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ANWALTSPRAXIS / PRATIQUE DU BARREAU<br />

Reihen der Kanzlei rekrutiert werden soll. Während im Bereich<br />

der meisten Kompetenzen eine gewisse Heterogenität<br />

innerhalb der Partnerschaft von Vorteil ist, werden<br />

grössere Abweichungen im Hinblick auf Werte und grundlegende<br />

Einstellungen mittelfristig die Zusammenarbeit<br />

erschweren und sogar gefährden, wenn diese permanent<br />

im Alltag aufeinanderstossen. Eine Fehleinschätzung in<br />

diesem Bereich hat auch deshalb weitreichende Konsequenzen<br />

für die Zusammenarbeit und den Erfolg der Partnerschaft,<br />

weil sich Werte und persönliche Überzeugungen<br />

aufgrund ihrer Stabilität nicht verändern werden.<br />

Im Zuge der Festlegung des Anforderungsprofils sollte<br />

auch stärker auf die persönlichen Präferenzen und die<br />

Lebensplanung des Kandidaten eingegangen werden.<br />

Aufgrund der höheren Wechselbereitschaft von Berufsträgern<br />

und Partner ist es in diesem Zusammenhang wichtig,<br />

die Lebensplanung eines Kandidaten und damit den<br />

zeitlichen Horizont der Kanzleizugehörigkeit zu erfragen<br />

und zu bewerten. Nicht zuletzt ist aufgrund der demografischen<br />

Entwicklung die Definition von Leistungs- und Anforderungsprofilen<br />

für insgesamt ältere und länger im Berufsleben<br />

stehende Menschen anzupassen. Zudem darf<br />

nicht ausser Acht gelassen werden, dass sich in jeder<br />

Generation grundlegende Wertvorstellungen ausbilden,<br />

die nicht notwendig generationsübergreifend gültig sind.<br />

Während z. B. ältere Partner noch stärker von einer klassischen<br />

Einstellung zur Karriereentwicklung ausgehen, ist<br />

für viele jüngere Menschen die Work-Life-Balance bedeutsam.<br />

VERBREITETE IRRTÜMER ÜBER DIE PARTNER-<br />

AUSWAHL<br />

– Frauen sind für die Partnerrolle weniger geeignet als<br />

Männer.<br />

– Es ist besser, geeignete Kandidaten im Ungewissen zu<br />

lassen, als durch Transparenz und offene Kommunikation<br />

Leistungsträger zu verlieren, die sich zurückgesetzt<br />

fühlen könnten.<br />

– Hohe Leistungen in der Vergangenheit bedeuten hohe<br />

Leistungen in der Zukunft.<br />

– Partner wird, wer sich wie ein Partner verhält.<br />

– Die Leistungsträger der Sozietät sind auch in schwierigen<br />

Zeiten loyal.<br />

– Talentmanagement wird von Office-Managern erledigt.<br />

– Das wichtigste Kriterium für die Partnerwahl ist der erwirtschaftete<br />

Umsatz des künftigen Partners.<br />

2. Quantifizierung und Operationalisierung<br />

Bei der Definition des Anforderungsprofils muss neben<br />

den Kriterien auch die gewünschte Ausprägung der Kriterien<br />

festgelegt werden. Denn nicht jedes Kriterium ist in<br />

seiner vollen Ausprägung notwendig ein Erfolgsfaktor für<br />

Kandidat und Kanzlei. Die Eigenschaft Gewissenhaftigkeit<br />

ist beispielsweise grundlegend positiv zu beurteilen. Ist<br />

diese Eigenschaft allerdings zu stark ausgeprägt, kann sie<br />

ins Pedantische umschlagen und die Zusammenarbeit erheblich<br />

erschweren. Wie stark die einzelnen Kriterien ausgeprägt<br />

sein sollten, ist auf einer individuellen Basis zu bestimmen<br />

und nicht zuletzt vom Kanzleiumfeld und der<br />

gelebten Kanzleikultur abhängig.<br />

Nach der Definition der Kriterien und deren gewünschter<br />

Ausprägung werden geeignete Vorhersage variablen<br />

(Prädiktoren) für die jeweiligen Kriterien identifiziert. Diesbezüglich<br />

können grundsätzlich alle Informationen über<br />

eine Person herangezogen werden, die eine Vorhersage<br />

über den Erfolg als Partner ermöglichen können. In diesen<br />

Kontext fallen Determinanten aus den Bereichen kognitive<br />

Fähigkeiten, biografischer Hintergrund, Eigenschaften<br />

sowie Motivation und Interessenschwerpunkte.<br />

Im nächsten Schritt muss entschieden werden, welche<br />

Personalauswahlinstrumente eingesetzt werden sollen,<br />

um die definierten Prädiktoren zu operationalisieren. Biografische<br />

Informationen lassen sich beispielsweise in<br />

einem strukturierten Interview oder in schriftlichen Darstellungen<br />

des Kandidaten erfassen. Für die Erhebung kognitiver<br />

Fähigkeiten oder Persönlichkeitsmerkmale stehen<br />

wiederum unterschiedliche normierte Testverfahren zur<br />

Verfügung. Bei der Auswahl geeigneter personaldiagnostischer<br />

Instrumente haben Unternehmen seit Jahren sehr<br />

gute Erfahrungen mit der Kombination unterschiedlicher<br />

Verfahren gesammelt. Eine Mischung aus strukturierten<br />

und standardisierten Interviews, Intelligenz- und Persönlichkeitstests<br />

sowie Assessement-Centern kommen hier<br />

verstärkt zum Einsatz. Generell ist ein sinnvoller Methodenmix<br />

aus unterschiedlichen Instrumenten auch für die<br />

Partnerwahl in Sozietäten zu empfehlen. Zwar steigen<br />

damit Aufwand und Kosten deutlich gegenüber dem Einsatz<br />

eines einzigen Instrumentes, doch auch die Treffsicherheit<br />

der getroffenen Vorhersage nimmt zu. Bei einer<br />

so zentralen Entscheidung, wie die der Partnerwahl, sollten<br />

Aufwand und Kosten allerdings nicht im Vordergrund<br />

stehen.<br />

III. Phase: der Auswahlprozess<br />

1. Kandidaten identifizieren<br />

Während auf der einen Seite die an der Strategie und der<br />

Kultur der Kanzlei orientierten Anforderungsprofile ausgearbeitet<br />

und operationalisiert werden müssen, gilt es<br />

auf der anderen Seite, möglichst frühzeitig geeignete<br />

Partnerkandidaten zu identifizieren. Eine falsche Einschätzung<br />

kann diesbezüglich sehr kostspielig sein. Denn es ist<br />

nicht nur vergebene Liebesmühe, Kandidaten zu fördern,<br />

die sich am Ende als nicht geeignet herausstellen, sondern<br />

es schadet auch erheblich der Mitarbeitermoral und dem<br />

gesamten Auswahlprozess. Falsche Kandidaten auszuwählen,<br />

bedeutet auch immer, dass andere mit hohem<br />

Potenzial nicht zum Zuge kommen. Dies kann schliesslich<br />

dazu führen, dass Sie geeignete Partnerkandidaten aufgrund<br />

einer falschen Einschätzung demotivieren und<br />

326 ANWALTS REVUE DE L’AVOCAT 8/2013

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