Was unterscheidet Reutlingen von Sankt Petersburg? - Hochschule ...
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<strong>Was</strong> <strong>unterscheidet</strong> <strong>Reutlingen</strong> <strong>von</strong> <strong>Sankt</strong> <strong>Petersburg</strong>?<br />
„Conceptual Fashion as a Source of New Trends“ ist das Thema der Forschungsarbeit <strong>von</strong><br />
Irina Pleshkova, der DAAD-Forschungsstipendiantin aus <strong>Sankt</strong> <strong>Petersburg</strong>. Im Interview<br />
spricht Sie über kleinere und größere Unterschiede zwischen <strong>Reutlingen</strong> und der<br />
Millionenmetropole Russlands.<br />
Der Auswahlausschuß des DAAD hat im Januar 2010 Dir das DAAD-<br />
Forschungsstipendium zugesprochen, war es ein langer Weg zu diesem Stipendium?<br />
Die Bewerbung ist umfangreich und erfordert viele Unterlagen und Papiere, aber nachdem ich<br />
alle notwendigen Dokumente eingereicht hatte, habe ich beim dritten Anlauf endlich Erfolg<br />
gehabt und konnte meinen Aufenthalt <strong>von</strong> Oktober 2010 bis März 2011 hier in <strong>Reutlingen</strong><br />
planen.<br />
Warst Du schon einmal vorher in Deutschland<br />
Nein, das ist das erste Mal.<br />
Irina, wenn Du zurückdenkst an Deinen ersten Tag in <strong>Reutlingen</strong>, was war Dein erster<br />
Eindruck?<br />
Ich erinnere mich daran, dass ich die Stadt als sehr ruhig und entspannt empfunden habe. Sehr<br />
gemütlich.<br />
Wieso hast Du Dich für die <strong>Hochschule</strong> <strong>Reutlingen</strong> entschieden?<br />
Für mein Stipendium wollte ich einen Professor finden, der sich mit Forschung in der Mode<br />
auskennt. Bei meiner Recherche bin ich so auf Prof. Hasenfuß gestoßen, der den<br />
Studienschwerpunkt Modedesign in der Fakultät betreut. Er wiederum verwies auf Prof.<br />
Schilling, der unter anderem Materialrecherche und Materialgestaltung im<br />
Studienschwerpunkt Transportation Interior Design lehrt. Jetzt habe ich eine sehr gute<br />
Betreuungs-Kombination: Prof. Schilling als Physiker und Prof. Hasenfuß als Modedesigner.<br />
Wie schätzt Du die Reutlinger Professoren ein, wenn Du jetzt, nach einigen Wochen und<br />
Monaten, auf Deine Studienzeit zurückblickst?<br />
Es gibt einen Unterschied in der Denkweise. Sie wagen sich auch an neue Wege und Themen<br />
– verglichen mit den Professoren in St. <strong>Petersburg</strong>. In Russland halten sich die Professoren<br />
strikt an den Inhalt der Bücher. Ist es im Buch geschrieben, dann ist das auch so. Status und<br />
eine wesentlich höhere Autoritätsposition spielen eine sehr große Rolle. Man muss lange<br />
warten, bis man einen Termin bekommt. In <strong>Reutlingen</strong> sind sie viel umgänglicher und<br />
hilfsbereiter. Ich komme super mit meiner Forschungsarbeit voran.<br />
<strong>Was</strong> ist Deine Aufgabe bzw. an welchem Projekt arbeitest Du hier?<br />
Ich schreibe hier meine Forschungsarbeit zum Thema „Conceptual Fashion as a Source of<br />
New Trends“. Es geht dabei um den Einfluss auf neue Trends. Ich suche quasi nach<br />
Strukturen und Regeln bei der Entstehung <strong>von</strong> Modetrends. Vorher habe ich schon über<br />
Kontakt: Ivana.Connert@reutlingen-university.de<br />
<strong>Hochschule</strong> <strong>Reutlingen</strong>, Fakultät Textil & Design
Modedesigner geforscht und mit meinem neuen Forschungsthema setze ich meine Recherche<br />
