Texte für die Liturgie
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Bibel und<br />
<strong>Liturgie</strong><br />
<strong>Texte</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Liturgie</strong><br />
Impuls mehr.wert<br />
Gebet<br />
Psalm 140<br />
Predigtvorschlag<br />
Fürbitten<br />
Gottes<strong>die</strong>nstvorschlag KAB-Gallneukirchen<br />
Predigt 1. Mai 2011 Hans-Georg Pointner<br />
Sozialpredigthilfe „Z‘weng und z‘vü“<br />
Gottes<strong>die</strong>nstvorschlag Treffpunkt mensch &<br />
arbeit Braunau<br />
4020 Linz, Kapuzinerstraße 84<br />
Tel.: ++43(0)732/76 10 DW 3631 oder 3641<br />
E-Mail: mensch-arbeit@dioezese-linz.at<br />
KAB und Betriebsseelsorge OÖ<br />
www.mensch-arbeit.at
mehr.wert<br />
Impuls/Besinnung<br />
MEHR<br />
Mehr ist ein sehr häufiger Begriff. In der Wirtschaft geht´s um<br />
mehr Produktivität, mehr Leistung, mehr Profit. Ohne Wachstum<br />
kein Durchkommen. Immer mehr Anforderungen, immer mehr<br />
Aufgaben, immer mehr Informationen – schneller, besser, höher,<br />
<strong>die</strong> Konkurrenz schläft nicht – bis <strong>die</strong> Puste ausgeht!<br />
Kann nicht weniger mehr sein?<br />
2<br />
WERT<br />
MehrWert.<br />
Wir kennen sie nur allzu gut, <strong>die</strong> Mehrwertsteuer. Wir wissen<br />
auch: das Ganze ist mehr wert als <strong>die</strong> Summe der Teile. Aber<br />
mit Wert ist hier ausschließlich Geldwert gemeint. Dabei gibt<br />
es doch viel mehr Werte. Besteht glückliches und glückendes<br />
Leben nicht vorwiegend aus MehrWerten?<br />
Solidarität.<br />
Die Zeiten der Solidarität sind vorbei, so meinen ältere Kollegen/<br />
innen. Heute schaut nur mehr jede/r auf sich.<br />
Solidarität erfordert <strong>die</strong> Fähigkeit, den/<strong>die</strong> andere/n zu sehen,<br />
das Gemeinsame zu sehen. Solidarität gibt und erfordert den<br />
Mut, <strong>für</strong> gemeinsame Interessen einzustehen, aufzutreten.<br />
Ist <strong>die</strong> Solidarität wirklich schon gestorben? In mir? Mit mir?
Du bist Gerechtigkeit<br />
Gebet<br />
Du bist Gerechtigkeit –<br />
lebst in all den Initiativen von Menschen<br />
<strong>die</strong> sich nicht abfinden mit<br />
Ausgrenzung und Ausbeutung<br />
Du bist beharrliche Geduld –<br />
wirksam in all den Menschen<br />
<strong>die</strong> den langen Atem<br />
der Hoffnung einüben<br />
Du bist leidenschaftliche Kraft –<br />
erfahrbar in einer Widerstandskultur<br />
wo jeder Mensch<br />
seine Würde behält<br />
3<br />
Du bist wohlwollende Zuwendung –<br />
sichtbar im unermüdlichen<br />
Glauben an das Gute im Menschen<br />
das sich auch in der Parteinahme<br />
<strong>für</strong> <strong>die</strong> Kleinen zeigt<br />
Du bist Gerechtigkeit und Barmherzigkeit –<br />
geheimnisvoll nahe in unserem<br />
Hunger und Durst<br />
nach deiner verwandelten Welt<br />
wo alle gesättigt aufrecht gehen können<br />
Pierre Stutz
Ausgenützt<br />
Nach Psalm 140,9.13<br />
Gewinnsteigerung wie noch nie im Konzern<br />
auf Kosten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer<br />
<strong>die</strong> seit Jahren davon ausgeschlossen sind<br />
Wut und Trauer bewegt uns<br />
Feinde sind sie geworden<br />
unsere Vorgesetzten<br />
4<br />
Erfülle nicht ihre Wünsche<br />
lass ihre Pläne nicht gelingen.<br />
Ich weiß,<br />
Du führst <strong>die</strong> Sache der Armen<br />
verhilfst den Gebeugten zum Recht<br />
Solidarität wird durch uns<br />
Hände und Füße erhalten<br />
beherzt durch dich<br />
Pierre Stutz
mehr.wert<br />
Solidarität bringt‘s<br />
Predigt zur Bibelstelle<br />
„ Jesus und <strong>die</strong> Ehebrecherin“ Joh, 8, 3-11<br />
Heinz Mittermayr<br />
Jesus lehrt im Tempel. Wir erfahren in der Stelle jedoch nicht<br />
welchen Inhalt Jesus lehrt. Jesus sitzt am Boden, das Volk ist<br />
gekommen um ihn zu hören um seine Lehre zu verstehen. Was<br />
Jesus in der Bibelstelle lehrt spielt sich jedoch auf einer anderen<br />
Ebene ab. Im Verhalten Jesu in der Konfrontation mit der<br />
Ehebrecherin gibt Jesus eine Lektion <strong>für</strong>s Leben. Er macht seine<br />
Botschaft deutlich.<br />
Was ist nun <strong>die</strong> zentrale Aussage, <strong>die</strong> Jesus hier vermittelt, was<br />
macht sein Handeln aus? Jesu Praxis soll unser Tun verändern<br />
– er provoziert ein Nachdenken – ja er provoziert ein Umdenken.<br />
Die Schriftgelehrten und Pharisäer kommen zu Jesus, um ihn<br />
auf <strong>die</strong> Probe zu stellen. Dabei stehen <strong>die</strong> Schriftgelehrten und<br />
Pharisäer <strong>für</strong> das Gesetz, <strong>für</strong> <strong>die</strong> Rechtsordnung, <strong>die</strong> sich mit<br />
den herrschenden Römern arrangiert haben – sie fühlen ihre<br />
Ordnung durch Jesu Botschaft in Gefahr. Sie wollen ihr System<br />
nicht durch Provokateure hinterfragt wissen. Sie wollen auf Basis<br />
ihres Rechtssystems Jesus zu Fall bringen, zum Schweigen<br />
– wenn er sich nicht an das Gesetz hält, haben sie das Recht ihn<br />
auszuschließen, in anzuklagen, zu verurteilen – er verliert seine<br />
Legitimation. Sie lassen dabei nicht locker auch als Jesus sie zu<br />
ignorieren versucht. Es geht den Schriftgelehrten und Pharisäern<br />
dabei jedoch nicht um <strong>die</strong> Frau – <strong>die</strong> sie in <strong>die</strong> Mitte stellen – was<br />
SIE in <strong>die</strong> Mitte stellen ist das Unrecht der Frau bzw. ihr Recht auf<br />
das sie sich berufen. Sie wissen sich im Recht und wollen auf <strong>die</strong>ser<br />
Basis Jesus überführen. Dass <strong>die</strong>ses Recht in dem Fall den<br />
grausamen Tod einer Frau bedeutet, scheint den Anklägern ziemliche<br />
nebensächlich.<br />
5<br />
Das jüdische Rechtssystem basiert wie jedes Rechtssystem auf<br />
gesellschaftliche Vereinbarungen: Normen und Gesetze <strong>die</strong> notwendig<br />
sind, um das Zusammenleben zu regeln. Recht muss aber<br />
nicht automatisch heißen, dass es Gerechtigkeit schafft bzw.<br />
dem Leben <strong>die</strong>nt.
