes Solarkraftwerk<br />
gilt. Insgesamt s<strong>in</strong>d zz. 2828 MW an<br />
Kraftwerksleis<strong>tu</strong>ng <strong>der</strong> konzentrierenden<br />
Solarthermie <strong>in</strong>stalliert und<br />
liefern Strom <strong>in</strong>s jeweilige Netz, knapp<br />
2500 MW s<strong>in</strong>d <strong>im</strong> Bau. Knapp 4000<br />
MW s<strong>in</strong>d alle<strong>in</strong> <strong>in</strong> den USA projektiert,<br />
930 <strong>in</strong> Spanien und über 4000 MW <strong>in</strong><br />
an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n wie z. B. Ch<strong>in</strong>a, Marokko,<br />
Israel, Iran und Chile (Angaben<br />
nach Wikipedia, siehe Fußnote 8).<br />
<strong>Das</strong> größte „Problem“ für die solarthermische<br />
Elektrizitätserzeugung<br />
ist wohl <strong>der</strong> Erfolg <strong>der</strong> Photovoltaik<br />
und <strong>der</strong> Preisverfall bei den Modulen.<br />
Photovoltaische Kraftwerke werden<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> gleichen Größe wie die bereits<br />
genannten Solarkraftwerke gebaut.<br />
<strong>Das</strong> zz. größte Photovoltaikkraftwerk<br />
Agua Caliente Solar Project <strong>in</strong> Arizona<br />
liefert zz. 251,3 MW und ist für 397<br />
MW projektiert. 11 Die weltweit <strong>in</strong>stallierte<br />
Leis<strong>tu</strong>ng solcher Photovoltaikanlagen<br />
beträgt <strong>in</strong> 2013 ca. 5400 MW, 12<br />
wenn man nur die Anlagen mit mehr<br />
als 50 MW berücksichtigt. Wenn man<br />
die Planungen zusammenzählt, dann<br />
wird das Ausmaß <strong>der</strong> Photovoltaikkonkurrenz<br />
deutlich: Über 31.000 MW<br />
Phototvoltaik-Kraftwerksleis<strong>tu</strong>ng ist <strong>in</strong><br />
Planung o<strong>der</strong> <strong>im</strong> Bau. 13<br />
Solange es aber ke<strong>in</strong>e preisgünstige<br />
Speicherung <strong>der</strong> erzeugten Elektrizität<br />
gibt, werden die solarthermischen<br />
<strong>tu</strong> 152 / 2. Quartal 2014<br />
Kraftwerke e<strong>in</strong>e wichtige<br />
Rolle spielen, da die<br />
gespeicherte Wärme<br />
solche Kraftwerke<br />
grundlastfähig macht<br />
und ihnen daher e<strong>in</strong>e<br />
wichtige Rolle <strong>im</strong><br />
Elektrizitätsnetz verschafft.<br />
Mouchot hat den<br />
ersten Prototypen<br />
e<strong>in</strong>es solchen Sonnenkraftwerks<br />
gebaut<br />
(Abb. 4 und 5). Die Zeitgenossen<br />
waren sehr bee<strong>in</strong>druckt<br />
davon, dass man mit<br />
<strong>der</strong> kostenlosen Energie <strong>der</strong> Sonne<br />
e<strong>in</strong>e Dampfmasch<strong>in</strong>e antreiben kann.<br />
Zur damaligen Zeit war Kohle <strong>in</strong> Frankreich<br />
noch sehr teuer, weil man die<br />
he<strong>im</strong>ischen Vorkommen noch nicht<br />
erschlossen hatte und Kohle <strong>im</strong>portieren<br />
musste. Vor diesem H<strong>in</strong>tergrund<br />
erschien e<strong>in</strong> kostenloser Treibstoff als<br />
geradezu konkurrenzlos günstig.<br />
Allerd<strong>in</strong>gs hatte die Masch<strong>in</strong>e von<br />
Mouchot e<strong>in</strong>en Mangel, <strong>der</strong> sich <strong>in</strong><br />
Paris sehr gut erkennen ließ. Die Konzentration<br />
<strong>der</strong> Sonnenstrahlung gel<strong>in</strong>gt<br />
<strong>in</strong> ausreichendem Maße nämlich<br />
nur dann, wenn <strong>der</strong> H<strong>im</strong>mel möglichst<br />
wolkenlos ist. Heute redet man von<br />
<strong>der</strong> sogenannten Normaldirektstrahlung.<br />
Je<strong>der</strong> hat die Erfahrung sicherlich<br />
schon e<strong>in</strong>mal gemacht, dass es nur<br />
bei unverdeckter Sonne gel<strong>in</strong>gt, mit<br />
dem Brennglas etwas zu entflammen.<br />
Wenn Wolken die Sonne verdecken,<br />
kann man ihre Strahlen nicht mehr mit<br />
dem Brennglas o<strong>der</strong> dem Parabolspiegel<br />
konzentrieren. In unseren Breiten<br />
würde daher <strong>der</strong> Prozess <strong>der</strong> Wärmegew<strong>in</strong>nung<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Solarkraftwerk nur<br />
selten ausreichend lang funktionieren,<br />
um damit s<strong>in</strong>nvoll Strom zu produzieren.<br />
Dennoch gibt es e<strong>in</strong> solches Kraftwerk,<br />
wenngleich nur zu Forschungszwecken<br />
<strong>in</strong> Deutschland (<strong>in</strong> Jülich). 14<br />
Aber was unsere Breiten zu wenig haben,<br />
haben an<strong>der</strong>e zu viel. In den Wüsten<br />
<strong>der</strong> Welt ist Platz ohne Ende und<br />
die Sonne sche<strong>in</strong>t häufig und ausdauernd.<br />
Die amerikanischen SEGS, von<br />
denen bereits die Rede war, s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Mojave-Wüste errichtet worden. Die<br />
Daten für die Ausbeute sprechen für<br />
sich. Heute werden <strong>in</strong> Län<strong>der</strong>n wie Algerien,<br />
Ägypten, den Vere<strong>in</strong>igten Arabischen<br />
Emiraten, Chile, Indien, Ch<strong>in</strong>a,<br />
Abb. 5: Frank Shuman,<br />
1862–1918.<br />
Marokko und <strong>im</strong> Süden<br />
Spaniens solche<br />
Anlagen erfolgreich<br />
betrieben. Die Solarthermie<br />
ist e<strong>in</strong>es<br />
<strong>der</strong> Zugpferde <strong>der</strong><br />
weltweiten Sonnenenergienutzung.<br />
Die<br />
Photovoltaik kennt die<br />
Beschränkungen auf<br />
die Normaldirektstrahlung<br />
nicht und sie ist daher<br />
auch <strong>in</strong> den nördlichen<br />
Regionen verbreitet.<br />
Die Erkenntnisse von Mouchot blieben<br />
nicht unbeachtet von an<strong>der</strong>en Forschern.<br />
Außerdem war er auch nicht<br />
<strong>der</strong> E<strong>in</strong>zige, den die Idee <strong>der</strong> Solarthermie<br />
umtrieb. So hatte z. B. John<br />
Ericsson bereits 1872 e<strong>in</strong>en Solarmotor<br />
konstruiert, <strong>der</strong> nur mit erwärmter<br />
Luft funktioniert. E<strong>in</strong> Parabolspiegel<br />
konzentriert die Sonnenstrahlen und<br />
erwärmt die Luft, die <strong>im</strong> Gasmotor <strong>in</strong><br />
mechanische Energie umgewandelt<br />
wird. E<strong>in</strong> weiterer wesentlich leis<strong>tu</strong>ngsfähigerer<br />
Prototyp e<strong>in</strong>er Solaranlage<br />
wurde <strong>in</strong> Amerika von <strong>der</strong> bereits 1892<br />
gegründeten Solar Motor Company<br />
(Aubrey Eneas) errichtet. 1902 war<br />
<strong>der</strong> Prototyp e<strong>in</strong>er großen Anlage fertig<br />
und zog die Aufmerksamkeit e<strong>in</strong>es<br />
großen Publikums auf sich. 15<br />
Frank Shuman (Abb. 5) war es, <strong>der</strong><br />
das Projekt <strong>der</strong> Energiegew<strong>in</strong>nung<br />
10 http://www.dlr.de/sf/ Stichwort<br />
Konzentrierende Solarsysteme für<br />
Wärme-, Strom- und Brennstofferzeugung.<br />
E<strong>in</strong>e Besuch <strong>der</strong> Seite zum<br />
Solarthermischen Versuchskraftwerk<br />
<strong>in</strong> Jülich ist ebenfalls empfehlenswert:<br />
solar<strong>tu</strong>rm-juelich.de<br />
11 http://en.wikipedia.org/wiki/Agua_<br />
Caliente_Solar_Project<br />
12 http://en.wikipedia.org/wiki/List_of_<br />
photovoltaic_power_stations<br />
13 http://en.wikipedia.org/wiki/List_of_<br />
photovoltaic_power_stations Dies<br />
darf man nicht verwechseln mit <strong>der</strong><br />
<strong>in</strong>stallierten Leis<strong>tu</strong>ng von Photovoltaik<br />
<strong>in</strong>sgesamt, denn die betrug Ende<br />
2013 ca. 140 GW.<br />
14 http://www.dlr.de/sf/desktopdefault.<br />
aspx/tabid-8560/15527_read-38159/<br />
15 http://renewablebook.<br />
com/2010/08/03/chapter-excerptaubrey-eneas-and-the-birth-of-solarsteam-power/<br />
17
<strong>tu</strong>: Sach<strong>in</strong>formationen<br />
Energietechnik<br />
aus Sonnenenergie auf e<strong>in</strong>e neue S<strong>tu</strong>fe<br />
brachte und 1913 das erste großtechnische<br />
Solarkraftwerk <strong>der</strong> Welt<br />
<strong>in</strong> Ägypten errichtete (vgl. Dittmann<br />
2012).<br />
Die von Shuman 1907 gegründete<br />
Solar Power Company baute den Vorläufer<br />
<strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen solarthermischen<br />
Kraftwerke <strong>in</strong> <strong>der</strong> auch heute noch<br />
gebräuchlichen Form mit <strong>der</strong> Parabolr<strong>in</strong>ne,<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong>en Brennl<strong>in</strong>ie e<strong>in</strong> Receiver<br />
die Energie <strong>der</strong> Sonne aufn<strong>im</strong>mt und<br />
e<strong>in</strong>er Dampfmasch<strong>in</strong>e zuführt. Denn<br />
um die Leis<strong>tu</strong>ngsfähigkeit des Solarkraftwerks<br />
zu steigern, braucht man<br />
r<strong>in</strong>nenförmige Parabolspiegel auf e<strong>in</strong>er<br />
großen Fläche. Mit kreisrunden Receivern,<br />
wie Mouchot, Ericsson und auch<br />
Eneas sie genutzt hatten, kommt man<br />
nur sehr umständlich auf h<strong>in</strong>reichend<br />
große Leis<strong>tu</strong>ngen für den Kraftwerksbetrieb.<br />
Diese lassen sich aber besser<br />
<strong>der</strong> Sonne nachführen, was ja Mouchot<br />
schon realisiert hatte: Se<strong>in</strong>e Nachführmechanik<br />
erlaubte nicht nur die Verfolgung<br />
<strong>der</strong> Sonne während e<strong>in</strong>es Tags,<br />
son<strong>der</strong>n sie ließ sich auf verschiedene<br />
Jahreszeiten ebenso e<strong>in</strong>stellen wie<br />
auf verschiedene Breitengrade. Mouchot<br />
war davon überzeugt, dass se<strong>in</strong>e<br />
Masch<strong>in</strong>e <strong>im</strong> Sonnengürtel <strong>der</strong> Erde<br />
s<strong>in</strong>nvoll e<strong>in</strong>gesetzt werden könnte, und<br />
hat sie gleich so konstruiert, dass sie <strong>in</strong><br />
verschiedenen Län<strong>der</strong>n e<strong>in</strong>setzbar ist.<br />
In den heutigen Turmkraftwerken werden<br />
die Heliostaten ähnlich <strong>der</strong> Sonne<br />
nachgeführt, wie es Mouchot bereits<br />
vorgemacht hatte.<br />
Shuman hatte e<strong>in</strong>e Anlage gebaut<br />
(Abb. 6 und 7), die die Leis<strong>tu</strong>ngsfähigkeit<br />
<strong>der</strong> Parabolr<strong>in</strong>nentechnik belegte.<br />
Shuman erzeugte so hohe Tempera<strong>tu</strong>ren<br />
<strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Solarfeld, dass die<br />
von ihm verwendeten Metalle sogar<br />
zu heiß wurden und die Dampfdichtigkeit<br />
<strong>der</strong> Appara<strong>tu</strong>r litt. Dabei handelte<br />
es sich um typische Probleme <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Entwicklungsphase e<strong>in</strong>er neuen <strong>Technik</strong>.<br />
Dennoch sahen Inspektoren <strong>der</strong><br />
britischen Regierung die Probleme<br />
<strong>der</strong> Anlage als so gravierend an, dass<br />
sie die Mittel für die Weiterentwicklung<br />
e<strong>in</strong>stellten. Mit dem Ausbruch des Ersten<br />
Weltkriegs 1914 war an e<strong>in</strong>e Weiterentwicklung<br />
des Solarkraftwerks<br />
nicht mehr zu denken. Nach dem Ende<br />
des Kriegs begann <strong>der</strong> Siegeszug des<br />
billigen Erdöls. Die Solartechnik hatte<br />
ohne För<strong>der</strong>ung ke<strong>in</strong>e Chance, gegen<br />
diese Konkurrenz zu bestehen. Hermann<br />
Scheer sprach von e<strong>in</strong>em Jahrhun<strong>der</strong>tversäumnis,<br />
weil die Chancen<br />
<strong>der</strong> Solartechnik ignoriert wurden.<br />
Mouchot, dem anerkannten Solarpionier,<br />
und auch Shuman zollten Politiker<br />
und Behördenvertreter allerd<strong>in</strong>gs ke<strong>in</strong>e<br />
weitere Anerkennung – von weiterer<br />
För<strong>der</strong>ung ganz zu schweigen. Mit<br />
dem Ende des Projekts von Shuman<br />
landete die Solartechnik für viele Jahrzehnte<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Sackgasse und wurde<br />
weitgehend vergessen. Heute setzt<br />
die Weiterentwicklung dieser <strong>Technik</strong><br />
voraus, dass sie zu konkurrenzfähigen<br />
Gestehungskosten Energie produzieren<br />
kann. Konkurrenz entsteht dieser<br />
alten <strong>Technik</strong> <strong>in</strong>zwischen wie schon<br />
erwähnt aus <strong>der</strong> Photovoltaik. Aber<br />
das Rennen zwischen diesen beiden<br />
<strong>Technik</strong>en ist noch längst nicht entschieden,<br />
die nächsten Etappen bleiben<br />
spannend.<br />
Schlussfolgerungen<br />
Die Produktion von Elektrizität aus<br />
Sonnenlicht hat das Potenzial, e<strong>in</strong>en<br />
erheblichen Beitrag zur Stromversorgung<br />
zu leisten. Dies ist heutzutage<br />
ke<strong>in</strong>e Vermu<strong>tu</strong>ng mehr o<strong>der</strong><br />
<strong>der</strong> Wunsch von Idealisten, son<strong>der</strong>n<br />
die Geschäftsgrundlage von vielen<br />
Firmen, die <strong>in</strong> Solarkraftwerke <strong>in</strong>vestieren.<br />
Die Sonnenenergie stellt e<strong>in</strong><br />
Ener giereservoir dar, das alle an<strong>der</strong>en<br />
Energierohstoffe gewissenermaßen<br />
<strong>in</strong> den Schatten stellt. Die Weiterentwicklung<br />
<strong>der</strong> beiden hauptsächlichen<br />
<strong>Technik</strong>en zur Erzeugung von Elektrizität<br />
aus Sonnenenergie wird von vielen<br />
Faktoren best<strong>im</strong>mt, aber zwei seien<br />
hier hervorgehoben. Die Photovoltaik<br />
ist technisch sowohl für e<strong>in</strong>e zentrale<br />
als auch e<strong>in</strong>e dezentrale Stromerzeugung<br />
geeignet. Die Netzparität ist bereits<br />
erreicht, d. h. durch Photovoltaik<br />
produzierter Strom ist <strong>in</strong> Deutschland<br />
billiger als <strong>der</strong> Strompreis für private<br />
Kunden. Viele Bauherren nutzen die<br />
Photovoltaik, um sich autonom mit<br />
Energie zu versorgen, und e<strong>in</strong>e längst<br />
abgeschriebene Anwendung – das<br />
Heizen mit Strom – wird unter den neuen<br />
Bed<strong>in</strong>gungen wie<strong>der</strong> <strong>in</strong>teressant.<br />
Dezentrale Erzeugung und Verbrauch<br />
des Stroms entlastet die Netze und<br />
wird daher von <strong>der</strong> Bundesregierung<br />
Abb. 6: Die Anlage von Shuman <strong>in</strong> Ägypten<br />
vermutlich zur Mittagszeit, weil die Sonne<br />
dann am höchsten steht und die Parabolr<strong>in</strong>nen<br />
die senkrecht e<strong>in</strong>fallenden Sonnenstrahlen<br />
auf den Receiver abbilden.<br />
geför<strong>der</strong>t. Die massenhafte dezentrale<br />
Anwendung <strong>der</strong> Photovoltaik kann<br />
dazu führen, dass den großen Stromerzeugern<br />
weitere Teile ihres bisherigen<br />
Geschäfts wegbrechen. In Diskussionen<br />
wird schon gefor<strong>der</strong>t, den<br />
Selbstversorgern e<strong>in</strong>e Extragebühr für<br />
den Anschluss an das Stromnetz abzuverlangen,<br />
wenn sie sich nicht vollständig<br />
vom Netz abnabeln, son<strong>der</strong>n<br />
<strong>im</strong> Fall ausbleiben<strong>der</strong> Sonnene<strong>in</strong>strahlung<br />
doch Strom beziehen wollen. Da<br />
sie aber auch dann nur vergleichsweise<br />
wenig Strom beziehen, zahlen sie<br />
auch nur wenig für das Netz, da das<br />
sogenannte Netznutzungsentgelt über<br />
den Verbrauch abgerechnet wird.<br />
Die Solarthermie lässt sich zur Stromerzeugung<br />
ökonomisch nicht s<strong>in</strong>nvoll<br />
dezentral betreiben. Große Unternehmen<br />
hatten daher die Vision, dass <strong>in</strong><br />
den Wüsten Nordafrikas Elektrizität für<br />
Europa produziert werden sollte. <strong>Das</strong><br />
Projekt Desertec setzt auf Strom aus<br />
W<strong>in</strong>d und Sonne aus e<strong>in</strong>em europäischen<br />
Grid, <strong>in</strong> das auch Nordafrika<br />
e<strong>in</strong>gebunden ist. Doch das Konsortium<br />
bröckelt. 2013 s<strong>in</strong>d Siemens und<br />
Bosch aus dem Konsortium ausgeschieden.<br />
2014 folgten E.ON und HSH<br />
Nordbank. Die Zukunftsaussichten des<br />
Desertec-Projekts haben sich deutlich<br />
verschlechtert, aber die Aussichten für<br />
die Stromerzeugung mit Parabolr<strong>in</strong>nenkraftwerken<br />
und Photovoltaik nicht. Die<br />
Län<strong>der</strong> aus dem sonnenreichen Gürtel<br />
<strong>der</strong> Erde fangen an, aus eigenem Inte-<br />
18 <strong>tu</strong> 152 / 2. Quartal 2014
Energietechnik<br />
<strong>tu</strong>: Sach<strong>in</strong>formationen<br />
Abb. 7: Die Anlage von Shuman <strong>in</strong> Ägypten. Man sieht fünf Segmente<br />
des Solarfeldes und die Dampflei<strong>tu</strong>ng, die zur Dampfmasch<strong>in</strong>e <strong>im</strong> Masch<strong>in</strong>enhaus<br />
führt.<br />
Abb. 8: Aktie <strong>der</strong> The Sun Power Company, unterzeichnet von Frank<br />
Shuman und se<strong>in</strong>er Frau Constant<strong>in</strong>e.<br />
resse e<strong>in</strong>e umweltfreundliche Form <strong>der</strong><br />