fort.<br />
Hattest Du Dich auch an anderen <strong>Hochschule</strong>n beworben? Wenn ja, an welchen?<br />
Ich hatte mich noch in Berlin beworben, aber es gab keinen freien Platz mehr. Eine<br />
Kommilitonin <strong>von</strong> mir ist dort und erzählte mir, sie hätte den zuständigen Professor dort erst<br />
ein einziges Mal getroffen. Ich bin froh, dass es bei mir nicht geklappt hat. Mir geht es hier<br />
viel besser. Ich habe fast eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung.<br />
Hast Du vorher Deutsch gelernt?<br />
Vor meinem Austauschsemester habe ich zwar einen Deutsch Schnellkurs absolviert,<br />
allerdings ist die deutsche Sprache sehr schwer.<br />
Wie gut war die Unterstützung vom jeweiligen International Office, was ja erste<br />
Anlaufstelle für einen Aufenthalt im Ausland ist?<br />
In <strong>Reutlingen</strong> war und ist die Unterstützung wirklich sehr gut. Alle kümmern sich um jeden<br />
Einzelnen – anders als das International Office in Omsk. Da musste ich wirklich komplett<br />
alles alleine machen, die Betreuungsstrukturen sind ganz anders.<br />
Wohnst Du im Wohnheim?<br />
Ja, ich wohne im Frauenwohnheim in der Stadtmitte. Es gefällt mir dort sehr gut, weil ich<br />
mich wie in <strong>Sankt</strong> <strong>Petersburg</strong> fühle: Ich habe ganz viele russisch-sprechende Nachbarn.<br />
<strong>Was</strong> willst Du nach dem Forschungssemester machen?<br />
Ich weiß nur, ich liebe das Kreative und die Forschung. Aber was ich danach machen will?<br />
Ehrlich gesagt, habe ich keine Ahnung.<br />
Du hast in <strong>Sankt</strong> <strong>Petersburg</strong> Modedesign studiert. Wann ist bei Dir die Entscheidung<br />
gefallen, Modedesignerin zu werden?<br />
Wahrscheinlich noch bevor ich geboren wurde. Meine Großmutter und meine Mutter haben<br />
schon immer sehr viel Handarbeit gemacht. Ich habe meiner Mutter oft beim Nähen geholfen.<br />
Als ich mit 7 oder 8 Jahren auf eine Kunstschule gekommen bin, war mir klar: Ich möchte<br />
zeichnen und kreativ sein, also werde ich Modedesignerin.<br />
Woher holst Du Deine Ideen für neue Kreationen?<br />
Es ist eine Kombination aus Kunst und alten Kostümen (z.B. Barock); daraus ergibt sich eine<br />
Gesamtheit, die ich aufzeichnen kann. Ich habe immer einen Skizzenblock bei mir. Bei<br />
meinen Beobachtungen läuft das Gehirn bei mir auf Hochtouren, denn jeden Augenblick kann<br />
irgendwo, irgendeine Inspiration auftauchen und ich greife sofort zu Stift und Papier.<br />
<strong>Was</strong> gefällt Dir an der <strong>Hochschule</strong> <strong>Reutlingen</strong> am besten?<br />
Die Bücherei! In <strong>Sankt</strong> <strong>Petersburg</strong> dürfen die meisten Modebücher nicht ausgeliehen, sondern<br />
nur im Lesesaal benutzt werden. Hier darf ich alles ausleihen. Zudem hat die Bücherei der<br />
<strong>Hochschule</strong> lange Öffnungszeiten - das paßt mir natürlich sehr. Ich mag den Campus. In<br />
<strong>Sankt</strong> <strong>Petersburg</strong> ist die Universität über die ganze Stadt verstreut – ich brauche ca. eine<br />
Stunde vom Wohnheim zur Uni - in <strong>Reutlingen</strong> dagegen nur wenige Minuten; alles liegt hier<br />
nah beieinander. Die <strong>Hochschule</strong> hat außerdem ein sehr großes Sportangebot und super ist,<br />
die meisten Angebote finden auch noch abends statt.