Auch in unserem modernen Rechtsstaat gibt es leider immer wieder<br />
genügend fragliche Rechtsauslegungen. Wenn z. B. Mit dem<br />
Schlagwort „Recht muss Recht bleiben“ Menschen abgeschoben<br />
werden oder wenn im Namen des Rechts fleißig abkassiert wird<br />
„<strong>die</strong> Abfertigung steht mir rechtens zu, auch wenn Millionen verspekuliert<br />
wurden“.<br />
Das ist das Ergebnis, wenn unser Blick sich nur auf das Recht<br />
fokussiert und Werte wie Menschlichkeit oder Verhältnismäßigkeit<br />
verloren gehen. Letztlich führt ein Rechtssystem auch immer<br />
wieder zu Schwarz-Weiß-Denken, zu Gut-Böse-Kategorien<br />
mit Folge von Feindschaft und Gewalt. Wie oft wird im Namen des<br />
Rechts eine Waffe in <strong>die</strong> Hand genommen?<br />
6<br />
Jesus lenkt in seinem Tun den Blick weg von der „Rechtsgerechtigkeit“<br />
hin in Richtung einer „Herzensgerechtigkeit“. Für<br />
ihn steht nicht <strong>die</strong> „Rechts-“ bzw. Unrechtssituation der Frau im<br />
Mittelpunkt. Für Jesus steht <strong>die</strong> Frau mit ihrer Bedürftigkeit, mit<br />
ihren Nöten im Mittelpunkt.<br />
Was braucht <strong>die</strong>se Frau, <strong>die</strong> ein Unrecht begangen hat – sie<br />
braucht Vergebung um leben zu können. In der Änderung der<br />
Blickrichtung durchbricht Jesus das Schwarz-Weiß-Denken. Diese<br />
Haltung <strong>die</strong> Jesus hier zeigt ist zu tiefst „solidarisch“ – den<br />
Blick darauf zu richten wo <strong>die</strong> Sorgen, Nöte, Bedrohungen des Lebens<br />
liegen – <strong>die</strong>se Haltung ermöglicht Leben, gutes Leben trotz<br />
täglichem Scheitern.<br />
Bei unserer Auseinandersetzung im letzten halben Jahr in KAB<br />
und Betriebs seelsorge ist uns genau das als <strong>die</strong> zentrale Qualität<br />
von Solidarität bewusst geworden. Gesellschaftliches Leben,<br />
gutes Zusammenleben von Menschen ist nur durch Solidarität<br />
möglich. Es braucht den Blick auf <strong>die</strong> Bedürfnisse der Schwächeren,<br />
damit auch sie ein gutes Leben führen können. Wir haben<br />
in vielen Bereichen noch einen gut funktionierenden Sozialstaat,<br />
der einen grundlegenden Ausgleich schafft, doch erspart uns <strong>die</strong>se<br />
„institutionelle Solidarität“ nicht, dass wir tagtäglich unseren<br />
Blick schärfen. Den Blick darauf, was nötig ist, damit „gutes Leben“<br />
aller gelingen kann, wer unserer Hilfe, unserer Zuwendung<br />
bedarf. Wenn <strong>die</strong>s gelingt, so können wir von einer „soliden“ Basis<br />
unserer Gesellschaft sprechen. Solidarität kommt in seiner<br />
Wortwurzel von solide – fest, stark.<br />
In der Bibelstelle gelingt durch Jesu Blick und in der Konfrontation<br />
seiner Ankläger <strong>die</strong> „Not-wendende“ Entwicklung. Durch Jesu<br />
Aufforderung „Wer von euch ohne Unrecht ist, werfe den ersten<br />
Stein“ hinterfragt er unser Rechtssystem und zeigt jedem seiner
Ankläger und allen Anwesenden: „Jede und jeder ist Täter/in und<br />
Opfer“. Jesus verdeutlicht den Menschen, dass wir alle immer<br />
wieder Unrecht tun und deshalb der Vergebung bedürfen. Dadurch<br />
gelingt es <strong>die</strong> tödliche Verstrickung des Rechts/Unrechtsdenkens<br />
zu durchbrechen.<br />
Die Menschen gehen weg – <strong>die</strong> Ältesten zuerst – sie haben wahrscheinlich<br />
am schnellsten begriffen wie sehr Vergebung Not tut.<br />
Sie gehen weg und haben ihre Lektion bekommen.<br />
Wir alle tun und erleben immer wieder Unrecht. Solidarität bedeutet<br />
<strong>die</strong>se Basis des Rechts – der Rechtsgerechtigkeit zu verlassen<br />
und den Blick frei zu bekommen auf das was der/<strong>die</strong> andere<br />
braucht. In <strong>die</strong>ser Haltung kann Heilung geschehen – dann kann<br />
gutes Leben gelingen.<br />
Am Ende der Bibelstelle bleibt Jesus allein mit der Frau zurück.<br />
Niemand ist mehr da, der sie anklagt, auch Jesus klagt sie nicht<br />
an, sondern entlässt sie mit der Aufforderung zur Umkehr.<br />
7<br />
Ich wünsche uns, dass uns der Blick auf <strong>die</strong> Bedürfnisse unserer<br />
Nächsten erhalten bleibt und so unser Zusammenleben von einem<br />
solidarischen Miteinander getragen ist.
mehr.wert<br />
Fürbitten<br />
Guter Gott, mit Vertrauen und Zuversicht bringen wir unsere Bitten<br />
zu dir:<br />
8<br />
1. Wir beten <strong>für</strong> Verantwortungsträgerinnen und -träger in<br />
unserer Kirche und in unserer Gesellschaft: Lass sie in ihren<br />
Entscheidungen immer bedacht sein auf das Wohl der Schwächeren.<br />
Christus, höre uns.<br />
2. Wir beten <strong>für</strong> alle Menschen, <strong>die</strong> unter den Entscheidungen<br />
anderer oder unter ungerechten Strukturen zu leiden haben:<br />
Lass sie Wege finden zur friedlichen Veränderung ihrer<br />
Situation. Christus, höre uns.<br />
3. Wir beten <strong>für</strong> alle Menschen, <strong>die</strong> an den Rand der Gesellschaft<br />
oder einer anderen Gemeinschaft gedrängt wurden. Lass sie<br />
niemals unbegleitet sein und lass sie <strong>die</strong> Solidarität anderer<br />
Menschen erfahren. Christus, höre uns.<br />
4. Wir beten <strong>für</strong> uns selber: Gib uns den Mut, Entscheidungen<br />
zu treffen, <strong>die</strong> notwendig sind und begleite uns in der Entscheidungsfindung<br />
mit deinem Geist. Christus, höre uns.<br />
5. Wir beten <strong>für</strong> alle Verstorbenen der KAB und Betriebsseelsorge.<br />
Lass ihre Werke weiterwirken und sei du ihnen <strong>die</strong> Erfüllung<br />
ihres Lebens. Christus, höre uns.<br />
Du allein, Gott, hast <strong>die</strong> Kraft, Menschen im Innersten zu bewegen<br />
und zu verändern. Höre und erhöre unser Gebet durch Christus<br />
unseren Herrn. Amen.