Stromerzeugung aufzubauen. So wird<br />
das weltgrößte Solarkraftwerk <strong>der</strong> Welt<br />
mit 500 MW zurzeit <strong>in</strong> Quarzazate, Marokko,<br />
gebaut. Marokko verfolgt den<br />
ehrgeizigsten Solarplan <strong>der</strong> Welt: 42%<br />
<strong>der</strong> Energie soll aus Solar-, W<strong>in</strong>d- und<br />
Wasserkraftwerken kommen, und zwar<br />
schon 2020!<br />
Nachdem sich die <strong>Fach</strong>leute <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Vergangenheit über die Weiterentwicklung<br />
dieser <strong>Technik</strong>en so getäuscht<br />
hatten, bleibt e<strong>in</strong>es ganz gewiss: Die<br />
Zukunft ist offen. Welche <strong>Technik</strong> sich<br />
durchsetzen wird, hängt von den Entscheidungen<br />
<strong>der</strong> Gegenwart ab. Die<br />
Energiewende ist ke<strong>in</strong>e Frage <strong>der</strong><br />
technischen Möglichkeiten, son<strong>der</strong>n<br />
e<strong>in</strong>e Frage <strong>der</strong> Entscheidungsgründe.<br />
Wäre man den Visionen von Frank<br />
Shuman gefolgt, <strong>der</strong> 1907 e<strong>in</strong>e Streitschrift<br />
zur umfassenden Nutzung <strong>der</strong><br />
Sonnenenergie verfasst und <strong>in</strong> Umlauf<br />
gebracht hat, wäre die Stromerzeugung<br />
aus Sonnenenergie längst Alltag.<br />
Aber auch Shuman war Unternehmer,<br />
er g<strong>in</strong>g davon aus, dass die Kohlevorräte<br />
bald erschöpft se<strong>in</strong> würden, und<br />
warb um Investoren für se<strong>in</strong>e Sun Power<br />
Company (Abb. 8).<br />
Überlässt man die Auswahl <strong>der</strong> Stromproduktionstechnik<br />
also den Marktmechanismen,<br />
werden sich die Umweltprobleme<br />
weiter verschärfen, denn<br />
auch heute gibt es noch genug Braunund<br />
Ste<strong>in</strong>kohle. Aber warum soll man<br />
diese Rohstoffe verbrennen, die Luft<br />
verschmutzen, den Kl<strong>im</strong>awandel verschärfen?<br />
Von den Entscheidungen<br />
<strong>der</strong> Gegenwart hängt ab, wie die<br />
Stromproduktion <strong>der</strong> Zukunft aussehen<br />
wird. Entscheidet man sich heute<br />
<strong>tu</strong> 152 / 2. Quartal 2014<br />
für e<strong>in</strong> neues Kohlekraftwerk, ist damit<br />
für 40 Jahre e<strong>in</strong>e Weichenstellung getroffen<br />
worden. So lange dauert es, bis<br />
sich die Investition amortisiert hat und<br />
die f<strong>in</strong>anziellen Interessen <strong>der</strong> Kraftwerksbetreiber<br />
befriedigt worden s<strong>in</strong>d.<br />
Es ist Zeit, die Lehren aus <strong>der</strong> mehr<br />
als 130 Jahre währenden Geschichte<br />
<strong>der</strong> solarthermischen Energietechnik<br />
zu ziehen.<br />
Litera<strong>tu</strong>rverzeichnis<br />
Butti, K.; Perl<strong>in</strong>, J. (1981): A golden<br />
thread. 2500 years of solar architec<strong>tu</strong>re<br />
and technology. London: Boyars.<br />
Dittmann, F. (2012): Frank Shuman und<br />
die frühe Nutzung <strong>der</strong> Solarenergie.<br />
In: Fraunholz, U.; Wölfel, S. (Hrsg.):<br />
Ingenieure <strong>in</strong> <strong>der</strong> technokratischen<br />
Hochmo<strong>der</strong>ne. Münster: Waxmann, S.<br />
181-193.<br />
Janz<strong>in</strong>g, B. (2011): Solare Zeiten. Die<br />
Karriere <strong>der</strong> Sonnenenergie; e<strong>in</strong>e<br />
Geschichte von Menschen mit Visionen<br />
und Fortschritten <strong>der</strong> <strong>Technik</strong>.<br />
Freiburg: Picea-Verlag.<br />
Mener, G. (2001): Zwischen Labor und<br />
Markt. Geschichte <strong>der</strong> Sonnenenergienutzung<br />
<strong>in</strong> Deutschland und den<br />
USA 1860–1986. Ludwig-Max<strong>im</strong>ilians-<br />
Universität, München.<br />
Mouchot, A.; Griese, F.; Weber, R.<br />
(1987): Die Sonnenwärme und ihre<br />
<strong>in</strong>dustriellen Anwendungen. Oberbözberg,<br />
Schweiz: Olynthus (Alte<br />
Forscher – ak<strong>tu</strong>ell, 1).<br />
Perl<strong>in</strong>, J. (2002): From space to earth.<br />
The story of solar electricity. 1. Harvard<br />
University Press ed. Cambridge,<br />
Mass: Harvard University Press.<br />
Pieprzyk, B.; Rojas Hilje, P. (2009): Vergleich<br />
von Prognosen und Szenarien<br />
mit <strong>der</strong> tatsächlichen Entwicklung<br />
erneuerbarer Energien. Deutschland<br />
– Europa – Welt. Agen<strong>tu</strong>r für erneuerbare<br />
Energie e.V. Berl<strong>in</strong>. Onl<strong>in</strong>e<br />
verfügbar unter http://opus.kobv.de/<br />
zlb/volltexte/2013/20597/pdf/Prognose_Analyse_ak<strong>tu</strong>alisierte_Fassung.<br />
pdf; zuletzt geprüft am 12.03.2014.<br />
Schnei<strong>der</strong>, I. (1969): Die Entstehung <strong>der</strong><br />
Legende um die kriegstechnische<br />
Anwendung von Brennspiegeln bei<br />
Arch<strong>im</strong>edes. <strong>Technik</strong>geschichte 36,<br />
S. 1-11.<br />
Wirth, H. (2013): Ak<strong>tu</strong>elle Fakten zur<br />
Photovoltaik <strong>in</strong> Deutschland. Fraunhofer<strong>in</strong>sti<strong>tu</strong>t<br />
für Solare Energiesysteme<br />
(ISE). Freiburg. Onl<strong>in</strong>e verfügbar<br />
unter http://www.ise.fraunhofer.de/<br />
de/veroeffentlichungen/veroeffentlichungen-pdf-dateien/s<strong>tu</strong>dien-undkonzeptpapiere/ak<strong>tu</strong>elle-fakten-zurphotovoltaik-<strong>in</strong>-deutschland.pdf;<br />
zuletzt geprüft am 12.03.2014.<br />
Bildnachweise<br />
1 http://commons.wik<strong>im</strong>edia.org/wiki/<br />
File:Vanguard1.jpg<br />
2 http://en.wikipedia.org/wiki/August<strong>in</strong>_<br />
Mouchot<br />
3 Mouchot, A.; Griese, F.; Weber, R.<br />
(1987): Die Sonnenwärme und ihre <strong>in</strong>dustriellen<br />
Anwendungen. 2. Auflage,<br />
Oberbözberg, Schweiz: Olynthus (Alte<br />
Forscher – ak<strong>tu</strong>ell, 1), Abb. 43: S. 199.<br />
4 http://commons.wik<strong>im</strong>edia.org/wiki/<br />
File:Mouchot1878x.jpg<br />
5 http://commons.wik<strong>im</strong>edia.org/wiki/<br />
File:Frank_Shuman.jpg<br />
6 Deutsches Museum, Bildarchiv<br />
7 Deutsches Museum, Bildarchiv<br />
8 http://solarthermalworld.org/sites/<br />
gstec/files/Solar%20Thermal%<br />
20Power%20and%20Energy%<br />
20Storage%20Historical%<br />
20Perspective.pdf S. 20<br />
19
<strong>tu</strong>: <strong>Unterricht</strong>spraxis<br />
Bau e<strong>in</strong>es<br />
Warentransport-Roboters<br />
Teil 1: Der Hybridschrittmotor und se<strong>in</strong>e<br />
Ansteuerung – Der Bau des Roboters<br />
Von Werner Digel<br />
Der Bildungsplan <strong>der</strong> Realschule <strong>in</strong> Baden-Württemberg für das <strong>Fach</strong> <strong>Technik</strong><br />
<strong>in</strong> Klasse 10 zielt u. a. auf den Kompetenzerwerb bzw. die Erweiterung<br />
und Vertiefung von Kompetenzen aus dem Problem- und Handlungsfeld<br />
Information und Kommunikation (IuK) ab.<br />
Fundamentale E<strong>in</strong>sichten und Handlungsmuster sollen durch e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>tensive<br />
Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung mit exemplarischen technischen Inhalten vermittelt<br />
werden. Die dazu notwendige bzw. weiterzuentwickelnde technische Grundbildung<br />
sollte aber nicht zu e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>engenden Spezialwissen führen,<br />
son<strong>der</strong>n <strong>im</strong> Gegenteil zu e<strong>in</strong>er objektiven ganzheitlichen Betrach<strong>tu</strong>ngsweise<br />
des Projektes anleiten, die sowohl technische wie ökologische und soziale<br />
Aspekte be<strong>in</strong>haltet.<br />
E<strong>in</strong> handlungs- und problemorientierter <strong>Technik</strong>unterricht, <strong>in</strong> dem sich<br />
Phasen <strong>der</strong> Wissensvermittlung und <strong>der</strong> praktischen Arbeit s<strong>in</strong>nvoll und<br />
ergänzend abwechseln, sowie e<strong>in</strong>e Projektauswahl, die <strong>der</strong> Erfahrungswelt<br />
des Schülers entnommen ist, erleichtern nicht nur den E<strong>in</strong>stieg <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Projekt,<br />
son<strong>der</strong>n auch die Durchführung. Idealerweise bietet e<strong>in</strong> Projekt auch<br />
E<strong>in</strong>blicke <strong>in</strong> ganze Berufsfel<strong>der</strong>.<br />
<strong>Das</strong> Zielprojekt Warentransportroboter<br />
erfor<strong>der</strong>t Kenntnisse/Kompetenzen<br />
aus den Bereichen Mechanik, Elektrik<br />
und Elektronik und Informatik. Die<br />
Schnittmenge aus diesen 4 Bereichen<br />
zeigt das Berufsbild des Mechatronikers.<br />
Auszüge aus dem Bildungsplan für<br />
Realschulen <strong>in</strong> Baden-Württemberg<br />
für das <strong>Fach</strong> <strong>Technik</strong>; Inhalte des Problem-<br />
und Handlungsfeldes Information<br />
und Kommunikation bezogen auf die<br />
Handlungsperspektive:<br />
– Probleme mit elektrotechnischen<br />
und elektronischen Schal<strong>tu</strong>ngen<br />
lösen;<br />
– Problemstellungen <strong>im</strong> Bereich<br />
Steuern und Regeln mit dem Computer<br />
lösen;<br />
– Computerunterstützt Produkte entwickeln<br />
und herstellen. Diese Kompetenz<br />
sollte bereits am Ende <strong>der</strong><br />
8. Klasse erreicht se<strong>in</strong>.<br />
Inhalte des Problem- und Handlungsfeldes<br />
Information und Kommunikation<br />
bezogen auf die<br />
Kenntnis- und Struk<strong>tu</strong>rperspektive:<br />
– Aufgabe, Funktion und den groben<br />
Aufbau <strong>der</strong> IuK-Systeme, die <strong>im</strong><br />
<strong>Unterricht</strong> e<strong>in</strong>gesetzt werden, erklären;<br />
– Funktion, Schaltzeichen und E<strong>in</strong>satz<br />
von <strong>im</strong> <strong>Unterricht</strong> verwendeten<br />
elektrotechnischen und elektronischen<br />
Bauteilen erklären;<br />
– Eigenschaften befehlsprogrammierter<br />
IuK-Systeme nennen.<br />
Elektrotechnik / Elektronik<br />
Stationen auf dem Weg<br />
zum Zielprojekt<br />
Warentransportroboter:<br />
Gesamtplanung, Vorwissen und<br />
vorbereitende Aufgaben<br />
Mit den Schülern e<strong>in</strong>er 10. Klasse <strong>der</strong><br />
Realschule hatte ich zu Beg<strong>in</strong>n des<br />
Schuljahres begonnen, mit e<strong>in</strong>em<br />
selbst gefertigten Elektronikbaukasten<br />
die unterschiedlichsten Probleme aus<br />
dem Bereich Elektronik zu lösen.<br />
Hergestellt haben wir unter an<strong>der</strong>em<br />
e<strong>in</strong>e 7-Segment-Anzeige, die über die<br />
parallele Schnittstelle zu steuern war.<br />
Die Schüler haben bei <strong>der</strong> Planung und<br />
Herstellung <strong>der</strong> 7-Segment-Anzeige<br />
mit den Programmen MegaCAD und<br />
Nccad 7 (CAD/CAM) gearbeitet und<br />
die Plat<strong>in</strong>e für die 7-Segment-Anzeige<br />
mit e<strong>in</strong>er CNC-Fräse hergestellt. Nach<br />
dem Bestücken <strong>der</strong> Plat<strong>in</strong>e mit LEDs<br />
und e<strong>in</strong>em Sub-D-Stecker-25-polig für<br />
den Anschluss <strong>der</strong> 7-Segment-Anzeige,<br />
über Druckerkabel und Schnittstelle<br />
an den PC sowie dem obligatorischen<br />
Funktionstest haben sich die Schüler<br />
<strong>in</strong> die Programmiersprache FreeBasic<br />
e<strong>in</strong>gearbeitet und auf verschiedenste<br />
Art und Weise die 7-Segment-Anzeige<br />
zum Leuchten gebracht. Bl<strong>in</strong>klicht,<br />
Lauflicht, Aufbaulicht, Countdown waren<br />
e<strong>in</strong>ige <strong>der</strong> zu lösenden Aufgaben.<br />
Es wurde nur das besprochen und<br />
geübt, was für die Ansteuerung <strong>der</strong><br />
7-Segment-Anzeige notwendig war.<br />
Für die Programmierung e<strong>in</strong>er Schrittmotorsteuerung<br />
war dies dennoch e<strong>in</strong>e<br />
solide Grundlage.<br />
<strong>Das</strong> Interface<br />
Planung und Herstellung e<strong>in</strong>es Parallelport-Interfaces,<br />
hieß die zweite praktische<br />
Arbeit.<br />
Hier war Überzeugungsarbeit notwendig,<br />
denn die Schüler wollten natürlich<br />
wissen, was man mit diesem<br />
Interface alles anfangen kann. Sie erhielten<br />
folgende Informationen: Während<br />
die 7-Segment-Anzeige über e<strong>in</strong><br />
Druckerkabel direkt mit <strong>der</strong> parallelen<br />
Schnittstelle verbunden werden<br />
konnte, da die LEDs mit <strong>der</strong> Schnittstellenspannung<br />
und dem Strom <strong>der</strong><br />
20 <strong>tu</strong> 152 / 2. Quartal 2014
Elektrotechnik / Elektronik<br />
<strong>tu</strong>: <strong>Unterricht</strong>spraxis<br />
Ausgabelei<strong>tu</strong>ngen betrieben werden<br />
konnten, benötigen stärkere Verbraucher,<br />
wie etwa Roboter, e<strong>in</strong> Interface,<br />
das sie mit höheren Spannungen und<br />
stärkeren Strömen versorgt und das<br />
über die Schnittstelle gesteuert werden<br />
kann. Unser Interface ist also e<strong>in</strong><br />
Verstärker, <strong>der</strong> von den schwachen<br />
digitalen Signalen <strong>der</strong> Schnittstelle<br />
gesteuert wird, und gleichzeitig e<strong>in</strong><br />
Schutzschild, <strong>der</strong> verh<strong>in</strong><strong>der</strong>t, dass<br />
Kurzschlüsse o<strong>der</strong> Überlas<strong>tu</strong>ng die<br />
Schnittstelle zerstören.<br />
Durch die Verwendung des Verstärkers<br />
ICs ULN2003A und Opto-Kopplern<br />
konnte bei <strong>der</strong> Herstellung des Interfaces,<br />
Zeit und Schal<strong>tu</strong>ngsaufwand<br />
gespart werden sowie <strong>der</strong> Schutz <strong>der</strong><br />
Schnittstelle erreicht werden.<br />
Der Roboter<br />
Wenn Schüler „Roboter“ hören, denken<br />
sie oftmals an humanoide Roboter o<strong>der</strong><br />
gar an Androiden, also Roboter, <strong>der</strong>en<br />
Konstruktion <strong>der</strong> menschlichen Gestalt<br />
nachempfunden ist. Auch Staubsauger-Roboter<br />
o<strong>der</strong> Rasenmäher-<br />
Roboter waren den Schülern bekannt.<br />
Ebenso die Roboter, die <strong>in</strong> <strong>der</strong> Automobilproduktion<br />
e<strong>in</strong>gesetzt werden, z.<br />
B. als Schweiß- o<strong>der</strong> Lackierroboter,<br />
und zur Gruppe <strong>der</strong> Industrieroboter<br />
gehören. Die menschliche Gestalt ist<br />
hier oftmals auf e<strong>in</strong>en Arm reduziert,<br />
<strong>der</strong> allerd<strong>in</strong>gs sehr beweglich konstruiert<br />
wurde (Gelenkarmroboter). Unser<br />
Zielprojekt sollte e<strong>in</strong> solcher Industrieroboter<br />
se<strong>in</strong>, genauer gesagt e<strong>in</strong><br />
Warentransportroboter (WTR), <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />
von Schülern zu bewältigenden, etwas<br />
e<strong>in</strong>facheren Ausführung.<br />
Mit e<strong>in</strong>em sicherlich <strong>in</strong>teressanten<br />
Ziel vor Augen war das Interesse <strong>der</strong><br />
Schüler geweckt. E<strong>in</strong> spezielles Interface<br />
herzustellen erfüllte nun ke<strong>in</strong>en<br />
s<strong>in</strong>nlosen Selbstzweck mehr, vielmehr<br />
wurde es als notwendige und damit<br />
wichtige Teillösung auf dem Wege zum<br />
Zielprojekt WTR e<strong>in</strong>geordnet.<br />
Entsprechend motiviert g<strong>in</strong>gen die<br />
Schüler ans Werk.<br />
<strong>tu</strong> 152 / 2. Quartal 2014<br />
Nach <strong>der</strong> Herstellung des Interfaces<br />
führten die Schüler zur E<strong>in</strong>st<strong>im</strong>mung<br />
auf den WTR e<strong>in</strong>e Internetrecherche<br />
zum Thema Industrieroboter durch.<br />
Bei Wikipedia fanden sie nicht nur <strong>in</strong>teressante<br />
Bil<strong>der</strong>, son<strong>der</strong>n auch e<strong>in</strong>e<br />
Def<strong>in</strong>ition dieses Robotertyps.<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/Roboter<br />
Def<strong>in</strong>ition nach VDI-Richtl<strong>in</strong>ie 2860:<br />
„Industrieroboter s<strong>in</strong>d universell e<strong>in</strong>setzbare<br />
Bewegungsautomaten mit<br />
mehreren Achsen, <strong>der</strong>en Bewegungen<br />
h<strong>in</strong>sichtlich Bewegungsfolge und Wegen<br />
bzw. W<strong>in</strong>keln frei (d. h. ohne mechanischen<br />
E<strong>in</strong>griff) programmierbar<br />
und gegebenenfalls sensorgeführt s<strong>in</strong>d.<br />
Sie s<strong>in</strong>d mit Greifern, Werkzeugen o<strong>der</strong><br />
an<strong>der</strong>en Fertigungsmitteln aus rüstbar<br />
und können Handhabungs- und/<br />
o<strong>der</strong> Fertigungsaufgaben ausführen.“<br />
Die Schüler wurden aufgefor<strong>der</strong>t zu<br />
überlegen, ob es <strong>im</strong> <strong>Technik</strong>bereich<br />
Masch<strong>in</strong>en gibt, die nach dieser Def<strong>in</strong>ition<br />
als Industrieroboter zu bezeichnen<br />
s<strong>in</strong>d.<br />
Sehr schnell konzentrierten sich die<br />
