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Translatorisches Handeln und die interprofessionale ... - trans-kom

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Tuija Kinnunen <strong>trans</strong>-<strong>kom</strong> 6 [1] (2013): 70-91<br />

<strong>Translatorisches</strong> <strong>Handeln</strong> <strong>und</strong> <strong>die</strong> <strong>interprofessionale</strong> Kooperation Seite 81<br />

im Kontext des Gerichtsdolmetschens in Finnland<br />

Wie das vorige Beispiel 5 aufzeigt, enthält das Handlungssystem auch hier einen<br />

inneren Widerspruch. Einerseits muss Rechtsschutz garantiert werden, andererseits<br />

müssen Kosten minimiert werden.<br />

Die fünf Beispiele aus dem Forschungsmaterial dokumentieren auf ihre Weise<br />

einige Elemente der gegenwärtigen Arbeitspraxis der finnischen Gerichtsdolmetscher.<br />

Sie dokumentieren einerseits, wie schwierig <strong>die</strong> Kommunikation werden kann, wenn<br />

<strong>die</strong> mündliche Verhandlung auf einer schlechten Verdolmetschung aufbaut <strong>und</strong> der<br />

Vorsitzende <strong>die</strong> Kommunikationssituation nicht effektiv koordinieren kann. Andererseits<br />

belegen <strong>die</strong> Beispiele widersprüchliche Erwartungen der Kooperationspartner im Gerichtssaal<br />

untereinander. Über<strong>die</strong>s beweist das letzte Beispiel, dass das Rechtswesen<br />

selbst Probleme für das Gerichtsdolmetschen schafft. Aufgr<strong>und</strong> <strong>die</strong>ser Belege kann der<br />

Beweis geführt werden, dass <strong>die</strong> praktischen Probleme nicht nur darin liegen, dass <strong>die</strong><br />

Dolmetschenden selbst ihren Beruf vielleicht nicht professionell beherrschen. Die<br />

Probleme sollten kollektiv <strong>und</strong> interprofessional gelöst werden. Weitere Beispiele<br />

finden sich in verschiedenen Forschungsbeiträgen, <strong>die</strong> <strong>die</strong> gleiche Problematik aus<br />

anderen Perspektiven betrachten (Kinnunen 2010a,b; Kinnunen/Vik-Tuovinen, im<br />

Druck).<br />

5 Arbeitsforschung <strong>und</strong> <strong>die</strong> heutige Expertentätigkeit<br />

Viele der handlungstheoretischen Annahmen sind charakteristisch auch für kollektivistische<br />

Systemtheorien, wohingegen konstruktivistische Handlungstheorien in ihren<br />

Erklärungsmodellen nicht von Systemen, sondern von Individuen ausgehen, <strong>und</strong><br />

gesellschaftliche Strukturen als Konstruktionen von verschiedenen Interaktionen <strong>und</strong><br />

individuellen Handlungen verstanden werden (vgl. Miebach 2006: 361). Trotz der<br />

Beliebtheit der gegenwärtigen konstruktivistischen Erklärungsmodelle gibt es auf dem<br />

Gebiet der Arbeitsforschung Befürworter der kollektivistischen Theorien. Ein solches<br />

Modell ist <strong>die</strong> kulturhistorische Tätigkeitstheorie, <strong>die</strong> ihre gegenwärtige Anwendung in<br />

der entwicklungsorientierten Arbeitsforschung findet. Dieser Ansatz ist bekannt als<br />

wissenschaftlicher Interventionsansatz, mit dem arbeitsprozessuale Veränderungen<br />

<strong>und</strong> Entwicklungen in Tätigkeitssystemen erforscht werden können (vgl. Engeström<br />

2011). Ein zentraler Forschungsgegenstand sind Widersprüche in Arbeitsprozessen,<br />

zum Beispiel, wenn Mitarbeiter sich etwas Neues aneignen müssen oder wenn <strong>die</strong><br />

traditionelle Arbeitsteilung in einer Institution geändert werden muss (vgl. Haavisto<br />

2002; Engeström 2008a: 66). Wo Probleme aufgezeigt werden können, ist auch der<br />

Versuch möglich, sie mit den diversen Beteiligten <strong>und</strong> Betroffenen zu besprechen, zu<br />

lösen <strong>und</strong> zu beseitigen.<br />

Der Ansatz der entwicklungsorientierten Arbeitsforschung wurde in Finnland zur<br />

gleichen Zeit wie Holz-Mänttäris Theorie entwickelt. In Holz-Mänttäris Modell werden<br />

wichtige Mittel für eine kritische Analyse des <strong>trans</strong>latorischen Handlungskonzepts gegeben,<br />

<strong>und</strong> damit bietet ihre Theorie einen ähnlichen Ansatzpunkt für <strong>die</strong> Entwicklung<br />

eines Handlungssystems, in dem <strong>trans</strong>latorische Aktionen notwendig sind. Allerdings

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