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wurde, fühlte er sich besser.<br />
So ist die Goldene Ernte eher<br />
eine eigentümlich symbolträchtige<br />
und phantasievolle<br />
Auseinandersetzung mit den<br />
Lasten der Vergangenheit und<br />
weniger ein zitierfähiger Beitrag<br />
zur Zeitgeschichte.<br />
Stefan Scheil<br />
Zeitgemäße Bürgerlichkeit<br />
Harald Seubert: Was wir<br />
wollen können. Bürgerliche<br />
Identität <strong>im</strong> 21. Jahrhundert,<br />
London/Hamburg: Verlag<br />
Inspiration Un L<strong>im</strong>ited 2011.<br />
224 S., 19.90 €<br />
Der Philosoph Harald Seubert<br />
gilt <strong>als</strong> einer der produktivsten<br />
Köpfe in seiner Alterskohorte.<br />
Während in der älteren<br />
Generation mit Odo Marquard,<br />
Hermann Lübbe, Günter<br />
Rohrmoser und anderen<br />
eine Reihe prominenter Denker<br />
sich mit bürgerlicher Identität<br />
beschäftigt hat, meiden<br />
die meisten Theoretiker der<br />
unmittelbaren Gegenwart dieses<br />
Thema.<br />
Seubert lotet in seiner neuesten<br />
Publikation Umrisse einer<br />
zeitgemäßen Bürgerlichkeit<br />
aus, indem er sich besonders<br />
mit den Bereichen Konservatismus,<br />
Bildung, Patriotismus<br />
und Christliches Abendland<br />
beschäftigt.<br />
Das Konservatismus-Verständnis<br />
des Verfassers zeigt die<br />
transepochale D<strong>im</strong>ension dieser<br />
Strömung auf. So verweist<br />
er auf ihren Zusammenhang<br />
mit den Quellen der<br />
idealistischen deutschen<br />
Philosophie<br />
und der klassischen<br />
Literatur. Gleichzeitig<br />
belegt er, warum Ansätze<br />
der sogenannten<br />
Konservativen Revolution<br />
eher der politischen<br />
Linken zuzurechnen<br />
sind. Der<br />
Bamberger Gelehrte<br />
destilliert die besten<br />
Traditionen des Konservatismus<br />
aus dem breiten historischen<br />
Angebot heraus und<br />
entwickelt vor diesem Hintergrund<br />
eine moderne Variante,<br />
wozu die Einsicht in die<br />
Begrenztheit der Ressourcen<br />
ebenso gehört wie die Betonung<br />
der Relevanz des Staates.<br />
Das Thema »Bürgerliche Politik<br />
in Deutschland« wird nicht<br />
ohne vorherige Darstellung<br />
dessen, was herausragende<br />
Vertreter der Geistesgeschichte<br />
– von Hegel bis Ritter – darüber<br />
gesagt haben, abgehandelt.<br />
Im Bildungskapitel läuft<br />
Seubert zur Höchstform auf,<br />
wenn er eine vernünftige Konzeption<br />
der deutschen Universität<br />
entwirft, die vor allem<br />
eine stärkere Elitenförderung<br />
beinhalten müsse.<br />
Mit einem Bekenntnis zur<br />
klassischen Rechts-Links-Unterscheidung<br />
endet der Band.<br />
Seubert hätte vielleicht noch<br />
Stellung nehmen können zum<br />
eher diffusen Phänomen der<br />
seit einigen Jahren diskutierten<br />
neuen Bürgerlichkeit; insgesamt<br />
aber werden die Erwartungen<br />
der Anhänger des<br />
Autors, die ihn auch von vielen<br />
seiner Vorträge kennen,<br />
nicht enttäuscht.<br />
Felix Dirsch<br />
Türkische Faschisten<br />
Fikret Aslan/Kemal Bozay<br />
(Hrsg.): Graue Wölfe<br />
heulen wieder. Türkische<br />