Me<strong>in</strong>ungen <strong>der</strong> Schüler auf unsere<br />
CNC-Fräse.<br />
Sie hat 3 Achsen, e<strong>in</strong>e X-, Y- und Z-<br />
Achse.<br />
Die Bewegung dieser 3 Achsen ist frei<br />
programmierbar, über NC-Code o<strong>der</strong><br />
CAD/CAM.<br />
Der Fräsmotor ist mit unterschiedlichen<br />
Werkzeugen (Fräser, Bohrer)<br />
ausrüstbar.<br />
Sie kann unterschiedliche Fertigungsaufgaben<br />
automatisch ausführen.<br />
E<strong>in</strong>e weitere Geme<strong>in</strong>samkeit vieler Industrieroboter<br />
ist sicherlich die Eigenschaft<br />
des präzisen Arbeitens. Aus<br />
Kostengründen lohnt sich ihr E<strong>in</strong>satz<br />
oftmals nur <strong>in</strong> <strong>der</strong> Serienproduktion.<br />
Hier müssen enge Toleranzen, über<br />
die ganze Serie h<strong>in</strong>weg, e<strong>in</strong>gehalten<br />
werden. Diese wichtige Eigenschaft,<br />
präzises Arbeiten über viele Wie<strong>der</strong>holungen<br />
h<strong>in</strong>weg, musste auch unser<br />
Warentransportroboter besitzen, um<br />
die an ihn gestellten Anfor<strong>der</strong>ungen zu<br />
erfüllen.<br />
Doch wie gel<strong>in</strong>gt es e<strong>in</strong>em Industrieroboter/unserer<br />
CNC-Fräsmasch<strong>in</strong>e, so<br />
genau zu arbeiten?<br />
H<strong>in</strong>führen<br />
Die Schüler haben des Öfteren unsere<br />
CNC-gesteuerte Fräse <strong>im</strong> E<strong>in</strong>satz<br />
gesehen. Manche durften sie auch,<br />
nach e<strong>in</strong>er notwendigen gründlichen<br />
E<strong>in</strong>arbei<strong>tu</strong>ng, benutzen und waren sicherlich<br />
bee<strong>in</strong>druckt, mit welcher Genauigkeit<br />
und Geschw<strong>in</strong>digkeit diese<br />
CNC-Fräsmasch<strong>in</strong>e arbeitet.<br />
Stellt man den Schülern die Frage, wie<br />
es möglich ist, dass e<strong>in</strong>e CNC-Fräse<br />
so genau arbeitet, hört man oft: weil<br />
sie computergesteuert ist.<br />
E<strong>in</strong> Computerprogramm ist sicherlich<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage, auch stärkere Elektromotoren<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er CNC-Masch<strong>in</strong>e über e<strong>in</strong><br />
geeignetes Interface zu steuern, das<br />
heißt die Elektromotoren zum richtigen<br />
Zeitpunkt e<strong>in</strong>- und auszuschalten.<br />
Aber ließe sich damit e<strong>in</strong>e Präzision<br />
erreichen, wie wir sie von unserer<br />
CNC-Fräse kennen?<br />
Probleme erkennen<br />
E<strong>in</strong> e<strong>in</strong>facher Versuch kann dies klären.<br />
Man benötigt e<strong>in</strong>en etwas größeren<br />
E-Motor mit aufgestecktem Propeller<br />
(6 – 12 V). E<strong>in</strong> Schüler soll das<br />
CNC-Programm darstellen, das se<strong>in</strong>e<br />
E<strong>in</strong>- und Ausschaltbefehle an die<br />
CNC-Steuerung, dargestellt von e<strong>in</strong>em<br />
2. Schüler am Schalter des E-Motors,<br />
weitergibt.<br />
Mit dem Ruf „e<strong>in</strong>schalten!“ gibt das<br />
CNC-Programm den Steuerbefehl an<br />
die CNC-Steuerung. Der 2. Schüler<br />
schaltet den E-Motor zeitgleich e<strong>in</strong>.<br />
Mit dem Ruf „ausschalten!“ gibt das<br />
CNC-Programm den nächsten Steuerbefehl<br />
an die CNC-Steuerung. Der 2.<br />
Schüler schaltet den E-Motor zeitgleich<br />
aus, doch <strong>der</strong> E-Motor läuft durch die<br />
Massenträgheit nach.<br />
Übertragen auf unsere CNC-Fräsmasch<strong>in</strong>e<br />
könnte dies z. B. bedeuten,<br />
dass e<strong>in</strong>e auszufräsende Nut nicht<br />
50 mm son<strong>der</strong>n 52 mm lang wird. Der<br />
Elektromotor ist nun ausgeschaltet<br />
und steht still. Wenn nun äußere mechanische<br />
Kräfte auf den Elektromotor<br />
e<strong>in</strong>wirken, wie z. B. das Gewicht des<br />
Fräsmotors an unserer CNC-Fräse auf<br />
die Z-Achse, so kann sich die Welle<br />
e<strong>in</strong>es leichtgängigen Elektromotors,<br />
<strong>der</strong> die Z-Achse antreibt, um e<strong>in</strong>ige<br />
Grad drehen und ebenfalls zu Ungenauigkeiten<br />
führen. Schüler 2 versucht<br />
als äußere Kraft, den stillstehenden E-<br />
Motor alle<strong>in</strong> durch Anblasen des Propellers<br />
zu drehen. <strong>Das</strong> gel<strong>in</strong>gt! Fazit:<br />
21
<strong>tu</strong>: <strong>Unterricht</strong>spraxis<br />
Elektrotechnik / Elektronik<br />
E<strong>in</strong> „normaler“ E-Motor ist als Antrieb<br />
für e<strong>in</strong>e CNC-Masch<strong>in</strong>e ungeeignet,<br />
trotz bester Computersteuerung.<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen an e<strong>in</strong>e Lösung<br />
formulieren<br />
Die Anfor<strong>der</strong>ungen an e<strong>in</strong>en geeigneten<br />
E-Motor und se<strong>in</strong>e Steuerung<br />
müssten demnach lauten:<br />
a) In kle<strong>in</strong>sten Schritten/W<strong>in</strong>keln<br />
steuerbar durch e<strong>in</strong>e geeignete<br />
Software. (CAM). Nur ganze Umdrehungen<br />
des E-Motors <strong>in</strong> die geometrischen<br />
Berechnungen e<strong>in</strong>er<br />
CAM-Software (Computer-aided<br />
manufac<strong>tu</strong>r<strong>in</strong>g, dt. rechnerunterstützte<br />
Fertigung) e<strong>in</strong>fließen<br />
zu lassen, würde <strong>der</strong> angestrebten<br />
Präzision, die <strong>im</strong> 1/10-mm-Bereich<br />
liegen soll, schnell Grenzen setzen.<br />
b) Ke<strong>in</strong> Nachlaufen sowie e<strong>in</strong> hohes<br />
Haltemoment, damit e<strong>in</strong>e erreichte<br />
Drehposition <strong>der</strong> Motorwelle nicht<br />
verschoben wird.<br />
Angedachte Lösungsansätze von<br />
Schülern<br />
c) Verwendung e<strong>in</strong>er Elektronik, die<br />
auch kle<strong>in</strong>ste Drehungen <strong>der</strong> Motorwelle<br />
registriert und zu e<strong>in</strong>em<br />
Ablaufprogramm verarbeitet. Diese<br />
Lösung tendiert <strong>in</strong> Rich<strong>tu</strong>ng Servomotor<br />
mit Positionsbest<strong>im</strong>mungssensor<br />
und Servoregler.<br />
d) E<strong>in</strong> E-Motor, <strong>der</strong> auf Grund se<strong>in</strong>er<br />
Bauart nur kle<strong>in</strong>ste Drehbewegungen<br />
zulässt, ähnlich dem Rasten<br />
e<strong>in</strong>es Mehrfach-Drehschalters.<br />
Es ist naheliegend, bei e<strong>in</strong>em elektrisch<br />
betriebenen Motor das EIN-<br />
RASTEN mit „elektrischen Mitteln“<br />
zu lösen. Denkbar wäre e<strong>in</strong>e „elektromagnetische<br />
Bremse“. Bei dieser<br />
Lösung müsste die Software <strong>in</strong><br />
<strong>der</strong> Lage se<strong>in</strong>, dieses „Rasten“ zu<br />
steuern, zu zählen und zu e<strong>in</strong>em<br />
Ablaufprogramm zu verarbeiten.<br />
Diese Lösung tendiert <strong>in</strong> Rich<strong>tu</strong>ng<br />
Schrittmotor.<br />
Fazit<br />
Ohne E<strong>in</strong>satz e<strong>in</strong>es geeigneten E-<br />
Motors, dessen Drehbewegungen von<br />
e<strong>in</strong>em Computerprogramm <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>sten<br />
Schritten gesteuert werden konnte,<br />
war das Zielprojekt Industrieroboter<br />
nach Me<strong>in</strong>ung <strong>der</strong> Schüler zum Scheitern<br />
verurteilt.<br />
Von Schülern kann nicht erwartet werden,<br />
dass sie „das Rad ständig neu<br />
erf<strong>in</strong>den“. Wobei das Rad, <strong>im</strong> Gegensatz<br />
zum Schrittmotor, sicherlich die<br />
leichtere Aufgabe wäre. Ausgehend<br />
von den beiden Lösungsansätzen, die<br />
lobend erwähnt auch technisch umsetzbar<br />
s<strong>in</strong>d, lenkte ich die Schüler <strong>in</strong><br />
Rich<strong>tu</strong>ng Schrittmotor, da dieser nicht<br />
nur e<strong>in</strong>facher zu begreifen, son<strong>der</strong>n<br />
auch e<strong>in</strong>facher zu steuern ist. Die möglichen<br />
Schrittverluste e<strong>in</strong>es e<strong>in</strong>fachen<br />
und preiswerten Schrittmotors fielen<br />
bei unserem Projekt kaum <strong>in</strong>s Gewicht.<br />
Auflösung des Rätsels<br />
Schrittmotor<br />
Natürlich wollten die Schüler wissen,<br />
welche beson<strong>der</strong>en E-Motoren die<br />
CNC-Fräse antreiben, wie sie aussehen,<br />
wie groß sie s<strong>in</strong>d, was sie kosten<br />
und vor allem wie sie funktionieren.<br />
Die Schrittmotoren unserer CNC-<br />
Fräse s<strong>in</strong>d äußerlich nicht sichtbar.<br />
Deshalb zeigte ich den Schülern e<strong>in</strong>e<br />
kle<strong>in</strong>e Sammlung unterschiedlicher<br />
Schrittmotoren, die sich <strong>in</strong> Form, Größe,<br />
Gewicht, Leis<strong>tu</strong>ng, Anzahl <strong>der</strong><br />
Anschlüsse und Preis unterschieden.<br />
Wichtige technische Daten, die auch<br />
den Schülern geläufig waren, rundeten<br />
das Bild ab.<br />
Die Diskussion, welcher Schrittmotor<br />
für unseren Modell-Warentransportroboter<br />
<strong>der</strong> geeignetste wäre, war<br />
schnell beendet, als ich erklärte, dass<br />
<strong>der</strong> <strong>Technik</strong>etat nur preiswerte Restposten<br />
zulässt, die nicht <strong>im</strong>mer angeboten<br />
werden, dann aber sehr schnell<br />
vergriffen s<strong>in</strong>d und deshalb be<strong>im</strong> E<strong>in</strong>kauf<br />
ke<strong>in</strong>e große Auswahlmöglichkeit<br />
besteht.<br />
Der e<strong>in</strong>gekaufte Schrittmotor war mit<br />
2,95 € äußerst preiswert und wurde<br />
mit folgen<strong>der</strong> Produktbeschreibung<br />
angeboten:<br />
Unipolarer, kugelgelagerter Steppermotor<br />
mit hohem Drehmoment und<br />
kompakten Maßen.<br />
Technische Daten:<br />
● Schrittw<strong>in</strong>kel 3,6° (100 Schritte)<br />
● Betriebsspannung 24 V<br />
● Strangwi<strong>der</strong>stand 140 Ω<br />
● Strangstrom 160 mA<br />
● Achse (ø x L): 5 x 11 mm<br />
● Motormaße ohne Welle (L x B x H):<br />
35 x 42 x 42 mm<br />
Also e<strong>in</strong> kräftiger, mechanisch gut verarbeiteter<br />
Schrittmotor mit noch geeigneten<br />
Außenmaßen.<br />
Bei diesem Preis war zu verschmerzen,<br />
dass die Schüler mit <strong>der</strong> für die<br />
Schnittstelle gefährlichen Spannung<br />
von 24 V den Schrittmotor und damit<br />
auch das Interface betreiben mussten.<br />
Datenblatt für Stepper-Motor Howard Ind.<br />
Schutzmaßnahmen:<br />
Intern schirmt unser Interface mit<br />
Optokopplern, Dioden, Wi<strong>der</strong>ständen<br />
und Freilaufdioden <strong>in</strong> den ICs die<br />
Schnittstelle gut von den 24 V ab. Seit<br />
aber e<strong>in</strong>e herabfallende Schraube<br />
dieses Sicherheitssystem durch e<strong>in</strong>en<br />
unglücklichen Zufall überbrückte und<br />
durch Kurzschluss die Schnittstellenkarte<br />
zerstörte, müssen die Schüler<br />
a) e<strong>in</strong> schützendes Gehäuse um das<br />
Interface bauen, müssen<br />
b) alle sonstigen blanken und stromführenden<br />
Teile sicher isoliert werden<br />
und<br />
c) es darf am WTR und Interface nur<br />
gearbeitet werden, wenn ke<strong>in</strong>e Verb<strong>in</strong>dung<br />
zum Computer besteht.<br />
d) Bei e<strong>in</strong>geschaltetem Computer darf<br />
ke<strong>in</strong>e Verb<strong>in</strong>dung zur Schnittstelle<br />
hergestellt o<strong>der</strong> getrennt werden.<br />
22 <strong>tu</strong> 152 / 2. Quartal 2014
Elektrotechnik / Elektronik<br />
<strong>tu</strong>: <strong>Unterricht</strong>spraxis<br />
<strong>tu</strong> 152 / 2. Quartal 2014<br />
Die <strong>im</strong> <strong>Technik</strong>unterricht verwendeten<br />
kle<strong>in</strong>en Elektromotoren haben gewöhnlich<br />
2 Anschlüsse.<br />
Der Schrittmotor, den die Schüler verwenden<br />
sollten, besaß 5 Anschlusskabel<br />
<strong>in</strong> verschiedenen Farben.<br />
E<strong>in</strong> guter Schüler <strong>der</strong> <strong>Technik</strong>gruppe<br />
sollte mit Hilfe e<strong>in</strong>es 24-V-Netzgerätes<br />
den Schrittmotor zum Laufen br<strong>in</strong>gen.<br />
Alle Versuche scheiterten.<br />
Erst als ich helfend den geme<strong>in</strong>samen<br />
Mittelabgriff <strong>der</strong> 2 Spulen des Schrittmotors,<br />
e<strong>in</strong> schwarzes Kabel, an den<br />
Plus-Pol des Netzgerätes anschloss<br />
und <strong>der</strong> Schüler mit dem M<strong>in</strong>us-Pol des<br />
Netzgerätes die an<strong>der</strong>en Anschlüsse<br />
des Schrittmotors antippte, zeigte sich<br />
e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Reaktion, eigentlich mehr<br />
e<strong>in</strong> Zucken, wie e<strong>in</strong> spr<strong>in</strong>gen<strong>der</strong> Sekundenzeiger.<br />
<strong>Das</strong> war alles.<br />
Me<strong>in</strong> H<strong>in</strong>weis: Dies war <strong>der</strong> erste<br />
Schritt von 100 Schritten, die e<strong>in</strong>e Umdrehung<br />
ergeben.<br />
Ohne die Funktionsweise e<strong>in</strong>es Schrittmotors<br />
zu kennen, wäre für die Schüler<br />
die Suche nach <strong>der</strong> richtigen Reihenfolge<br />
o<strong>der</strong> Komb<strong>in</strong>ation <strong>der</strong> restlichen<br />
Anschlüsse dem Zufall überlassen<br />
worden.<br />
100 Schritte für e<strong>in</strong>e Umdrehung, das<br />
wollten die Schüler testen und sehen!<br />
Jede Dreiergruppe bekam die abgebildete<br />
Testvorrich<strong>tu</strong>ng, ihren Schrittmotor<br />
mit aufgesteckter Fahne und die<br />
Aufgabe, die folgenden Komb<strong>in</strong>ationen<br />
zu testen und die Schritte zu zählen:<br />
1. weiß, rot, grün, braun, schwarz an<br />
Pluspol<br />
2. braun, grün, rot, weiß, schwarz an<br />
Pluspol<br />
3. weiß, rot, grün, braun, schwarz an<br />
M<strong>in</strong>uspol<br />
4. braun, grün, rot, weiß, schwarz an<br />
M<strong>in</strong>uspol<br />
In diese e<strong>in</strong>fache von e<strong>in</strong>em Schüler<br />
gebaute Testvorrich<strong>tu</strong>ng können 4 Bananenstecker<br />
<strong>in</strong> unterschiedlicher Reihenfolge<br />
von unten gesteckt werden.<br />
Der obere schwarze Bananenstecker<br />
berührt die unteren Stecker durch die<br />
Ansenkung und den ger<strong>in</strong>gen Abstand<br />
sehr sicher und schnell <strong>in</strong> <strong>der</strong> zu testenden<br />
Reihenfolge. Die Schritte können<br />
gut gezählt werden, und die aufgesteckte<br />
Fahne zeigt die<br />
Bewegungsrich<strong>tu</strong>ng.<br />
Ergebnis:<br />
Die getesteten Reihenfolgen<br />
<strong>der</strong> Anschlüsse funktionierten<br />
alle. 100 Schritte<br />
ergaben e<strong>in</strong>e Umdrehung.<br />
E<strong>in</strong>e umgekehrte Reihenfolge<br />
<strong>der</strong> farbigen<br />
Anschlüsse,ergab auch<br />
e<strong>in</strong>e umgekehrte Drehrich<strong>tu</strong>ng.<br />
Der geme<strong>in</strong>same Mittelabgriff<br />
<strong>der</strong> beiden Spulen (schwarz)<br />
konnte sowohl an den Pluspol wie an<br />
den M<strong>in</strong>uspol angeschlossen werden.<br />
E<strong>in</strong> Wechsel dieser Pole führte zu<br />
e<strong>in</strong>em Wechsel <strong>der</strong> Drehrich<strong>tu</strong>ng.<br />
E<strong>in</strong> Schüler verglich den Schrittmotor<br />
mit e<strong>in</strong>er Uhr, <strong>der</strong>en Sekundenzeiger<br />
für e<strong>in</strong>e Umdrehung, 60 hüpfende<br />
Schritte benötigt.<br />
Zwei Möglichkeiten, wie man e<strong>in</strong>en<br />
Schrittmotor anschließen kann, um ihn<br />
vorwärts und rückwärts laufen zu lassen,<br />
hatten die Schüler nun erfahren.<br />
Se<strong>in</strong>e Funktion zu erarbeiten, war <strong>der</strong><br />
nächs te Schritt.<br />
Was hatte sich <strong>im</strong> Innern unseres<br />
Schrittmotors abgespielt, als die verschiedenen<br />
Anschlusskomb<strong>in</strong>ationen<br />
getestet wurden?<br />
Mit Hilfe <strong>der</strong> Abbildungen 1 bis 4 (zum<br />
besseren Verständnis ist nur 1 Polpaar<br />
des Rotors e<strong>in</strong>gezeichnet) und unserer<br />
Abb. 1: 1. Halbschritt (Zwischenschritt)<br />
Testvorrich<strong>tu</strong>ng<br />
Anschlussfolge – braun, grün, rot, weiß<br />
am M<strong>in</strong>uspol und schwarz am Pluspol<br />
– haben wir Folgendes erarbeitet:<br />
Im Folgenden werden die Halbspulen<br />
nach ihren verschiedenfarbigen Anschlüssen<br />
benannt.<br />
Die Statorzange oben = B<br />
Die Statorzange l<strong>in</strong>ks = A<br />
AA und BA = Spulen-Anfang<br />
AE und BE = Spulen-Ende<br />
Gedankenspiel:<br />
Der Zeiger e<strong>in</strong>er Uhr (= <strong>der</strong> Nordpol<br />
des Rotors) kann auf 3, 6, 9, 12 Uhr<br />
zeigen.<br />
Die 4 Halbspulen s<strong>in</strong>d so auf dem<br />
„Zifferblatt“ angeordnet, dass die zusammengehörenden<br />
Halbspulen sich<br />
gegenüberstehen.<br />
Weiße Halbspule liegt an 6 Uhr<br />
Grüne Halbspule liegt an 12 Uhr<br />
Rote Halbspule liegt an 9 Uhr<br />
Braune Halbspule liegt an 3 Uhr<br />
23
<strong>tu</strong>: <strong>Unterricht</strong>spraxis<br />