Gottes<strong>die</strong>nstvorschlag<br />
„Solidarität“<br />
KAB-Messe zum Thema „Solidarität“<br />
in Gallneukirchen am 1. Mai 2011<br />
(2. Sonntag nach Ostern)<br />
Bibelstellen: Lev 6,1-5 und Joh 6,1-15<br />
Predigt: Kaplan Michael Münzner, Gallneukirchen<br />
Eröffnungslied: Überall weht Gottes Geist<br />
Bußakt:<br />
Uns sind <strong>die</strong> Voraussetzungen geschenkt, auf <strong>die</strong>ser Erde ein<br />
gutes Leben führen zu können. Unsere Verantwortung ist es, <strong>die</strong><br />
uns geschenkten Güter gerecht und solidarisch zu verteilen.<br />
In dem System, in dem wir leben, funktioniert <strong>die</strong>se Verteilung<br />
über Steuern und einen Staat, der Strukturen zur Verfügung<br />
stellt.<br />
Dieser Wert einer bedingungslosen Solidarität zwischen allen ist<br />
in Gefahr, wenn Egoismus und Eigennutzen vorherrschen.<br />
9<br />
Lied: Meine engen Grenzen<br />
Der allmächtige Gott schenke uns sein Erbarmen. Er nehme<br />
alles von uns, was unseren Blick <strong>für</strong> <strong>die</strong> Bedürfnisse und Nöte<br />
unserer Mitmenschen verstellt und ein gerechtes Miteinander<br />
behindert, damit wir an seinem Reich mitbauen können.<br />
Tagesgebet:<br />
Gott, du bist Gerechtigkeit und stehst auf der Seite derer, <strong>die</strong><br />
arm sind und <strong>die</strong> Sorge ihrer Mitmenschen brauchen.<br />
Lass uns hungern und dürsten nach einer Welt, wo alle gesättigt<br />
und aufrecht gehen können. Darum bitten wir durch Christus,<br />
unseren Herrn.<br />
Lesung: Lev 15,35-38<br />
Antwortgesang: Wir erwarten einen neuen Himmel
Evangelium: Joh 6,1-15<br />
Predigt: Kaplan Michael Münzner, Gallneukirchen<br />
„Solidarität ist das Zusammengehörigkeitsgefühl, das praktisch<br />
werden kann und soll.“ So definierte der deutsche Soziologe<br />
Alfred Vierkandt den Begriff „Solidarität“. Wer solidarisch ist,<br />
der fühlt sich demnach anderen verbunden und weiß sich in Gemeinschaft<br />
mit den Ideen, Aktivitäten und Zielen anderer.<br />
10<br />
Wenn wir in der Bibel auf <strong>die</strong> Suche nach dem Begriff „Solidarität“<br />
gehen, so werden wir zunächst einmal nicht fündig, obwohl es<br />
<strong>die</strong>sen Begriff sogar schon im römischen Recht im Zusammenhang<br />
mit Haftungsfragen in Schadensfällen gab. Ist „Solidarität“<br />
also kein Thema <strong>für</strong> uns Christen/Christinnen? Bestimmt nicht!<br />
Denn auch wenn <strong>die</strong>ser Begriff in der Bibel nicht explizit vorkommt,<br />
so begegnet uns das, was Solidarität meint, auf Schritt<br />
und Tritt durch <strong>die</strong> ganze heilige Schrift. In zahlreichen Aufforderungen<br />
und Handlungsanleitungen wird schon im Ersten Testament<br />
deutlich, dass Solidarität als ein Grundprinzip menschlichen<br />
Zusammenlebens zu verstehen ist.<br />
Für <strong>die</strong> Israeliten war <strong>die</strong> Grundlage jeglichen solidarischen Handelns<br />
<strong>die</strong> Befreiung aus der Knechtschaft Ägyptens und <strong>die</strong> Inbesitznahme<br />
des Landes, in das sie Gott geführt hat. Sie haben Gott<br />
als den erfahren, der ihr Schreien gehört und sich mit ihrer Not solidarisch<br />
erklärt hat. Er hat sich auf ihre Seite gestellt und sie aus<br />
der Unterdrückung in <strong>die</strong> Freiheit geführt. „Ich bin der Herr, euer<br />
Gott, der euch aus Ägypten herausgeführt hat, um euch Kanaan<br />
zu geben und euer Gott zu sein.“ (Lev 25,38) Diese Befreiungserfahrung<br />
stellte <strong>für</strong> das Volk Israel immer wieder <strong>die</strong> Grundlage<br />
<strong>für</strong> den Entwurf von Gesellschaftsordnungen dar, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Erhaltung<br />
der erworbenen Freiheit <strong>für</strong> jeden und jede Einzelne zum Ziel<br />
hatten. Armut galt dabei als Schande <strong>für</strong> <strong>die</strong> Gesellschaft. Deshalb<br />
versuchte man Armut erst gar nicht entstehen zu lassen.<br />
Eine Regelung war das sogenannte Sabbat- und Jubeljahr,<br />
aus dessen Bestimmungen wir heute in der Lesung<br />
den Abschnitt über das Zinsverbot gehört haben.<br />
Der Hauptgedanke ist, dass das Land Gott gehört und dass der Wert<br />
eines Landes sich nach dem zu erwartenden Ertrag der Ernten<br />
bemisst. Wer sich Grund kauft, kauft nicht das Land, sondern das<br />
Recht, <strong>die</strong>ses Land zu bearbeiten und <strong>die</strong> Erträge zu erwirtschaften.<br />
Jedes siebte Jahr soll als ein Sabbatjahr gehalten werden, wo<br />
das Land Sabbat, Ruhezeit „zur Ehre des Herrn“ (Lev 25,4) hält.<br />
Wenn man bedenkt, dass heute <strong>die</strong> reichen Industrienationen<br />
und Großkonzerne ganze Landstriche in Ländern wie Afrika kaufen,<br />
das Land also <strong>für</strong> immer der Verfügung der Bewohner/innen
<strong>die</strong>ser Länder entzogen wird und sie damit nicht mehr das Lebensnotwendige<br />
anbauen können, erscheint der Gedanke revolutionär,<br />
nur Ernten und nicht das Land zu verkaufen.<br />
Gesteigert wird das dann auch noch durch <strong>die</strong> Regelungen<br />
des Jubeljahres nach sieben mal sieben Jahren, das<br />
den Versuch darstellt, <strong>die</strong> soziale Gleichstellung der Israeliten<br />
wiederherzustellen. Jeder soll in jedem 50. Jahr<br />
wieder zu seinem Grundeigentum zurückkehren können.<br />
Die Idee dahinter ist eine, von der wir heute wohl sehr weit weg<br />
sind, nämlich <strong>die</strong> Anhäufung von immer mehr Eigentum der einen<br />
und <strong>die</strong> immer größer werdende Armut der anderen zu verhindern<br />
bzw. <strong>die</strong>se wieder auszugleichen. Denn jeder und jede bekommt<br />
ja in einem Jubeljahr <strong>die</strong> Chance, sein Leben der Freiheit, das Gott<br />
geschenkt hat, wiederzuerlangen. In <strong>die</strong>sem 50. Jahr werden<br />
deshalb Schulden erlassen, Sklaven und Gefangene freigelassen<br />
und <strong>die</strong> ursprünglichen Besitzverhältnisse wieder hergestellt.<br />
Denn „dein Bruder und deine Schwester sollen neben dir leben<br />
können“ (Lev 25,36). Das ist doch in anderen Worten genau das,<br />
was Solidarität meint. Denn wenn ich meine Mitmenschen als<br />
Brüder oder Schwestern ansehe und es mir Sorgen bereitet, ob<br />
sie leben können, dann verhalte ich mich wahrhaft solidarisch.<br />