Faschisten und ihre Vernetzung<br />
in Deutschland,<br />
3. aktual. Aufl., Münster:<br />
Unrast 2012. 312 S., 18 €<br />
Wenn linke Autoren über<br />
Rechtsextremismus bei Einwanderern<br />
aufklären wollen,<br />
decken sie häufig unfreiwillig<br />
die Hintergründe<br />
der Ausländergewalt<br />
in Deutschland<br />
auf. So verhält es<br />
sich auch bei dem<br />
vorliegenden Buch,<br />
das aus pro-kurdischer<br />
Sicht geschrieben<br />
wurde. Aslan<br />
und Bozay beschäftigen<br />
sich mit den<br />
Grauen Wölfen, den<br />
rund 350 »türkischrechtsextremen«<br />
Organisationen<br />
sowie den 68 Prozent der<br />
jungen türkischen Einwanderer,<br />
die angeben, eine starke<br />
türkische Nation sei ihnen<br />
wichtiger <strong>als</strong> das demokratische<br />
Staatswesen. Wie von<br />
Linken nicht anders zu erwarten,<br />
gehen die Autoren davon<br />
aus, daß die Ethnisierung der<br />
Türken durch ihre Ausgrenzung<br />
in der deutschen Gesellschaft<br />
zustande käme. Sie lebten<br />
in zwei Welten: »morgens<br />
Deutschland – abends Türkei«.<br />
Verschärft werde dies<br />
durch die Bestrebungen Ankaras,<br />
eine türkische Lobby mit<br />
deutschem Paß zu etablieren.<br />
Aslan und Bozay widersprechen<br />
sich damit selbst: Zum<br />
einen soll der deutsche Rassismus<br />
schuld am türkischen Nationalismus<br />
sein, zum anderen<br />
gebe es eine »kontinuierliche<br />
Zusammenarbeit deutscher<br />
und türkischer Faschisten seit<br />
dem Zweiten Weltkrieg«.<br />
Entscheidend an Graue Wölfe<br />
heulen wieder sind aber nicht<br />
diese ideologischen Passagen,<br />
sondern die Schilderung der<br />
heutigen Lage. In Großstädten<br />
seien ganze Stadtviertel unter<br />
Kontrolle der »Faschisten«,<br />
die bei passenden Gelegenheiten<br />
mit türkischen Fahnen<br />
und Emblemen der Grauen<br />
Wölfe durch die Straßen ziehen.<br />
Regelmäßig bedrohen sie<br />
Kurden, Christen, Deutsche<br />
und zur Verwunderung der<br />
Autoren »sogar linke Einrichtungen<br />
und Einzelpersonen«.<br />
Darüber hinaus verwundert,<br />
wie einfach es türkisch-nationalistischen<br />
Vereinen gelingt,<br />
ihre Propagandaarbeit mit<br />
deutschen Steuergeldern zu<br />
finanzieren.<br />
Empört sind Aslan und Bozay<br />
über die Ignoranz der deutschen<br />
Öffentlichkeit und Politik,<br />
die das Problem nicht erkennen<br />
wollen, obwohl sogar<br />
in der auflagenstärksten türkischen<br />
Tageszeitung Hürriyet<br />
offen zu Hetzkampagnen gegen<br />
Deutsche aufgerufen wird.<br />
Am Ende spiele sich trotz dieser<br />
Belege für die türkische<br />
Aggressivität <strong>im</strong>mer das gleiche<br />
ab: Wenn ein neues »islamisches<br />
Kulturzentrum« mit<br />
Steuergeldern gebaut werden<br />
soll, gibt es Rückendeckung<br />
von allen etablierten Parteien.<br />
Die Autoren meinen, dies liege<br />
an der erfolgreichen Unterwanderung<br />
bis hin zur CDU.<br />
Genug Beispiele für diese<br />
These führen sie jedenfalls an.<br />
Felix Menzel<br />
Bücher<br />
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