Elektrotechnik / Elektronik<br />
Abb. 2: 2. Halbschritt<br />
Abb. 3: 3. Halbschritt<br />
Anschlüsse: Braune Halbspule an<br />
M<strong>in</strong>uspol – Mittelabgriff (schwarz) an<br />
Pluspol (nur die grüne Hälfte <strong>der</strong> Spule<br />
wird von Strom durchflossen und ist<br />
damit wirksam!); die angeschlossene<br />
unbewegliche Statorzange B wird<br />
durch die stromdurchflossene braune<br />
Halbspule zum Elektromagneten<br />
mit e<strong>in</strong>em Nord- und Südpol (siehe<br />
Merksatz Seite 25). Die Pole <strong>der</strong> Statorzange<br />
ziehen die Gegenpole des<br />
beweglichen Rotors an. Der Rotor bewegt<br />
sich um e<strong>in</strong>en Schritt (90°), zeigt<br />
mit se<strong>in</strong>em roten Nordpol auf 3 Uhr, da<br />
dort die braune Halbspule e<strong>in</strong>en Südpol<br />
bildet, und mit se<strong>in</strong>em grünen Südpol<br />
auf 9 Uhr, da dort <strong>der</strong> Nordpol <strong>der</strong><br />
braunen Halbspule liegt.<br />
Um den Rotor zu e<strong>in</strong>em weiteren<br />
90°-Schritt <strong>in</strong> Pfeilrich<strong>tu</strong>ng (<strong>der</strong> rote<br />
Nordpol des Rotors zeigt dann auf<br />
12 Uhr) zu bewegen, müssen nun die<br />
braune Halbspule ausgeschaltet und<br />
gleichzeitig die grüne Halbspule e<strong>in</strong>geschaltet<br />
werden.<br />
Anschlüsse:<br />
Grüne Halbspule an M<strong>in</strong>uspol<br />
Mittelabgriff:<br />
Schwarzes Kabel an Pluspol<br />
Nur die grüne Hälfte<br />
<strong>der</strong> Spule ist wirksam!<br />
Um den Rotor zu e<strong>in</strong>em weiteren<br />
90°-Schritt <strong>in</strong> Pfeilrich<strong>tu</strong>ng zu bewegen<br />
(Rotor-Nordpol auf 9 Uhr), müssen nun<br />
die grüne Halbspule ausgeschaltet und<br />
gleichzeitig die rote Halbspule e<strong>in</strong>geschaltet<br />
werden.<br />
Anschlüsse:<br />
Rotes Kabel an M<strong>in</strong>uspol<br />
Mittelabgriff:<br />
Schwarzes Kabel an Pluspol<br />
Im Gegensatz zur Abb. 1 muss nun die<br />
Statorzange B so umgepolt werden,<br />
dass bei 9 Uhr e<strong>in</strong> Südpol und bei 3<br />
Uhr e<strong>in</strong> Nordpol entsteht.<br />
Dies erreicht man durch e<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>e<br />
Schal<strong>tu</strong>ng <strong>der</strong> Spulen. Jede Spule<br />
wurde durchgehend <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Rich<strong>tu</strong>ng<br />
auf den Stator aufgewickelt, vom roten<br />
Anschluss bis zum braunen Anschluss,<br />
und mit e<strong>in</strong>em schwarzen Anschluss<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> Mitte versehen. Jede Spule hat<br />
also 3 Anschlüsse. E<strong>in</strong> Umpolen <strong>der</strong><br />
Elektromagnete wird folgen<strong>der</strong>maßen<br />
erreicht:<br />
In Abb. 1 ist auf dem Stator<br />
B die braune Halbspule an<br />
M<strong>in</strong>us angeschlossen (BE),<br />
die Spule ist, vom braunen<br />
Anschluss her betrachtet,<br />
gegen den Uhrzeigers<strong>in</strong>n<br />
gewickelt. Nach dem Merksatz<br />
Seite 25 entsteht dort<br />
e<strong>in</strong> Südpol, ab dem Mittelabgriff<br />
e<strong>in</strong> Nordpol.<br />
In Abb. 3 ist auf dem Stator<br />
B die rote Halbspule an<br />
M<strong>in</strong>us angeschlossen (BA),<br />
die Spule ist, vom roten Anschluss<br />
her betrachtet, auch<br />
gegen den Uhrzeigers<strong>in</strong>n<br />
gewickelt. Nach dem Merksatz<br />
entsteht dort e<strong>in</strong> Südpol,<br />
ab dem Mittelabgriff e<strong>in</strong><br />
Nordpol.<br />
Die oftmals schon zu Beg<strong>in</strong>n gestellte<br />
Frage von Schülern, wieso nicht<br />
die ganze Spule genutzt wird, um e<strong>in</strong><br />
stärkeres elektromagnetisches Feld<br />
zu erzeugen, dürfte nun geklärt se<strong>in</strong>.<br />
Die notwendige Umpolung zwischen<br />
den Schritten 1 und 3, bzw. 2 und 4,<br />
gel<strong>in</strong>gt am e<strong>in</strong>fachsten mittels dreier<br />
Anschlüsse pro Spule und <strong>der</strong> E<strong>in</strong>schränkung,<br />
nur e<strong>in</strong>e Halbspule nutzen<br />
zu können, was e<strong>in</strong> ger<strong>in</strong>geres<br />
Drehmoment zur Folge hat.<br />
Anschlüsse:<br />
Weiße Halbspule an M<strong>in</strong>uspol<br />
Mittelabgriff:<br />
Schwarzes Kabel an Pluspol<br />
Im Gegensatz zu Abb. 2 muss nun die<br />
Statorzange A so umgepolt werden,<br />
Abb. 4: 4. Halbschritt<br />
24 <strong>tu</strong> 152 / 2. Quartal 2014
Elektrotechnik / Elektronik<br />
<strong>tu</strong>: <strong>Unterricht</strong>spraxis<br />
dass bei 6 Uhr e<strong>in</strong> Südpol und bei 12<br />
Uhr e<strong>in</strong> Nordpol entsteht.<br />
Dies erreicht man durch die jetzt bekannte<br />
Umpolung, <strong>in</strong>dem die weiße<br />
Halbspule an M<strong>in</strong>us gelegt wird und<br />
somit bei AA e<strong>in</strong> Südpol entsteht, ab<br />
dem Mittelabgriff e<strong>in</strong> Nordpol.<br />
Zusammenfassung<br />
Der Rotor besteht <strong>im</strong> e<strong>in</strong>fachsten Fall<br />
aus e<strong>in</strong>em Dauermagneten mit Nordund<br />
Südpol. <strong>Das</strong> den Rotor umgebende<br />
Gehäuse besteht aus 2 Statorzangen<br />
(A + B), auf denen je e<strong>in</strong>e<br />
Spule aufgewickelt ist.<br />
Jede Spule wird durch e<strong>in</strong>en Anschluss<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> Mitte <strong>in</strong> 2 gleiche Halbspulen,<br />
mit gleicher Wickelrich<strong>tu</strong>ng,<br />
geteilt. Fließt Strom durch e<strong>in</strong>e Halbspule,<br />
wird die umwickelte Statorzange<br />
zum Elektromagneten, ebenfalls<br />
mit e<strong>in</strong>em Nord- und Südpol. Diese<br />
Pole <strong>der</strong> gleichen Statorzange liegen<br />
sich <strong>im</strong> Gehäuse gegenüber. Da sich<br />
ungleichnamige Pole anziehen, dreht<br />
sich <strong>der</strong> Rotor mit se<strong>in</strong>em Südpol zum<br />
feststehenden Stator-Nordpol bzw.<br />
<strong>der</strong> Nordpol des Rotors zum Stator-<br />
Südpol.<br />
Dies nennt man e<strong>in</strong>en Schritt. Nun<br />
muss die <strong>in</strong> Drehrich<strong>tu</strong>ng nächste<br />
Halbspule, die auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Statorzange<br />
liegt, so gepolt e<strong>in</strong>geschaltet<br />
werden, dass <strong>der</strong> Rotor e<strong>in</strong>en weiteren<br />
Schritt angezogen wird.<br />
Durch die beschriebene Umpolung<br />
<strong>der</strong> 1. Statorzange folgt <strong>der</strong> Rotor <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>em 3. Schritt dem <strong>in</strong> Drehrich<strong>tu</strong>ng<br />
vorauseilenden Stator-Magnetfeld.<br />
Durch Umpolung <strong>der</strong> 2. Statorzange<br />
vollendet <strong>der</strong> Rotor <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em 4. Schritt<br />
die Umdrehung. Mit dem Umpolen <strong>der</strong><br />
1. Statorzange wird die 2. Umdrehung<br />
e<strong>in</strong>geleitet.<br />
Merksatz<br />
„L<strong>in</strong>ke Faust-Regel“ zur Best<strong>im</strong>mung<br />
<strong>der</strong> Rich<strong>tu</strong>ng des Magnetfeldes:<br />
Umfasst man (gedanklich) mit <strong>der</strong><br />
Faust die Spule und zeigen dabei<br />
die F<strong>in</strong>ger <strong>in</strong> Stromrich<strong>tu</strong>ng, so<br />
zeigt <strong>der</strong> Daumen zum Nordpol.<br />
Unser Schrittmotor funktioniert, wir<br />
nützen aber von den 2 Spulen = 4<br />
Halbspulen nur e<strong>in</strong>e Halbspule.<br />
Macht e<strong>in</strong>e solche „schwache“ Ansteuerung<br />
e<strong>in</strong>en S<strong>in</strong>n?<br />
Betreibt man e<strong>in</strong>en unipolaren Schrittmotor<br />
<strong>im</strong> Halbschrittbetrieb, wird e<strong>in</strong><br />
solcher Schritt, bei dem nur e<strong>in</strong>e Halbspule<br />
wirksam ist, als Zwischenschritt<br />
zwischen 2 Vollschritte e<strong>in</strong>gefügt (die<br />
Vollschritte werden ab Abb. 5 erklärt).<br />
Dadurch erreicht man die doppelte Anzahl<br />
an Schritten für e<strong>in</strong>e Umdrehung<br />
und damit e<strong>in</strong>e höhere Positioniergenauigkeit.<br />
Welche Möglichkeiten gibt es, e<strong>in</strong><br />
stärkeres elektromagnetisches Feld<br />
aufzubauen, um den Rotor kräftiger<br />
anzuziehen, also das Drehmoment zu<br />
verstärken?<br />
1. Vorschlag <strong>der</strong> Schüler:<br />
Die Schal<strong>tu</strong>ngen aus Abb. 1 und Abb.<br />
2 komb<strong>in</strong>ieren.<br />
Die Lösung: <strong>der</strong> unipolare Schrittmotor<br />
mit Vollschritt-Ansteuerung.<br />
Anschlüsse:<br />
Grünes Kabel an M<strong>in</strong>uspol<br />
Braunes Kabel an M<strong>in</strong>uspol<br />
Mittelabgriff:<br />
Schwarzes Kabel an Pluspol<br />
Nur die braune Halbspule und die grüne<br />
Halbspule s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>geschaltet.<br />
An AE und BE entstehen Südpole, an<br />
AA und BA Nordpole.<br />
Da die elektromagnetischen Fel<strong>der</strong>,<br />
die die Halbspulen <strong>in</strong> den Statorzangen<br />
erzeugen, gleich stark s<strong>in</strong>d,<br />
stellt sich <strong>der</strong> Rotor mit se<strong>in</strong>en ungleichnamigen<br />
Polen genau zwischen<br />
die Statorzangen mit gleichnamigen<br />
Polen. Da stets e<strong>in</strong>e Halbspule auf<br />
je<strong>der</strong> Statorzange e<strong>in</strong>geschaltet ist,<br />
können die Positionen 3, 6, 9 und 12<br />
Uhr niemals angesteuert werden. E<strong>in</strong><br />
solcher Schritt wird als Vollschritt bezeichnet.<br />
Da je 2 gleichnamige Pole <strong>der</strong> 2 Statorzangen<br />
auf den Gegenpol des Rotors<br />
e<strong>in</strong>wirken, aber nicht direkt, son<strong>der</strong>n<br />
seitlich, steigt die elektromagnetische<br />
Kraft nicht um das Doppelte, son<strong>der</strong>n<br />
nur um das 1,414-<strong>Fach</strong>e.<br />
In Drehrich<strong>tu</strong>ng muss nun folgen<strong>der</strong>maßen<br />
geschaltet werden:<br />
Abb. 5: 1. Vollschritt<br />
Abb. 6: 2. Vollschritt<br />
<strong>tu</strong> 152 / 2. Quartal 2014<br />
25
<strong>tu</strong>: <strong>Unterricht</strong>spraxis<br />
Elektrotechnik / Elektronik<br />
Anschlüsse:<br />
Stator A mit Halbspule grün<br />
bleibt unverän<strong>der</strong>t<br />
Stator B wird umgepolt, durch<br />
Anschlusswechsel von braun (BE)<br />
nach rot (BA)<br />
Mittelabgriff:<br />
Schwarzes Kabel an Pluspol<br />
3. Vollschritt (ohne Abb.)<br />
Anschlüsse:<br />
Stator B mit Halbspule rot<br />
bleibt unverän<strong>der</strong>t<br />
Stator A wird umgepolt, durch<br />
Anschlusswechsel von grün (AE)<br />
nach weiß (AA)<br />
Mittelabgriff:<br />
Schwarzes Kabel an Pluspol<br />
4. Vollschritt (ohne Abb.)<br />
Anschlüsse:<br />
Stator A mit Halbspule weiß<br />
bleibt unverän<strong>der</strong>t<br />
Stator B wird umgepolt, durch<br />
Anschlusswechsel von rot (BA)<br />
nach braun (BE)<br />
Mittelabgriff:<br />
Schwarzes Kabel an Pluspol<br />
Der Kreis schließt sich: Vollschritt<br />
1 (Abb. 5)<br />
Anschlüsse:<br />
Stator B mit Halbspule braun<br />
bleibt unverän<strong>der</strong>t<br />
Stator A wird umgepolt, durch<br />
Anschlusswechsel von weiß (AA)<br />
nach grün (AE)<br />
Mittelabgriff:<br />
Schwarzes Kabel an<br />
Pluspol<br />
Um e<strong>in</strong> noch höheres<br />
Drehmoment des Schrittmotors<br />
zu erreichen, ist es<br />
notwendig, stärkere elektromagnetische<br />
Fel<strong>der</strong> zu<br />
erzeugen. Der unipolare<br />
Schrittmotor <strong>in</strong> Vollschrittansteuerung<br />
nutzt nur<br />
jeweils die Hälfte se<strong>in</strong>er<br />
beiden Spulen. Diesem<br />
Nachteil steht <strong>der</strong> Vorteil<br />
gegenüber, auf e<strong>in</strong>fachste<br />
Weise, mit ger<strong>in</strong>gstem<br />
steuerungstechnischem<br />
Aufwand, e<strong>in</strong>e Umkehrung<br />
<strong>der</strong> Stromrich<strong>tu</strong>ng<br />
und damit e<strong>in</strong>e Umpolung <strong>in</strong> den Statorzangen<br />
zu erreichen.<br />
2. Vorschlag <strong>der</strong> Schüler:<br />
Den Mittelabgriff <strong>der</strong> beiden Spulen<br />
nicht anschließen, dafür die komplette<br />
Spulenwicklung nutzen und mit ihrem<br />
Anfang und Ende anschließen.<br />
Die Lösung: <strong>der</strong> bipolare Schrittmotor<br />
Be<strong>im</strong> bipolaren Schrittmotor (Abb. 7) <strong>in</strong><br />
se<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>fachsten Bauform (2 Spulen mit<br />
4 Anschlüssen) werden beide Spulen<br />
vollständig von Strom durchflossen,<br />
erzeugen also stärkere elektromagnetische<br />
Fel<strong>der</strong>, welche wie<strong>der</strong>um für e<strong>in</strong><br />
größeres Drehmoment sorgen.<br />
Abb. 7: Der bipolare Schrittmotor<br />
Die Problematik liegt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ansteuerung<br />
<strong>der</strong> beiden Spulen, die <strong>im</strong> Wechsel<br />
umgepolt werden müssen. Dies<br />
wird durch e<strong>in</strong>e externe Umpolung des<br />
Stromflusses erreicht.<br />
Die Abb. 8 + 9 zeigen die Umpolung<br />
<strong>der</strong> Statorzange B, mit Hilfe des Schalters<br />
S2 von Hand, um den 2. Vollschritt<br />
anzusteuern.<br />
Für den 3. bipolaren Vollschritt müsste<br />
wie<strong>der</strong> die Statorzange A umgepolt<br />
werden, mit Hilfe des Schalters S1. Der<br />
Rotor-Nordpol zeigt dann auf 4:30 Uhr.<br />
Der 4. und letzte bipolare Vollschritt für<br />
e<strong>in</strong>e Umdrehung erfor<strong>der</strong>t dann wie<strong>der</strong><br />
e<strong>in</strong>e Umpolung <strong>der</strong> Statorzange B.<br />
Soll diese Umpolung „automatisch“<br />
erfolgen, verwendet man ICs wie den<br />
L298 o<strong>der</strong> den stärkeren L6205N.<br />
Abb. 8: 1. bipolarer Vollschritt<br />
Abb. 9: 2. bipolarer Vollschritt<br />
26 <strong>tu</strong> 152 / 2. Quartal 2014
Elektrotechnik / Elektronik<br />
<strong>tu</strong>: <strong>Unterricht</strong>spraxis<br />
Abb. 10: H-Brücke<br />
Abb. 11: H-Brücke nach dem Umschalten<br />
Diese ICs be<strong>in</strong>halten 2 sogenannte H-<br />
Brücken für die Umpolung <strong>der</strong> 2 Spulen<br />
e<strong>in</strong>es bipolaren Schrittmotors.<br />
H-Brücke deshalb, weil diese Schal<strong>tu</strong>ng<br />
die Form e<strong>in</strong>es H besitzt (Abb. 10<br />
und Abb. 11).<br />
Natürlich be<strong>in</strong>halten diese ICs ke<strong>in</strong>e<br />
normalen mechanischen Schalter wie<br />
S1 – S4. An Stelle <strong>der</strong> Schalter muss<br />
man sich Transistoren vorstellen, die<br />
so angesteuert werden, dass sie entwe<strong>der</strong><br />
sperren o<strong>der</strong> leiten.<br />
In Abb. 11 fließt <strong>der</strong> Elektronenstrom<br />
über die Schalter S2 und S3 <strong>in</strong> umgekehrter<br />
Rich<strong>tu</strong>ng durch die Spule, wie<br />
<strong>in</strong> Abb. 10 über die Schalter S4 und S1.<br />
Dies führt zu <strong>der</strong> gewünschten Umpolung<br />
<strong>der</strong> Spule.<br />
Da unser Zielprojekt, Modell e<strong>in</strong>es<br />
Warentransportroboters, ke<strong>in</strong>e großen<br />
Drehkräfte erfor<strong>der</strong>t, entschieden wir<br />
uns für die e<strong>in</strong>fachere Lösung mit unipolaren<br />
Schrittmotoren <strong>in</strong> Vollschrittansteuerung.<br />
Warentransportroboter (WTR)<br />
In <strong>tu</strong> 132 S. 38 – 46 beschreibt Jürgen<br />
Mohr das Projekt Transportroboter<br />
TR08. Se<strong>in</strong> Transportroboter hebt e<strong>in</strong>e<br />
Stahlkugel mit Hilfe e<strong>in</strong>es Elektromagneten<br />
vom unteren Ende e<strong>in</strong>er R<strong>in</strong>ne<br />
auf und transportiert sie zum oberen<br />
Ende <strong>der</strong> R<strong>in</strong>ne.<br />
Die Steuerung erfolgt durch e<strong>in</strong>e Gabellichtschranke<br />
zusammen mit e<strong>in</strong>em<br />
bistabilen Multivibrator.<br />
<strong>tu</strong> 152 / 2. Quartal 2014<br />
Da <strong>der</strong> TR08 nicht programmierbar ist,<br />
eignet er sich ohne Umbau nur für diese<br />
e<strong>in</strong>e Aufgabe.<br />
Der WTR kann <strong>in</strong>nerhalb erreichbarer<br />
räumlicher Grenzen <strong>in</strong> 2 Ebenen unterschiedliche<br />
Bewegungen ausführen,<br />
<strong>in</strong>dem er erneut durch e<strong>in</strong> Teach-<br />
In programmiert wird. Dies macht ihn<br />
vielseitiger e<strong>in</strong>setzbar.<br />
Um den Schülern exemplarisch die<br />
Funktion und den Bau e<strong>in</strong>es Warentransportroboters<br />
aufzuzeigen, genügt<br />
es me<strong>in</strong>er Ansicht nach, sich auf 2<br />
Bewegungsachsen zu beschränken<br />
und die Aufgabe des Greifers mit Hilfe<br />
e<strong>in</strong>es Elektromagneten zu lösen.<br />
Diese Beschränkung auf das Wesentliche<br />