11<br />
Wir haben das Glück, in einem Sozialstaat moderner Prägung<br />
zu leben, wo versucht wird, durch <strong>die</strong> Einhebung von Steuern<br />
<strong>die</strong>sen Ausgleich zwischen Bevölkerungsgruppen und<br />
deren Bedürfnissen und Problemlagen herzustellen. Und<br />
trotzdem geht auch in Österreich <strong>die</strong> Schere zwischen Arm<br />
und Reich immer weiter auseinander, nicht zuletzt deshalb,<br />
weil wir in einer Gesellschaft leben, wo das Zusammengehörigkeitsgefühl<br />
brüchig geworden und Geiz geil geworden ist<br />
und das individuelle Glück immer mehr im Vordergrund steht.<br />
Die Sicherung der Lebensgrundlagen aller, muss auch uns heute<br />
und insbesondere uns Christen/innen ein Anliegen sein. Eine<br />
Möglichkeit dazu wäre ein bedingungsloses Grundeinkommen,<br />
von dem vor einigen Wochen der Theologe und Sozialwissenschaftler<br />
Dr. Markus Schlagnitweit in einem Vortrag bei uns<br />
im Pfarrhof gesprochen hat. Ein solches Grundeinkommen <strong>für</strong><br />
alle würde unsere Gesellschaft, wo Ansehen und sozialer Status<br />
wesentlich von der Erwerbsarbeit abhängig ist, radikal<br />
verändern. Denn so würden auch Leistungen von Menschen<br />
honoriert, <strong>die</strong> nach wie vor nicht entlohnt werden, <strong>für</strong> das Wohl<br />
der Gesellschaft aber unerlässlich sind wie z. B. <strong>die</strong> Leistungen<br />
von Eltern in Haushalt und Kindererziehung, von Pflege<br />
von Angehörigen daheim und das Engagement im Ehrenamt.<br />
Ein bedingungsloses Grundeinkommen wäre ein wesentlicher<br />
Beitrag dazu, dass Mitmenschen neben uns nicht unbemerkt<br />
verarmen, sondern leben können. – Und zwar nicht<br />
nur in materieller Hinsicht, sondern auch dadurch, dass ih-
12<br />
nen Ansehen und Wertschätzung geschenkt wird, wie Jesus<br />
es auch in der Brotvermehrung gemacht und vorgezeigt hat.<br />
Er lässt <strong>die</strong> Menschen sich setzen und stiftet damit Gemeinschaft.<br />
Im Markusevangelium heißt es sogar, dass sich <strong>die</strong><br />
vielen Menschen in Kleingruppen von 50 und 100 zusammengesetzt<br />
haben. Es sind Gruppengrößen, wo man noch alle gut<br />
sehen, kennenlernen und wirklich wahrnehmen kann. Das ist<br />
offenbar eine Voraussetzung da<strong>für</strong>, dass Menschen wirklich<br />
satt werden können. Das Angesicht des anderen drängt mich<br />
förmlich, mit ihm das zu teilen, was ich habe. Brot wird erst zum<br />
Leben, wenn es geteilt wird, hat Bert Brecht einmal gesagt.<br />
Solidarisch sein heißt deshalb, eine Praxis des Miteinanders<br />
zu leben, <strong>die</strong> also nicht nur auf der Gefühlsebene bleibt,<br />
sondern auch in konkreten Taten sichtbar werden muss.<br />
Wo Leben geteilt wird, entsteht Gemeinschaft und wird Leben<br />
mehr, weil das Miteinander gestärkt wird, Menschen aufeinander<br />
schauen und ihre Verbundenheit konkret erfahrbar machen.<br />
Mühen deshalb auch wir uns als solidarische Menschen zu leben.<br />
Amen.<br />
Fürbitten:<br />
Jesus hat uns ein Beispiel gegeben, dass wir <strong>für</strong>einander da sein<br />
und solidarisch handeln sollen. Deshalb bitten wir:<br />
1) Solidarität erfordert Verantwortung.<br />
Gerne schieben wir <strong>die</strong> Verantwortung <strong>für</strong> unsere Gesellschaft<br />
auf Staat und politische Parteien. Lass uns erkennen,<br />
dass wir alle Teil der Gesellschaft sind und jeder einzelne/<br />
jede einzelne da<strong>für</strong> Verantwortung trägt.<br />
2) Solidarität erfordert Mut.<br />
Wir sind oft gefangen in den gewohnten und althergebrachten<br />
Verhaltensmustern. Dabei ist es notwendig, uns auf<br />
Neues einzulassen. Gib uns den Mut aufzustehen und unsere<br />
Trägheit abzuschütteln.<br />
3) Solidarität erfordert Ausdauer.<br />
Wir haben viele Vorsätze und bringen sie zu keinem guten<br />
Ende. Gib uns Ausdauer, damit wir unsere Vorhaben auch<br />
verwirklichen können.<br />
4) Solidarität erfordert Vertrauen.<br />
Wir fühlen uns alleine, wenn wir unseren Schwestern und<br />
Brüdern helfen wollen. Gib uns das Vertrauen, dass wir gemeinsam<br />
eine bessere Welt gestalten können.
Herr und Gott, du stehst auf der Seite der Armen und Schwachen,<br />
der Ausgegrenzten und Leidenden. Stärke unseren Zusammenhalt<br />
und lass uns Wege finden, wie ein gerechtes und gutes Leben<br />
<strong>für</strong> alle Wirklichkeit wird. Darum bitten wir durch Christus,<br />
unseren Herrn.<br />
Lied zur Gabenbereitung: Wenn wir das Leben teilen<br />
Sanctus: Heilig bist du<br />
Lied zur Kommunion: Ich singe <strong>für</strong> <strong>die</strong> Mutigen<br />
Text nach der Kommunion:<br />
Solidarität 13, 1-13<br />
1<br />
Wenn ich in Sprachen der Menschen und Boten rede,<br />
Solidarität aber nicht habe,<br />
bin ich ein schepperndes Blech, eine lärmende Zimbel.<br />
2<br />
Und wenn ich Prophetie habe,<br />
alle Geheimnisse weiß und alle Erkenntnis,<br />
und wenn ich alles Vertrauen habe, Berge zu versetzen,<br />
Solidarität aber nicht habe,<br />
bin ich ein Nichts.<br />
3<br />
Und wenn ich all meine Habe zur Speisung gebe,<br />
und wenn ich meinen Leib ausliefere,<br />
dass ich gerühmt werde,<br />
Solidarität aber nicht habe,<br />
nützt es mir nichts.<br />
4<br />
Die Solidarität hat einen langen Atem.<br />
Wertvoll erweist sich <strong>die</strong> Solidarität,<br />
nicht eifert sie,<br />
nicht prahlt <strong>die</strong> Solidarität,<br />
nicht bläst sie sich auf,<br />
5<br />
nicht legt sie bloß,<br />
nicht sucht sie das Ihre,<br />
nicht lässt sie sich anstacheln,<br />
nicht rechnet sie das Böse an,<br />
6<br />
nicht freut sie sich über <strong>die</strong> Ungerechtigkeit,<br />
sie freut sich aber mit der Wahrhaftigkeit.<br />
7<br />
Alles erträgt sie,<br />
allem vertraut sie,<br />
alles hofft sie,<br />
allem hält sie stand.<br />
8<br />
Die Solidarität fällt niemals aus.<br />
Prophetien? Sie werden verschwinden.<br />
Sprachen? Sie werden aufhören.<br />
Erkenntnis? Sie werden verschwinden.<br />
9<br />
Denn bruchstückhaft erkennen wir,<br />
13
uchstückhaft reden wir prophetisch.<br />
10<br />
Wenn aber das Vollkommene kommt,<br />
wird das Bruchstückhafte verschwinden.<br />
11<br />
Als ich noch unmündig war,<br />
redete ich wie ein Unmündiger,<br />
dachte wie ein Unmündiger,<br />