Magst Du unsere Mensa? Vermisst Du Blinis?<br />
Die Mensa mag ich und ich gehe da auch oft zum Essen hin. Allerdings fehlen mir russische<br />
Suppen – Suppen werden in Russland sehr viel gegessen. Da ich aber kaum Zeit habe, denke<br />
ich eigentlich nicht so viel ans Essen. Natürlich vermisse ich Blinis. Auf dem<br />
Weihnachtsmarkt habe ich Crepes probiert, die haben mir allerdings nicht so gut wie Blinis<br />
geschmeckt.<br />
<strong>Was</strong> fehlt Dir am meisten?<br />
Russisches Essen, meine Familie und natürlich meine Freunde. Wir schreiben uns zwar<br />
regelmäßig, aber sie fehlen mir trotzdem am meisten. In der kurzen Zeit in der ich hier bin ist<br />
es auch unrealistisch, enge Freundschaften knüpfen zu können.<br />
<strong>Was</strong> ist der größte Unterschied zwischen den Städten <strong>Reutlingen</strong> und <strong>Sankt</strong> <strong>Petersburg</strong>?<br />
Es ist viel wärmer in <strong>Reutlingen</strong> und es regnet nicht viel wie in <strong>Sankt</strong> <strong>Petersburg</strong>.<br />
Hattest Du gute Möglichkeiten durch Veranstaltungen in <strong>Reutlingen</strong> neue Leute kennen<br />
zu lernen?<br />
Ich gehe sehr gerne zu den RIO-Filmabenden. Das ist für mich eine sehr gute Gelegenheit<br />
neue Leute zu treffen und zudem Sprachen zu lernen bzw. zu verbessern. Die Filme werden<br />
immer im Original mit deutschen Untertiteln gezeigt.<br />
<strong>Was</strong> sind die größten Unterschiede zwischen <strong>Reutlingen</strong> und <strong>Sankt</strong> <strong>Petersburg</strong>? Wie<br />
<strong>unterscheidet</strong> sich Dein Leben hier <strong>von</strong> Deinem Leben in Russland?<br />
<strong>Sankt</strong> <strong>Petersburg</strong> ist im Vergleich zu <strong>Reutlingen</strong> natürlich eine sehr große und sehr moderne<br />
Stadt. Dennoch gibt es viele kleine Dörfer und Städte, die viele alte Bräuche und Traditionen<br />
haben, und diese auch pflegen. In Russland gibt es außerdem keine Fahrpläne bei den<br />
öffentlichen Verkehrsmitteln. Man stellt sich hin und wartet. <strong>Was</strong> die Uni zu Hause betrifft,<br />
mache ich die meiste Arbeit am Wochenende, denn Termine bei unseren Profs gibt es<br />
hauptsächlich nur an diesen Tagen und diese dann auch erst spät abends. Hier findet die<br />
Arbeit unter der Woche statt.<br />
Musst Du heute Abend noch an Deiner Forschungsarbeit arbeiten?<br />
Selbstverständlich.<br />
Würdest Du unsere <strong>Hochschule</strong> anderen Studenten weiterempfehlen?<br />
Auf jeden Fall. Die Leiterin des International Office aus <strong>Sankt</strong> <strong>Petersburg</strong> war kürzlich zu<br />
Besuch in <strong>Reutlingen</strong>. Da habe ich <strong>Reutlingen</strong> nochmals als <strong>Hochschule</strong> empfohlen und<br />
betont, wie super diese für den Austausch und Förderprogramme ist.