br<strong>in</strong>gt e<strong>in</strong>ige Vorteile:<br />
Bis zu 2 Schrittmotoren kann man ohne<br />
großen Aufwand über die Druckerschnittstelle<br />
steuern (Ausgänge D0<br />
bis D7).<br />
Der Aufwand für die Mechanik, Elektronik<br />
und das Steuerprogramm ist ger<strong>in</strong>ger,<br />
<strong>der</strong> Zeitdruck nicht ganz so groß.<br />
Vorüberlegungen zum<br />
Bau des WTR<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen und Eigenschaften:<br />
stabil, e<strong>in</strong>sichtig, unkompliziert, leicht<br />
verän<strong>der</strong>bar, Schwierigkeitsgrad an<br />
Leis<strong>tu</strong>ngsfähigkeit <strong>der</strong> Schüler angepasst,<br />
zeitlich nicht zu belastend, mögliche<br />
Vorberei<strong>tu</strong>ng durch den Lehrer,<br />
niedrige Kosten.<br />
Grundfunktionen<br />
Unser WTR (Soft- und Hardware) soll<br />
erkennen, dass e<strong>in</strong>e Ware (Stahlkugel)<br />
am Aufnahmepunkt (rechts unten,<br />
Abb. 20) zum Transport bereitliegt.<br />
Er steuert se<strong>in</strong>en Arm mit dem E-Magneten<br />
durch horizontale Bewegungen<br />
des Armes und vertikale Bewegungen<br />
des E-Magneten genau über die Stahlkugel<br />
(ger<strong>in</strong>ger Luftspalt).<br />
Durch E<strong>in</strong>schalten des E-Magneten<br />
wird die Stahlkugel aufgenommen.<br />
Die Stahlkugel wird über 180° halbkreisförmig<br />
an das an<strong>der</strong>e Ende (l<strong>in</strong>ks<br />
Mitte) beför<strong>der</strong>t.<br />
Durch Ausschalten des E-Magneten<br />
fällt die Stahlkugel <strong>in</strong> die höher gelegene<br />
R<strong>in</strong>ne/Kugelkanal und rollt zum<br />
Aufnahmepunkt zurück. Dieser Vorgang<br />
soll über viele Wie<strong>der</strong>holungen<br />
präzise ablaufen.<br />
Zum Bau des WTR<br />
Die wichtigsten Materialvorberei<strong>tu</strong>ngen<br />
des Lehrers pro Schüler:<br />
1 Grundplatte 275 x 260 x 20<br />
2 Dachlattenstücke 200 x 45 x 20 mm<br />
o<strong>der</strong> Ähnliches als Stütze für die Platte.<br />
In <strong>der</strong> Mitte e<strong>in</strong>e Nut 20 x 20 mm<br />
2 Schrittmotoren<br />
1 Stahlkugel<br />
1 Elektromagnet<br />
Verschiedene Zahnrä<strong>der</strong> +<br />
1 Schnecke<br />
27
<strong>tu</strong>: <strong>Unterricht</strong>spraxis<br />
Elektrotechnik / Elektronik<br />
Der Warentransportroboter:<br />
Zeichnung des WTR<br />
Gelochte Metallw<strong>in</strong>kel + Streifen<br />
Gew<strong>in</strong>destangen M6 + M4<br />
Je<strong>der</strong> Schüler bekommt außer den Materialien<br />
e<strong>in</strong>en Plan für den Nachbau<br />
des WTR. Dieser Plan darf nach eigenen<br />
Ideen und Materialien verän<strong>der</strong>t<br />
werden.<br />
Hilfreiche Vorgaben:<br />
● Der Arm des WTR muss genau<br />
mittig und senkrecht mit <strong>der</strong> Gew<strong>in</strong>destange<br />
M6 gelagert werden.<br />
Der Antrieb erfolgt über e<strong>in</strong>e<br />
Schnecke am Schrittmotor 1 auf<br />
e<strong>in</strong> Stirnzahnrad auf <strong>der</strong> Gew<strong>in</strong>destange<br />
M6. Der Arm muss 180°<br />
drehbar se<strong>in</strong>.<br />
● Die Schrittmotoren wurden teilweise<br />
nur mit Heißklebstoff befestigt/<br />
fixiert. Beachte: Manche Schrittmotoren<br />
werden sehr warm!<br />
● Möglichst genau arbeiten! Darauf<br />
achten, dass nirgendwo zu viel<br />
„Spiel“ entsteht.<br />
● Be<strong>im</strong> Schraubengetriebe, das den<br />
E-Magneten hebt und senkt, beachten,<br />
dass die Muttern l<strong>in</strong>ks auf<br />
dem Lochstreifen festgelötet werden<br />
und rechts fest angezogen<br />
werden, evtl. mit Fe<strong>der</strong>r<strong>in</strong>g.<br />
Foto 1: Schülerarbeit<br />
Fotos von Teilen des WTR<br />
E<strong>in</strong> Microsoft-Video (.AVI) zeigt den<br />
WTR <strong>in</strong> Aktion: Der WTR-Roboter <strong>in</strong><br />
Aktion (siehe H<strong>in</strong>weis Seite 29).<br />
28 <strong>tu</strong> 152 / 2. Quartal 2014
Elektrotechnik / Elektronik<br />
<strong>tu</strong>: <strong>Unterricht</strong>spraxis<br />
Ausblick auf Teil 2<br />
Foto 2: Schrittmotor mit Schnecke<br />
Wenn <strong>der</strong> Bau des WTR abgeschlossen<br />
ist und sich se<strong>in</strong>e beiden Achsen<br />
von Hand leicht drehen lassen, erfolgt<br />
<strong>der</strong> Anschluss <strong>der</strong> beiden Schrittmotoren<br />
ans Interface. <strong>Das</strong> Interface kann<br />
dazu an die parallele Schnittstelle (falls<br />
vorhanden), an e<strong>in</strong>e parallele Schnittstellenkarte<br />
auf dem Ma<strong>in</strong>board (fast<br />
<strong>im</strong>mer auch auf mo<strong>der</strong>nen Ma<strong>in</strong>boards<br />
vorhanden), o<strong>der</strong> an e<strong>in</strong>en funktionierenden<br />
USB-zu-parallel-Adapter angeschlossen<br />
werden. Die Programme<br />
werden mit FreeBasic erstellt, e<strong>in</strong>e<br />
mo<strong>der</strong>ne kostenlose W<strong>in</strong>dows-Programmiersprache,<br />
die überwiegend<br />
kompatibel zu Microsoft-Q-Basis ist.<br />
Selbst alte Q-Basic-Bücher können<br />
weitgehend benützt werden. Ziel wird<br />
<strong>im</strong> Teil 2 se<strong>in</strong>, Programme zur Handsteuerung<br />
über die Tasta<strong>tu</strong>r bis zum<br />
TEACH-IN-Verfahren zu entwickeln.<br />
Der WTR-Roboter <strong>in</strong> Aktion<br />
Video Abrufbar unter:<br />
www.neckar-verlag.de – TU 152<br />
Foto 3: Schraubengetriebe für E-Magnet<br />
Foto 4: Kugelr<strong>in</strong>ne, Warenaufnahme<br />
Litera<strong>tu</strong>r:<br />
L<strong>in</strong>k, Wolfgang: Messen, Steuern und<br />
Regeln über die Parallel-Schnittstelle<br />
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Internet-Adresse: http://de.wikipedia.org/<br />
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<strong>tu</strong> 152 / 2. Quartal 2014<br />
29
<strong>tu</strong>: Sach<strong>in</strong>formationen<br />
Werkstoffe<br />
Verbundwerkstoffe – Teil 2 –<br />
E<strong>in</strong>teilung nach <strong>der</strong><br />
Geometrie des Verbunds<br />
Von Harald Hölz<br />
Dieser Artikel bildet die Fortsetzung des <strong>in</strong> „<strong>tu</strong>“ 151 erschienenen e<strong>in</strong>leitenden<br />
Beitrags „Verbundwerkstoffe – Teil 1 – Grundlagen und Übersicht“.<br />
Im vorliegenden Beitrag werden die ersten zwei <strong>der</strong> <strong>in</strong>sgesamt fünf Gruppen<br />
nach geometrischer E<strong>in</strong>teilung vorgestellt. Siehe die rote Markierung<br />
<strong>in</strong> Abb. 1.<br />
Nach <strong>der</strong> Geometrie des Verbunds (Abb. 1) werden Verbundwerkstoffe<br />
unterschieden <strong>tu</strong>: Sach<strong>in</strong>formationen<br />
1. Faserverbundwerkstoffe<br />
2. Teilchenverbundwerkstoffe (Dispersionswerkstoffe)<br />
3. Durchdr<strong>in</strong>gungsverbundwerkstoffe<br />
4. Schichtverbundwerkstoffe (Lam<strong>in</strong>ate)<br />
5. Struk<strong>tu</strong>rverbundwerkstoffe.<br />
Matrix (Mutterphase) e<strong>in</strong>gebracht. Die<br />
Länge <strong>der</strong> Fasern und <strong>der</strong>en Ausrich<strong>tu</strong>ng<br />
müssen allerd<strong>in</strong>gs exakt auf den<br />
E<strong>in</strong>satzbereich berechnet und ausgewählt<br />
werden.<br />
Für die Wahl des Matrixstoffes ist die<br />
Tempera<strong>tu</strong>r des E<strong>in</strong>satzes des Verbundwerkstoffs<br />
das entscheidende<br />
Auswahlkriterium. Bei niedrigen Tempera<strong>tu</strong>ren<br />
werden Kunststoffe (Polymere),<br />
bei höheren Tempera<strong>tu</strong>ren<br />
Metalle und bei extrem hohen Tempera<strong>tu</strong>ren<br />
Keramiken verwendet.<br />
Aufgabenverteilung<br />
Verbundwerkstoffe können nach ihrer Geometrie e<strong>in</strong>geteilt werden o<strong>der</strong> stofflich.<br />
Die Verstärkungsfaser steigert die<br />
Festigkeit und Steifigkeit. Die Matrix<br />
übern<strong>im</strong>mt neben <strong>der</strong> Gestalt- und<br />
Oberflächengebung die Aufgabe, den<br />
Werkstoffe<br />
Verbundwerkstoff zusammenzuhalten<br />
und auftretende Kräfte abzuleiten.<br />
Bei faserverstärkten Keramikmatrixen<br />
ist zu erwähnen, dass die oben genannten<br />
Rollen vertauscht s<strong>in</strong>d: Hier<br />
übern<strong>im</strong>mt die Faser die Zähigkeit und<br />
die Matrix die Steifigkeit.<br />
Nach <strong>der</strong> Geometrie des Verbunds (Abb. 7) unterscheidet man<br />
1. Teilchenverbundwerkstoffe (Dispersionswerkstoffe)<br />
Faserverbundwerkstoffe<br />
2. Faserverbundwerkstoffe pe <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Verbundwerkstoffe<br />
3. Schichtverbundwerkstoffe s<strong>in</strong>d (Lam<strong>in</strong>ate)<br />
die Faserverbundwerkstoffe. Faserwerkstoffe<br />
Die 4. am Durchdr<strong>in</strong>gungsverbundwerkstoffe<br />
häufigsten verwendete und In Faserverbundwerkstoffen werden<br />
technisch 5. Struk<strong>tu</strong>rverbundwerkstoffe<br />
ausschlaggebendste Grup-<br />
Fasern (Verstärkungsphase) <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e<br />
Als Faserwerkstoffe dienen vor allem<br />
Glasfasern und zunehmend auch Koh-<br />
Abb. 1: E<strong>in</strong>teilung <strong>der</strong> Verbundwerkstoffe nach <strong>der</strong> Geometrie des Verbunds<br />
Abb. 7: E<strong>in</strong>teilung <strong>der</strong> Verbundwerkstoffe nach <strong>der</strong> Geometrie des Verbunds<br />
30 <strong>tu</strong> 152 / 2. Quartal 2014
Werkstoffe<br />
<strong>tu</strong>: Sach<strong>in</strong>formationen<br />
Abb. 2: Glasfadenerzeugung 1600 v. Chr. <strong>in</strong> Ägypten<br />
lenstofffasern (Carbonfasern). Ferner<br />
kommen Aramidfasern, Borfasern, Polyethylenfasern,<br />
Siliziumkarbidfasern<br />
und Na<strong>tu</strong>rfasern zum E<strong>in</strong>satz.<br />
Glasfäden wurden schon 1600 v. Chr.<br />
<strong>in</strong> Ägypten (Abb. 2) erzeugt.<br />
Der heutige Glasfaserherstellungsprozess<br />
wird <strong>in</strong> Abb. 3 übersichtlich dargestellt.<br />
Glasfasern werden meist aus preiswertem<br />
E-Glas (E = electrical) herge-<br />
Abb. 4: Größenvergleich e<strong>in</strong>er 6 µm dicken<br />
Kohlenstofffaser <strong>im</strong> Vergleich zu e<strong>in</strong>em 50<br />
µm dicken Menschenhaar<br />
Abb. 5: Aramid-Gewebe mit charakteristischer<br />
goldgelber Farbe<br />
<strong>tu</strong> 152 / 2. Quartal 2014<br />
stellt, das elektrisch gut<br />
isoliert. Es besitzt sehr<br />
gute Druck- und Zugfestigkeiten.<br />
E<strong>in</strong> Vorteil <strong>der</strong> Glasfasern<br />
ist, dass sie isotrop<br />
s<strong>in</strong>d – ihre Eigenschaften<br />
s<strong>in</strong>d also nicht<br />
rich<strong>tu</strong>ngsabhängig. Dies<br />
erleichtert die Konstruktion<br />
und verbreitert die<br />
E<strong>in</strong>satzmöglichkeiten.<br />
Sie s<strong>in</strong>d nicht brennbar. Wie Glas<br />
selbst s<strong>in</strong>d auch Glasfasern spröde.<br />
Kohlenstofffasern (Carbonfasern)<br />
Die Eigenschaften <strong>der</strong> aus Grafitschichten<br />
bestehenden, stark anisotropen<br />
Kohlenstofffasern s<strong>in</strong>d dagegen<br />
rich<strong>tu</strong>ngsabhängig. (Abb. 4)<br />
Der überwiegende Teil <strong>der</strong> Carbonfasern<br />
wird mittels Pyrolyse (thermochemischer<br />
Spal<strong>tu</strong>ng) aus Polyacrylnitril<br />
(PAN) hergestellt. Carbonfasern<br />
haben e<strong>in</strong>e sehr hohe Festigkeit, s<strong>in</strong>d<br />
sehr spröde, elektrisch leitend und<br />
chemisch beständig. Durch ihren äußerst<br />
niedrigen Ausdehnungskoeffizienten<br />
bleiben sie sehr maßstabil.<br />
Aramidfasern<br />
Abb. 3: Schematische Darstellung <strong>der</strong> Glasfaserherstellung<br />
<strong>Das</strong> synthetisch hergestellte Polymer<br />
Aramid (Aromatisches Polyamid), bekannt<br />
auch unter <strong>der</strong> Markenbezeichnung<br />
„Kevlar“ <strong>der</strong> Firma DuPont, hat<br />
e<strong>in</strong>e erstklassige Zähigkeit, e<strong>in</strong>e sehr<br />
hohe Zugfestigkeit und e<strong>in</strong>e niedrige<br />
Dichte. Es ist sehr abriebfest und chemisch<br />
beständig. Allerd<strong>in</strong>gs verliert es<br />
unter UV-Lichte<strong>in</strong>fluss se<strong>in</strong>e Festigkeit<br />
(bis zu 75%) und verfärbt sich braun.<br />
Dem wird durch e<strong>in</strong>e UV-absorbierende<br />
Deckschicht entgegengewirkt.<br />
(Abb. 5)<br />
Verwendung f<strong>in</strong>det es häufig als Garn<br />
<strong>im</strong> Textilbereich, z. B. <strong>in</strong> Motorradbekleidung,<br />
stark beanspruchter Outdoorausrüs<strong>tu</strong>ng,<br />
aber auch <strong>im</strong> Arbeitsschutz.<br />
Na<strong>tu</strong>rfasern<br />
Aus Hanf, Banane, Jute, Sisal, Brennnessel<br />
werden feste und leichte Fasern<br />
gewonnen. Sie werden häufig<br />
mit e<strong>in</strong>er kompostierbaren Matrix aus<br />
Biokunststoffen (auf Stärkebasis) zu<br />
Faserverbundwerkstoffen verarbeitet<br />
und kommen so z. B. als Innenverkleidungen<br />
o<strong>der</strong> Hutablagen <strong>im</strong> Fahrzeugbau<br />
zum E<strong>in</strong>satz. Da Autobauer<br />
ihre Teile <strong>im</strong> zunehmenden Maße<br />
recyceln müssen, bieten diese den<br />
Vorteil, dass sie geschred<strong>der</strong>t werden<br />
können und sich dann natürlich<br />
zersetzen. (Abb. 6 + 7)<br />
31
<strong>tu</strong>: Sach<strong>in</strong>formationen<br />
Werkstoffe<br />
Eigenschaften <strong>der</strong><br />
Faserverbundwerkstoffe<br />
Die Eigenschaften von Faserverbundwerkstoffen<br />
können bedarfsgerecht<br />
bee<strong>in</strong>flusst werden und hängen faserseits<br />
von vier Faktoren ab:<br />
1. Der entscheidendste Faktor ist die<br />
Faseranordnung (Orientierung <strong>der</strong><br />
Faser)<br />
Durch die Wahl <strong>der</strong> entsprechenden<br />
Faser, verbunden mit <strong>der</strong><br />
Festlegung <strong>der</strong> Faseranordnung,<br />
können gezielt die Eigenschaften<br />
an den Anwendungszweck angepasst<br />
werden. (Abb. 8)<br />
Die Faserart und Faseranordnung<br />
bed<strong>in</strong>gen die Rich<strong>tu</strong>ngsunabhängigkeit<br />
(Anisotropie) o<strong>der</strong> Rich<strong>tu</strong>ngsabhängigkeit<br />
(Isotropie) <strong>der</strong><br />
Eigenschaften des Verbundwerkstoffs.<br />
Abb. 6: E<strong>in</strong>teilung <strong>der</strong> Na<strong>tu</strong>rfasern<br />
2. Der Faseranteil (Faservolumengehalt)<br />
Die Festigkeit des Faserverbundwerkstoffs<br />
steigt mit dem Anteil <strong>der</strong><br />
Fasern. Da die Matrix und die Faser<br />
zusammenhalten müssen, beträgt<br />
<strong>der</strong> Faseranteil höchstens 80%.<br />
3. Die Fasergeometrie<br />
Je länger die Faser <strong>im</strong> Verhältnis<br />
zum Durchmesser, desto größer<br />
ist die Festigkeit. Die Fasern können<br />
als Endlosfaser vorliegen, als<br />
Langfasern o<strong>der</strong> als Kurzfasern. Je<br />
kürzer e<strong>in</strong>e Faser ist, desto kürzer<br />
s<strong>in</strong>d auch auftretende Risse.<br />
Je dünner die verwendeten Fasern,<br />
desto höher ist die aufnehmbare<br />
Zugkraft, und je ger<strong>in</strong>ger das Volumen,<br />
desto weniger Materialfehlstellen<br />
treten auf.<br />
4. Die Fasereigenschaften<br />
Diese werden durch den Faserwerkstoff<br />
und dessen Herstellung<br />
festgelegt.<br />
Die Eigenschaften des Faserverbundwerkstoffs<br />
werden aber auch von <strong>der</strong><br />
Matrix bee<strong>in</strong>flusst. Zwei Faktoren s<strong>in</strong>d<br />
dabei entscheidend:<br />
5. Die Faser-Matrixverträglichkeit<br />
(Haf<strong>tu</strong>ng <strong>der</strong> Grenzflächenverb<strong>in</strong>dung<br />
zwischen Faser und Matrix).<br />
6. Die Eigenschaften des Matrixwerkstoffs<br />
selbst.<br />
Abb. 7: Recycelbarer Dachh<strong>im</strong>mel aus Flachs-Polypropylen-Komposit<br />
Abb. 8: E<strong>in</strong>fluss von Faseranordnung auf Eigenschaften von Faserverbundwerkstoffen<br />
Der E-Modul <strong>der</strong> Matrix muss bedeutend<br />
kle<strong>in</strong>er als <strong>der</strong> E-Modul <strong>der</strong><br />
Faser se<strong>in</strong>.<br />
H<strong>in</strong>weis: Der E-Modul „ist e<strong>in</strong> Materialkennwert<br />
aus <strong>der</strong> Werkstofftechnik,<br />
<strong>der</strong> den Zusammenhang<br />
zwischen Spannung und Dehnung<br />
bei <strong>der</strong> Verformung e<strong>in</strong>es festen<br />
Körpers bei l<strong>in</strong>ear elastischem Verhalten<br />
beschreibt“. 1<br />
Die von <strong>der</strong> Matrix <strong>in</strong> Form gehaltenen<br />
Fasern s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>gearbeitet<br />
wesentlich belastbarer, als wenn<br />
sie alle<strong>in</strong>e belastet werden würden.<br />
Auftretende Risse <strong>in</strong> <strong>der</strong> Faser werden<br />
durch die Matrix am Faserende<br />