überlegte wie ein Unmündiger.<br />
Als ich Mann wurde, ließ ich das Unmündige verschwinden.<br />
12<br />
Denn wir sehen jetzt durch einen Spiegel, rätselhaft,<br />
dann aber Angesicht zu Angesicht.<br />
Ich erkenne jetzt bruchstückhaft,<br />
dann aber werde ich genau erkennen,<br />
wie auch ich genau erkannt wurde.<br />
13<br />
Nun also bleibt:<br />
Vertrauen, Hoffnung, Solidarität, <strong>die</strong>se drei.<br />
Die größte von ihnen: <strong>die</strong> Solidarität.<br />
14<br />
Danklied: Brot und Rosen<br />
Segen:<br />
Gott,<br />
weil <strong>die</strong> Liebe Christi uns treibt,<br />
kümmern wir uns<br />
um Arbeitslose und Verlierer,<br />
sind wir denen nahe,<br />
<strong>die</strong> ohne Perspektive sind.<br />
Halte unseren Glauben lebendig,<br />
dass wir wirksam sind in <strong>die</strong> Welt hinein:<br />
<strong>für</strong> eine Gesellschaft auf dem Fundament der Gerechtigkeit,<br />
<strong>für</strong> Arbeit und Einkommen <strong>für</strong> alle,<br />
<strong>für</strong> <strong>die</strong> Gleichstellung von Frauen,<br />
Lebensraum <strong>für</strong> <strong>die</strong> Kinder<br />
und Gemeinwohl vor Eigennutz.<br />
(nach: Anna Wall-Strasser)<br />
Dazu segne uns der allmächtige Gott, der Vater, der Sohn und der<br />
Heilige Geist.<br />
Lied zum Auszug: Möge der Segen Gottes
Solidarität bringt‘s<br />
Predigt am Tag der Arbeit<br />
1. Mai 2011 (2. Sonntag nach Ostern)<br />
Bibelstelle: (= Evangelium vom Tag) Joh 20,19-31<br />
Autor: Hans-Georg Pointner<br />
Vorbemerkung:<br />
Der 1. Mai fällt 2011 auf einen Sonntag, das bedeutet <strong>für</strong> Arbeitnehmer/innen<br />
einen arbeitsfreien Tag weniger und <strong>für</strong> Schichtler<br />
(4-/5-Schicht) weniger Zuschläge.<br />
Zugleich ist <strong>die</strong>ser Sonntag der Weiße Sonntag bzw. der Sonntag<br />
der göttlichen Barmherzigkeit und es ist der Tag der Seligsprechung<br />
Johannes Paul II.<br />
15<br />
Liebe Frauen und Männer!<br />
Dieser Apostel Thomas ist eine etwas eigenartige Gestalt – im<br />
ganzen Evangelium hört man nichts von ihm, erst ganz am<br />
Schluss, als schon alles vorbei zu sein scheint, hat er seinen<br />
Auftritt. Er wird oft der „ungläubige“ Thomas genannt, aber<br />
eigentlich ist er mir sympathisch: Er gibt uns allen, <strong>die</strong> wir Jesus<br />
nicht mit den eigenen Augen gesehen haben, <strong>die</strong> Chance, an seinem<br />
Sterben und Leben teilzuhaben und an <strong>die</strong> Kraft der Liebe<br />
und der Solidarität zu glauben.<br />
Auf den ersten Blick verhält sich Thomas eher unsolidarisch, er<br />
vertraut seinen Freunden/innen und Kollegen/innen nicht, er<br />
kann nicht glauben, was sie sagen. Es ist natürlich auch vollkommen<br />
absurd und unvorstellbar, dass Jesus, der am Kreuz<br />
gestorben ist, den sie begraben haben, dass <strong>die</strong>ser Jesus ihnen<br />
leibhaftig erschienen ist. Thomas will „Beweise“, er will Jesus<br />
selbst sehen, ja sogar seine Finger in <strong>die</strong> Wunden Jesu legen –<br />
das klingt auch sehr eigenartig, wenn man sich das so vorstellt:<br />
mit den Fingern (ohne Einweghandschuhe) eine offene Wunde<br />
zu berühren.<br />
Im übertragenen Sinn kennen wir das schon, besonders dort wo<br />
es Konkurrenz, Rivalitäten und Machtkämpfe gibt, dass man<br />
<strong>die</strong> Verwundungen, <strong>die</strong> Schwächen eines anderen öffentlich<br />
anspricht, um ihn zu demütigen und fertig zu machen. Manche<br />
sind vielleicht „nur“ völlig unsensibel, wenn sie so etwas tun,
andere machen das ganz bewusst, dass sie ihren Finger dorthin<br />
legen, wo es besonders weh tut.<br />
Z. B. wenn jemand krank wird, weil er/sie zu viel gearbeitet hat,<br />
auch Arbeiten übernommen hat, weil ein/e andere/r ausgefallen<br />
ist (wegen Krankheit oder Karenz) – wenn <strong>die</strong>ser Mensch dann<br />
zu hören bekommt, dass er/sie eigentlich selbst schuld daran<br />
ist, dass es soweit gekommen ist: Hätte er/sie sich auf „das<br />
Wesentliche“ konzentriert, hätte er/sie ein besseres „Zeitmanagement“<br />
...<br />
Und das hat mit Solidarität zu tun, wenn man sich den Schwachen,<br />
den „Ver-sagern“ (Nein-sagern) gegenüber nicht gleichgültig<br />
verhält, wenn es einem nicht „wurscht“ ist, wie es der/m<br />
Kollegen/in geht.<br />
16<br />
Wir in der Kath. Arbeitnehmer/innen Bewegung und in der Betriebsseelsorge<br />
behaupten: Solidarität bringt‘s!<br />
„No na net“! Das ist doch ganz logisch. Wie soll denn <strong>die</strong> Zusammenarbeit<br />
und das Zusammenleben funktionieren, wenn jede/r<br />
nur auf seinen/ihren eigenen Vorteil bedacht ist, auf andere<br />
keine Rücksicht nimmt? Wenn es nur mehr darum geht, wie<br />
viele Kosten eine Arbeitskraft verursacht und wie man Gewinne<br />
und Renditen weiter erhöhen kann und wenn <strong>für</strong> das Zwischenmenschliche<br />
am Arbeitsplatz keine Zeit mehr bleibt?<br />
Wenn wir sagen: Solidarität bringt‘s – widersprechen wir aber<br />
dem Zeitgeist. Wir bekommen immer wieder zu hören:<br />
Geiz bringt‘s! Flexibilität bringt‘s! Schnelligkeit bringt‘s! Abgrenzung<br />
bringt‘s! Ellbogentechnik bringt‘s! ...<br />
Die Versuchung ist groß jetzt stundenlang über den Niedergang<br />
einer Kultur des Miteinanders zu klagen, zu jammern und Schuldige<br />
da<strong>für</strong> zu suchen oder zu moralisieren (mit dem Zeigefinger:<br />
Wenn du nicht solidarisch bist ...!).<br />
Wenn wir sagen: Solidarität bringt‘s – dann klingt das so, als<br />
wollten wir einen alten Ladenhüter anpreisen.<br />
Wir wollen damit vielmehr Menschen ermutigen einander beizustehen,<br />
in schweren Zeiten zusammen zu halten statt auseinander<br />
zu laufen.<br />
Wir wollen Menschen stärken, <strong>die</strong> sich <strong>für</strong> andere einsetzen und<br />
gerade deswegen Ablehnung und Widerstand erfahren.<br />
Wir wollen Menschen ermutigen, ihren eigenen Wahrnehmungen<br />
und Gefühlen zu vertrauen und dass sie auszusprechen wagen,<br />
was ihnen am Herzen liegt.<br />
Wir wollen Menschen darin bestärken, Verantwortung <strong>für</strong> ihr eigenes<br />
Leben und <strong>für</strong> das Gemeinwohl zu übernehmen und „sich<br />
in ihre eigenen Angelegenheiten einzumischen“ (Erwin Leitner),<br />
statt <strong>die</strong> ganze Verantwortung auf Manager oder Politiker abzuschieben.
