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<strong>sensor</strong> 06/13<br />
16 <strong>sensor</strong> 06/13 17<br />
Liebe<br />
Selten gehen Tradition und Moderne derart Hand<br />
in Hand wie im Friseursalon Bauer in der Neubrunnenstraße.<br />
Der Familienbetrieb wurde 1897<br />
gegründet und auch die Originaleinrichtung aus<br />
den 50er Jahren mit Frisierkabinen und goldenen<br />
Details strahlt eine andere Zeit aus. Ein echter Familien-<br />
und Traditionsbetrieb. Und mittendrin:<br />
Elke und Jürgen Falkenstein. „Ich schneide<br />
manchmal älteren Ladys die Haare, die sagen<br />
dann ‚Ich komm hier schon her, da war Ihre Großmutter<br />
noch nicht mal verheiratet`“,<br />
erklärt Jürgen Falkenstein das Flair<br />
des Ladens. Gleichzeitig haben sie<br />
aber auch viele junge Kunden. Die<br />
Mischung aus Tradition und Zeitgeist<br />
zieht sich durch Beziehung und Zusammenarbeit<br />
des Paares.<br />
Kennen gelernt haben sich die heute<br />
47-Jährigen auf der Meisterschule in<br />
Duisburg. Elke kommt aus Weeze in<br />
Nordrhein-Westfalen, Jürgen ist<br />
Mainzer. Während des halben Jahres<br />
auf der Meisterschule waren sie in einem<br />
Internat untergebracht. Kochen<br />
war dort verboten. Eines Abends<br />
nahm ein Kollege Jürgen mit ins<br />
Mädcheninternat, ans andere Ende<br />
der Stadt, wo Elke auf ihrem Zimmer<br />
mit einem Tauchsieder ein köstliches<br />
Menü zauberte, „und da war es um<br />
mich geschehen“. Damals war sie 22<br />
und er 23 Jahre alt. In diesem Jahr<br />
feiern sie 25-jähriges Kennenlernen.<br />
Auf derselben Meisterschule hatten<br />
sich auch schon Jürgens Eltern kennen<br />
gelernt – Tradition ist Tradition.<br />
Für Jürgen war schnell klar, dass Elke die Frau seines<br />
Lebens ist und er mit ihr zusammen den Friseurbetrieb<br />
führen will. Davon mussten nur noch<br />
seine Eltern überzeugt werden. Elke wurde also<br />
1989 im Friseurbetrieb, von ihren zukünftigen<br />
Schwiegereltern, angestellt. Weil sie so schnell<br />
kein Zimmer fand, wohnte sie die beiden ersten<br />
Jahre bei den Schwiegereltern in der Wohnung<br />
über dem Friseurladen. Anstandshalber musste<br />
Jürgen dann natürlich aus der Wohnung ausziehen<br />
zu seiner Oma, ebenfalls im selben Haus: „So<br />
war das damals. Ich musste eben zeigen, dass ich<br />
es ernst meine“, erklärt Elke. Zweifel kamen ihnen<br />
trotz dieser speziellen Art des Zusammenlebens<br />
nie auf: „Ich habe von Anfang an gewusst, ich lass<br />
das Mädel nicht mehr weg“, erinnert sich Jürgen.<br />
Das haben die beiden dann auch wahr gemacht.<br />
Bis heute waren sie höchstens eine Woche voneinander<br />
getrennt.<br />
Schöne Paare<br />
Ihr habt die<br />
Haare schön!<br />
In dieser Rubrik zeigen wir Paare, die<br />
zusammen arbeiten und fragen sie<br />
nach ihrem Erfolgsrezept. Heute mit:<br />
Elke und Jürgen Falkenstein,<br />
Friseurmeister, Salon Bauer<br />
in der Neubrunnenstraße.<br />
sam in der Natur zu verbringen, entweder auf ihrem<br />
Gartengrundstück oder im Wald. Sie haben einen<br />
Jagdschein gemacht für ein Revier im<br />
Rheingau. „Im Sommer stehen wir dann einmal<br />
wöchentlich früh auf, fahren in den Wald und hocken<br />
gemeinsam im Wald rum. Das ist herrlich“,<br />
erklärt Elke. „Und wenn Elke dann noch das selbst<br />
geschossene Essen abends zu einem leckeren Mahl<br />
zaubert, da bin ich hin und weg“, schwärmt Jürgen.<br />
Gerade haben sie ihren ersten gemeinsamen Urlaub<br />
ohne ihre drei Töchter genossen: Eine Woche Fuerteventura.<br />
„Eine richtige Woche!“, schwärmen beide.<br />
Das sehen sie auch als Erfolgsrezept ihrer Be-<br />
Gemeinsame Zeit als wichtiges Gut<br />
Doch nicht nur im Friseurladen sehen sie sich täglich.<br />
Das Paar versucht, auch seine Freizeit gemeinziehung:<br />
Sich immer wieder – wenn auch wenig –<br />
Zeit füreinander zu nehmen. „Auch als unsere<br />
Kinder noch klein waren, haben wir dank unserer<br />
Eltern immer an Fastnacht zusammen drei Tage<br />
Gas gegeben“, erinnern sie sich. Beziehungen muss<br />
man pflegen, lautet eine ihrer wichtigsten Regeln.<br />
Tradition auch in Zukunft erhalten<br />
Während ihrer gemeinsamen Zusammenarbeit<br />
konnten sie schon viel voneinander lernen.<br />
Elke ist impulsiv und sagt von sich<br />
selbst, dass sie manchmal schneller<br />
spricht als denkt. Von Jürgen hat sie<br />
das Abwarten gelernt, die Dinge einfach<br />
auf sich zukommen lassen. Sich<br />
nicht ständig Gedanken zu machen,<br />
beherrscht sie aber immer noch nicht:<br />
„Vielleicht schaff ich das, wenn ich<br />
achtzig bin“, lacht sie.<br />
Auch fachlich haben die beiden Friseurmeister<br />
viel voneinander gelernt:<br />
„Wir tauschen uns aus und helfen uns<br />
gegenseitig.“ Elke ist die Spezialistin<br />
für elegante Frisuren und Make-up.<br />
Jürgen hat den Haarschnitt mit dem<br />
Rasiermesser perfektioniert. Früher<br />
haben sie sich gegenseitig die Haare<br />
geschnitten – heute übernimmt das die<br />
älteste der drei Töchter, die auch gerade<br />
ihren Meister gemacht und im Laden<br />
angefangen hat. Da auch Jürgens<br />
Vater noch Haare schneidet, arbeiten<br />
im Salon Bauer so drei Generationen<br />
nebeneinander.<br />
Für ihre private Zukunft wünschen<br />
sich beide schlicht „Gesundheit und<br />
mehr Zeit“ – für die berufliche Zukunft,<br />
die Tradition des Ladens weiter zu pflegen,<br />
an ihre Kinder weiterzugeben und ihre Existenz zu<br />
sichern. Sonst haben sie kaum Wünsche: „Wir haben<br />
ein sehr gutes Leben.“ Diese Mischung aus Realismus<br />
und Bescheidenheit bildet einen weiteren<br />
Teil des Erfolgsrezepts der Falkensteins. Und dass<br />
sie so zufrieden sind, liegt nicht zuletzt auch an<br />
ihrer Liebe zu ihrer Tätigkeit: „Wir haben den<br />
schönsten Beruf der Welt.“<br />
Anna Janina Zepter<br />
Foto Roman Knie