gestoppt. Die Matrix schützt die Fasern<br />
vor schädigenden E<strong>in</strong>flüssen<br />
von außen.<br />
1 http://de.wikipedia.org/wiki/Elastizitätsmodul<br />
32 <strong>tu</strong> 152 / 2. Quartal 2014
Werkstoffe<br />
<strong>tu</strong>: Sach<strong>in</strong>formationen<br />
Abb. 9: Rov<strong>in</strong>g aus Glasfasern<br />
Abb. 10: Endlosmatte aus Glasfasern<br />
1. Glasfaserverstärkter<br />
Kunststoff (GFK)<br />
Abb. 11: Gelege Abb. 12: Gewebe aus Carbonfasergewebe 65<br />
g/m² (Le<strong>in</strong>wand)<br />
Verwendungsformen <strong>der</strong><br />
Faserwerkstoffe<br />
Die Fasern werden <strong>in</strong> folgenden Formen<br />
e<strong>in</strong>gesetzt:<br />
Rov<strong>in</strong>gs – Rov<strong>in</strong>gs s<strong>in</strong>d Stränge aus<br />
parallelen Sp<strong>in</strong>nfäden o<strong>der</strong> Endlosfasern.<br />
(Abb. 9)<br />
Matten – Matten werden aus zufällig<br />
orientierten Fasern ungewebt gepresst.<br />
(Abb. 10)<br />
Gelege – Gelege s<strong>in</strong>d durch dünne<br />
Nähfäden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er o<strong>der</strong> mehreren Lagen<br />
fixierte Rov<strong>in</strong>gs. (Abb. 11)<br />
Gewebe – Gewebe s<strong>in</strong>d flächige Textilien<br />
aus Fasern. (Abb. 12)<br />
Prepregs – Prepregs (pre<strong>im</strong>pregnated<br />
fibres = vor<strong>im</strong>prägnierte Fasern) bestehen<br />
aus Endlosfasern <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er duroplastischen<br />
(seltener auch <strong>in</strong> thermoplastischen),<br />
ungehärteten Matrix. Es<br />
s<strong>in</strong>d bahnförmige, auf Rollen gelieferte<br />
Halbzeuge, die masch<strong>in</strong>ell verarbeitet<br />
werden können und kühl gelagert werden<br />
müssen.<br />
Sie kommen u. a. <strong>in</strong> <strong>der</strong> Luftfahrt<strong>in</strong>dustrie<br />
(z. B. <strong>im</strong> A380), <strong>im</strong> Motorsport,<br />
Bootsbau und <strong>in</strong> Sportgeräten zum<br />
E<strong>in</strong>satz. (Abb. 13, 14, 15)<br />
Arten von Faserverbundwerkstoffen<br />
Faserverstärkte Kunststoff-<br />
Matrix-Verbundwerkstoffe (PMC:<br />
Polymer Matrix Composites)<br />
In diesem Artikel werden aus Platzgründen<br />
nur die drei wichtigsten faserverstärkten<br />
Kunststoffe angesprochen:<br />
Die bekannteste, wichtigste und<br />
größte Gruppe (über 90% <strong>der</strong> Faserverbundwerkstoffe)<br />
bilden die<br />
Glasfaserverstärkten Kunststoffe<br />
(GFK), geläufig auch unter dem Namen<br />
„Fiberglas“ (engl.: fiberglass, zu<br />
deutsch: Glasfaser).<br />
Schon 1953 wurden erste Glasfaserteile<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> Automobil<strong>in</strong>dustrie e<strong>in</strong>gesetzt.<br />
(Abb. 16)<br />
Sie s<strong>in</strong>d preisgünstig, unbrennbar,<br />
leicht, gute Isolatoren, steif, fest und<br />
duktil (d. h. sie verformen sich plastisch,<br />
bevor sie versagen). Sie können<br />
sich elastisch verformen und unter<br />
Belas<strong>tu</strong>ng Energie aufnehmen.<br />
E<strong>in</strong> Problem stellt allerd<strong>in</strong>gs die fehlende<br />
Recycl<strong>in</strong>gfähigkeit <strong>der</strong> GFK dar.<br />
Als Matrixwerkstoff werden je nach<br />
E<strong>in</strong>satzzweck Duroplaste (Epoxidharz<br />
o<strong>der</strong> Polyesterharz) o<strong>der</strong> Thermoplaste<br />
(Polyamid) verwendet.<br />
E<strong>in</strong>satzgebiete:<br />
– Flugzeug<strong>in</strong>dustrie (Segelflugzeuge)<br />
– Bootsrümpfe<br />
– Behälter und Rohre (chemische Industrie)<br />
Abb. 13: Kühllagerung<br />
Abb. 14: Prepregs für leichte, hochfeste Prothesen<br />
Abb. 15: Prothesen<br />
<strong>tu</strong> 152 / 2. Quartal 2014<br />
33
<strong>tu</strong>: Sach<strong>in</strong>formationen<br />
Werkstoffe<br />
Abb. 16: Glasspar G2, 1953 – erste GFK-Karosserie<br />
Der erste E<strong>in</strong>satz von Kohlenfäden<br />
liegt weit zurück. Thomas Alva Edison<br />
erhielt <strong>im</strong> Jahre 1880 e<strong>in</strong> Patent auf die<br />
erste elektrische Glühlampe, e<strong>in</strong>e Kohlenfadenlampe,<br />
die zur häuslichen Beleuch<strong>tu</strong>ng<br />
e<strong>in</strong>gesetzt werden konnte,<br />
da sie genügend Licht spendete und<br />
haltbar war. (Abb. 19 + 20)<br />
Die Kohlenstofffäden wurden um 1890<br />
durch Osmium-Glühfaden und 1910<br />
durch Wolfram-Glühfaden verdrängt.<br />
Aus Osmium und Wolfram entstand<br />
1906 das noch heute bekannte Warenzeichen<br />
„Osram“.<br />
Kohlenstofffadenlampen gibt es sogar<br />
heute noch. Kohlenstofffasern werden<br />
seit ca. 1970 kommerziell hergestellt.<br />
Abb. 17: Blattfe<strong>der</strong> aus GFK<br />
Abb. 18: Schaltschrank aus GFK<br />
– Fahrzeugteile <strong>in</strong> <strong>der</strong> Automobil<strong>in</strong>dustrie<br />
(Abb. 17)<br />
– W<strong>in</strong>dkraftrotorblätter <strong>im</strong> Energiesektor<br />
– Schaltschränke (Elektrotechnik)<br />
(Abb. 18)<br />
2. Kohlenstofffaserverstärkte<br />
Kunststoffe (CFK)<br />
CFK zeichnet sich durch niedrige Dichte<br />
(1,5 g/cm 3 ), hohe Festigkeit und<br />
Steifigkeit und thermische Stabilität<br />
(Unschmelzbarkeit) aus und wird <strong>im</strong><br />
Leichtbau e<strong>in</strong>gesetzt.<br />
Als Matrix kommen Duroplaste (Epoxidharze)<br />
zum E<strong>in</strong>satz.<br />
Abb. 19: Kohlenfadenlampe<br />
Abb. 20: Thomas Alva Edison<br />
E<strong>in</strong>satzgebiete:<br />
– Automobil<strong>in</strong>dustrie<br />
Die Elektromobilität zw<strong>in</strong>gt die Hersteller,<br />
<strong>im</strong>mer leichtere Fahrzeuge zu bauen,<br />
um die Reichweite aufgrund <strong>der</strong><br />
Gewichtsreduktion zu erhöhen.<br />
Be<strong>im</strong> BMW i3 z. B. wurde deshalb<br />
die Fahrgastzelle komplett aus<br />
CFK hergestellt. Für die Instrumententafel<br />
und Verkleidungen <strong>der</strong><br />
Türen wurden Na<strong>tu</strong>rfasern verwendet.<br />
(Abb. 21 + 22)<br />
– Motorsport, z. B. <strong>in</strong> Formel-1-Monocoques<br />
– Luftfahrt<strong>in</strong>dustrie: Rumpf und Flügel<br />
<strong>der</strong> Boe<strong>in</strong>g 787 Dreaml<strong>in</strong>er<br />
– W<strong>in</strong>dkraftrotorblätter (Abb. 23)<br />
– Sportgeräte: Fahrradrahmen, ...<br />
34 <strong>tu</strong> 152 / 2. Quartal 2014
Werkstoffe<br />
<strong>tu</strong>: Sach<strong>in</strong>formationen<br />
Abb. 21: CFK-Fahrgastzelle des BMW i3<br />
Abb. 22: <strong>Das</strong> Elektrofahrzeug BMW i3<br />
Abb. 23: Rotorblätter aus CFK<br />
Abb. 24: Schutzausrüs<strong>tu</strong>ng für Ordnungskräfte<br />
3. Aramidfaserverstärkte<br />
Kunststoffe (AFK)<br />
Sie zeichnen sich durch ihre Leichtigkeit,<br />
hohe Festigkeit, gute Energieaufnahme<br />
aus und werden deshalb für<br />
schwere Beanspruchungen bei ger<strong>in</strong>gem<br />
Gewicht e<strong>in</strong>gesetzt.<br />
Für die Matrix können Duroplaste o<strong>der</strong><br />
Thermoplaste e<strong>in</strong>gesetzt werden.<br />
E<strong>in</strong>satzgebiete:<br />
– Beschuss- und stichhemmende<br />
Schutzkleidung (Abb. 24)<br />
– Transportbehältnisse für die Luftfracht<br />
– Bootsrümpfe<br />
– Baubranche: Verstärkung von Bauwerken<br />
Faserverstärkte Metall-<br />
Matrix-Verbundwerkstoffe<br />
(MMC – Metall Matrix<br />
Composites)<br />
<strong>tu</strong> 152 / 2. Quartal 2014<br />
Die mo<strong>der</strong>ne Werkstofftechnik versucht<br />
mit Hilfe von MMC-Entwicklung,<br />
die Schwächen <strong>der</strong> Leichtmetalle<br />
aufzuheben. Um hohe thermische,<br />
mechanische o<strong>der</strong> tribologische (reibungs-<br />
und verschleißbezogene) Belas<strong>tu</strong>ngen<br />
auszuhalten, s<strong>in</strong>d Verstärkungen<br />
<strong>der</strong> Leichtmetalle nötig.<br />
Abb. 25: C-Faser-verstärktes Magnesium<br />
Faserverstärkungen werden deshalb<br />
auch <strong>in</strong> Metall-Matrixen verwendet. Als<br />
Matrixwerkstoffe dienen z. B. Alum<strong>in</strong>ium,<br />
Titan, Magnesium o<strong>der</strong> Kupfer.<br />
Als verstärkende Kurz- o<strong>der</strong> Langfasern<br />
kommen u. a. Kohlenstofffasern<br />
o<strong>der</strong> Siliziumkarbidfasern zum E<strong>in</strong>satz.<br />
(Abb. 25 + 26)<br />
H<strong>in</strong>weis: 1 µm = 1/1000 mm<br />
Abb. 26: Al2O3-Endlosfaser-verstärktes Al<br />
E<strong>in</strong>satzgebiete:<br />
– Fahrzeugbau (Abb. 27)<br />
– Flugzeugbau<br />
– Wehrtechnik<br />
35
<strong>tu</strong>: Sach<strong>in</strong>formationen<br />
Werkstoffe<br />
verleiht dem Verbundwerkstoff e<strong>in</strong>e<br />
große Härte. Die Kohlenstofffasern erhöhen<br />
die Festigkeit und br<strong>in</strong>gen die<br />
für technische Anwendungen benötigte<br />
Bruchzähigkeit e<strong>in</strong>. Sie machen<br />
den keramischen Verbundwerkstoff<br />
quasiduktil und bewirken so e<strong>in</strong>e hohe<br />
thermische und mechanische Belastbarkeit.“<br />
3<br />
Abb. 27: Al/SiC-Bremsscheiben (ICE)<br />
Abb. 28: Carbon-Keramik-Bremsscheibe von<br />
Porsche<br />
Teilchenverbundwerkstoffe<br />
In dieser Verbundwerkstoffgruppe werden<br />
Teilchen als Verstärkungswerkstoff<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Matrix e<strong>in</strong>gebracht.<br />
Je nach benötigten Eigenschaften und<br />
E<strong>in</strong>satzort können die Eigenschaften<br />
des Teilchenverbundwerkstoffes durch<br />
die Größe <strong>der</strong> Teilchen und ihrer Verteilung<br />
<strong>im</strong> Verbundwerkstoff angepasst<br />
werden.<br />
Abb. 29: ausgeklüfteltes Kühlungssystem<br />
Faserverstärkte Keramik-<br />
Matrix-Verbundwerkstoffe<br />
(CMC – Ceramic Matrix<br />
Composites)<br />
E<strong>in</strong> großer Nachteil von Keramik ist<br />
die Sprödigkeit und fehlende Duktilität<br />
(plastische Umformbarkeit). Dieser<br />
Nachteil wird durch Faserverstärkungen<br />
m<strong>in</strong><strong>im</strong>iert.<br />
Wie weiter oben bereits beschrieben,<br />
enden Risse am Ende <strong>der</strong> Faser, da<br />
sie an <strong>der</strong> Matrix gestoppt werden.<br />
Ebenfalls werden Risse <strong>in</strong> <strong>der</strong> Matrix<br />
an <strong>der</strong> Faser gestoppt und abgelenkt,<br />
<strong>der</strong> Riss wird angehalten.<br />
Als Fasern können z. B. Kohlenstofffasern<br />
verwendet werden. Aber auch<br />
keramische Fasern s<strong>in</strong>d möglich.<br />
„Auf diese Weise wird häufig Siliziumkarbid<br />
mit Eigenfasern bzw. mit<br />
Kohlenstofffasern komb<strong>in</strong>iert. Die<br />
Faserkeramik wurde zunächst <strong>in</strong> den<br />
Hitzeschilden <strong>der</strong> Spaceshuttles verwendet.<br />
Die Kacheln sollen e<strong>in</strong> Verglühen<br />
be<strong>im</strong> Wie<strong>der</strong>e<strong>in</strong>tritt <strong>in</strong> die Erdatmosphäre<br />
verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n. Der Werkstoff<br />
wird heute unter an<strong>der</strong>em als Friktionswerkstoff<br />
für Bremsscheiben sowie<br />
für Reibbeläge von Magnetschwebebahnen<br />
und Aufzügen verwendet.“ 2<br />
E<strong>in</strong>satzgebiete faserverstärkter<br />
Keramik-Matrix-Verbundwerkstoffe:<br />
– Raumfahrttechnik: z. B. Hitzeschutzsysteme<br />
für Raumflugkörper<br />
– Zugbremsscheiben<br />
– Fahrzeug-Bremsscheiben, z. B.<br />
Carbonfaserverstärkte Keramikbremsscheiben<br />
des Porsche 911<br />
(Abb. 28 + 29).<br />
„E<strong>in</strong>e Beson<strong>der</strong>heit <strong>der</strong> Carbon-Keramik-Bremsscheiben<br />
ist <strong>der</strong> keramische<br />
Verbundwerkstoff. Sowohl<br />
<strong>der</strong> Basiskörper <strong>der</strong> Carbon-Keramik-<br />
Bremsscheiben als auch die beidseitig<br />
aufgebrachten Reibschichten bestehen<br />
aus kohlenstofffaserverstärk tem<br />
Siliciumcarbid. Die Matrix dieses<br />
Werkstoffs besteht aus Siliciumcarbid<br />
(SiC) und elementarem Silicium (Si).<br />
Die Verstärkung des Werkstoffs wird<br />
durch Kohlenstofffasern (C) erreicht.<br />
Siliciumcarbid, <strong>der</strong> eigenschaftsprägende<br />
Hauptbestandteil <strong>der</strong> Matrix,<br />
Hartmetalle<br />
E<strong>in</strong>e <strong>der</strong> wichtigsten Gruppen unter<br />
den Teilchenverbundwerkstoffen s<strong>in</strong>d<br />
die Hartmetalle. Be<strong>im</strong> Begriff Hartmetall<br />
geht <strong>der</strong> Laie fälschlicherweise<br />
davon aus, dass darunter die harten<br />
Metalle zusammengefasst werden.<br />
Hartmetalle s<strong>in</strong>d aber verschleißfeste,<br />
sehr harte und wärmefeste (unter 1000<br />
°C) Verbundwerkstoffe. In ihnen kommen<br />
Teilchen aus metallischen Hartstoffen<br />
zum E<strong>in</strong>satz, z. B. Wolframkarbidteilchen<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Cobaltmatrix.<br />
E<strong>in</strong> Kreissägeblatt aus Chrom-Vanadium<br />
wird be<strong>im</strong> Sägen e<strong>in</strong>er Spanplatte<br />
schnell s<strong>tu</strong>mpf. E<strong>in</strong> hartmetallbestücktes<br />
Sägeblatt dagegen bleibt<br />
auch nach vielen Schnitten noch<br />
scharf. (Abb. 30 + 31)<br />
Da Hartmetalle ges<strong>in</strong>tert hergestellt<br />
werden, ist darauf zu achten, dass das<br />
hartmetallbestückte Sägeblatt be<strong>im</strong><br />
Sägeblattwechsel auf e<strong>in</strong>er weichen<br />
Unterlage abgelegt wird. Die Zähne<br />
s<strong>in</strong>d zwar sehr hart, aber spröde, so<br />
dass diese bei Schlägen schnell kaputt<br />
gehen, z. B. be<strong>im</strong> Ablegen auf metallischem<br />
Untergrund.<br />
2 Bozena, Arnold: Werkstofftechnik<br />
für Wirtschafts<strong>in</strong>genieure, Spr<strong>in</strong>ger-<br />
Verlag Berl<strong>in</strong> Heidelberg 2013, S. 298<br />
3 http://www.sglgroup.com/cms/<strong>in</strong>ternational/products/product-groups/cc/<br />
carbon-ceramic-brake-disks/<strong>in</strong>dex.<br />
html?__locale=de, Stand 23.05.2014<br />
36 <strong>tu</strong> 152 / 2. Quartal 2014
Werkstoffe<br />
<strong>tu</strong>: Sach<strong>in</strong>formationen<br />
Polymerbeton ist korrosionsbeständig,<br />
abriebfest, resistent gegen chemische<br />
E<strong>in</strong>flüsse und UV-Licht, wasserdicht,<br />
wetterfest, frostsicher, formstabil und<br />
alterungsbeständig. Aufgrund se<strong>in</strong>er<br />
schnellen Aushär<strong>tu</strong>ng (unter 24 h)<br />
kommt es bei Bauteilsanierungen, z. B.<br />
<strong>im</strong> Straßen- und Brückenbau, zu ke<strong>in</strong>en<br />
langwierigen Straßensperrungen.<br />
Wegen se<strong>in</strong>er Stabilität können Bauteile<br />
zudem dünner und mit weniger<br />
Eigengewicht gefertigt werden.<br />
Abb. 30 l<strong>in</strong>ks und 31 rechts: Hartmetallbestücktes Kreissägeblatt mit Dehnungsschlitzen<br />
Abb. 32: 5-Schneiden-Fräswerkzeug mit<br />
Hartmetall-Wendeschneidplatten<br />
<strong>tu</strong> 152 / 2. Quartal 2014<br />
Hartmetalle kommen auch als Hartmetall-Wendeschneidplatten<br />
für Drehund<br />
Fräsmasch<strong>in</strong>en zum E<strong>in</strong>satz.<br />
(Abb. 32)<br />
Polymerbeton<br />
(PC = polymer concrete)<br />
Die Matrix des Polymerbetons besteht<br />
aus Kunststoff. Es werden z. B. Polyesterharze<br />
verwendet. H<strong>in</strong>zu kommen<br />
die Teilchen, die aus natürlichen m<strong>in</strong>eralischen<br />
trockenen Rohstoffen bestehen:<br />
z. B. körniger Granit, Basalt,<br />
Quarzsand, Calciumcarbonat, Perlit,<br />
Blähton.<br />
Dieses Gemisch wird unausgehärtet <strong>in</strong><br />
Formen mittels Bewegung verdichtet<br />
und mit Härtern und Beschleunigern<br />
gebunden. (Abb. 33)<br />
Abb. 33: Outdoor-Boul<strong>der</strong>wand aus Polymerbeton mit beidseitiger Kletterfläche<br />
Auch R<strong>in</strong>nen und Rohre werden aus<br />
Polymerbeton gefertigt.<br />
Da er Schw<strong>in</strong>gungen gut dämpft, werden<br />
auch Masch<strong>in</strong>engestelle aus ihm<br />
gemacht.<br />
(Wird fortgesetzt!)<br />
Abbildungs- und Quellenangaben:<br />
Abb. 1: http://old.gefuehrtes-lernen.at/_<br />
www/media/files/Flash_Kap4/4.12-<br />
Verbundwerkstoffe.swf Stand:<br />
19.10.2011<br />
Abb. 2: AVK – Industrievere<strong>in</strong>igung<br />
Verstärkte Kunststoffe e. V.: Handbuch<br />
Faserverbundkunststoffe/<br />
Composites, Grundlagen, Verarbei<strong>tu</strong>ng,<br />
Anwendungen, Spr<strong>in</strong>ger <strong>Fach</strong>medien<br />
Wiesbaden, 4. Auflage, 2014,<br />
S. 129, Abb. 60<br />
Abb. 3: AVK, S. 130, Abb. 61<br />
Abb. 4: http://upload.wik<strong>im</strong>edia.org/wikipedia/commons/thumb/7/71/<br />
Cfaser_haarrp.jpg/800px-Cfaser_<br />
haarrp.jpg, Stand 28.03.2014<br />
Abb. 5: Aramid-Gewebe mit charakteristischer<br />
goldgelber Farbe<br />
http://upload.wik<strong>im</strong>edia.org/wikipedia/<br />
commons/thumb/6/63/TwaronSRM.<br />
jpg/483px-TwaronSRM.jpg<br />