Ich bin (auch mit meinen 40 Jahren) noch so naiv zu glauben,<br />
dass jeder Mensch ein Herz hat und Mitgefühl empfinden kann,<br />
dass jeder Mensch ein Hirn und einen Hausverstand hat um erkennen<br />
zu können, was gut und was Not wendend ist, dass jeder<br />
Mensch Hände hat, <strong>die</strong> teilen können, <strong>die</strong> anpacken können, <strong>die</strong><br />
auch zärtlich trösten können.<br />
Ich wünsche mir und uns allen heute etwas vom „Mut“ des Apostels<br />
Thomas – Menschen mit Verwundungen sehen und ansehen<br />
zu können und an das Leben durch den Tod hindurch glauben zu<br />
können.<br />
17
SOZIALREFERAT DER DIÖZESE LINZ<br />
Sozialpredigthilfe 280/11<br />
Predigt zum 15. Sonntag im Jahreskreis A 2011<br />
Z‘weng und z‘vü<br />
Autor: Rupert Granegger<br />
Evangelium: MT 13, 1-9<br />
18<br />
PREDIGT<br />
„Z‘wenig und Z‘vü, is en Naarn ean Ziel!“ (Zuwenig und zuviel,<br />
das ist der Narren Ziel!) In <strong>die</strong>sem alten Sprichwort verdichtet<br />
sich <strong>die</strong> Erfahrung, dass gelingendes Leben das rechte<br />
Maß braucht. Schon <strong>die</strong> griechischen Philosophen Platon und<br />
Aristoteles hielten das „Maßhalten“ <strong>für</strong> eine Kardinaltugend,<br />
ja sie war sogar <strong>die</strong> Voraussetzung <strong>für</strong> alle anderen Tugenden.<br />
Denn durch Übertreibung und Maßlosigkeit kann es zur<br />
Untugend werden. „Sophrosyne“ nannten <strong>die</strong> Griechen <strong>die</strong>se<br />
gute Eigenschaft, <strong>die</strong> als „temperantia“ auch ins Lateinische<br />
und in <strong>die</strong> christliche Tradition Eingang fand. Es geht also darum,<br />
in allem den richtigen Mittelweg zu finden. Überschuss<br />
und Mangel sind demnach keine erstrebenswerten Ziele.<br />
Die Wirklichkeit fordert in <strong>die</strong>ser Hinsicht gehörig heraus. Zuviel<br />
und Zuwenig beschäftigen uns beinahe jeden Tag. Es beginnt<br />
schon beim Wetter – vom Essen ganz zu schweigen. Während es<br />
den einen zu heiß ist, empfinden andere es als ständig zu kalt.<br />
Den einen ist der Regen schon zu viel, <strong>die</strong> anderen sehnen sich<br />
dringlich danach. Unsere ganze Welt steht in einer ungeheuren-<br />
Spannung zwischen Arm und Reich, zwischen Hunger und Überfluss<br />
– <strong>die</strong> Gegensatzpaare könnten lange weitergeführt werden.<br />
Jesus knüpft in seiner Rede über den Sämann an <strong>die</strong>ser Realität<br />
an und nimmt sie als Hintergrund <strong>für</strong> seine Deutung. Das Aussäen<br />
ist eine Arbeit, <strong>die</strong> nicht vom Gedanken der Sparsamkeit<br />
geprägt sein darf. Denn der Sämann weiß, dass ein gewisser Teil<br />
– je nach Gebiet und Bodenbeschaffenheit – als Verlust einzuplanen<br />
ist. Im Gleichnis fällt <strong>die</strong>ser Teil ziemlich hoch aus.
ist ein Viertel der gesamten Aussaat. Mag sein, dass <strong>die</strong>s den<br />
Bodenverhältnissen im damaligen Galiläa entsprach. Heute würde<br />
das Verhältnis wohl anders sein. Und dennoch: das Ergebnis<br />
ist überwältigend. Es gibt Frucht teils hundertfach, teils sechzigfach,<br />
teils dreißigfach. Trotz des geringen Fruchtbarkeitsanteiles<br />
gibt es keinen Mangel. Hier wird deutlich, dass Jesus in<br />
seiner Verkündigung und wohl auch in seinen sozialpolitischen<br />
Vorstellungen geprägt war von der sogenannten Ökonomie der<br />
Fülle 1 . Diese geht davon aus, dass Gott wie ein guter Ökonom<br />
<strong>für</strong> <strong>die</strong> reichliche Ausstattung der Schöpfung mit Gütern schon<br />
gesorgt hat. Trotz vieler Widerstände gibt es ein Genug <strong>für</strong> alle.<br />
Ja mehr noch: sechs Tage Arbeit reichen, damit am siebten Tag<br />
frei gemacht werden kann, nach sechs Jahren Arbeit gibt es so<br />
viel, dass ein Sabbatjahr eingelegt werden kann. Dies gilt <strong>für</strong> den<br />
materiellen wie auch <strong>für</strong> den geistigen Bereich. Die Ökonomie<br />
der Moderne steht dazu in krassem Gegensatz. Sie geht von der<br />
Grundannahme aus, dass <strong>die</strong> Güter begrenzt und <strong>die</strong> Bedürfnisse<br />
der Menschen grenzenlos sind. Daher braucht es das ständige<br />
Wachstum und gleichzeitig das strikte Sparen, um <strong>die</strong> Grenzenlosigkeit<br />
der Ansprüche befriedigen zu können. Man spricht es zwar<br />
kaum offen aus, aber <strong>die</strong> Habgier ist ein Teil <strong>die</strong>ses Systems! Den<br />
Widerspruch zwischen <strong>die</strong>sen beiden Denkansätzen bringt ein<br />
Slogan des österreichischen Armutsnetzwerkes treffend auf den<br />
Punkt: Die Erde hat genug <strong>für</strong> <strong>die</strong> Bedürfnisse aller, aber zu wenig<br />
<strong>für</strong> <strong>die</strong> Gier einiger Weniger.<br />
19<br />
Das Gleichnis vom Sämann und seine Deutung ist <strong>für</strong> mich eine<br />
Ermutigung, in der materiellen und in der geistigen Arbeit von<br />
einer Ökonomie der Fülle auszugehen. Weniges bewirkt viel. Der<br />
äußere und zahlenmäßige Erfolg kann und darf nicht immer das<br />
Maß der Dinge sein. Gelassenheit und Vertrauen – natürlich niemals<br />
als zynisches Wegschauen oder Verdrängen von Problemen<br />
– sind Grundhaltungen der Arbeit im Reich Gottes. Ebenso ist das<br />
Evangelium aber auch eine kritische Anfrage an unseren konkreten<br />
gelebten Kapitalismus und meine eigene Positionierung<br />
darin. Gegen <strong>die</strong> eigene Kleinheit und Machtlosigkeit in <strong>die</strong>sem<br />
System steht <strong>die</strong> Erfahrung, dass auch Kleines Großes bewirken<br />
kann.<br />
1 Franz Segbers, Der Sabbat und seine sozioökonomische Bedeutung: Die biblischen Wurzeln<br />
<strong>für</strong> sozialethische Fragen, in: Spes Christiana 18-19, 2007-2008, 23-27
Gottes<strong>die</strong>nstvorschlag<br />
„Solidarität - mehr wert“<br />
Gottes<strong>die</strong>nst zum Thema „Solidarität -<br />
mehr wert“ in Braunau am 22. April 2012<br />
Gestaltung: Treffpunkt mensch & arbeit Braunau<br />
Eingangslied: Anderes Osterlied<br />
20<br />
Kyrie:<br />
Gott, wir leben in einer verrückten Welt: Während sich ein Teil<br />
der Menschen zu Tode arbeitet, stehen <strong>die</strong> anderen arbeitslos<br />
da. Während <strong>die</strong> einen Spitzenlöhne kassieren, wissen<br />
<strong>die</strong> anderen nicht, wie sie sich im Leben durchbringen sollen.<br />
Gesungen: Herr erbarme dich unserer Zeit<br />
Herr Jesus Christus, du hast uns Mittel in <strong>die</strong> Hand gegeben,<br />
um eine gerechtere Welt zu gestalten. Die Hoffnung<br />
auf Fortschritt ist trügerisch. Jeden Schritt vorwärts<br />
begleitet zugleich eine neue Erschwernis.<br />
Gesungen: Herr erbarme dich unserer Zeit<br />
Gott, du hast <strong>die</strong> Welt als große Wohnung <strong>für</strong> alle deine Kinder gedacht.<br />
Wir sind stolz auf unsere Werke und bringen es doch nicht<br />
fertig, allen Menschen eine solide Lebensgrundlage zu schaffen.<br />
Gesungen: Herr erbarme dich unserer Zeit<br />
Tagesgebet:<br />
Gott, du Schöpfer der Welt, du hast den Menschen zum<br />
Schaffen und Wirken bestimmt. Auf <strong>die</strong> Fürsprache unseres<br />
Schutzpatrons der Arbeit des heiligen Josef, der mit seiner<br />
Hände Arbeit <strong>die</strong> Heilige Familie ernährte, gib uns Kraft<br />
und Ausdauer, damit wir deinen Auftrag auf Erden erfüllen.<br />
Darum bitten wir dich, in Jesus Christus, Amen.<br />
Lesung: Apg 3,12a.13-15.17-19<br />
Zwischengesang: Leben wird es geben<br />
Evangelium: Lk 24,35-48
Gedanken von Martina Lainer, Betriebsseelsorgerin<br />
Liebe Gemeinde!<br />
Wenn jetzt <strong>die</strong> Kirchentüre aufginge und der Auferstandene<br />
herein käme, wie würden wir reagieren? Ähnlich wie <strong>die</strong> Jünger<br />
vor 2000 Jahren? Würde Christus auch zu uns fragen: „Was seid<br />
ihr so bestürzt? Warum lasst ihr in eurem Herzen solche Zweifel<br />
aufkommen?“<br />
Was verbindet uns heute lebenden Christen und Christ/innen<br />
mit Jesus Jüngern und Jüngerinnen – <strong>die</strong> apostola apostolorum<br />
war immerhin eine Frau, Maria Magdalena, <strong>die</strong> erste Zeugin der<br />
Auferstehung Jesu Christi? Auch wir sind Zeuginnen und Zeugen,<br />
dass Jesus lebt, weil er auferstanden ist. Was bedeutet das<br />
<strong>für</strong> uns und unser Leben?<br />
Ich meine, aus den Berichten der Evangelien über <strong>die</strong> Begegnungen<br />
mit dem Auferstandenen können wir einiges ablesen:<br />
Zunächst braucht es Mut, wie ihn <strong>die</strong> Frauen und ganz besonders<br />
Maria Magdalena aufgebracht hatten, um in früher Stunde<br />
zum Grab zu gehen. Ihr Vertrauen in Jesus blieb über seinen<br />
Tod hinaus unerschütterlich. So wundert es nicht, dass sie <strong>die</strong><br />
ersten Auferstehungszeuginnen waren. Und Maria Magdalena<br />
den Herrn erkannte, als er sie beim Namen nannte.<br />
Die Emmausjünger machten sich enttäuscht auf den Heimweg.<br />
Sie brauchten viel Zeit und ein Zeichen, das ihnen vertraut war,<br />
um Jesus zu erkennen. Am Brechen des Brotes erkannten sie<br />
ihn.<br />
Der Zweifel eines Thomas ist uns heute nicht fremd. Wir wollen<br />
etwas zum Anfassen, wir wollen Gewissheit.<br />
Und <strong>die</strong> anderen Jünger, zu denen <strong>die</strong> Emausjünger gelaufen<br />
kommen mit ihrer guten Nachricht? Sie scheinen wenig von<br />
dem, was Jesus zu seinen Lebezeiten gesagt hat, verstanden<br />
zu haben, sodass er sie noch einmal unterweist. Ihre Freude<br />
ist groß, als sie Jesus erkennen, ihre anfängliche Skepsis aber<br />
auch. Sie brauchen viel Ermutigung, <strong>die</strong> sie auch bekommen.<br />
21<br />
All das brauchen wir heute auch: Mut, Vertrauen, Zeit, Zeichen,<br />
aber auch Zweifel, Unterweisung und Ermutigung. Wenn ich von<br />
uns im Treffpunkt mensch & arbeit in Braunau ausgehe, dann<br />
versuchen wir als Teil von Kirche, in den Begegnungen, Beratungen<br />
und Begleitungen von Menschen in der Arbeitswelt, etwas<br />
von unserer Hoffnung spürbar werden zu lassen. Wir glauben<br />
daran, dass sich selbst in schwierigen Situationen immer noch<br />
etwas zum Positiven wenden lässt. Auch wenn manchmal <strong>die</strong><br />
Steine zu schwer erscheinen, <strong>die</strong> es auszuräumen gilt und wir<br />
ratlos zusammensitzen. Aber wenn eine Kindergärtnerin an<br />
einem sich an ihr entladenden Konflikt fast zerbricht, etwa ein<br />
Jahr lang um ihre Reputation kämpft und ein schweres Burnout<br />
überstehen muss, dann ist das Mitgehen mit ihr so etwas wie<br />
eine Emmauserfahrung.
22<br />
Wenn ein gut ausgebildeter Facharbeiter sich nicht wertgeschätzt<br />
erlebt in seiner Arbeit und am Ende noch um seine<br />
Abfertigung kämpfen muss, dann sind <strong>die</strong> Gespräche mit ihm<br />
Ermutigung, dann zeigt sich im Festhalten an der Überzeugung,<br />
dass Unrecht nicht hingenommen werden muss, etwas von<br />
einem Reich Gottes, in dem Gerechtigkeit eine Selbstverständlichkeit<br />
ist. Wenn unsere Dekanatsjugendleiterin mit einem<br />
mutigen Projekt im Rahmen von 72 Stunden ohne Kompromiss<br />
in der Pfarre St. Franziskus den Anfang <strong>für</strong> ein Jugendzentrum<br />
macht, das nun sogar von der Stadt Braunau mit einem halben<br />
Dienstposten finanziert wird, dann geschieht so etwas wie ein<br />
Auferstehungswunder. Und wenn sich jemand, dem wir helfen<br />
konnten, jetzt bei uns engagiert, dann scheint etwas von der<br />
Osterbotschaft aufgegangen zu sein.<br />
Sie kennen wahrscheinlich den Satz: Gott hat nur unsere Hände.<br />
Er ist auf uns angewiesen, darauf, dass wir seine Botschaft in<br />
<strong>die</strong> Tat umsetzen, jeden Tag aufs Neue. Und das 2. Vatikanische<br />
Konzil, das vor 50 Jahren <strong>die</strong> katholische Kirche in eine neue<br />
Zukunft gewiesen hat, hält in einem der Abschlussdokumente<br />
„Die pastorale Konstitution“ (Gaudium et spes) fest: „Freude<br />
und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute,<br />
besonders der Armen und Bedrängten aller Art, sind auch Freude<br />
und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi. Und es gibt<br />
nichts wahrhaft Menschliches, das nicht in ihren Herzen seinen<br />
Widerhall fände. Ist doch ihre eigene Gemeinschaft aus Menschen<br />
gebildet, <strong>die</strong>, in Christus geeint, vom Heiligen Geist auf<br />
ihrer Pilgerschaft zum Reich des Vaters geleitet werden und eine<br />
Heilsbotschaft empfangen haben, <strong>die</strong> allen auszurichten ist.<br />
Darum erfährt <strong>die</strong>se Gemeinschaft sich mit der Menschheit und<br />
ihrer Geschichte wirklich engstens verbunden.“<br />
„Ihr seid Zeugen da<strong>für</strong>“, sagt der Auferstandene, daraus ergibt<br />
sich der Auftrag, sichtbar zu sein in <strong>die</strong>ser Welt, hinauszugehen<br />
und so zu handeln, wie er es uns gelehrt hat. Nächstenliebe<br />
oder etwas moderner gesagt: Solidarität zu leben, darum geht<br />
es. Der Treffpunkt mensch & arbeit will ein kleiner Baustein sein<br />
in Kirche und Welt. Wir laden ein, uns kennen zu lernen.<br />
Lied: Ermutigung „Du lass dich nicht verhärten“<br />
Glaubensbekenntnis (alle):<br />
Wir glauben, dass der Mensch im Mittelpunkt der Wirtschaft<br />
stehen muss.<br />
Wir erwarten, dass alle Menschen unabhängig von Geschlecht<br />
und Herkunft gerechtes Einkommen <strong>für</strong> ein menschenwürdiges<br />
Leben erhalten.<br />
Wir hoffen, dass alle Menschen <strong>die</strong> Möglichkeit erhalten, am<br />
wirtschaftlichen Leben mit ihren Anliegen, Fähigkeiten und<br />
Interessen aktiv teilnehmen können.