Stand 28.03.2014<br />
Abb. 6: AVK, S. 156, Abb. 83<br />
Abb.: 7 AVK, S157 Abb. 84<br />
Abb. 8: Bozena, Arnold, S. 293, Abb.<br />
13_5<br />
Abb. 9: Rov<strong>in</strong>g: http://upload.<br />
wik<strong>im</strong>edia.org/wikipedia/de/<br />
thumb/7/7e/Glasfaser_Rov<strong>in</strong>g_lang.<br />
jpg/187px-Glasfaser_Rov<strong>in</strong>g_lang.jpg,<br />
Stand: 01.04.2014<br />
Abb. 10: Matte. AVK, S. 136, Abb. 70<br />
Abb. 11: Gelege. http://m.lange-ritter.de/<br />
uploads/pics/Faserverstaerkung_01.<br />
jpg, Stand 01.04.2014<br />
Abb. 12: Gewebe Kohlenstofffasergewebe<br />
65 g/m² (Le<strong>in</strong>wand): http://<br />
ezentrumbil<strong>der</strong>3.de/rg/bil<strong>der</strong>/A31.jpg,<br />
Stand: 01.04.2014<br />
37
<strong>tu</strong>: Sach<strong>in</strong>formationen<br />
Werkstoffe<br />
Abb. 13: Kühllagerung. http://<strong>im</strong>g.<br />
direct<strong>in</strong>dustry.de/<strong>im</strong>ages_di/<br />
photo-g/epoxidharz-prepregsysteme-37685-2687215.jpg,<br />
Stand: 01.04.2014<br />
Abb. 14: Prepreg. http://csmres.co.uk/<br />
cs.public.upd/article-<strong>im</strong>ages/<br />
Umeco-pp-01511-D2_43713.jpg,<br />
Stand: 01.04.2014<br />
Abb. 15: Prepregs <strong>im</strong> E<strong>in</strong>satz. http://csmres.co.uk/cs.public.upd/<br />
article-<strong>im</strong>ages/Umeco-cropped_<br />
Kelly_He<strong>in</strong>rich.jpg, Stand: 01.04.2014<br />
Abb. 16: http://www.automobilrevue.ch/<br />
uploads/tx_adb/Glasspar.jpg,<br />
Stand 09.04.2014<br />
Abb. 17: Blattfe<strong>der</strong> aus GFK. http://www.<br />
spiegel.de/fotostrecke/<strong>in</strong>novationen<strong>im</strong>-auto-hightech-aus-dem-laborfotostrecke-77335-2.html,<br />
Stand 07.04.2014<br />
Abb. 18: GFK-Schaltschrank. http://<br />
www.hann<strong>in</strong>g-kahl.de/fileadm<strong>in</strong>/_<br />
processed_/csm_Schaltschrank-<br />
1_95e63c0416.jpg, 01.04.2014<br />
Abb. 19: Kohlenfadenlampe. http://upload.<br />
wik<strong>im</strong>edia.org/wikipedia/commons/f/<br />
f2/Gluehlampe_1881_Max<strong>im</strong>.jpg,<br />
Stand 07.04.2014<br />
Abb. 20: Edison. http://upload.wik<strong>im</strong>edia.<br />
org/wikipedia/commons/5/52/<br />
Thomas_edison_glühbirne.jpg,<br />
Stand 07.04.2014<br />
Abb. 21: CFK Fahrgastzelle: http://www.<br />
sglgroup.com/cms/<strong>in</strong>ternational/<br />
<strong>in</strong>novation/carbon-<strong>in</strong>-mobility/<strong>in</strong>dex.<br />
html?__locale=de, Stand 07.04.2014<br />
Abb. 22: BMW i3: http://www.bmw.de/<br />
dam/brandBM/common/newvehicles/<br />
i-series/i3/gallery/wallpaper-<br />
1920x1200-1.jpg.<br />
resource.1373895490968.jpg,<br />
Stand 07.04.2014<br />
Abb. 23: Rotorblätter: http://www.<br />
bus<strong>in</strong>ess-on.de/dateien/bil<strong>der</strong>/bard_<br />
rotorblatt12_2009.png,<br />
Stand 07.04.2014<br />
Abb. 24: Kevlar-Schutzkleidung: http://<br />
s7d4.scene7.com/is/<strong>im</strong>age/eidupont/<br />
DPT_Photo_Law_Enforcement_<br />
Protection_thumbnail_630x315?fit=str<br />
etch,1&wid=465&hei=232,<br />
Stand 07.04.2014<br />
Abb. 25: C-Faser-verstärktes Magnesium:<br />
http://www.empa.ch/plug<strong>in</strong>/<br />
template/empa/*/22820/---/l=1,<br />
Stand 08.04.2014<br />
Abb. 26: Al2O3-Endlosfaser-verstärktes<br />
Al: http://www.empa.ch/plug<strong>in</strong>/<br />
template/empa/*/22820/---/l=1,<br />
Stand 08.04.2014<br />
Abb. 27: Al/SiC-Bremsscheiben (ICE):<br />
http://www.empa.ch/plug<strong>in</strong>/template/<br />
empa/*/22820/---/l=1,<br />
Stand 08.04.2014<br />
Abb. 28: Porsche Bremsscheibe: http://<br />
www.bremsscheibe.<strong>in</strong>fo/wp-content/<br />
uploads/2009/08/Porsche_PCCB.jpg,<br />
Stand 07.04.2014<br />
Abb. 29: Porsche Bremsscheibengrafik:<br />
http://www.sglgroup.com/cms/_common/<strong>im</strong>ages/products/productgroups/bd/carbon-ceramic-brakedisks/Grafik_bd_d.jpg,<br />
Stand 07.04.2014<br />
Abb. 30: Hartmetallbestücktes Sägeblatt:<br />
https://www.stabilo-fachmarkt.de/<br />
<strong>im</strong>ages/produkte/i29/Kreissaegeblatt-<br />
Hartmetall-700-x-4-2-mm-42-Zaehne-<br />
Bohr_1.jpg, Stand 08.04.2014<br />
Abb. 31: Sägezahnbestückung aus Hartmetall:<br />
https://www.stabilo-fachmarkt.<br />
de/<strong>im</strong>ages/produkte/cache/mi29/<br />
Kreissaegeblatt-Hartmetall-700-x-4-2-<br />
mm-42-Zaehne-Bohrun.jpg,<br />
Stand 08.04.2014<br />
Abb. 32: Wendeschneidplatten: http://<br />
www.<strong>in</strong>dustrie-schweiz.ch/assets/<br />
<strong>im</strong>ages/autogen/Sandvik-Coromant---<br />
CoroPak-13.jpg, Stand 08.04.2014<br />
Abb. 33: Polymerbeton: http://www.<br />
erhard-sport.de/out/basic/3/pic<strong>tu</strong>res/<br />
z1/70794_z1.jpg, Stand 08.04.2014<br />
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<strong>tu</strong>: Sach<strong>in</strong>formationen<br />
Allgeme<strong>in</strong>e <strong>Technik</strong>wissenschaften<br />
Technische Grundsachverhalte<br />
E<strong>in</strong>führung <strong>in</strong> die <strong>Technik</strong>wissenschaft(en)<br />
1. Teil<br />
Von Helmuth Fies<br />
Die technischen Teilwissenschaften/Ingenieurwissenschaften s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> ihren<br />
Begrifflichkeiten, ihren Denkweisen und <strong>in</strong> ihrem Aufbau sehr unterschiedlich.<br />
Dennoch handelt es sich jeweils um Theorie über <strong>Technik</strong>. Gerade vor<br />
dem H<strong>in</strong>tergrund e<strong>in</strong>er allgeme<strong>in</strong>en Technischen Bildung ist es wichtig,<br />
das Verb<strong>in</strong>dende, Geme<strong>in</strong>same all dieser unterschiedlichen Teilwissenschaften<br />
zu kennen.<br />
Die folgende Reihe von Beiträgen setzt sich beson<strong>der</strong>s zum Ziel, diese<br />
Geme<strong>in</strong>samkeiten herauszuarbeiten: Welche Begriffe, Denkweisen<br />
und Struk<strong>tu</strong>ren s<strong>in</strong>d für alle diese unterschiedlichen technischen<br />
Teilwissenschaften grundlegend und geme<strong>in</strong>sam?<br />
Die Beiträge ersche<strong>in</strong>en posthum (Siehe <strong>tu</strong> 147).<br />
<strong>Technik</strong>verständnis als<br />
Grundlage des <strong>Technik</strong>unterrichts:<br />
Wenn es <strong>im</strong> <strong>Technik</strong>unterricht darum<br />
geht, den Bereich <strong>Technik</strong> aufzuklären<br />
bzw. mit den Schülern/<strong>in</strong>nen zu erschließen,<br />
dann ist das nicht möglich,<br />
ohne e<strong>in</strong> angemessenes Verständnis<br />
dessen, was <strong>Technik</strong> ist und welche<br />
Aspekte sie umfasst. Deshalb soll hier<br />
zunächst geklärt werden, was wir unter<br />
<strong>Technik</strong> verstehen wollen.<br />
Es gibt sehr viele unterschiedliche Arten<br />
des Verständnisses von <strong>Technik</strong>,<br />
sowohl <strong>im</strong> Alltag als auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Litera<strong>tu</strong>r.<br />
Diese unterscheiden sich e<strong>in</strong>mal<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er sehr grundsätzlichen Art und<br />
Weise dadurch, dass man unter <strong>Technik</strong><br />
● e<strong>in</strong>erseits ganz allgeme<strong>in</strong> e<strong>in</strong><br />
zweckrationales Handeln versteht,<br />
etwa wenn man von <strong>der</strong> <strong>Technik</strong><br />
des Dribbelns (Fußball), des Speerwerfens,<br />
des Radfahrens, <strong>der</strong> Diskussionslei<strong>tu</strong>ng,<br />
von Atemtechnik,<br />
Meditationstechnik u. a. spricht. Bei<br />
diesem Verständnis s<strong>in</strong>d die Inhalte<br />
und Objekte, auf die sich das Handeln<br />
bezieht, beliebig.<br />
● an<strong>der</strong>erseits e<strong>in</strong>en Inhalts- und<br />
Handlungsbereich bezeichnet und<br />
damit andeutet, dass es <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Technik</strong> zwar um zweckrationales<br />
Handeln geht, dieses sich aber auf<br />
best<strong>im</strong>mte Inhalte o<strong>der</strong> Objekte<br />
bzw. Prozesse bezieht. Bei diesem<br />
Verständnis geht es also um<br />
das Planen, Herstellen, Gebrauchen,<br />
Reparieren, Warten/Pflegen,<br />
Recyceln ... von technischen Objekten,<br />
von denen wir <strong>in</strong> unserem<br />
Alltag ständig und überall umgeben<br />
s<strong>in</strong>d.<br />
Wenn es um e<strong>in</strong>en allgeme<strong>in</strong> bildenden<br />
<strong>Technik</strong>unterricht geht, dann<br />
ist <strong>im</strong>mer das zweite Verständnis von<br />
<strong>Technik</strong> geme<strong>in</strong>t. Aber auch hier gibt<br />
es wie<strong>der</strong> sehr unterschiedliche Def<strong>in</strong>itionen<br />
und Auffassungen. Manche<br />
s<strong>in</strong>d eher weit gefasst, <strong>in</strong>dem sie auch<br />
diejenigen Aspekte aufgreifen, die die<br />
Beziehungen <strong>der</strong> <strong>Technik</strong> zu uns Menschen,<br />
zu <strong>der</strong> jeweiligen Gesellschaft<br />
und Kul<strong>tu</strong>r und zur umgebenden Umwelt<br />
mit e<strong>in</strong>schließen, an<strong>der</strong>e s<strong>in</strong>d eher<br />
eng gefasst, <strong>in</strong>dem sie solche Aspekte<br />
nicht berücksichtigen.<br />
Es bleibt also die Frage zu klären:<br />
Was alles gehört zu dieser so best<strong>im</strong>mten<br />
<strong>Technik</strong>?<br />
● die technischen Objekte?<br />
● die Planung und die Konstruktion<br />
dieser Objekte?<br />
● die Verfahren zur Herstellung <strong>der</strong><br />
Objekte ... die Herstellungsprozesse<br />
<strong>in</strong> den Betrieben?<br />
● das Gebrauchen/Benutzen <strong>der</strong><br />
technischen Objekte?<br />
● das Pflegen, Warten, Reparieren,<br />
Verbessern, Instandsetzen, Opt<strong>im</strong>ieren<br />
... technischer Objekte?<br />
● das Entsorgen, Recyceln ... technischer<br />
Objekte?<br />
● die technischen Wissenschaften?<br />
● die Vorgaben/For<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong><br />
Gesellschaft (von Politik, Interessengruppen,<br />
Umweltverbänden ...)<br />
zur Verän<strong>der</strong>ung/Umgestal<strong>tu</strong>ng/<br />
Weiterentwicklung technischer Objekte?<br />
● die Auswirkungen und Folgen <strong>der</strong><br />
<strong>Technik</strong>?<br />
Will man alle E<strong>in</strong>flussfaktoren auf die<br />
Gestal<strong>tu</strong>ng und den Umgang mit den<br />
technischen Objekten mit erfassen,<br />
dann s<strong>in</strong>d alle diese verschiedenen<br />
Aspekte Teil <strong>der</strong> <strong>Technik</strong> und repräsentieren<br />
unterschiedliche Aspekte<br />
unserer gesellschaftlich-technischen<br />
Praxis.<br />
In e<strong>in</strong>em Schaubild könnte man den<br />
Zusammenhang dieser verschiedenen<br />
Aspekte folgen<strong>der</strong>maßen darstellen (<strong>in</strong><br />
Anlehnung an [2]):<br />
Siehe die folgenden vier Grafiken.<br />
Wie man sieht, haben sich, entsprechend<br />
<strong>der</strong> vielen Teilgebiete und Teilaspekte<br />
<strong>der</strong> <strong>Technik</strong>, <strong>im</strong> Laufe <strong>der</strong> Zeit<br />
entsprechend viele unterschiedliche<br />
<strong>Technik</strong>wissenschaften o<strong>der</strong> Ingenieurwissenschaften<br />
heraus gebildet.<br />
Und zwar zu dem Ziel, die bestehenden<br />
unterschiedlichen technischen Systeme<br />
möglichst exakt und umfassend<br />
zu beschreiben und die Planung, Konstruktion,<br />
Entwicklung und Herstellung<br />
neuer technischer Systeme zu ermöglichen<br />
und theoretisch zu untermauern.<br />
Sie wurden also auf die Ausübung <strong>der</strong><br />
vielfältigen technischen Berufe h<strong>in</strong> entwickelt<br />
und ausgebaut.<br />
Diese Spezialisierung hat es mit sich<br />
gebracht, dass die Begriffssysteme<br />
und theoretischen Formen dieser<br />
<strong>Technik</strong>wissenschaften extrem unter-<br />
40 <strong>tu</strong> 152 / 2. Quartal 2014
Allgeme<strong>in</strong>e <strong>Technik</strong>wissenschaften<br />
<strong>tu</strong>: Sach<strong>in</strong>formationen<br />
Die Teilaspekte <strong>der</strong> <strong>Technik</strong>, um die sich best<strong>im</strong>mte technische Teilwissenschaften<br />
bemühen, sollen hier nur kurz angedeutet werden.<br />
E<strong>in</strong>ige technische Teilwissenschaften rund um die Konstruktion <strong>der</strong><br />
Sachsysteme:<br />
technischer Teildiszipl<strong>in</strong>en best<strong>im</strong>mte<br />
Grundbegriffe und grundlegende Zusammenhänge,<br />
die uns helfen, e<strong>in</strong>en<br />
Großteil <strong>der</strong> <strong>Technik</strong> theoretisch zu erschließen<br />
und zu verstehen, ohne zu<br />
Spezialisten werden zu müssen?<br />
In den letzten Jahrzehnten hat sich<br />
e<strong>in</strong>e allgeme<strong>in</strong>e <strong>Technik</strong>wissenschaft<br />
(Allgeme<strong>in</strong>e Technologie) herausgebildet,<br />
die solche Grundbegriffe heraus<br />
gearbeitet hat. Die wichtigsten davon<br />
s<strong>in</strong>d:<br />
● Technisches System bzw. soziotechnisches<br />
System (hier wird<br />
das System mit se<strong>in</strong>er Umgebung<br />
betrachtet)<br />
Technische Systeme bzw. soziotechnische<br />
Systeme können wie<strong>der</strong> unterteilt<br />
werden <strong>in</strong><br />
● Sachsysteme und<br />
● Handlungssysteme<br />
● Die Aufgabe (bei Sachsystemen)<br />
bzw. das Ziel (bei Handlungssystemen)<br />
und die Funktion von technischen<br />
Systemen<br />
● Wirkpr<strong>in</strong>zipien und Wirkungsgefüge<br />
von Sachsystemen (Wirkpr<strong>in</strong>zipien<br />
und Wirkungsgefüge gibt es<br />
bei Handlungssystemen nicht)<br />
● Der Aufbau bzw. die Struk<strong>tu</strong>r von<br />
technischen Systemen<br />
● Die Eigenschaften von technischen<br />
Systemen<br />
Mit diesen wenigen Grundbegriffen<br />
hat man e<strong>in</strong>e geistige Ordnungsstruk<strong>tu</strong>r,<br />
die alle wesentlichen Teilgebiete<br />
<strong>der</strong> <strong>Technik</strong> umfasst und die man<br />
gegebenenfalls weiter differenzieren<br />
kann.<br />
Teil 1: Technische Objekte –<br />
Technische Sachsysteme<br />
schiedlich s<strong>in</strong>d, was dazu geführt hat,<br />
dass sich heute Spezialisten unterschiedlicher<br />
Teilgebiete oft nicht mehr<br />
verständigen können.<br />
E<strong>in</strong>e solche Si<strong>tu</strong>ation ist aber für e<strong>in</strong>e<br />
allgeme<strong>in</strong>e Technische Bildung<br />
nicht akzeptabel!<br />
Die Frage ist also: Gibt es angesichts<br />
dieser Fülle und Unterschiedlichkeit<br />
<strong>tu</strong> 152 / 2. Quartal 2014<br />
1.1 E<strong>in</strong>teilung technischer<br />
Objekte:<br />
In <strong>der</strong> <strong>Technik</strong> s<strong>in</strong>d verschiedene E<strong>in</strong>teilungen<br />
für technische Objekte üblich:<br />
a) E<strong>in</strong>teilung nach Phänomenbereichen:<br />
z. B.: Mechanik, Optik, Pneumatik,<br />
Hydraulik, Elektrotechnik, Opto-Elektronik,<br />
Laser-<strong>Technik</strong> usw.<br />
b) E<strong>in</strong>teilung nach Materialien:<br />
z. B.: Holz-<strong>Technik</strong>, Metall-<strong>Technik</strong>,<br />
Kunststoff-<strong>Technik</strong>, Halbleiter-<strong>Technik</strong><br />
usw.<br />
c) E<strong>in</strong>teilung nach dem klassischen<br />
Masch<strong>in</strong>enbegriff:<br />
41
<strong>tu</strong>: Sach<strong>in</strong>formationen<br />
Allgeme<strong>in</strong>e <strong>Technik</strong>wissenschaften<br />
E<strong>in</strong>ige technische Teilwissenschaften rund um die Herstellung <strong>der</strong><br />
Sachsysteme:<br />
E<strong>in</strong>ige technische Teilwissenschaften rund um die Sachsysteme selbst:<br />
Danach gilt:<br />
● Masch<strong>in</strong>e: Verb<strong>in</strong>dung von E<strong>in</strong>zelteilen,<br />
die e<strong>in</strong>e zwangsläufige Bewegung<br />
ausführen und nützliche<br />
mechanische Arbeit verrichten o<strong>der</strong><br />
Energie umwandeln.<br />
Beispiele: Bohrmasch<strong>in</strong>e, Kraftfahrzeug,<br />
Pumpe usw.<br />
Dieser klassische Masch<strong>in</strong>enbegriff<br />
wurde zur Zeit <strong>der</strong> Industrialisierung<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> Mitte des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts gebildet,<br />
als die Arbeitsmasch<strong>in</strong>en <strong>in</strong><br />
riesigen Masch<strong>in</strong>ensälen aufgestellt<br />
waren und von e<strong>in</strong>er zentralen Dampfmasch<strong>in</strong>e<br />
über Transmissionen angetrieben<br />
wurden (siehe [1]).<br />
Von dieser Masch<strong>in</strong>endef<strong>in</strong>ition ausgehend<br />
wurde versucht, auch diejenigen<br />
technischen Objekte zu def<strong>in</strong>ieren, die<br />
nicht unter diesen Begriff fielen:<br />
● Mechanismus: E<strong>in</strong>e Verb<strong>in</strong>dung<br />
von E<strong>in</strong>zelteilen, die zwangsläufige<br />
Bewegungen ausführen.<br />
Beispiele: verschiedene Arten von<br />
Getrieben<br />
● Aggregat/Apparat: E<strong>in</strong>e Verb<strong>in</strong>dung<br />
von E<strong>in</strong>zelteilen, die nützliche<br />
Arbeit verrichten o<strong>der</strong> Energie umwandeln.<br />
Beispiele: Düsen zur Ummantelung<br />
von Drähten o<strong>der</strong> Geweben, Batterien<br />
usw.<br />
● Vorrich<strong>tu</strong>ng/Gerät: Verb<strong>in</strong>dung<br />
von E<strong>in</strong>zelteilen.<br />
Beispiele: Vorrich<strong>tu</strong>ngen zum Bohren,<br />
Sägen, Schleifen usw.<br />
d) E<strong>in</strong>teilung nach gleichartigen Objektgruppen:<br />
z. B.: Kraftfahrzeugtechnik, Schiffstechnik,<br />
Bautechnik, Flugzeugtechnik,<br />
Motorentechnik, Raketentechnik usw.<br />
e) E<strong>in</strong>teilung nach den Funktionsklassen<br />
<strong>der</strong> <strong>Technik</strong> [2]<br />
Siehe Matrix auf nächster Seite.<br />
Auf <strong>der</strong> l<strong>in</strong>ken Seite dieser Matrix f<strong>in</strong>det<br />
man die Grundkategorien dieser<br />
Welt wie<strong>der</strong>, so wie sie <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kybernetik<br />
pos<strong>tu</strong>liert werden: Alle Phänomene<br />
dieser Welt können entwe<strong>der</strong><br />
als Materie, als Energie o<strong>der</strong> als Information<br />
gekennzeichnet werden<br />
([2], S. 112). Dabei kann man Materie<br />
als alles verstehen, was Masse<br />
besitzt und physikalischen Raum <strong>in</strong><br />
Anspruch n<strong>im</strong>mt. Energie wird verstanden<br />
als die Fähigkeit, Arbeit (<strong>im</strong><br />
physikalischen S<strong>in</strong>ne) zu leisten, und<br />
als Information wird jede Folge o<strong>der</strong><br />
Anordnung von Zeichen bezeichnet,<br />
die mit best<strong>im</strong>mten Häufigkeiten<br />
auftreten, die mit e<strong>in</strong>er best<strong>im</strong>mten<br />
Bedeu<strong>tu</strong>ng versehen s<strong>in</strong>d (werden<br />
können) und die e<strong>in</strong>en Empfänger zu<br />
e<strong>in</strong>em best<strong>im</strong>mten Verhalten veranlassen<br />
kann ([2], S. 112).<br />
In <strong>der</strong> Kybernetik und <strong>in</strong> <strong>der</strong> Systemtheorie<br />
spricht man nicht von Objekten,<br />
son<strong>der</strong>n von Systemen und gibt damit<br />
<strong>der</strong> E<strong>in</strong>sicht Ausdruck, dass es isolierte<br />
Objekte nicht gibt, dass jedes Objekt<br />
durch e<strong>in</strong>e Reihe von Beziehungen<br />
und Abhängigkeiten wechselseitig mit<br />
se<strong>in</strong>er Umgebung/Umwelt verbunden<br />
ist. E<strong>in</strong> solches Objekt, dessen Beziehungen<br />
zu se<strong>in</strong>er Umgebung mit <strong>in</strong><br />
42 <strong>tu</strong> 152 / 2. Quartal 2014
Allgeme<strong>in</strong>e <strong>Technik</strong>wissenschaften<br />
<strong>tu</strong>: Sach<strong>in</strong>formationen<br />
die Betrach<strong>tu</strong>ng e<strong>in</strong>bezogen werden,<br />
nennt man e<strong>in</strong> System.<br />
Es gibt nun verschiedene Ansätze,<br />
diese Systeme zu betrachten und<br />
zu beschreiben. E<strong>in</strong> – gerade für die<br />
Beschreibung technischer Systeme<br />
– wichtiger Ansatz ist die Beschreibung<br />
<strong>der</strong> Funktion e<strong>in</strong>es Systems.<br />
Als ersten Zugang zu diesem Begriff<br />
sollen folgende Erläuterungen dienen:<br />
Unter dem funktionalen Systemaspekt<br />
betrachtet man nicht D<strong>in</strong>ge, son<strong>der</strong>n<br />
Verhaltensweisen; man fragt nicht:<br />
„Was ist dieses D<strong>in</strong>g?“, son<strong>der</strong>n: „Was<br />
<strong>tu</strong>t dieses D<strong>in</strong>g?“ Bei dieser Betrach<strong>tu</strong>ngsweise<br />
sieht man also, ganz ähnlich<br />
wie <strong>im</strong> Behaviorismus, völlig von<br />
<strong>der</strong> <strong>in</strong>neren Beschaffenheit, vom Aufbau<br />
des Systems ab. Man betrachtet<br />
es e<strong>in</strong>fach als „black box“ und <strong>in</strong>teressiert<br />
sich lediglich für dessen Verhalten.<br />
Dies wird später noch ausführlich<br />
beschrieben und behandelt, soll hier<br />
nur <strong>in</strong>soweit fortgeführt werden, als<br />
man bei <strong>der</strong> Best<strong>im</strong>mung des Verhaltens<br />
von Input-Output-Relationen<br />
ausgeht: Man st<strong>im</strong>uliert sozusagen<br />
das System durch e<strong>in</strong>e best<strong>im</strong>mte E<strong>in</strong>gabe<br />
und beobachtet, wie das System<br />
darauf reagiert. Die Funktion e<strong>in</strong>es Systems<br />
kann man also (vorläufig) auch<br />
als Input-Output-Relation betrachten<br />
([2], S. 54ff.).<br />
1.2 Vernetzung technischer<br />
Objekte mit ihrer technischen,<br />
natürlichen und<br />
sozialen Umgebung<br />
➛ (sozio)technische Systeme<br />
Die Vernetzung <strong>der</strong> technischen Objekte<br />
(hier am Beispiel von Kraftfahrzeugen)<br />
wird <strong>in</strong> <strong>der</strong> folgenden Abbildung<br />
mit ihrer technischen, sozialen<br />
und natürlichen Umgebung ausschnittsweise<br />
dargestellt. E<strong>in</strong>e nähere<br />
Analyse <strong>der</strong> Zusammenhänge würde<br />
verdeutlichen, dass die Abhängigkeiten<br />
zumeist nicht e<strong>in</strong>seitig, son<strong>der</strong>n<br />
wechselseitig s<strong>in</strong>d.<br />
Siehe ganzseitige Grafik Seite 44.<br />
1.3 Hierarchische Betrach<strong>tu</strong>ng<br />
technischer Systeme [2]<br />
<strong>tu</strong> 152 / 2. Quartal 2014<br />
E<strong>in</strong>teilung nach den Funktionsklassen <strong>der</strong> <strong>Technik</strong><br />
Wenn wir davon ausgehen, dass unsere<br />
Welt „e<strong>in</strong>s“ ist, dann ist die Abgrenzung<br />
best<strong>im</strong>mter Anteile davon e<strong>in</strong><br />
künstlicher Akt, <strong>der</strong> für uns Menschen<br />
<strong>der</strong> besseren Orientierung, Beschreibung<br />
dient, weil dadurch die Komplexität<br />
<strong>der</strong> Welt reduziert wird.<br />
E<strong>in</strong> Beispiel: Wir sehen normalerweise<br />
(<strong>im</strong> unreflektierten Alltagsverständnis)<br />
e<strong>in</strong>en Vogel als e<strong>in</strong> „D<strong>in</strong>g“ an, das sich<br />
recht unabhängig von se<strong>in</strong>er Umwelt<br />
bewegen kann, unabhängiger als wir<br />
Menschen. Wir wissen, e<strong>in</strong> Vogel ist<br />
ke<strong>in</strong> Wurm, ke<strong>in</strong>e Luft, ke<strong>in</strong> Baum,<br />
nicht die Sonne usw. Bei genauerer<br />
Betrach<strong>tu</strong>ng ist diese Abgrenzung <strong>in</strong><br />
verschiedene „D<strong>in</strong>ge“ aber e<strong>in</strong>e sehr<br />
oberflächliche Sichtweise, da e<strong>in</strong> Vogel<br />
zwar ke<strong>in</strong> Wurm ist, den Wurm aber<br />
als Nahrung benötigt. Der Vogel ist<br />
auch etwas an<strong>der</strong>es als die Luft, aber<br />
wie hätten Vögel <strong>in</strong> <strong>der</strong> Evolution ohne<br />
Luft entstehen können, an<strong>der</strong>s ausgedrückt:<br />
Was ist e<strong>in</strong> Vogel ohne Luft?,<br />
usw. Diese Betrach<strong>tu</strong>ngsweise stellt<br />
die Abhängigkeiten und Beziehungen<br />
<strong>der</strong> verschiedenen „D<strong>in</strong>ge“ <strong>in</strong> den<br />
Vor<strong>der</strong>grund und zeigt auf, dass die<br />
D<strong>in</strong>ge z. T. als eigenständig und unabhängig,<br />
zu e<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en Teil aber als<br />
verwoben, unmittelbar abhängig und<br />
aufe<strong>in</strong>an<strong>der</strong> bezogen ersche<strong>in</strong>en. In<br />
<strong>der</strong> Sprachwissenschaft taucht dieser<br />
Zusammenhang als Kontext auf, was<br />
me<strong>in</strong>t, dass e<strong>in</strong> Ausdruck o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e Äußerung<br />
ihre Bedeu<strong>tu</strong>ng erst <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
sprachlichen bzw. außersprachlichen<br />
Zusammenhang bekommt. Der Kontext,<br />
<strong>in</strong> dem e<strong>in</strong>e Äußerung gemacht<br />
wird, best<strong>im</strong>mt ihre eigentliche Bedeu<strong>tu</strong>ng,<br />
d. h. e<strong>in</strong>e isolierte Äußerung hat<br />
ke<strong>in</strong>en S<strong>in</strong>n.<br />
Diese Beziehung <strong>der</strong> „D<strong>in</strong>ge“ zu ihrer<br />
„Umwelt“ gilt erstaunlicherweise auf<br />
allen Ebenen. So kann man z. B. das<br />
Herz des Vogels von an<strong>der</strong>en Körperteilen<br />
unterscheiden, dennoch ist das<br />
Herz alle<strong>in</strong> „nichts“. Auch die Teile des<br />
Herzens s<strong>in</strong>d von ihrer Umgebung<br />
analytisch abgrenzbar, jedoch real<br />
nicht zu trennen.<br />
Auf allen Ebenen kann man also analytisch<br />
Teile aus e<strong>in</strong>em Ganzen herauslösen<br />
und separat betrachten. Vergisst<br />
man aber dabei die Beziehungen<br />
zur nächsthöheren Ebene o<strong>der</strong> zum<br />
Ganzen, dann ersche<strong>in</strong>en diese Teile<br />
seltsam isoliert und s<strong>in</strong>nlos. Nur <strong>im</strong> Zusammenhang<br />
des Ganzen erhalten sie<br />
jeweils ihren S<strong>in</strong>n und ihre Bedeu<strong>tu</strong>ng.<br />
Diese allgeme<strong>in</strong>en Zusammenhänge<br />
gelten auch für technische Systeme.<br />
Die folgende Abbildung zeigt, wie man<br />
auf verschiedenen Hierarchieebenen<br />
Teilsysteme von ihrer Umgebung analytisch<br />
abtrennen kann. Man spricht<br />
dabei von <strong>der</strong> Systemhierarchie <strong>in</strong><br />
<strong>der</strong> <strong>Technik</strong>.<br />
● E<strong>in</strong>e Hierarchie von technischen<br />
Systemen ist e<strong>in</strong> mehrs<strong>tu</strong>figes Gefüge<br />
<strong>in</strong>e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> verschachtelter<br />
technischer Gebilde verschiedenen<br />
Ranges. Auf <strong>der</strong> niedrigsten S<strong>tu</strong>fe<br />
spricht man von Elementen. Diese<br />
werden von den elementaren technischen<br />
Bauteilen gebildet: z. B.<br />
Zahnrä<strong>der</strong>, Wellen, Transistoren,<br />
Wi<strong>der</strong>stände, Relais, Balken, Lager<br />
usw. Die Gebilde <strong>der</strong> nächsthöheren<br />
S<strong>tu</strong>fe <strong>der</strong> Hierarchie kommen<br />
jeweils dadurch zustande, dass die<br />
43
<strong>tu</strong>: Sach<strong>in</strong>formationen<br />
Allgeme<strong>in</strong>e <strong>Technik</strong>wissenschaften<br />
Vernetzung technischer Objekte mit ihrer technischen, natürlichen und sozialen Umgebung ➛ (sozio)technische Systeme<br />
44 <strong>tu</strong> 152 / 2. Quartal 2014
Allgeme<strong>in</strong>e <strong>Technik</strong>wissenschaften<br />
<strong>tu</strong>: Sach<strong>in</strong>formationen<br />
Objekte <strong>der</strong> darunterliegenden S<strong>tu</strong>fe<br />
s<strong>in</strong>nvoll (<strong>in</strong> Bezug auf die Lösung<br />
e<strong>in</strong>er Teil-Aufgabe) mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong><br />
verknüpft werden.<br />
● Jede S<strong>tu</strong>fe ist <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e übergreifende<br />
e<strong>in</strong>gebettet. Die Systemgrenzen<br />
können je nach Sichtweise o<strong>der</strong><br />
Problemlage verän<strong>der</strong>t werden.<br />
● Je weiter die Systemgrenzen nach<br />
außen geschoben werden, desto<br />
stärker werden die sozialen und<br />
ökologischen Aspekte sichtbar.<br />
Z. B. kommt erst bei <strong>der</strong> S<strong>tu</strong>fe <strong>der</strong><br />
Werkzeugmasch<strong>in</strong>e die ergonomische<br />
(an den arbeitenden Menschen<br />
angepasste) Gestal<strong>tu</strong>ng des<br />
Arbeitsplatzes und die Arbeitsumgebung<br />
<strong>in</strong> den Blick, die Organisationsformen<br />
<strong>der</strong> Arbeit erst be<strong>im</strong><br />
Masch<strong>in</strong>enkomplex bzw. bei <strong>der</strong><br />
Gesamt-Fertigung und die sozioökonomischen<br />
Bed<strong>in</strong>gungen <strong>der</strong><br />
Fertigung (z. B. Arbeitsmarkt, Absatzmarkt,<br />
Beschaffungsmarkt, Kapitalmarkt,<br />
Konkurrenzsi<strong>tu</strong>ation des<br />
Betriebs usw.) erst auf <strong>der</strong> Ebene<br />
des Betriebs.<br />
● Bei <strong>der</strong> Betrach<strong>tu</strong>ng <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen<br />
Ebenen <strong>der</strong> Systemhierarchie ist es<br />
wichtig zu wissen, welche Aspekte<br />
man dabei ausblendet bzw. nicht<br />
berücksichtigt.<br />
Fortsetzung folgt<br />
Litera<strong>tu</strong>r:<br />
(gilt auch für die Folgebeiträge)<br />
[1] Henseler/Wollrad: Masch<strong>in</strong>e, lehrerhandbücherei<br />
technik, band 1, verlag<br />
barbara franzbecker, 1984<br />
[2] Ropohl, Günter: E<strong>in</strong>e Systemtheorie<br />
<strong>der</strong> <strong>Technik</strong>, Zur Grundlegung <strong>der</strong> Allgeme<strong>in</strong>en<br />
Technologie, Carl Hanser<br />
Verlag, München, Wien, 1979, 3.Aufl.<br />
Edition Karlsruhe 2009 unter: Allgeme<strong>in</strong>e<br />
Technologie: E<strong>in</strong>e Systemtheorie<br />
<strong>der</strong> <strong>Technik</strong> als Volltext abrufbar:<br />
http://digbib.ubka.uni-karlsruhe.de/<br />
volltexte/1000011529<br />
[3] Wiesenfarth, Gerhard: Produktplanung<br />
und –gestal<strong>tu</strong>ng – e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>führung;<br />
Sem<strong>in</strong>arskript PH Freiburg<br />
[4] Wolffgramm, Horst: Technische<br />
Systeme, Teil 1, Verlag Franzbecker,<br />
Hildeshe<strong>im</strong>, 1998.<br />
[5] Wolffgramm, Horst: Technische<br />
Systeme, Teil 2, Verlag Franzbecker,<br />
Hildeshe<strong>im</strong>, 1998.<br />
<strong>tu</strong> 152 / 2. Quartal 2014<br />
45
<strong>tu</strong>: Sach<strong>in</strong>formationen<br />
Allgeme<strong>in</strong>e <strong>Technik</strong>wissenschaften<br />
[6] Dubbel, Taschenbuch für den Masch<strong>in</strong>enbau,<br />
Spr<strong>in</strong>ger Verlag, 1997, 23.<br />
Aufl. 20011<br />
[7] Sachs, Burkhard: Materialien zur<br />
Produktionstechnik, Sem<strong>in</strong>arskript PH<br />
Freiburg<br />
[8] Sachs, Burkhard:Materialien zur<br />
Masch<strong>in</strong>entechnik, Sem<strong>in</strong>arskript PH<br />
Freiburg<br />
[9] Technisches Grundwissen für Lehrer,<br />
Allgeme<strong>in</strong>e technische Grundlagen,<br />
Volk und Wissen, 1973<br />
[10] Tuchel, Klaus: Herausfor<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />
<strong>Technik</strong>, Schünemann, 1967<br />
[11] Becks, Rolf; Ropohl, Günter: Produktion,<br />
Franzbecker, 1984<br />
[12] Conrad, Peter; Schiemann, Hubert;<br />
Vömel, Paul G.: Erfolg durch methodisches<br />
Konstruieren, Lexika, 1977,<br />
Expert 1984<br />
[13] Hansen, Friedrich: Konstruktionssystematik,<br />
VEB, 1968<br />
[14] VDI (Hrsg): Systematische Produktplanung,<br />
VDI–Verlag, 1983<br />
[15 ] H<strong>in</strong>tzen, Hans; Laufenberg, Hans;<br />
Kurz, Ulrich: Konstruieren, Gestalten,<br />
Entwerfen, Vieweg, 2000, 4. Aufl.<br />
2009<br />
[16] Schlottmann, Dietrich: (Hrsg.),<br />
Konstruktionslehre, Grundlagen, VEB<br />
1977, Spr<strong>in</strong>ger 1983<br />
[17] Benda, Dietmar: Basiswissen Elektronik,<br />
Band 8: Nachrichtentechnik, VDE<br />
Verlag,1988, 4. Aufl. 1998<br />
[18] Köhler, Werner M.: Relais, Grundlagen,<br />
Bauformen und Schal<strong>tu</strong>ngstechnik,<br />
Franzis Verlag, 1978, 1988<br />
[19] Sachs, Burkard: Zum Verhältnis von<br />
Na<strong>tu</strong>rwissenschaften und <strong>Technik</strong> <strong>in</strong><br />
Realität und Schule, <strong>tu</strong> Nr. 41 1986<br />
[20] Hausen, Kar<strong>in</strong>; Rürup, Re<strong>in</strong>hard:<br />
Mo<strong>der</strong>ne <strong>Technik</strong>geschichte, Kiepenheuer<br />
und Witsch, 1975<br />
[21] Pa<strong>tu</strong>ri, Felix R.: Chronik <strong>der</strong> <strong>Technik</strong>,<br />
Chronik, 1989, 1998<br />
[22] Wiendahl, H.-P.: Betriebsorganisation<br />
für Ingenieure, Hanser, 1986, 7. Aufl.<br />
2009<br />
[23] Me<strong>in</strong>s, Wolfgang: (Hrsg.), Handbuch<br />
<strong>der</strong> Fertigungs- und Betriebstechnik,<br />
Vieweg, 1989<br />
[24] Technologie für Metallberufe, Grundlagen,<br />
Schroedel, 1994<br />
[25] Ropohl, Günter: Wie die <strong>Technik</strong> zur<br />
Vernunft kommt, Band 3, GtB Verlag<br />
Fakultas, 1998<br />
[26] Friedrich: Tabellenbuch Metall- und<br />
Masch<strong>in</strong>entechnik, Dümmler Verlag,<br />
1988, 2008<br />
[27] Wolffgramm,Horst: Allgeme<strong>in</strong>e<br />
Technologie, VEB <strong>Fach</strong>buchverlag,<br />
Leipzig, 1978<br />
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46 <strong>tu</strong> 152 / 2. Quartal 2014
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