Wir glauben an einen Gott der Gerechtigkeit. Und wir glauben an<br />
Jesus, der sich <strong>für</strong> <strong>die</strong> Schwachen und <strong>für</strong> <strong>die</strong> in der Gesellschaft<br />
am Rande Stehenden eingesetzt hat.<br />
Wir erwarten, dass unsere Kirche <strong>die</strong>se Botschaft wahrnimmt<br />
und ihre Praxis danach ausrichtet.<br />
Wir hoffen, dass der Geist Gottes uns in unserem Engagement<br />
stärkt und stützt, damit wir zu einer gerechten Verteilung von<br />
Arbeit und Gütern beitragen können.<br />
Fürbitten:<br />
Wir bitten Gott <strong>für</strong> <strong>die</strong> Menschen, <strong>die</strong> vielfältige Arbeit <strong>für</strong> seine<br />
Schöpfung leisten:<br />
Für <strong>die</strong> Menschen, <strong>die</strong> in der Landwirtschaft und in heimischen<br />
Betrieben <strong>die</strong> nötigen Güter herstellen oder Dienstleistungen erbringen:<br />
Gott, gib ihnen Kraft und Zuversicht, lass sie <strong>die</strong> nötige<br />
Wertschätzung <strong>für</strong> ihre Arbeit erfahren.<br />
Für <strong>die</strong> Menschen, <strong>die</strong> Unternehmen leiten oder als Selbständige<br />
in vielfältiger Weise tätig sind: Gott, gib ihnen Weitblick und<br />
Kreativität <strong>für</strong> ihre verantwortungsvollen Aufgaben.<br />
Für <strong>die</strong> Menschen, <strong>die</strong> keine Arbeit haben und oft lange Zeit auf<br />
der Suche nach einem Arbeitsplatz sind. Gott, gib ihnen Mut<br />
und Hoffnung, damit sie nicht aufgeben und weiterhin an ihre<br />
Zukunft glauben.<br />
Für <strong>die</strong> Menschen, <strong>die</strong> Vorurteile und Berührungsängste haben.<br />
Gott, öffne ihnen und uns allen <strong>die</strong> Augen <strong>für</strong> <strong>die</strong> Probleme und<br />
Nöte der Arbeitslosen in unserer Umgebung und <strong>für</strong> jene, <strong>die</strong> <strong>die</strong><br />
Arbeit krank gemacht hat.<br />
Guter Gott, stärke in uns <strong>die</strong> Bereitschaft zur Solidarität und stärke<br />
unseren Mut <strong>für</strong> mehr Gerechtigkeit in unserer Welt einzutreten.<br />
Amen<br />
23<br />
Gabenbereitung: Wenn jeder gibt, was er hat, dann werden alle<br />
satt<br />
Sanctus: Manchmal feiern wir mitten im Tag ein Fest der Auferstehung<br />
Vater unser (gesungen)<br />
Friedensgruß<br />
Kommunion – Bread and Roses
Schlussgebet:<br />
Psalm <strong>für</strong> das Fest des Arbeiter<br />
24<br />
Glücklich ist der Mensch, der arbeitet, glücklich ist auch der, der<br />
sich ausruht nach einem guten Arbeitstag.<br />
Aber traurig ist der Arbeitslose und derjenige, dem gegen seinen<br />
Willen das Rentnerdasein aufgezwungen wird.<br />
Glücklich ist <strong>die</strong>jenige, <strong>die</strong> ihre Arbeit liebt und <strong>die</strong> sie mit Freude<br />
und Sachkenntnis ausführt.<br />
Traurig ist <strong>die</strong>jenige, <strong>die</strong> ihre Arbeit erledigt ohne Aufmerksamkeit,<br />
ohne Liebe, ohne Interesse.<br />
Glücklicher Tag, der Zahltag und das Brot, das man teilt<br />
und das Haus, das gut läuft. Aber Unglück <strong>für</strong> denjenigen, der den<br />
Arbeiter/innen ihren Lohn nimmt und der sie weniger gut behandelt<br />
als seine Maschinen.<br />
Glücklich ist <strong>die</strong> Müdigkeit am Abend, wenn man gut gearbeitet<br />
hat und gut getan.<br />
Aber ein Skandal ist <strong>die</strong> Berufskrankheit, <strong>die</strong> man nachlässig toleriert<br />
zugunsten dunkler Profite.<br />
Glücklich ist der solidarische Arbeiter,<br />
bereit <strong>für</strong> <strong>die</strong> Aufgabe und den Kampf.<br />
Aber wehe dem Emporkömmling und den Profitsüchtigen.<br />
Die Spaltung am Arbeitsplatz ist wie ein Geschwür,<br />
und wie eine Wunde ist <strong>die</strong> Schwarzarbeit.<br />
Wer kann gesund über den Mindestlohn hinaus seine alten Tage<br />
planen,<br />
wenn das tägliche Brot nicht reicht,<br />
wenn <strong>die</strong> Schulden immer den kritischen Punkt übersteigen<br />
und das Kapital uns androht auszuwandern,<br />
wenn wir nicht „brav sind“ ...<br />
Wer wird <strong>die</strong> Arbeit singen?<br />
Wer wird <strong>die</strong> Arbeit feiern?<br />
Alle, <strong>die</strong> hier arbeiten und anderswo,<br />
um <strong>die</strong> Arbeit menschlich zu machen<br />
und <strong>die</strong> Menschen, <strong>die</strong> sie ausüben, stolz und frei.<br />
Andere Beauchamp, Priester in Quebec<br />
Segen: Irischer Reisesegen<br />
Möge dein Weg dir freundlich entgegenkommen,<br />
möge der Wind dir den Rücken stärken.<br />
Möge <strong>die</strong> Sonne dein Gesicht erhellen<br />
und der Regen um dich her <strong>die</strong> Felder tränken.<br />
Und bis wir uns wiedersehen,<br />
möge Gott seine schützende Hand über dich halten<br />
Schlusslied: Brot und Rosen<br />
Anschließend: Brücke der Solidarität aufbauen und Agape